Erschienen in Ausgabe: No 57 (11/2010) | Letzte Änderung: 25.10.10 |
Herbsttagung des Darmstädter „Instituts für Praxis der Philosophie“ beschäftigte sich mit Wirtschaftsfragen
von Bernd Villhauer
Vom 17. bis 19. September 2010
veranstaltete das IPPh in Darmstadt, das Institut für Praxis der Philosophie
(www.ipph-darmstadt.de), seine diesjährige Herbsttagung, die sich mit
Wirtschaftsfragen beschäftigte. Das Institut wurde im Jahre 2005 als
gemeinnütziger Verein gegründet; die Initiative zur Gründung ging von dem
Darmstädter Philosophen Gernot Böhme aus. In den Veranstaltungen des IPPh geht
es vor allem darum, das praktische Potential der Philosophie zu nutzen und sich
so gleichzeitig in die Tradition der „Darmstädter Schule der Weisheit“ des
Grafen Herrmann von Keyserling zu stellen. Dabei will man, ähnlich wie die
philosophischen Praxen, neue Formen der philosophischen Reflexion erkunden. Die
Hauptarbeit des Instituts findet in kleinen Gesprächskreisen und Arbeitsgruppen
statt. Mit den „Tagen der Weisheit“ und den Herbsttagungen soll ein etwas
breiteres Publikum angesprochen werden. Die Tagung „Alternative
Wirtschaftsformen“ hat das erreicht, da bis zu 100 Personen die Vorträge und
Diskussionen besuchten. Ein Grund dafür waren sicherlich die Namen der Referentinnen
und Referenten: Götz Werner, Elmar Altvater, Gernot Böhme können wohl als die
prominentesten Redner bezeichnet werden. Der Gründer der dm-Kette Werner sprach
über das von ihm schon seit langem in die Diskussion gebrachte „Bedingungslose
Grundeinkommen“, der Politikwissenschaftler Altvater zum Thema „Erinnerungen an
den Sozialismus“ und der Philosoph Böhme kritisierte den Wachstumsbegriff in
der Ökonomie der Gegenwart. Ute Gahlings hielt den Eröffnungs- und
Einführungsvortrag, außerdem sprachen Rolf Merten („Regionalgeld“), Andreas
Neukirch („Das Konzept der GLS Bank“), Kai Buchholz („Meditation über das
Eigentum“), Werner Peters („Generosität. Eine Ethik für eine
postkapitalistische Gesellschaft?“), Klaus Dörner („Nachbarschaftswirtschaft im
dritten Sozialraum“) und Bernd Villhauer („‘Geiz ist geil‘. Über Preis- und
Lohndumping“). Die Tagungen sind so konzipiert, dass nach jedem Vortrag
reichlich Zeit zur Diskussion bleibt. Die Diskussion der aktuellen Tagung
drehte sich verständlicherweise um Ursachen und Folgen der Finanzkrise, wobei
auch Fragen der Geldmengenentwicklung, der verschiedenen Formen von
Globalisierung, der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit und der Verbindung
von Wirtschaftsformen und Energienutzungsformen besprochen wurden.
Wie Prof. Böhme in seinem
Abschlussreferat betonte, wurde mehrheitlich nach Alternativen im Kapitalismus gefragt, also nach
Formen des alternativen Wirtschaftens, die nicht eine „Systemalternative“ zur
Grundlage haben, sondern nach konkreten Einzelmaßnahmen und Reformen fragen.
Das ist, angesichts der augenblicklich verbreiteten pauschalen Kritik am
marktwirtschaftlichen System vielleicht schon ein wichtiger Fortschritt. Nach
den intensiven Diskussionen bleibt festzustellen, dass der Austausch zwischen
Ökonomen und Philosophen intensiviert werden sollte. Sie darf nicht auf eine
von außen herangetragene Moralisierung bzw. den „Ruf nach Werten“ von Seiten
der Philosophie beschränkt werden. Und auch die Ökonomik hat in einem neuen
Dialog die Möglichkeit, ihre eigenen intellektuellen Grundlagen wieder zu
entdecken und für eine Zukunft fruchtbar zu machen, in der viele klassische
Vorstellungen wie die vom „homo oeconomicus“ fragwürdig werden.
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