Erschienen in Ausgabe: No 49 (3/2010) | Letzte Änderung: 02.04.10 |
von Michael Lausberg
1)Einleitung
„Was die meisten Menschen Frieden nennen, das ist nur eine Vorstellung;
in
der Wirklichkeit herrscht
von Natur aus ständig unerklärter Krieg von allen
Städten gegen alle anderen
Städte“[1]
Die Arbeit hat
Platons Vorstellungen von Krieg und Frieden zum Gegenstand.
Die
Hauptquellen für die hier zu behandelnde Fragestellung sind Platons Werke
Politeia und Nomoi, da in ihnen die wichtigsten Aussagen über Krieg und Frieden
getroffen wurden.
In der
Schlussbemerkung wird eine abschließende Zusammenfassung und Bewertung der
Untersuchungsergebnisse durchgeführt.
Dies soll
unter der Prämisse erfolgen, dass Platon die Existenz von Krieg als ein
unabänderliches Faktum ansieht.[2] Die
Aussagen, die in der griechischen Literatur und Philosophie vor Platon über
Krieg und Frieden getroffen wurden, stimmten darin überein, dass Krieg ein
natürlicher Zustand der menschlichen Gesellschaft sei.[3] Der
Krieg wurde auch zu Platons Zeit als naturgegebenes Element menschlicher
Wirklichkeit angesehen.[4]
Frieden war ein Segen für den Bürger eines Staates, der es möglich machte, ein
gutes und sittsames Leben zu führen.[5]
2) Krieg und Frieden in den Werken Platons
2.1) Politeia
Platons
Aussagen über Krieg und Frieden in der Politeia beginnen im ersten Buch damit,
dass der Gerechte seine Leistungen durch die Kriegsführung erbringt.[6]
Dieser erste Versuch, den Nutzbereich des Gerechten zu bestimmen, erweist sich
als zu eng,[7] denn anschließend hat
Polemarchos die Schwierigkeit, den Nutzen der Gerechtigkeit im Frieden zu
bestimmen.[8]
Folgt man
Schubert, so scheint es in Unternehmungen die spezifische Gerechtigkeit zu
sein, die den größstmöglichen Nutzen sichert.[9] In
demselben Buch berichtet Platon, dass Sokrates die Zustimmung des Trasymachos
zu der Behauptung erwirkt, dass vollendete Ungerechtigkeit in einem Heer es
diesem unmöglich mache, einen Erfolg zu erzielen.[10] Die
Ungerechtigkeit nimmt dem Heer infolge des inneren Zwistes die Fähigkeit zu
folgerichtigem Handeln.[11]
Platon bemerkt, dass aus Angst vor Armut oder Krieg die Menschen nicht über ihr
Vermögen hinaus Kinder zeugen werden.[12]
Nun folgt
Sokrates dem Wunsch des Glaukon nach einer Luxurierung des „Schweinestaates“.[13] Der
neue Staat bedarf Güter über das Notwendige hinaus; dies führt schließlich zu
dem Bedürfnis nach Landgewinn, dem nur durch Krieg Genüge getan werden kann.[14]
Guthrie betont, dass dieser Staat mit seiner wachsenden Bevölkerung und
Forderungen sein eigenes Gebiet unzureichend finden muss.[15] Man
muss annehmen, dass es Nachbarn gibt, die ähnlich denken. Guthrie sieht die
These Platons als zutreffend an, dass Expansion Krieg bedeutet. Dies betonen
auch Cross und Woozley[16],
indem sie Krieg als unausweichliche Konsequenz des Wachstums der Stadt
anerkennen. Dieser Einschätzung folgt auch Craig:[17] „Der
Philosoph stimmt überein, die Stadt zu erweitern und prächtig gedeihen zu
lassen; obwohl ihr Tun eine unbeschreitbare Konsequenz hat: sie muß sich nun
auf Krieg vorbereiten.“ Guthrie interpretiert Platon in dem Sinne, dass der
Kriegsgrund der Wunsch nach uneingeschränktem materiellem Besitz sei, dasselbe
wäre der Grund für das Böse in den Städten.[18]
Platon stellt im Dialog „Phaidros“ fest:[19]
„Kriege, Zwiste, Kämpfe schafft uns nur der Leib mit seinen Trieben, denn um
den Besitz von Geld und Gut entstehen die Kriege alle, zum Gelderwerb aber
werden sie nur gezwungen durch den Leib, als seine Sklaven.“ Hier in der
Politeia ist jedoch der Krieg eine wichtige Kraft im Dienste der Erziehung des
Wächterstandes und wird daher teilweise positiv gewertet.
Das gute
Leben, das hauptsächlich auf die aus Bedürfnisbefriedigung entspringende Lust
ausgerichtet ist, beschreibt Platon folgendermaßen:[20] „(…)
nach Art des Viehes immer auf den Boden stehend und zur Erde und den Tischen
gebückt, nähren sie sich und bespringen einander auf der Weide; und wenn sie aus
habsüchtiger Begierde nach diesen Dingen ausschlagen und stoßen, so töten sie
auch untereinander mit eisernen Hörnern und Hufen aus Unersättlichkeit“.
Höffe ist der
Meinung, dass die Konflikte bei Platon nicht aus der Innen-, sondern aus der
Außenperspektive der Polis entstehen.[21] Nach
dem generellen Prinzip der Arbeitsteilung machen die Kultur- und
Luxusbedürfnisse entsprechende Kultur- und Luxusberufe notwendig. Der Luxus
selbst ist aber noch nicht für die Konflikte verantwortlich, sondern erst eine
Nebenfolge, die Zunahme der Einwohnerschaft, deretwegen das Agrarland zu knapp
wird und ein Krieg gegen den Nachbarn droht. Höffe sieht die These Platons als
zutreffend an, dass die Begehrlichkeit zu mehr Ansprüchen führe.[22]
Entgegen der platonischen Vorstellung nimmt Höffe an, dass die gestiegenen
Ansprüche sich nicht nur durch Übergriffe auf fremden Besitz erfüllen lassen.
Er betont, dass die moderne Überflussgesellschaft nicht der Zufriedenheit der
Wirtschaftssubjekte zu verdanken sei, sondern deren Unzufriedenheit, verbunden
mit einer explosiven Steigerung der ökonomischen Produktivität. Diese
Einschätzung ist abzulehnen, da es sehr zweifelhaft ist, ob es diese
Möglichkeit schon in der Antike gab. Da das Bedürfnis nach Landgewinn Krieg
auslöst, wird es also auch einen Stand geben müssen, dem allein die Aufgabe der
Kriegsführung und der Verteidigung übertragen wird.
Folgt man
Guthrie, so sollte eine stehende Armee gebildet werden. Er ist der Ansicht,
dass „eine effektive Verteidigung mehr als alles andere nach kontinuierlicher
Aufmerksamkeit und Übung ruft.“[23] In
dieser Beziehung pflichtet Höffe Guthrie bei, indem er feststellt:[24] „Ob
offensiv zum Erwerb fremden oder defensiv zur Verteidigung des eigenen Landes –
in beiden Fällen braucht es eine neuartige, bei Platon den anderen nicht mehr
neben-, sondern übergeordnete Berufsgruppe.“
Eine solche
Forderung nach einer Berufsgruppe ist revolutionär für das demokratische Athen
des 5. vorchristlichen Jahrhunderts, wo man sich für eine ausschließlich aus
Bürgern zusammengesetzte Armee entscheidet.[25]
Vernant bemerkt dazu:[26] „Es
gibt weder eine Berufsarmee noch fremde Söldner, noch gibt es Klassen von
Bürgern, die besonders für den Waffendienst bestimmt sind: die militärische
Organisation ergibt sich bruchlos als eine Fortsetzung der zivilen
Organisation.“
Platon benennt
die Eignung für die Aufgaben der Wächter; sie sollen gegenüber Vertrauten milde
sein, gegen Unbekannte scharf.[27] Die
Wächter sollten weiterhin philosophisch-wissensliebend, schnell und kräftig
sein. Es kristallisiert sich heraus, dass es einen Konflikt zwischen den
Neigungen der Wächter – Schärfe gegenüber Fremden, Milde gegenüber Freunden –
existiert. Die Harmonie dieser beiden Neigungen ist für Platon eines der
Hauptprobleme, was sein Erziehungskonzept betrifft.
Aristoteles
wiest Platons Beschreibung der Natur der Wächter zurück:[28] „Es
ist unzutreffend zu sagen, daß man gegen Unbekannte aggressiv sein soll, denn
niemandem gegenüber darf man eine solche Haltung einnehmen.“
Canto-Speber
und Brisson weisen darauf hin, dass die Erziehung, die die Wächter erhalten,
derjenigen ähnlich ist, die die traditionelle Paideia in Athen ausmachte.[29]
Platon
bestimmt, dass die Wächter gottähnlich werden sollten, soweit dies einem
Menschen möglich sei. Sie sollten nicht klagen und jammern, sondern lernen, ein
Unglück gelassen zu ertragen.[30]
Weiterhin betont er, dass die Wächter nicht lachlustig sein sollte, wobei
Heiterkeit und Scherz im richtigen Maße nicht verboten sein sollte. Die Wächter
sollten keine anderen Berufe ausüben; sie dürfen nichts anderes tun oder
nachahmen. Als Vorbild sollten vernünftige, ehrfuchtsvolle, freie Männer ihres
Berufsstandes dienen.
Die Wächter
sollten schon in ihrer Kindheit gymnastische Übungen, die Platon für
unabdingbar hält, lernen.[31] In
diesem Zusammenhang handeln die meisten Vorschriften Platons nicht von
körperlichen Übungen, sondern von der Ernährung. Trunkenheit ist zu meiden,
geröstetes Fleisch ohne jedes Gewürz zu empfehlen, Süßigkeiten sind untersagt.[32]
Dann stellt
sich Platon die Frage, wie die Wahl der besten Wächter aussehen soll. Er
schreibt den besten Wächtern Einsicht, Fähigkeit und Verantwortungsgefühl für
den Staat zu.
Platon legt
fest, dass die Philosophen aus den Reihen der besten Krieger ausgewählt werden.
Die Prüfungen, die dazu bestimmt sind, diese Auswahl zu treffen, durchlaufen
die Kindheit, die Jugend und das Erwachsenenalter. Bei den Prüfungen sollten
die Teilnehmer drei Eigenschaften beweisen: Die Krieger müssen imstande sein,
sich nicht nur am Wissen auszurichten, sondern auch Mäßigung zu üben und Mut zu
zeigen, der in Verbindung mit der Mäßigung an den Tag gelegt werden sollte.
Platon regte an, dass diejenigen, die zu den besten Wächtern des Staates
bestimmt werden, zu Lebzeiten und nach ihrem Tod geehrt werden sollten.[33]
Weiterhin
stellt Platon die Forderung auf, dass der Stand der Wächter kein Privateigentum
besitzen darf.[34] Wenn den Wächter
Privatbesitz gestattet wäre, würden sie ihren Pflichten nicht mehr nachkommen
und damit wäre die Sicherheit des Staates gefährdet. Ihren Lebensunterhalt
bekommen die Wächter von den Bürgern der Stadt.[35]
Am Anfang des
vierten Buches macht Adeimantos Platon den Vorwurf, dass den Wächtern kein
Glück in Form eines materiellen Vorteils zukommt.[36]
Aristoteles nimmt in seiner Schrift „Politik“ den Vorwurf des Adeimantos auf:[37]
„Während er den Wächtern die Glücksseligkeit entzieht, bezeichnet er es doch
als Aufgabe des Gesetzgebers, den ganzen Staat glücklich zu machen. Der Staat
im Ganzen kann jedoch unmöglich glücklich sein, ohne daß, wo nicht alle, so
doch die meisten, oder wenigstens einige Teile sich im Besitz der
Glückseligkeit befinden. (…) Wenn nun aber die Wächter nicht glücklich sind,
wer dann sonst? Doch wohl nicht die Handwerker und der große Haufen der
niederen Arbeiter.“
Höffe ist
zuzustimmen, wenn er konstatiert:[38]
„Platon lehnt das Glück gar nicht ab, er sieht es nur nicht in den abgelehnten
Glücksgütern der Masse. Das Glück erfüllt sich teils darin, daß der Mensch vor
allem den anderen dient und damit der Gesamtheit, teils – für den Philosophen –
im Verzicht auf die irdischen Güter und Genüsse im Hinblick auf die Einigkeit
des jenseitigen Glücks, wie es zuletzt der Mythos verkündet.“
Platon
versucht aus dem mangelnden Interesse der Wächter am Reichtum einen Vorteil in
der Außen- und Militärpolitik zu machen. Er denkt nicht, dass die Stadt sich
immer oder zwangsläufig selbst erfolgreich verteidigen kann, aber das Training
der Wächter könnte ein entscheidender Vorteil sein. Im weiteren Verlauf des
vierten Buches betont Platon, dass der Krieg durch die Krieger allein
entschieden wird, nicht durch die anderen Bewohner des Staates.[39]
Im fünften
Buch macht Platon Ausführungen über die der Art nach bestehende Gleichheit der
natürlichen Fähigkeiten von Mann und Frau, aus denen die Notwendigkeit zur Übernahme
gleicher Pflichten und gleicher Ausbildung erwachsen. Allerdings spricht Platon
davon, dass den Frauen leichtere Aufgaben als den Männern wegen der Schwäche
ihres Geschlechts zugewiesen werden sollen.[40]
Den jungen
Männern, die sich in Krieg und Frieden durch herausragende Leistungen
auszeichnen, soll Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr mit Frauen gegeben werden,
damit möglichst viele Kinder gezeugt werden, die die Tüchtigkeit ihrer Väter
besitzen könnten.[41]
Platon
verlangt, dass Männer und Frauen gemeinsam mit ihren Kindern in den Krieg
ziehen.[42]
Indem das Kind des Kriegers den Krieg miterlebt, soll es schon in frühester
Jugend für seinen späteren Beruf ausgebildet werden. Außerdem sollte das Kind
Vater und Mutter im Krieg dienen. Tyrtaios lieferte Platon für diese
Einschätzung die geistigen Voraussetzungen:[43]
„Wacker nicht wird ja ein Mann,
tüchtig im Werke des Kriegs,
bringt er es nicht übers Herz,
den blutigen Mord vor den Augen,
nahe dem Feind zu stehen,
Kampf nur ersehend im Herz.“
Es wird klar,
dass die Erziehung durch den Krieg zu einer Art „männlichem Ethos“ die vorher
geschilderte Erziehung des musischen und gymnastischen Zweiges ergänzt. Platon
leugnet nicht die Wichtigkeit, die die Wächter aus der Erfahrung erwerben,
obwohl er in einer späteren Stelle[44] den
privilegierten Status von Informationen hervorhebt, die nicht durch Erfahrung
zu erwerben sind, sondern durch den Gebrauch einer unabhängigen rationalen
Begabung.
Platon macht
die Einschränkung, dass die Kinder lediglich an ungefährlichen Feldzügen unter
der Führung von Älteren teilnehmen sollen. Vorher sollten sie die Reitkunst
erlernen, um im Notfall mit ihren Betreuern vor dem Feind fliehen zu können.[45]
Nun folgt die
Darstellung Platons, wie das Verhalten der Krieger untereinander aussehen soll.
Er setzt als Strafe für Feigheit die Versetzung zu den Bauern und Handwerkern
fest, das Freikaufen von Kriegsgefangenen ist verboten.[46]
Mit diesen
beiden Feststellungen streicht Platon klar heraus, dass Unvollkommenheiten in
seinem System der Ausbildung der Wächter existieren. Darauf wird deutlich, dass
es keine komplett ideale Stadt mit einer komplett idealen Bevölkerung geben
kann.
Diejenigen,
die sich im Krieg ausgezeichnet haben, sollen laut Platon von den mitziehenden
Kindern bekränzt werden und einen Händedruck erhalten. Sie dürfen jeden küssen
und geküsst werden, damit sie sich in Zukunft noch mehr um Auszeichnungen
bemühen.[47] Dies wird auch im
„Symposion“ ausgedrückt, wo Phaidros sagt:[48]
„Wenn es sich also einrichten ließe, daß ein Staat oder ein Heer nur aus
Liebhabern und Geliebten bestünde, so würden sie auf das Allerbeste in ihrer
Stadt hausen, indem sie sich alles Schmählichen enthalten und miteinander
wetteiferten; und wenn solche dann Seite an Seite kämpften, so würden die
geradezu die ganze Welt besiegen.“
Dann wird von
Platon die Frage aufgegriffen, wie sich die Krieger dem Feind gegenüber
verhalten sollen.[49] Er
betont, dass griechische Staaten selbst keine griechischen Sklaven besitzen
dürfen und andere Staaten zu derselben Handlung raten sollen, um sich gegen die
„Barbaren“ zu wenden und voneinander abzulassen.[50]
Platon war
nicht der erste, der auf ein „menschliches“ Kriegsrecht, wenigstens unter den
griechischen Staaten, besteht. Im Peloponnesischen Krieg kam es zwar noch oft
vor, dass die Bewohner eroberter griechischer Städte versklavt wurden, aber es
setzte sich immer mehr die Auffassung durch, Kriegsgefangene vor der Sklaverei
zu verschonen.[51]
Obwohl er
seine Beunruhigung zeigt, dass Griechen Griechen als Sklaven halten, sieht er
die Institution selbst als gegeben, zwar änderungsbedürftig, aber nicht als
eliminierbar an. Darin ist Platon durchaus ein Mensch der Antike, denn niemals
wird im Altertum die grundsätzliche Forderung erhoben, die Sklaverei müsse als
Institution verschwinden.[52]
Platon sieht
es als unwürdig an, die Toten nach einem Sieg auszurauben, lediglich die Waffen
dürften mitgenommen werden. Die Plünderung griechischen Landes und die
Verbrennung von Häusern sind verboten, das Aneignen der Jahresernte ist
gestattet.[53]
Platon
vermeidet hierbei eine offensichtliche Gelegenheit, um eine Vorstellung von
Gerechtigkeit und anderer Tugenden auszuführen, die sich über die Grenzen einer
einzigen Stadt ausdehnen könnten.
So wird der
Krieg zwischen griechischen Städten als „Bürgerkrieg“ beschrieben, wie die
Zwietracht innerhalb einer Stadt beschrieben wird. Griechen werden als
„verwandt“ und „befreundet“ dargestellt, wie die Mitbürger in Platons Stadt.
White vertritt die These, dass die Art von Verwandtschaft zwischen Griechen
vergleichbar ist mit der Verwandtschaft, die unter den Bürgern einer
vereinigten Stadt herrscht, obwohl im letzteren Fall die Einigkeit und
Verwandtschaft stärker ist.[54]
Platon
reserviert den Ausdruck „Krieg“ für die Kämpfe mit denen, die „fremd“ und
„ausländisch“ sind.[55] Er
nennt sie „Barbaren“; sie sind die „natürlichen Feinde der Griechen“.[56] Eine
Passage im „Menexenos“ zeigt den Unterschied zwischen innergriechischen
Auseinandersetzungen und dem Konflikt mit „Barbaren“, wo ein Lobredner die
Athener preist:[57] „(…) haben die Unsrigen,
nachdem sie die Feinde in einer Seeschlacht besiegt haben und ihre
lakedaimonischen Führer bei Spahgia gefangengenommen haben, obgleich sie sie
hatten verderben mögen, indem sie glaubten, daß man gegen Stammesgenossen nur
bis zum Sieg Krieg führen und nicht um der besonderen Erbitterung einer Stadt
willen das Gemeinwohl der Hellenen zugrunderichten dürfe, gegen die Barbaren
aber bis zur Vernichtung gehen müsse.“
Platon hebt
hervor, dass die Bürger seines Staates sich so gegenüber den „Barbaren“ zu
verhalten haben, wie es die Griechen jetzt praktizieren. Seine Staatsbürger
werden bei innergriechischen Auseinandersetzungen immer an Versöhnung denken
und den Konflikt nur so lange austragen, bis die Schuldigen des Konfliktes
bestraft sind.[58] Der Gedanke, im Feind
schon den Partner der kommenden Versöhnung zu sehen, dürfte einer alten
Weisheit angehören. Einer der Sieben Weisen, Bias von Breine, bemerkte:[59] „Man
muß lieben, als ob sie uns hassen werden, und hassen, als ob die uns lieben
werden.“
Wenn die
Wächter Experten im Krieg sein wollen, müssen sie zunächst Spezialgebiete
erlernen, wo sie sowohl praktische als auch gedankliche Anforderungen haben, um
die „intelligible Welt von a priori nötigen Wahrheiten zu untersuchen;
Wahrheiten, die unabhängig von Sinnerfahrungen sind und kein Experiment
widerlegen kann.“[60]
Platon sieht
die Mathematik als notwendige Kenntnis für einen Krieger an.[61]
Geometrie hat beim Aufschlagen des Lagers, bei der Besetzung von Plätzen, beim
Sammeln des Heeres sowie bei den Heeresbewegungen in Kampf und Marsch Nutzen
für den Krieg. Außerdem verspricht die bessere Kenntnis der Monats- und
Jahreszeiten Vorteile für die Kriegsführung.
Im achten Buch
behauptet Platon, dass die Timokratie die meiste Zeit über Krieg führen würde.[62] Die
Oligarchie kann seiner Meinung nach keinen Krieg führen, weil sie dabei die
breite Masse als Waffenträger einsetzen muss und diese letztlich mehr fürchtet
als ihre Feinde.[63] Ohne die breite Masse
würde die Oligarchie einen Krieg verlieren. Die Oligarchen betreiben mehrere
Geschäfte gleichzeitig: Ackerbau, Gelderwerb und Kriegsführung, was für Platon
zum Untergang des Staates führt. Gegenüber Platon vertritt Frede die These,
dass die oben beschriebenen Folgen, die Platon schildert, jedoch kaum den
tatsächlichen Verhältnissen und Erfahrungen von oligarchischen Staatswesen im
5. vorchristlichen Jahrhundert entsprechen dürften. Frede behauptet, dass die
Oligarchie kein Staat wäre, in dem „eine Klasse von inkompetenten, körperlich
schwächeren Geizkragen nur mühsam eine Herrschaft über körperlich kräftigere
Arme aufrechterhält.“[64]
Entgegen der platonischen Vorstellung nimmt Frede an, dass die Oligarchen
Athens hochkultivierte Leute sind, die durch ihren glanzvollen Lebensstil
auffallen und sich am öffentlichen Leben beteiligen.[65]
Platon
vertritt die Meinung, dass in der Demokratie kein Zwang herrscht; daher
existiere „auch kein Zwang zum Gehorsam, wenn du nicht willst; man zwingt dich
nicht zum Krieg während eines Krieges oder zum Frieden während des Friedens,
wenn du nicht Frieden halten willst.“[66]
Zweifel an dieser Darstellung werden von Frede angemeldet:[67]
„Warum soll es in Athen möglich gewesen sein, weder an der Herrschaft
teilzunehmen, noch sich beherrschen zu lassen, wenn man nicht wollte, oder auch
Krieg oder am Frieden nicht teilzunehmen, wenn die anderen es taten. (557 e
ff)? In Wirklichkeit konnte sich niemand dem obligatorischen Wehrdienst
entziehen.“
Dieser
Einschätzung folgt auch Popper, der die Schilderung Platons als eine
„lebendige, aber bis zur Leidenschaft feindselige und ungerechte Parodie des
politischen Lebens in Athen“ bezeichnet.[68]
Hiermit lässt sich festhalten, dass Platons Charakterisierung des Lebens in der
Demokratie als nicht realistisch eingestuft werden muss.
In seinen
Ausführungen fährt Platon mit der Schilderung des tyrannischen Herrschers und
des tyrannisch regierten Staates fort.[69] Der
Tyrann macht große Versprechungen, teilt das Land unter das Volk und seinen
Anhängern, erlässt Schuldentilgungen; dabei leugnet er, ein Tyrann zu sein.
Obwohl er sich mit seinen Feinden im Ausland versöhnt oder sie vernichtend
schlägt, beginnt er immer neue Kriege, damit er als Feldherr des Volkes
auftreten kann. Diese Kriege und die sich daraus ergebenden Kriegssteuern
lenken das Volk von Umsturzgedanken ab. Prätendanten und „Leute, die er wegen
ihrer freien Gesinnung im Verdacht hat, daß sie seiner Herrschaft
entgegentreten würden“, werden aus dem Weg geschafft, was zu neuen Kriegsunruhen
führt.[70]
Propagandisten stehen in Ehren; so wird der Staat der „wunderlichsten
Reinigung“ unterzogen, die dem Tyrannen die verächtlichste Gesellschaft übrig
lässt. Platon denkt hier immer wieder an seine Erlebnisse in Syrakus und nimmt
darin das Schicksal seines Schülers und Freundes Dion voraus, der von dem
jüngeren Dionysios verbannt wurde.[71]
Da der Tyrann
bei den Bürgern verhasst ist, muss er seine Privatarmee mit Söldnern und
freigelassenen Sklaven vergrößern. Platons aufgezählte Kennzeichen der Tyrannis
haben auch nach seinem Tode ihre Bedeutungskraft nicht verloren, da Aristoteles
sie in der „Politik“ ebenso verwendet.[72]
Frege sieht
die Ansichten Platons über die Tyrannis als unrealistisch an.[73] So
fragt sich auch Annas, wie sich der Tyrann länger als eine Woche in der Polis
an der Macht hätte halten können, „der nicht nur alle anderen versklavt,
sondern schließlich selbst zum Sklaven seiner niederen Lüste wird und sich
freudlos und friedlos in ständiger Furcht vor Attentaten versteckt.“[74]
Frege vertritt die These, dass Platons Vorstellung der Tyrannis eher an den
römischen Kaiser Caligula oder Nero als an sein angebliche Vorbild Dionysios I.
erinnert[75]. Somit bleibt
festzuhalten, dass die Forschung in dieser Frage zu einem einheitlichen
Ergebnis gekommen ist, nämlich der Wirklichkeitsferne der Diagnose Platons über
die Tyrannis und den Tyrannen.
2.2) Nomoi
Platon selbst
bestimmt durch den Mund der am Dialog teilnehmenden Personen den Inhalt des
Werkes.[76]
Teilnehmer an diesem Gespräch über Staatsformen und Gesetzen sind ein namenlos
bleibender Athener, der Lakedaimonier Megillos und der Kreter Kleinias.[77]
Auf die Frage
des Atheners nach Sinn und Zweck dreier für Kreta und zum Teil auch Sparta
charakteristischer Institutionen (Syssitien, Gymnastik, Bewaffnung) folgt ein
weit ausholendes Plädoyer des Kleinias.[78] Er
begründet die spezifische kretische Form der Gymnastik, nämlich das Laufen, mit
der Natur des Landes. Weiterhin betont er, dass die kretischen Waffen so leicht
sein sollen, dass sie die Krieger nicht belasten dürften, Pfeil und Bogen seien
sehr geeignet. Kleinias vertritt die These, dass der Endzweck aller kretischen
Institutionen der Krieg ist, wie auch die Syssitien zeigen.[79] An
ihnen wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch die Bestimmungen für das
Verhalten im Frieden auf den Krieg hin ausrichtet, weil das Wort „Friede“ nur
eine törichte Bezeichnung für Krieg aller Staaten gegen alle sei.[80]
Kleinias’
These vom Krieg aller Städte gegen alle findet von Wilamowitz-Moellendorf für
Kreta durch Inschriften bestätigt.[81]
Aristoteles erwähnt in der „Politik“ zwar gegenseitige Kriege der kretischen
Städte, bescheinigt aber gleichzeitig den griechischen Städten eine gewisse
innenpolitische Stabilität.[82]
Effenterre kritisiert Aristoteles’ Aussage von den gegenseitigen Kriegen der
kretischen Städte und wertet sie als Momentaufnahme ab.[83]
Kleinias
bemerkt, dass alle Güter der Besiegten den Siegern zufallen. Dieser Gedanke
kommt in dieser Form auch bei Xenophon vor, als Kyros erläutert: „(…) alle
Güter der Besiegten winken dem jeweiligen Sieger als Kampfpreise.“[84] Der
Gedanke der Feindschaft und des Besiegens wird von der Polis über
Dorf-Haus-Mann bis zum Ich weitergeführt, das „sich selbst feind“ und
Schauplatz eines „Krieges in uns selbst“ ist.[85] In
diesem Krieg sich selbst zu besiegen wird im Sinne der Selbstbeherrschung von
Kleinias als schönster Sieg gepriesen. Kleinias’ These vom „Krieg in uns
selbst“ wurzelt in Vorstellungen der griechischen Ethik, die ein „Bekämpfen“
und „Besiegen“ der Triebe fordert und so zum Begriff der Besonnenheit gelangt.[86]
Die
Vorstellung von der Verwandtschaft der Polisbürger untereinander erlaubt es,
die Familie als Analogie zur Polis heranzuziehen.[87] Am
Beispiel einer verfeindeten Sippschaft wird das Paradoxon, dass bei einem Sieg
der ungerechten Mehrheit das Ganze als „sich selbst unterlegen“ zu betrachten
ist, noch einmal durchgespielt, um dann endgültig verabschiedet zu werden. Denn
Thema ist die Richtigkeit von Gesetzen, die wesentlich von der Richtigkeit
ihres Ziels abhängt. Dies kann nur dauerhafte Versöhnung und Freundschaft unter
den Parteien sein, also gerade das Gegenteil von Krieg.[88] Auf
die Staaten übertragen bedeutet dies: Ziel des Gesetzgebers muss es sein, einen
inneren Krieg, der als Bürgerkrieg vom äußeren Krieg geschieden wird, durch
Versöhnung der Polisbürger zu beenden oder ihn ganz zu vermeiden.[89]
Schon Herodot stellte fest, dass „Zwietracht im Inneren viel schlimmer ist als
ein einmütig geführter Krieg, wie Krieg schlimmer ist als Frieden.“[90]
Da die
Herstellung von Frieden und Freundschaft für den Athener das Beste darstellt,
die Gesetze aber stets auf das Beste zielen müssen, würde ein Gesetzgeber, der
seine Gesetzgebung am Krieg statt am Frieden orientieren wollte, seine Aufgabe
verfehlen.[91] Durch diesen Logos ist
Kleinias’ These vom Krieg als Ziel der Gesetzgebung theoretisch widerlegt. Ihm
bleibt als Argument lediglich noch der Hinweis auf die Verfassungswirklichkeit
in Kreta und Sparta, deren Gesetze faktisch auf den Krieg ausgerichtet sein.[92]
Damit wird das Gespräch wieder auf seinen Ausgangspunkt zurückgeworfen und muss
durch einen neuen Diskussionsansatz[93]
vorangebracht werden.
Die durch den
Einwand des Kleinias erforderlich gewordene neue Argumentation geht
hypothetisch noch einmal vom Krieg als dem Ziel der spartanischen Gesetzgebung
aus, um diese im Grunde schon widerlegte Position jetzt durch die Auflistung
der sich daraus ergebenen Konsequenzen in Frage zu stellen.[94]
Nun wird
zunächst geklärt, welches der beiden unterschiedlichen Arten vom Krieg (äußerer
Krieg, Stasis) bei der Ausrichtung der Gesetzgebung ins Auge gefasst wird. Eine
fiktive Befragung des Dichters Tyrtaios, der als Vertreter kriegerischer
Tapferkeit das spartanische Wertesystem vertritt,[95]
ergibt, dass Tyrtaios in seiner Dichtung vor allem die Tapferkeit im äußeren
Krieg lobt.[96] Ihm stellt der Athener
eine Aussage des Dichters Theognis entgegen, die den im Parteienzwist sich als
zuverlässig bewährenden Mann preist; diese Zuverlässigkeit deutet der Athener
als umfassende Tugend, die die vier klassischen Kardinaltugenden Gerechtigkeit,
Besonnenheit, Einsicht und Tapferkeit vereint.[97]
Damit erfährt die Argumentation eine bemerkenswerte Verschiebung: die
Diskussion um das richtige Ziel der Gesetzgebung hat sich von den Zuständen der
Polis und ihrer Bürgerschaft (Krieg, Stasis gegen Friede, Freundschaft) auf die
in diesen Zuständen jeweils erforderlichen Tugenden des einzelnen Bürgers
verlagert.
Der Krieger
des Theognis ist in zweifacher Hinsicht dem Krieger des Tyrtaios überlegen:[98]
1.er bewährt sich im schlimmsten und größten Krieg, ist
also ein „tüchtiger Krieger“;
2.er besitzt die vier Kardinaltugenden, während die
Tapferkeit hiervon nur den dritten Teil bildet und sich sogar mit dem Gegenteil
der drei anderen Tugenden verbinden kann.
Aus den
bisherigen Überlegungen ergibt sich als erster und wichtigster Grundsatz, dass
richtige Gesetzgebung auf die Tugend, und zwar auf die größte Tugend in Gestalt
der vollkommenen Gerechtigkeit zielt.
Eine weitere
Stelle des ersten Buches sagt aus, dass ein mit Laster, Feigheit und Unwissen
versehener militärischer Nichtfachmann ungeeignet als Befehlshaber eines Heeres
ist. Weiterhin existiert eine Forderung nach einem völlig furchtlosen und jeder
Aufregung unzugänglichen Feldherrn an der Spitze des Heeres.[99]
Platon
schildert nun die Bedingungen der letzten Flutkatastrophe.[100] Es
gibt keinen Krieg oder Aufruhr, weil die Menschen aufgrund ihrer Einsamkeit
freundlich zueinander waren. Weiterhin gibt ihnen auch der Lebensunterhalt
keine Veranlassung zu kämpfen. Deshalb bleiben sie vor besonderer Armut bewahrt
und demgemäß auch vor Streit, dessen Quelle die Armut ist. Andererseits können
sie wegen des Mangels von Gold und Silber auch nicht reich werden.[101] Der
Athener ist der Meinung, dass in einem Gemeinwesen, dem Reichtum und Armut
fremd sind, eine ehrenwerte Gesinnung zu finden ist. Die Einheit im Staat wird
sowohl durch extremen Reichtum als auch durch extreme Armut gefährdet,
vorzuziehen ist die Mitte.[102] Der
Tugend ist besonders der Reichtum abträglich, daher die wiederholte
Verurteilung des Reichtums und der Geldgier.[103] Die
Forderung nach einem mäßigen Besitz findet sich auch bei Euripides.[104]
Platon
behauptet, dass viele Generationen, die weder Reichtum noch Armut kannten, im
Vergleich zu den jetzt lebenden Menschen weniger Kenntnis, vor allem in den
Kriegskünsten besaßen. Dafür sollen sie einfältiger, tapferer, besonnener und
gerechter gewesen sein. Somit stellt der Athener der
technisch-zivilisatorischen Rückständigkeitauf den ersten Blick eine im Vergleich zur Gegenwart höhere Sittlichkeit
der Frühzeit gegenüber.[105]
Schöpsdau kritisiert, dass die Sittlichkeit der Frühzeit nicht auf Bewusstheit
oder philosophischer Einsicht, sondern auf naiver Unmittelbarkeit beruht.
Außerdem wird diese unterstützt durch die äußeren Bedingungen der situationsbedingten
Freundschaft und dem Fehlen von Gold und Silber. Insofern behauptet Schöpsdau,
dass diese Menschen die Stufe der vollen Tugend noch nicht erreicht haben.[106]
Am Ende des
sechsten Buches führt Platon aus, dass Männer im Alter von 20-60 Jahren zum
Kriegsdienst verpflichtet werden sollten.[107] Er
legt fest, dass Frauen im Zweifelsfall vom Ende der Kinderzeugungen bis zu
ihrem 50. Lebensjahr Dienst im Heer leisten sollten. Spiele wie Opfer, Gesänge
oder Tänze sollten zum Inhalt des Lebens werden, so dass man die Götter ehrt
und die Feinde im Kampfe besiegt.[108]
Für Platon
wird also der Frieden zur Übungsschule für den Krieg, indem mit allen größeren
Opfern und Festen immer kriegerische Übungen verbunden sind.[109] Es
wird die Forderung erhoben, dass die Jugend die Kunst des Bogenschießens und
Speerwerfens erlernen sollte.[110] Den
Frauen sind dieselben Übungen vorgeschrieben; sie müssen Reiten, Bodenschießen
und die übrigen Waffenkünste lernen. Dann stellt Platon eine detaillierte
Beschreibung der gymnastischen Aufgaben vor.[111]
Übungen im Bogenschießen, in der Schildführung, der Kampf in voller Rüstung,
die taktischen Bewegungen, das Aufschlagen des Lagers und die Reitkunst sind
als Pflicht anzusehen. Für diese Fächer muss es öffentliche Lehrmeister geben,
die von den Bürgern der Stadt bezahlt werden.[112] Die
weiblichen Krieger sollen kämpfen wie Vögel, die für ihre Jungen den Kampf
gegen die stärksten Tiere aufnehmen und bereit sind, zu sterben. Platon
behauptet, dass „die Ringübungen in der Tat unter allen Körperbewegungen dem
kriegsmäßen Kampf am aller allernächsten verwandt sind sowie darüber, daß man
diese Ringübungen um des Krieges willen treiben müsse, nicht aber umgekehrt.“[113] Er
bezeichnet gymnastische Übungen als Tanzkunst und unterscheidet dabei zwei
Gattungen: die friedliche und die kriegerische Tanzweise.[114] Die
kriegerische Tanzweise trägt den Namen Pyrrhiche
(Waffentanz).[115]
Dabei werden Körperbewegungen nachahmend dargestellt, einerseits die
berechneten Körperwendungen, durch die man sich vor Schlägen schützt,
andererseits die auf den Angriff zielenden Körperstellungen, wie es für das
Bogenschießen oder das Speerwerfen erforderlich ist.[116] Mit
Morrow ist festzustellen, dass spartanische und kretische Jungen diesen Tanz
schon in ihrer frühesten Jugendzeit erlernen.[117]
Im achten
Buch berichtet Platon, dass an einem oder mehreren Tagen in jedem Monat
Feldübungen stattfinden sollen.[118] Die
Tüchtigsten in diesen Feldübungen sollen laut Platon verherrlicht werden, die
Verlierer dagegen getadelt.[119] Als
Übungsmethoden stellt sich Platon den Kampf gegen eine leblose Puppe oder ein
Schattengefecht gegen sich selber vor. Wenn jemand bei einer Feldübung ohne
Vorsatz getötet wird, sollte der Täter für schuldlos erklärt werden.[120]
Dies erklärt Platon damit, dass bei den Übungen Gefahr simuliert werden muss,
um einen Prüfstein zu haben, die tapferen Krieger von den mutlosen zu
unterscheiden.
Wenn jemand
im Zorn seinen Mitmenschen verletzt oder dadurch der Staat geschädigt wird, in
dem der Verletzte nicht gegen die Feinde kämpfen kann, so ist der Täter
gegenüber dem Staat ersatzpflichtig.[121] Er
muss die soldatischen Pflichten des Invaliden übernehmen; geschieht dies nicht,
wird er wegen Entziehung vom Kriegsdienst angeklagt.
Das
wichtigste Gesetz des Kriegswesens ist laut Platon das Befolgen der Anweisungen
des Befehlshabers. Eine in sich geschlossene Gemeinschaft soll gebildet werden,
da es das beste Mittel ist, den Feind zu besiegen.[122]
Platon betont, dass jeder Bürger Kriegsdienst leisten muss; Deserteure im Krieg
sollten wegen Verletzung der Dienstpflicht angeklagt werden.[123] Das
dafür zuständige Gericht wird aus allen Teilnehmern des Feldzugs gebildet, jede
Waffengattung bildet ein besonderes Gericht. Wenn derjenige für schuldig
befunden wird, soll er sich weder in Wettkämpfen messen, noch einen anderen
wegen Entziehung vom Kriegsdienst anklagen dürfen. Außerdem soll er vom Gericht
zu einer Geldstrafe verurteilt werden.[124]
Platon
vertritt die Ansicht, dass nach dem Feldzug Preise für die Tapferkeit an
Bewerber verteilt werden sollten. Der Siegspreis ist für alle ein Kranz aus
Olivenzweigen, den jeder im Tempel einer Kriegsgottheit als Weihgeschenk
niederlegen kann.[125]
3) Fazit
Die
Darstellung der beiden Dialoge zeigen, dass es keine Unvermeidlichkeit des
Krieges in Platons Augen gibt. Dabei muss betont werden, dass Platon dadurch
geprägt wurde, dass allein Athen sich durchschnittlich in mehr als zwei
Dritteln der Jahre zwischen den Perserkriegen und seiner Niederlage gegen
Philipp von Makedonien bei Chaironeia im Jahre 338 v. Chr. im Kriegszustand
befand und dass es während dieses ganzen Zeitraumes nicht ein einziges Mal eine
Friedensperiode von zehn Jahren erlebte. Für Platon ist Krieg zwar eine
Realität, aber es finden sich bei ihm Erwägungen über den Frieden als Ziel und
Ideal.
Der Staat
muss militärisches Training für Männer und Frauen organisieren, um die
Sicherheit seiner Bürger gegen einen möglichen Aggressor zu gewährleisten.
Platon stellte fest, dass ein Unterschied zwischen innergriechischen
Auseinandersetzungen und Konflikten mit „Barbaren“ existiert. Da sie natürliche
Feinde sind, nennt man einen Kampf zwischen „Barbaren“ und Griechen Krieg, der
bis zur völligen Vernichtung der „Barbaren“ geführt werden soll. Ein Kampf
zwischen griechischen Staaten wird dagegen als Zwist unter Freunden betrachtet,
wobei Platon ausdrücklich erwähnt, dass innergriechische Konflikte besonders
schlimm seien und im Notfall vermieden werden sollten.
Es ist
überraschend, dass Platon in seiner Auseinandersetzung über Krieg und Frieden
nicht auf die Aussagen des Sophisten Antiphon (480-411 v. Chr.) eingeht, die
die Gleichheit von Griechen und „Barbaren“ betonen und als wesentlich
toleranter einzuordnen sind als die Meinung vieler gelehrten Zeitgenossen des
5. Jahrhunderts v. Chr im antiken Griechenland. In seinem “Buch von der
Wahrheit” verkündet Antiphon:[126]
„Wir wissen nicht mehr, wen wir achten sollen und wen nicht. In dieser Hinsicht
sind wir gegeneinander Barbaren geworden. Von Natur aus sind alle gleich, ob
Barbaren oder Griechen. Das folgt aus dem, was von Natur aus für alle Menschen
notwendig ist. Wir atmen alle durch Mund und Nase und wir essen alle mit den
Händen.“
4) Bibliographie
4.1) Quellen
- Aischylos
The Loeb Classical Library, 2 Bände,
London/Cambridge (Mass.),
1927ff
- Aristophanes
The Loeb Classical
Library, 3 Bände, London/Cambridge (Mass.),
1926ff
- Aristoteles
Newman, W.L. (Hrsg.): The
politics of Aristotle, Bände 1-4, Oxford
1950
- Euripides
The Loeb Classical Library, 4
Bände, London/Cambridge (Mass.),
1916ff
- Heraklit
Conche, M. (Hrsg.): Heraclite. Fragmente, Paris
1986
- Herodot
Haussig, H. W.:
Herodot. Historien, Stuttgart 1963
- Hesiod
The Loeb Classical Library,
London/Cambridge (Mass.),
1914ff
- Homer
The Loeb Classical Library, 2 Bände,
London/Cambridge (Mass.),
1928ff
- Pindar
The Loeb Classical Library,
London/Cambridge (Mass.),
1915ff
Platon
Apelt, O. (Hrsg.): Sämtliche
Dialoge, Bände 1-7, Hamburg 1988
Tyrtaios
Prato, C. (Hrsg.): Tyrtaios, Rom 1968
Xenophon
The Loeb Classical Library, 7
Bände, London/Cambridge (Mass.)
1914ff
4.2) Sekundärliteratur
- Annas, S.: An introduction to
Plato’s Republic, Oxford
1981
- Craig, L.H.: The War Lover, Toronto 1994
- Cross,
R.C./Woozley, A.D.: Plato’ Republic. An philosophical commentary, London 1964
- de Romilly, J.: La
modernité d’Euripide, Paris 1986
- Diels, H.: Die Fragmente der Vorsokratiker, 5. Auflage,
Berlin 1957
- Dover,
K.J.: Greek popular morality in the time of Plato and Aristotle, Oxford 1974
- Effe, B.: Der homerische Achilleus. Zur
gesellschaftlichen Funktion eines literarischen Helden, Gymnasium 95, 1988, S.
1-9.
- Effenterre, H.: La
Crete et le monde grec de Platon a Polybé, Paris 1948
- Ehrenberg, V.: Aristophanes und das Volk von Athen,
Zürich/Stuttgart 1968
- Garlan, J.: War in the ancient
world, London
1975
- Guthrie, W.C.K.: A history of
Greek philosophy, Band IV., Cambridge
1975
- Höffe, O.
(Hrsg.): Platon. Politeia, Berlin 1997
- Latocz, J.: Das Menschenbild Homers, Gymnasium 91,
1984, S. 12-19
- Momigliano, A.: Some observations on
causes of war in ancient historiography, in: Secondo contributo alla storia
degli studi classici, Roma 1960, S. 13-38
- Morrow, G.R.: Plato’s Cretan city.
An historical interpretation of the Laws, Princeton
1960
- Müller, C.W.: Der schöne Tod des Polisbürgers,
Gymnasium 96, 1989, S. 314-341
- Nicolai, W.: Rezeptionssteuerung in der Ilias,
Philologus 127, 1983, S. 1-11
- Ostwald, M.: Peace and war in Plato
and Aristotle, in: Scripta classica Israelica, Vol. XV, 1996, S. 108-118
- Polenz, M.:
Griechische Freiheit. Wesen und Werden eines Lebensideals, Heidelberg 1955
- Popper, K.:
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Band 1, Tübingen 1992
- Schöpsdau,
K.: Platon. Nomoi. Buch I-III, Göttingen 1994
- Schubert,
A.: Platon – Der Staat. Ein einführender Kommentar, Paderborn 1995
- Schmidt, L.: Die Ethik der alten Griechen, Band II,
Stuttgart 1964
- Spiegel, N.: War and peace in classical
Greek literature, London
1990
- Stallay, R.F.: An introduction to
Plato’s Laws, Oxford
1983
- von
Wilamowitz-Moellendorf, U.: Platon I. Sein Leben und seine Werke, 5. Auflage,
Berlin 1959
- Vernant,
J.-P. (Hrsg.): Problemes de la guerre en Grece ancienne, Paris/La Haye 1968
- Vogt, J.: Die Struktur der antiken Sklavenkriege,
Wiesbaden 1957
- White, N.P.: A
companion to Plato’s Republic, Oxford
1979
- Wilk, R.: Über die Herkunft des platonischen
Versöhnungsgedankens, Berlin 1961
- Zinsmaier, T.: Wahrheit, Gerechtigkeit und Rhetorik
in den Reden Antiphons, in: Hermes 126, 1998, S. 398-422
[1] Leg. 626a
[2] Ostwald, M.: Peace and war in Plato and
Aristotle, in: Scripta classica Israelica, Vol. XV, 1996, S. 108-118, hier: S.
116
[3] Vgl. Momigliano, A.: Some observations on
causes of war in ancient historiography, in: Secondo contributo alla storia
degli studi classici, Roma 1960, S. 13-38 oder Garlan, J.: War in the ancient
world, London
1975, S. 17ff
Schon bei Homer bilden Streit, Krieg und Schlachtengetümmel
eine feste Einheit (Ilias 1, 127). Agamemnon warf Achill vor: „Immer hast du
den Streit geliebt, Krieg und Schlachtengetümmel“ (Ilias 5,732). Kampfesmut als
zentrales Thema gegen die Todesfurcht erläutert C.W. Müller: Der schöne Tod des
Polisbürgers, Gymnasium 96, 1989, S. 314-341. Von einem differenzierten Bild,
das Homer in der Ilias vom Krieg entwirft, spricht Bernd Effe: Der homerische
Achilleus. Zur gesellschaftlichen Funktion eines literarischen Helden,
Gymnasium 95, 1988, S. 1-9; vgl. dazu auch den Aufsatz von J. Latocz: Das
Menschenbild Homers, Gymnasium 91, 1984, S. 12-19, hier S. 15ff. Die
Notwendigkeit einer Differenzierung betont auch W. Nicolai: Rezeptionssteuerung
in der Ilias, Philologus 127, 1983, S. 1-11.
In der Erga (262-212) wendet sich Hesiod mit einer
Fabel an seine Zuhörer. Eine Nachtigall, in den Fängen eines Habichts, beklagt
ihr bitteres Los. Der Habicht hält jedoch dagegen, dass es aus ihrer Sicht
nicht zu beklagen gibt. Der Habicht ist der Stärkere, der die schwächere
Nachtigall gefangen hält. Hilflos ist sie dem Raubvogel ausgeliefert. „Gehen
musst du, wohin ich will, trotz deinem Gesang. Ich fresse dich, wann es mir
passt, oder ich lasse dich entweichen. Für den Schwächeren ist es sinnlos,
gegen einen Stärkeren zu kämpfen. Außer der Niederlage erleidet er nur noch
Schande.“ Mit dieser Feststellung des Habichts endet die Fabel. Hesiod will
seinen Zuhörern noch einmal verdeutlichen, was er ein paar Strophen vorher den
Herrschern vorgehalten hat: das Faustrecht, das für Hesiod weitgehend die
außerstaatlichen Beziehungen bestimmt (Erga 189ff). Heraklit stellt Ende des 6.
Jahrhunderts fest: Der Krieg (polemos) ist der Vater aller Dinge (…) der Krieg
macht die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien (B 52). Ferner behauptet
Heraklit, dass der Krieg Feindliches zusammenführt, dass der Krieg Recht (dive)
und Streit (eris) istund dass alles
notwendig durch Streit entsteht (B 80). Nur in einem einzigen Fragment (B 67)
erwähnt Heraklit auch Frieden: „Gott ist Tag, Nacht, Winter, Sommer, Krieg,
Frieden, Sattheit, Hunger. Er (der Gott) wandelt sich (wie Öl und Feuer?),
mischt sich dies (Öl oder Feuer?) mit Duftstoffen, so heißt es nach dem
jeweiligen Geruch.“ Durch die Worte des persischen Feldherrn Mardonios bringt
Herodot seine Kritik über die vielen kriegerischen Konflikte unter den Griechen
zum Ausdruck. Sie wären seiner Meinung nach auch durch Verhandlungen und
Gesandtenaustausch beizulegen gewesen, würden die Griechen doch schließlich
eine gemeinsame Sprache sprechen (Herodot 7,9, 2 ß). Zur Diskussion über Krieg
und Frieden in den Werken von Aristophanes und Euripides siehe Ehrenberg, V.:
Aristophanes und das Volk von Athen, Zürich/Stuttgart 1968, S. 299ff und de
Romilly, J.: La modernité d’Euripide, Paris 1986, S. 201ff.. Aristophanes geht
es um die Beendigung dieses konkreten Krieges von Griechen gegen Griechen,
nicht aber um ein Plädoyer für die Abschaffung des Krieges generell. Euripides
setzt der Kriegsbegeisterung der Zeitgenossen während des Peloponnesischen
Krieges ein Menetekel entgegen, ohne sich der Illusion hinzugeben, der Krieg
könne grundsätzlich aus dem menschlichen Bereich eliminiert werden.
[4] Siehe Vernant, J.-P.
(Hrsg.): Problemes de la guerre en Grece ancienne, Paris/La Haye 1968, S. 10
oder Dover, K.J.: Greek popular morality in the time of Plato and Aristotle,
Oxford 1974 S. 161ff. Dover geht von der Annahme aus, dass der Krieg im Rahmen
des männlich orientierten Wertehorizontes der ganzen Antike schon insofern
unentbehrlich war, als er das eigentliche und vorrangige Betätigungsfeld für
diejenige Tugend darstellte, die in den Augen der Griechen den Mann in erster
Linie auszeichnet: die Tapferkeit. Es geht in der Antike immer nur um sektorale
Eingrenzungen dieses Grundsatzes, wie z.B. den im 4. Jahrhundert v. Chr. aufkommenden
Gedankens eines dauerhaften, innergriechischen Friedens mit Zielrichtung gegen
die persische Großmacht, um das kritische Aufzeigen seiner möglichen
Konsequenzen, um das Vermeiden von Übersteigerungen, nicht aber um seine
grundsätzliche Infragestellung. Vgl.
dazu de Romilly, J.: Guerre et paix entre cités, in: Vernant, S.-P. (Hrsg.):
Problemes de la guerre en Grece ancienne, Paris/La Haye 1968, S. 211-228, hier
S. 216ff
[5] Spiegel, N.: War and peace in classical Greek
literature, London
1990, S. 203
[6] Rep. 332 e 3-6
[7] Schubert, A.: Platon – Der
Staat. Ein einführender Kommentar, Paderborn 1995, S. 15
[8] Rep. 332 e 12 – 333 a 1
[9] Schubert, Platon – Der
Staat, a.a.O., S. 16
[10] Rep. 351 c 8-12
[11] Rep. 351 e 11-352 a 2
[12] Rep. 273 b 7-9
[13] Rep. 372 d,f
[14] Rep. 373 d,e
[15] Guthrie, W.C.K.: A history of Greek
philosophy, Band IV., Cambridge
1975, S. 447f
[16] Cross, R.C./Woozley, A.D.: Plato’s Republic. A
philosophical commentary, London
1964, S. 95
[17] Craig, L.H.: The War Lover, Toronto 1994, S. 6
[18] Guthrie, A history of Greek philosophy,
a.a.O., S. 449
[19] Phaidros 66 d
[20] Rep. 586 a ff
[21] Höffe, O. (Hrsg.):
Platon. Politeia, Berlin 1997, S. 81
[22] Ebd., S. 82
[23] Guthrie, A history of Greek philosophy, a.a.O., S. 449
[24] Höffe, Platon. Politeia, a.a.O., S. 81
[25] Canto-Speber, M./Brisson,
L.: Zur sozialen Gliederung der Polis, in: Höffe, Platon. Politeia, a.a.O., S.
88-101, hier S. 96
[26] Vernant, Problemes de la guerre en Grece
ancienne, a.a.O., S. 17
[27] Rep. 375 e 1-3
[28] Pol VII 7 (1328 a 8)
[29] Canto-Speber/Brisson,Zur sozialen Gliederung der Polis, in: Höffe,
Platon, Politeia. a.a.O., S. 88-101, hier S. 99
[30] Rep. 383 c 4-6
[31] Rep. 403 c 13-14
[32] Rep. 404 c-e
[33] Rep. 413 c 5 – 414 a 5
[34] Rep. 416 d 5
[35] Rep. 416 d 8-11
[36] Rep. 419 a
[37] Pol. 1264 b 16ff
[38] Höffe, Platon. Politeia, a.a.O., S. 74
[39] Rep. 429 b
[40] Rep. 457 a 13-15
[41] Rep. 460 b 1-5
[42] Rep. 466 e 4-5
[43] Tyrtaios 9,10 ff
[44] Rep. 475 e – 476 d / 476
d – 480 a
[45] Rep. 467 e
[46] Rep. 468 a 10-12
[47] Rep. 467 b 9 – c 4
[48] Symp. 178 e
[49] Rep. 469 b 6-7
[50] Rep. 469 c 1-5
[51] Schmidt, L.: Die Ethik
der alten Griechen, Band II, Stuttgart 1964
[52] Vogt, J.: Die Struktur
der antiken Sklavenkriege, Wiesbaden 1957, S. 8
[53] Rep. 470 a 7- b 2
[54] White, N.P.: A companion to Plato’s Republic, Oxford 1979, S. 150
[55] Rep. 470 c 3-4
[56] Rep. 470 c 6-8
[57] Men. 242 d
[58] Rep. 471 a-b 5
[59] Zitiert aus Wilk, R.:
Über die Herkunft des platonischen Versöhnungsgedankens, Berlin 1961, S. 8f
[60] Cross/Woozley, Plato’s Republic, a.a.O., S.
255
[61] Rep. 527 d 1-5
[62] Rep. 548 a 1-4
[63] Rep. 551 d 11 – e 2
[64] Frede, D.: Die
ungerechten Verfassungen und die ihnen entsprechenden Menschen, in: Höffe,
Platon.Politeia, a.a.O., S. 255-266, hier S. 260
[65] Ebd., S. 261
[66] Rep. 557 e 4-8
[67] Frede, Die ungerechten
Verfassungen und die ihnen entsprechenden Menschen, in: Höffe, Platon.Politeia,
a.a.O., S. 261
[68] Popper, K.: Die offene
Gesellschaft und ihre Feinde, Band 1, Tübingen 1992, S. 52
[69] Rep. 566 d 7 – 567 e
[70] Rep. 567 a 5 - 9
[71] Frede, Die ungerechten
Verfassungen und die ihnen entsprechenden Menschen, in: Höffe, Platon.Politeia,
a.a.O., S. 262
[72] Pol 1313 b, 28ff
[73] Frede, Die ungerechten
Verfassungen und die ihnen entsprechenden Menschen, in: Höffe, Platon.Politeia,
a.a.O., S. 262
[74] Annas, S.: An introduction to Plato’s
Republic, Oxford
1981, S. 304
[75] Frede, Die ungerechten
Verfassungen und die ihnen entsprechenden Menschen, in: Höffe, Platon.Politeia,
a.a.O., S. 263
[76] Leg. 625 a 6-7
[77] Leg. 624a
[78] Leg. 625 c 6 – 626 b 2
[79] Leg. 625 e 7 – 8, auch
Aristoteles sieht im Krieg den Endzweck der kretischen und spartanischen
Verfassung (Pol. 7, 2 1324 b 4 – 9, 7, 14 1333 b 12 ff)
[80] Leg 625 d 9 – 626 a 4
[81] von
Wilamowitz-Moellendorf, U.: Platon I. Sein Leben und seine Werke, 5. Auflage,
Berlin 1959, S. 523
[82] Pol 2, 9 1269 a 39ff
[83] Effenterre, H.: La Crete et le monde grec de
Platon a Polybe, Paris 1948, S. 104
[84] Xen. Kyr. 2,3,2
[85] Leg. 626 e 4-5
[86] Polenz, M.: Griechische
Freiheit. Wesen und Werden eines Lebensideals, Heidelberg 1955, S. 73ff
[87] Leg. 627 b 3-4
[88] Leg. 628 a 1-3
[89] Leg. 628 a 9- c 5
[90] Hdt. 8, 3, 1
[91] Leg. 628 c - e
[92] Leg. 626 a-b
[93] Leg. 625 a 1 ff
[94] Leg. 628 e 2-5
[95] Schöpsdau, K.: Platon. Nomoi. Buch
I.-III., Göttingen 1994, S. 169
[96] Leg. 629 b 6 – e 8
[97] Leg. 630 a 8 ff
[98] Leg. 630 a 2-b 5
[99] Leg. 640 a 7 – b 10
[100]
Leg. 677 a 1 – 679 e 5
[101]
Leg. 679 b 5 - 7
[102]
Leg. 719 e, 729 a
[103]
Leg. 695 e 5 ff, 697 b 2 ff
[104]
Eur. Hec. 238
[105]
Leg. 679 d 3 – e 4
[106]
Schöpsdau, Platon. Nomoi. Buch I.-III., a.a.O., S. 366
[107]
Leg. 785 b
[108]
Leg. 803 d 1 – e 4
[109] Stallay, R.F.: An introduction to
Plato’s Laws, Oxford
1983, S. 104
[110]
Leg. 804 c 7 f
[111]
Leg. 813 d 6 – 815 a 4
[112] Leg
813 e 3 - 4
[113]
Leg. 814 c 8 – d 6
[114]
Leg. 814 e f
[115] Leg.
815 a 4
[116]
Leg. 815 a-b
[117] Morrow, G.R.: Plato’s Cretan city. An
historical interpretation of the Laws, Princeton
1960, S, 33
[118]
Leg. 829 b 2 - 6
[119]
Leg. 829 c 1 -5
[120]
Leg. 831 a 2-6
[121]
Leg. 878 c 6-9
[122]
Leg. 942 a 6 – b 9
[123] Leg. 943 a 5-7
[124] Leg. 943 b 6-8
[125] Leg. 943 c 5-9
[126]
Zitiert aus Diels, H.: Die Fragmente der Vorsokratiker, 5. Auflage, Berlin
1957, S. 76ff. Eine gute Zusammenfassung der Fragmente Antiphons bietet
Zinsmaier, T.: Wahrheit, Gerechtigkeit und Rhetorik in den Reden Antiphons, in:
Hermes 126, 1998, S. 398-422
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Fangfu 23.03.2016 16:37
Dieser Artikel verliert an Glaubwürdigkeit daran, weil er – wie so viele andere auch - auf Fehlinterpretation von tiefgründigen Äußerungen von Platon basiert. Dazu zählt das hier falsch wiedergegebene Zitat von Platon aus Phaidros (66d): „Kriege, Zwiste, Kämpfe schafft uns nur der Leib mit seinen Trieben, denn um den Besitz von Geld und Gut entstehen die Kriege alle, zum Gelderwerb aber werden sie nur gezwungen durch den Leib, als seine Sklaven“. Das Zitat ist deshalb falsch, weil es sóma, worauf sich Platon ursprünglich bezieht, mit Leib übersetzt. Ebenso hat philosophía ursprünglich eine andere Bedeutung als Philosophie, ebenso sophrosýne, die nicht das ist, was hinter Besonnenheit steckt. Platon schreibt über die philosophía (Phaidon, 64a): „Andere Menschen sind sich wahrscheinlich nicht darüber im Klaren, dass diejenigen, die die philosophía korrekt ausüben, nicht anderes tun als ‚sterben‘ und ‚tot‘ zu sein“. Hiermit bezieht er sich auf die „Praxis des Sterbens (meléte thanátou)“, die die Essenz seiner Lehre (philosophía), der Mutter der heutigen Philosophie ist, die kein Ausüben einer (ungeschriebenen) Praxis mehr kennt. Sie nutzt nicht mehr den Leib, um durch regelmäßiges Üben zur sophrosýne („Besinnung“ = Erweiterung der vertrauten fünf Sinne und des Bewusstseins) zu gelangen. Darüber schreibt Platon in Critias (164d-165a): „Ja, ich wurde sagen, dass das selbst beobachtete Wissen (durch Üben) die Essenz der sophrosyne ist; und ich stimme mit der Person überein, die in Delphi die Inschrift ‚Erkenne dich selbst‘ gewidmet hat“. Ich zeige nun mit einigen Zitaten von Platon, dass sóma nicht Leib ist. Sie lassen recht gut erkennen, dass es eine Metapher ist. Wenn ich sóma groß, also SÓMA, schreibe, so bedeutet es Körper (Leib), sonst ist es die Metapher. Dies gilt auch für die Metaphern (sóma, psyché, pneuma), die mit (SÓMA, Seele, Geist) falsch übersetzt werden. Ich beginne mit Zitat 1 (Phaedo, 66c-d): „Kriege, Umwälzungen und Kämpfe sind einzig und allein sóma und all den damit verbundenen Lüsten zu verdanken. Alle Kriege werden wegen Bereicherung unternommen; der Grund dafür ist sóma, denn wir sind sóma ständig zu Diensten“. Man könnte Gründe finden, warum SÓMA verantwortlich ist, Kriege, Umwälzungen und Kämpfe anzuzetteln und zu führen. Doch was wären dann die an SÓMA gebundenen Lüste, denen wir ständig zu Diensten sind? Auch Zitat 2 (Phaidon, 64a-70e) liefert keine Antwort dafür: „... denn sóma macht uns tausenderlei zu schaffen wegen der notwendigen Nahrung, denn auch wenn uns Krankheiten zustoßen, verhindern uns diese, das Wahre zu erjagen, und auch mit Gelüsten und Begierden, Furcht und von mancherlei Schattenbildern und vielen Kinderein erfüllt uns sóma ...“. Sóma = SÓMA könnte die erste Hälfte des Texts erklären, was danach folgt jedoch kaum. Würde man sóma kennen, so wären alle Platon Zitate im Einklang mit Zitat 3 (Phaidon, 82e): „Die psyché ist in sóma eingekerkert, so dass sie die Dinge (dort) nur wie durch ein Gitter betrachtet“. Auch Zitat 3 macht mit sóma = SÓMA nach dem Komma keinen Sinn, ebenso Zitat 4 (Phaidon, 64-70): „...also auch dabei verachtet des Philosophen Seele am meisten sóma, flieht vor sóma und sucht allein zu sein“. Nur sóma gibt allen Zitaten einen tiefgründigen Sinn und erklärt, warum unzählige Übersetzer, Interpreten und Kommentatoren seit Jahrhunderten irren, wenn sie Platon unterstellen, er hätte den Leib (SÓMA) ab- und die psyché aufgewertet, so wie es in wikipedia, infolge von sóma = SÓMA, zu lesen ist: „Der Leib, der mancherlei Beeinträchtigungen und letztlich der Vernichtung unterliegt, ist der unsterblichen, unzerstörbaren Seele untergeordnet. Es steht ihr zu, über ihn zu herrschen. Der Körper ist das ‚Gefäß‘, die ‚Wohnstatt‘ der Seele, aber auch negativ ausgedrückt ihr ‚Grab‘ oder ‚Gefängnis‘ – eine berühmt gewordene Formulierung Platons“. Der letzte Satz, kurz SÓMA (Leib) = séma (Grab), ist keine Formulierung von Platon, sondern eine armselige Fehlinterpretation. Es ist „Poesie“, „Kinderei“ und ein „Schattenbild“ konstruiert von einer Heerschar von Interpreten, die Platons tiefgründige Äußerungen über Krieg und Frieden nicht erfassen lassen. Sie erkennen nicht, dass sich das Weise sóphon hinter Metaphern verbirgt. Dazu ist Folgendes zu sagen: „Ich übe seit 1997 die traditionelle chinesische Dao-Praxis mit Leib und Seele aus. Sie lehrt mich, dass sich die Weisheit (sóphia) der Dao-Meister hinter Metaphern verbirgt, mit denen die Erfahrung mit der Dao-Praxis beschrieben wird. Metaphern sind Symbole, Worte, Phrasen, Zeichen, usw. die oft der materiellen (körperlichen) Welt entliehen sind, aber auf immaterielle (nicht greifbare) Inhalte verweisen. Dazu zählt z.B. die Metapher „Ich habe die Nase voll“, was in der Tat zutrifft hinsichtlich all des Hokuspokus der über Platon geschrieben wird. Auch [Xing (形), Qi (氣), Shen (神)] sind durch Selbstbeobachtung in der Dao-Praxis erlangte Metaphern, die sich, meinen Schlussfolgerung zufolge, auch hinter (sóma, psyché, pneuma) verbergen. Siehe dazu meine beiden Bücher, The Socrates Code (Lotus Press, 2014) und Geheime Dao-Schöpfungslehre (Lotus Press, 2015). Darin zeige ich, dass was im hier vorliegenden Artikel von Michael Lausberg für die Fehlinterpretation der Metaphern philosophía, sophrosýne und sóma gilt, auch für viele anderen Metaphern in Platons Vokabular zutrifft, wie z.B. astronomía, átomos, kósmos, geometría, usw., die nicht das Geringste mit Astronomie, Atom, usw. zu tun haben. Ich komme jetzt zum Fazit: Wäre meine hier nur kurz angedeutete aber in meinen Büchern durchgeführte Revision der von Michael Lausberg verkannten Verzerrungen von Platon Äußerungen falsch, aber was man Platon - mangels Kenntnis der Praxis (des Sterbens) - andichtet, korrekt, so wäre Platon in seinem Welt- und Selbstverständnis viel eingeschränkter als Taiji-Meister. Diese ermöglichen ihren Schülern seit Jahrtausenden das Taiji-Wissen über [Xing (形), Qi (氣), Shen (神)], das nur durch regelmäßiges Üben erfasst wird. Wer ausreichend Erfahrung damit gesammelt hat, wird akzeptieren, dass es wesentlich tiefgründiger ist, als was all die Gedankenakrobatik der ungeübten Interpreten in Platon hineindichtet.