Erschienen in Ausgabe: No 53 (7/2010) | Letzte Änderung: 01.07.10 |
von Guido Horst
Es immer
gut, auf die Heiligen zu blicken. In ihnen wird sichtbar, wie Gott das Drama
des Menschen zum Guten hin formt. Besonders hilfreich ist dieser Blick aber
dann, wenn die säkulare Welt die Kirche zu „knacken“ versucht. Genauer gesagt
die säkularen Medien, die sich als „kirchenkritisch“ empfinden – und das sind
in Deutschland wie in der gesamten westlichen Welt ja nicht wenige. Den Begriff
vom „knacken“ hat übrigens Klaus Berger eingeführt, als er schon vor Jahren
analysierte, wie die „kritischen“ Medien mit dem Ulmer Kirchentag von 2004
umgegangen sind. Schon vergessen? Macht nichts. Das Ganze hat sich jetzt beim
Ökumenischen Kirchentag in München wiederholt, vorher aber schon bei dem
Medienwirbel um die Haltung von Papst und Vatikan zu den Vergehen pädophiler
Priester.
Klaus Berger hatte damals – nach Ulm – Vertreter verschiedener
Printmedien zu ihrer Berichterstattung über die katholische Kirche befragt. Die
Antwort: Berichtet werde nur über Skandale, Abweichler und Negativtrends. Das
Publikum erwarte das so – und zwar aus vier Gründen:
Erstens sei die Kirche eine machtvolle Institution. Diese Macht
sei aus Prinzip schon mal zu „knacken“, man gehe jedem Haarriss nach, aus dem
beim nächsten Frost ein Absprengsel werde. Denn Macht brauche eine kritische
Begleitung. Zweiten müsse die Kirche kritisiert werden, weil sie viele Fragen
hoch halte, die nicht mehr in die heutige Zeit passten: Nein zur Abtreibung,
Keuschheit, die Stellung zur Homosexualität und so weiter. Vor allem sei das Thema Sex sei da sehr wichtig.
Zum Dritten mute die Kirche den Menschen Dinge zu, die
vorwissenschaftlich und voraufklärerisch seien, wie etwa Wunder. Und viertens
sei die Kirche vordemokratisch. Allein deswegen schon müsse sie bekämpft
werden.
Der Exeget Berger befragte die „kritischen“ Journalisten auch
nach der Methode ihres Kirchenkampfs. Die Antwort: Hier gelte das Prinzip
„Teile und herrsche“. Man müsse die Kirche nicht von außen angreifen, man müsse
sich nur auf die konzentrieren, die dies von Innen besorgten: Die Rebellen,
Abweichler und Ketzer. Zu den kirchenzerstörenden Elementen, die die Kirche
selbst produziere, gehöre natürlich besonders die moderne Bibelexegese, erfuhr
der Exeget Berger: Es genüge, so die Printmedienvertreter, zu jedem Hochfest
eine Handvoll Bibelforscher zu zitieren. In jedem Fall sei die
Rebellenverehrung die beste Methode, um die Kirche von außen, aber doch mit
ihren eigenen Leuten in den Grund zu bohren. Jetzt weiß Hans Küng, warum er so
viele Interviews geben darf.
Die beständig wiederholte Kirchenkritik der Medien, so Klaus
Berger vor sechs Jahren, gehe dann allmählich auf das Kirchenvolk über. Eine
Erfahrung übrigens, die sich jetzt auch für uns in Rom wieder bestätigt: Gute
Katholiken, romtreu gestimmt, die regelmäßig etwa die „Süddeutsche Zeitung“
lesen, kamen in den vergangenen Wochen zu uns ins Büro und brachten – halb
verlegen – merkwürdige Fragen vor. Etwa: Warum schweigt der Papst? Wieso ist
der Papst so isoliert? So geht es, wenn man wie per Osmose und fast unbewusst
das übernimmt, was der so genannte „kritische“ Journalismus nach der von Klaus
Berger beschriebenen Strategie über Kirche streut.
Doch statt der Rebellenverehrung, der sich die Medien in
Deutschland verschrieben haben, wollen wir in dieser Ausgabe das tun, was
wirklich katholisch ist: die Verehrung der Heiligen. Das heißt zunächst, sie
wieder bekannt zu machen. Wer weiß in der Kirche in Deutschland noch, wer Fritz
Gerlich war? Richtig, selig gesprochen wurde er nicht. Ein Märtyrer im Kampf
gegen Hitlers Ideologie war er doch allemal. Auch an das Schicksal der vielen
unbekannten Priester, die Opfer des Terrorregimes während der Französischen
Revolution wurden, sei hier nochmals erinnert. Was hat man über die Priester in
den Medien nicht alles lesen müssen.
Jetzt, zum Ende des Priesterjahrs, sei auch nochmals der
Märtyrer im französischen Klerus gedacht – und jenes bescheidenen Pfarrers von
Ars, der eher die schlimmsten Verleumdungen ertrug, als das Beichtgeheimnis zu
brechen. Und des Löwen von Münster, des heiligen Nikolaus von Tolentino, des
Reformators Franz von Assisi.
Sie alle öffnen den Blick auf das, was Kirche wirklich ist.
Auch wenn das die Medien nie verstehen.
Guido Horst ist Chefredakteur des Vatikan-Magazins.
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