Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 03.01.12 |
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Seit den verheerenden
Terroranschlägen vom 11. September 2001 warnen Innenminister regelmäßig vor der
Gefahr von Terrorismus, so auch Bundesinnenminister Friedrich. Es gäbe derzeit
zwar keine konkrete Gefahr vor Terrorismus, allerdings müsse sich die deutsche
Gesellschaft der Bedrohung bewusst sein, so die Aussage des Ministers während
seiner Israelreise in der vergangenen Woche. Derartige Aussagen sollen künftige
staatliche Sicherheits- beziehungsweise Überwachungsmaßnahmen rechtfertigen.
Die Sicherheitsdebatte wurde bereits
in die Agenda der Deutschen Islamkonferenz aufgenommen. Hier warb Friedrich für
eine Sicherheitspartnerschaft mit den Muslimen. Gestern sprach sich der
Minister, zur Sicherheit aller Deutschen, für eine sechsmonatige Mindestspeicherfrist
von Telefondaten aus. Erst im März 2010 wurde die Vorratsdatenspeicherung durch
das Bundesverfassungsgericht gestoppt. Friedrich kündigte an einen neuen
Gesetzesentwurf zu unterbreiten.
Es ist keinesfalls ein risikoloses
Unterfangen, die Überwachungskompetenzen des Staates beziehungsweise der
Gouvernementalität für die Sicherheit seiner Bürger fortwährend auszuweiten. Ferner
tragen derartige Debatten und Sicherungsmaßnahmen wenig zur Prävention von
Terrorismus bei.
Selbstverständlich ist die Gefahr
vor Terrorismus in Deutschland gegeben. Terrorismus ist in erster Linie eine
Kommunikationsstrategie, die Gehör finden will. Besonderes Gehör findet
Terrorismus in westlich demokratischen Industriestaaten, da hier der
öffentliche Raum nicht von Gewalthandlungen geprägt ist. Die terroristische
Botschaft erhält in friedlichen Gesellschaften ein besonderes Maß an
Aufmerksamkeit, da hier die Schockwirkung im Falle von Anschlägen besonders
hoch ist. Terroristische Anschläge erzielen erst durch erhebliche Grausamkeit
ihre Wirkung. Über moralische und rechtliche Restriktionen setzen sich
Terroristen hinweg. Gänzlich unbeteiligte willkürlich ausgeguckte Menschen
können Opfer eines terroristischen Angriffs werden. „Es wäre wenig schlimm,
wenn sie (die Terroristen) jemanden umbrächten, weil sie ihn persönlich hassen;
das Unmenschliche besteht darin, dass sie ihn töten, ohne eigentlich etwas
gegen ihn zu haben.“ beschreibt der spanische Schriftsteller Sánchez Ferlosio
treffend das terroristische Kalkül.[1]
Eine Chance der Reduktion von
terroristischem Potential scheint durch den Dialog mit Terroristen möglich zu
sein. Im Jemen konnten durch „Dialoge auf Augenhöhe“ inhaftierte Al Qaida Kämpfer
zu einer Abkehr vom Terrorismus bewegt werden.
Um eine nachhaltige Prävention von
Terrorismus zu erzielen, sollten terrorismusbegünstigende Faktoren verringert
werden. Terrorismusbegünstigende Faktoren können unter anderem kollektiv
empfundene Benachteiligungen, ein empfundener Reduktionismus von Werte- und
Identitätsmuster oder eine mangelnde politische Durchsetzungsfähigkeit sein. Größere
Sicherheit und bessere Terrorismusprävention erzielt man, indem die
gesellschaftliche Integration gefördert wird und der Fokus weniger auf
Sicherheitspartnerschaften mit den in Deutschland lebenden Muslimen in
anmutender hegemonialer Art und Weise gelegt werden.
Die Argumentationen der
Innenminister gleichen der Monotonie der Nibelungen Ouvertüre eines Richard Wagners.
Ähnlich eintönig erklingen ihre Floskeln von der Notwendigkeit umfassenderer
Überwachungsmaßnahmen und entsprechend paralysiert, erscheinen auch ihre
Handlungsweisen hinsichtlich der Prävention von Terrorismus und der
Sicherheitsförderung. Sicher ist, dass der Kampf gegen den Terrorismus, wie er
derzeit geführt wird, nicht zu gewinnen ist.
[1] Waldmann, Peter (2005)
Terrorismus. Provokation der Macht: Murmann: Hamburg.
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