Erschienen in Ausgabe: No 63 (5/2011) | Letzte Änderung: 12.02.13 |
von Michael Lausberg
1. Einleitung
In der Abhandlung wird die Frage
untersucht, wie das Verhältnis Georg Büchners, der trotz seines frühen Todes
als einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller gilt, zum Idealismus war.
Der Idealismus wird als eine
philosophische Anschauung verstanden, die formuliert, dass der Geist die
ursprüngliche Wirklichkeit darstellt. Der metaphysische Idealismus sieht in der
Welt der Ideen, dem absoluten Geist oder absoluten Ich den letzten Seinsgrund.[1]
Zunächst wird Büchners Forderung
nach einer menschlichen Philosophie dargestellt. Daran wird sich eine
Auseinandersetzung von Büchner mit der Philosophie Descartes’ und Spinoza
anschließen. Bei der Beschäftigung mit Spinoza wird besonders auf dessen Ethik
eingegangen, die Büchner als Paradigma für systematische Metaphysik sieht.
2) Forderung nach einer menschlichen
Philosophie
Der Satz Georg Büchners über die
„abscheuliche Kunstsprache“ der Philosophie verweist auf mehr als das
unmittelbare Unbehagen des Rezipienten einer jeden lebendigen Sinnlichkeit
entbehrender Metaphysik, jene „trostlose Wüste“, die ihr vorgeworfen wird.[2]
Büchner stellt die Forderung auf,
für „menschliche Verhältnisse eine menschliche Sprache suchen“.[3] Dies
enthält die Forderung nach einer menschlichen Philosophie, die aber, wenn sie
Realitätsgehalt haben sollte, auf menschliche Verhältnisse rekurrieren müsste.
Metaphysik, wie überhaupt abstraktes Denken, war für Büchner nicht nur
Denkform, sondern kam dem Sein wesentlich selbst zu. Insofern kongruierte der
formale Inhalt metaphysischen Denkens mit der inhaltlichen Form als
Herrschaftssubstrat.[4] „Schafft
das Unvollkommene weg, dann allein könnt ihr Gott demonstrieren“, heißt es im
„Danton“ gegen Versuche, das Unvollkommene virtuell als vollkommen erscheinen
zu lassen oder das Unabänderliche als verständlich.
Das Gefühl empört sich laut
Büchner gegen solches Selbstverständliche; der Verstand aber, gegen den solches
Gefühl sich empört, „ist nur eine sehr geringe Seite unseres geistigen Wesens
und die Bildung nur eine sehr zufällige Form desselben.“.[5] Um
sich gegen Vorwürfe seitens seiner Familie zu verteidigen, schreibt Büchner:
„Wer mir eine solche Verachtung vorwirft, behauptet, daß ich einen Menschen mit
Füßen trete, weil er einen schlechten Rock anhätte. Es heißt dies, eine
Rohheit, die man einem im körperlichen nimmer zutrauen würde, ins Geistige
übertragen, wo sich noch gemeiner ist. Ich kann jemanden einen Dummkopf nennen,
ohne ihn deshalb zu verachten; die Dummheit gehört zu den allgemeinen Eigenschaften
der menschlichen Dinge; für ihre Existenz kann ich nichts, es kann mir aber
niemand wehren, alles, was existiert bei seinem Namen zu nennen. (…) Man nennt
mich einen Spötter. Es ist wahr, ich lache oft, aber ich lache nicht darüber,
wie jemand ein Mensch ist, sondern nur darüber, daß er ein Mensch ist, wofür er
ohnehin nichts kann, und ich lache dabei über mich selbst, der ich sein
Schicksal theile. Die Leute nennen das Spott, sie vertragen es nicht, daß man
sich als Narr produciert und sie duzt; sie sind Verächter, Spötter und
Hochmütige, weil sie die Narrheit nur außer sich suchen. Ich habe freilich noch
eine Art von Spott, es ist aber nicht die der Verachtung, sondern der des
Hasses. Der Hass ist so gut erlaubt als die Liebe, und ich hege ihn in vollstem
Maße gegen die, welche verachten. Es ist deren eine große Zahl, die im Besitz
einer lächerlichen Äußerlichkeit, die man Bildung, oder eines todten Krams, den
man Gelehrsamkeit heißt, die große Masse ihrer Brüder ihrem verachteten
Egoismus opfern. Der Aristocratismus ist die schändlichste Verachtung des
heiligen Geistes im Menschen; gegen ihr kehre ich seine eigenen Waffen, Hochmut
gegen Hochmut, Spott gegen Spott.“[6]
Verstand und Bildung stellt
Büchner als lediglich äußerlich und zufällig dar.[7] Was
die Aufklärung durch deren Egalisierung herstellen wollte, nämlich den mündigen
Menschen, ist hier bei Büchner an die zufälligen Umstände gekettet. Die
menschlichen Ideen haben sich als ohnmächtig erwiesen, die Umstände menschlich
zu bilden. Diese Schlussfolgerungen führen dazu, seine Zweifel gegen die
Philosophie und deren abstrakte Herrschaftssubstanz als Weg durch die
Philosophie hindurch, als Spekulation gegen die Spekulation zu beziehen: „Ich
werfe mich mit aller Gewalt auf die Philosophie, die Kunstsprache ist
abscheulich, ich meine für menschliche Dinge müsse man auch menschliche
Ausdrücke finden; doch das stört mich nicht, ich lache über meine Narrheit und
meine, es gäbe im Grunde genommen doch nichts als taube Nüsse zu knacken. Man
muß aber unter der Sonne doch auf irgendeinem Esel reiten, und so sattle ich in
Gottes Namen den meinigen. Für’s Futter ist mir nicht bang, an Distelköpfen
wird’s nicht fehlen, so lang die Buchdruckerkunst nicht verloren geht.“[8]
W. R Lehmann weist mit Recht
darauf hin, dass sich der antiideologische Affekt Büchners gegen die Ursprünge
seines eigenen Denkens wendet.[9] Für
Büchner, der in seiner Jugendzeit ein Anhänger Fichtes gewesen war, bedeutet
die Auseinandersetzung mit der idealistischen Philosophie gleichzeitig eine
Auseinandersetzung mit sich selbst.
3) Auseinandersetzung mit Descartes
Descartes Primat des „Cogito,
ergo sum“ ist die Konsequenz des Universalzweifels an der Objektivität der
Sinnqualitäten; aber jenes „Cogito, ergo sum“, das sich nur aus seiner eigenen
Selbstgewissheit hinaus konstruiert, muss selbst dieses Denken zur primären
Weltsubstanz deklarieren.[10]
Gegen diese Grundaussagen wehrte sich zunächst Büchners eigener, skeptischer
Materialismus: „Der Grundcharakter aller unmittelbarer Wahrheit ist das Ponieren,
das Affinieren schlechthin, durch das sekundäre Geschäft des Denkens gar nicht
vermittelt, wesentlich nicht einmal berührt. Die Existenz seiner und der Dinge
außer uns wird auf rein positive unmittelbare, von der Funktion des Denkens
unabhängiger Weise erkannt.“[11]
Büchner erkennt das „Cogito, ergo
sum“ gar nicht als unmittelbare Wahrheit an: „Gehört nun das cogito ergo sum zu
den unmittelbaren Wahrheiten? Ebensowenig, ob es gleich vielfach ist behauptet
worden, namentlich noch neuerdings von Hegel in der ‚Enzyklopädie der
philosophischen Wissenschaften’ und von Hotho in seiner Dissertation über die
Cartesianische Philosophie“[12]
Wenig später nimmt er diese
Position wieder zurück. Dies spricht für die Vorläufigkeit des ersten
Büchnerischen Entwurfs: „ Es giebt nur zwei höchste Geschlechter der Dinge oder
Substanzen, nämlich geistige oder denkende und materielle, oder solche Dinge,
welche zu der denkenden, wie das Denken, wollen, oder der ausgedehnten
Substanz, wie die Ausdehnung in der Länge, Höhe und Breite, Gestalt, Bewegung,
Lage, Theilbarkeit etc. gehören. (…) Die denkende Substanz ist aus dem Denken
selbst, die ausgedehnte aus der mathematischen Erkenntnis, als der reinen
Anschauung des Raums und der Zeit bedingt.“[13]
Da sich aber das „Cogito, ergo
sum“, nunmehr für Descartes als selbstevidentes Prinzip der Erkenntnis
anerkannt, selbst erst negativ aus der Universalität des Zweifels konstituiert,
stellt sich für Büchner die Frage, wie von solcher zwar selbstsicheren, aber
fundamental zweifelnden Subjektivität auf die Objektivität geschlossen werden
könne. Obwohl an der Evidenz des „Cogito, ergo sum“ selbst nicht zu zweifeln
ist, „so steht uns nach Descartes doch niemand dafür, daß unsere Denkkraft
selbst nicht so eingerichtet sey, daß wie in der Erkenntnis der äußeren Welt
irren müssten. (…) Es blieb ihm also um sich aus dem Abgrund des Zweifels zu
retten nur ein Strick, an dem sein ganzes System hängte und hakte, Gott. Denn
es wäre ihm eigentlich (…) bey der Art seines Zweifels ganz unmöglich denselben
zu beweisen.“[14]
In seinem „Discours de la
methode“ legte Descartes fest, dass die ganze Natur aus einigen wenigen
einfachen Regeln abgeleitet werden kann, die unmittelbar aus der Evidenz des
„Cogito, ergo sum“ hervorgehen.[15] Die
Einheit von Ich und Welt im Erkennen, die für Büchner nur ein durch den Deus ex
machina lösbares okkasionalistisches Paradoxon darstellt, bedeutet nicht die Resurektion
Gottes aus der Universalität der Zweifels, sondern Zeichen seiner
Entbehrlichkeit.
Die Verschmelzung des Geistes-,
Sinn- und Gottesbegriffs ist inhaltlich identisch mit der Geschichte des
Idealismus; in ihr wird Büchners kämpferischer Atheismus mit der Ablehnung des
Idealismus „als schändliche Verachtung des heiligen Geistes im Menschen“
koinzidieren.[16] Die Opposition gegen den
Geist des Idealismus, das Festhalten an der primären Wahrheit des „affirmieren
und ponieren“ bedeutet für Büchner angelehnt an den französischen Materialismus
Opposition gegen seine angemaßte Herrschaft über die Dinge und über die
Menschen.[17]
4) Auseinandersetzung mit Spinoza
Mayer stellt mit Recht fest, dass
ein größerer Gegensatz schwer vorstellbar wäre als der zwischen Spinoza und
Büchner.[18] Dieses gegensätzliche
Denken geht von der gleichen Grundlage aus: der einen Substanz. Büchner
schrieb: „Alles was ist, ist entweder in sich oder in etwas anderem. Das, was
in sich ist, kann nur durch sich selbst, sein Wesen involviert daseyn. Es ist
ewig, weil es den Grund seines Daseyns in sich trägt, es ist unendlich, weil es
nicht zwei Substanzen von gleicher Natur geben kann und weil nur Gleiches durch
Gleiches eingeschränkt wird. Alles, was nur durch sich selbst begriffen werden
kann, fasst er (Spinoza, M.L) im Begriff der einen, aus unendlichen Attributen,
deren jedes eine ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt, bestehenden
Substanzen zusammen. Sie ist für ihn Weltursache, worin Alles ist; sie ist ewig
und unendlich, aber sie ist nicht Gott, sie ist nicht einmal das absolut
vollkommene, moralische Wesen des Deismus, - sie ist nichts anderes, als was jeder
Atheist selbst, wenn er einigermaßen konsequent verfahren will, anerkennen muß.
Erst in dem Scholium zum dritten Beweis weist auch Spinoza auf Gott hin. Hier
hört der Philosoph auf und vergöttert willkürlich das, was in sich und worin
Alles ist.“[19]
Büchner teilt die Ansicht von
Spinoza, dass alles, was existiert, mit Notwendigkeit in der Welt ist; er teilt
seinen Determinismus und letztendlich seinen Fatalismus. Während aber in
Spinozas pantheistisch gefasster Gott-Natur die Ordnung und Verknüpfung der Dinge
mit der Ordnung und Verknüpfung isomorph sind, d.h, natürliches Handeln
vernünftig ist, so ist für Büchner dieser Zusammenhang unendlich zerrissen.
Der diametrale Gegensatz zwischen
Spinoza und Büchner liegt in der Beantwortung der Frage: Wie ist in der von
strengster Notwendigkeit beherrschten Welt sittliches und freies Handeln
möglich? Für Spinoza steht die Antwort fest: durch Erkenntnis.[20]
Seiner eigenen Natur gemäß kann der Mensch nur dann handeln, wenn er sich als
Geschöpf und Teil der Natur begreift. Dies ist aber nur möglich, wenn er das
Ganze kennt, dessen Teil er ist. Die Erkenntnis der Substanz und ihres
notwendigen Wirkens ist Voraussetzung für die Erkenntnis der Natur des Menschen
und dementsprechend für sein eigenes Handeln. Insofern fällt für Spinoza
Erkenntnistheorie und Ethik unmittelbar zusammen.[21]
Diese Reduktion der Freiheit auf Einsicht in die Notwendigkeit ist aber
gleichbedeutend mit der Negation subjektiver Freiheit.
Fichte warf daher Spinoza vor,
dass das Selbstbewusstsein in der Substanz verloren gehe, was den Fatalismus
und damit den Widerspruch zwischen objektiver, von der Philosophie
reflektierter Notwendigkeit und dem subjektiven, selbstbewussten Leben zur
Konsequenz habe.[22] Auch Hegel sah die
Einseitigkeit des System Spinozas im Mangel an Subjektivität: „Wenn, Gott als
die eine Substanz zu fassen, das Zeitalter empörte, worin diese Bestimmung
ausgesprochen wurde, so lag (…) der Grund hiervon in dem Instinkte, dass darin
das Selbstbewußtsein nur untergegangen, nicht enthalten ist.“[23]
Diesen „Untergang des
Selbstbewusstseins“, den Hegel im Denken Spinozas ausmachte, findet Büchner in
seiner eigenen Wirklichkeit: „Ich fühle mich wie vernichtet unter dem
grässlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine
entsetzliche Gleichheit, in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare
Gewalt, Allen und keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf einer Welle,
die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein
lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz, es zu erkennen das Höchste, es zu
beherrschen unmöglich. (…) Ich habe nicht einmal die Wollust des Schmerzes und
des Sehnens. Seit ich über die Rheinbrücke ging, bin ich wie in mir vernichtet,
ein einzelnes Gefühl taucht in mir auf: Ich bin ein Automat, die Seele ist mir
genommen.“[24]
Büchner deutet also Spinozas
Substanz als Einheit von Gott, Natur und Erkenntnis zum Geschichtsgesetz, zu
einer „Gewalt, Allen und keinem verliehen“. Durch die Säkularisierung des
Substanzbegriffes zum Geschichtsmaterialismus scheint Gott, auch noch als
Symbol des Sinns überhaupt, aus der Welt. Wenn Spinoza sein eigenes
deterministisches Denken zu Gott führte, so führte es für Büchner bedingt durch
seinen Fatalismus zum „Fels des Atheismus“.[25]
Dies kann jedoch nicht als
Atheismus der Entbehrlichkeit Gottes verstanden werden, sondern als ein
anklagender. Die Frage nach dem Sinn des Leidens wird zur Gottesanklage; der
Verstand mag Gott beweisen können, das Gefühl empört sich gegen ihn.
Die These von Kaiser, dass
Büchner noch in dieser negativen Form ein Gottsucher, ein verzweifelter
Metaphysiker sei, trifft nur zum Teil den Kern der Sache.[26]
Dagegen ist Mischke zuzustimmen, der die Meinung vertritt, dass es Büchner um
die Erfahrung Welt-Mensch-Gott ginge: „Die Empörung gegen Spinozas Philosophie
des Sich-Bescheidens, dem ‚amor dies intellektualis’, der mit dem ‚amor fati’
Hand in Hand geht, wie gegen eine Gottheit, die offenbar nur aus einer solchen
Philosophie zu deduzieren ist geht von einem Standpunkt des beschränkten Lebens
aus.“[27]
Spinoza erklärt das Mitleid als
unnütz und schlecht: „Mitleid ist bei einem Menschen, der nach der Leitung der
Vernunft lebt, an und für sich schlecht und unnütz.“[28]
Dagegen bedeutet für Büchner Mitleid die einzige mögliche Reaktion im Angesicht
unabänderlicher (sozialer) Zustände. Bei Büchner geht es nicht um Erkenntnis,
sondern um Handeln, nicht um Gott, sondern um den Menschen, nicht um die
Vernunft, sondern um das Gefühl, nicht um die Metaphysik, sondern um Ethik. Je
weniger aber die Metaphysik, die Büchner angreift, empirische Subjektivität
selbst noch als Leidenszusammenhang fassen kann, desto mehr beschreibt sie den
Primat des Objekts. Damit erinnert Büchners Denken an den vorrevolutionären
antisystematischen Materialismus, den Versuch intransigenten Widerspruchs gegen
die prinzipielle Identifikation von Allgemeinheit und Vernunft, die als
Apologie der bestehenden Allgemeinheit verstanden wird.[29]
Der Protest des
leidenschaftlichen Subjekts gegen die verordnete Vernunft bedeutet also für
diesen Materialismus Protest gegen die festgefahrene Form von Herrschaft.
Büchner bezieht sich dabei um Helvetius, der feststellte: „Die geistige
Ungleichheit, die man unter den Menschen feststellen kann, ist abhängig von der
Regierungsform, unter der sie leben, von dem mehr oder weniger glücklichen
Jahrhundert, in dem sie geboren werden, von der besseren oder weniger guten
Erziehung, die sie empfangen haben.“[30]
Die These, dass für alle Theorie,
die von solcher Herrschaft sich frei machen will, der Mensch selbst der
Ausgangspunkt sein muss, übernimmt Büchner von Diderot: „Der Mensch ist der
einzige Begriff, von dem man ausgehen und auf den man alles zurückführen muß,
wenn man bis in die trockensten Überlegungen und Details gefallen,
interessieren, ergreifen will. Sehe ich von meiner Existenz und dem Glück
meiner Mitmenschen ab, was bedeutet mir dann noch der Rest der Natur?“[31]
Büchner unterschreibt Diderots
Gedanken jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Er selber zweifelt daran, ob
jeder Mensch sich je vom Mittelpunkt des Denkens zum Mittelpunkt des Seins zu
emanzipieren vermag.[32]
5) Fazit
Büchner stellt inhaltlich die
Forderung nach einer menschlichen Philosophie auf, die aber, wenn sie
Realitätsgehalt haben soll, auf praktische menschliche Bedürfnisse rekurrieren
muss.
Der antiideologische Affekt
Büchners wendet sich gegen die Ursprünge seines eigenen Denkens. In seiner
Jugend selbst Fichtianer, ist Büchners Abrechnung mit der idealistischen
Philosophie gleichzeitig Auseinandersetzung mit ihm selbst. Büchner beschäftigt
sich kritisch mit dem System von Descartes, aber seine Auseinandersetzung mit
Spinoza ist weitaus intensiver. Mit Spinoza teilt Büchner die Ansicht, dass
alles, was existiert, mit Notwendigkeit in der Welt ist. Dies ist allerdings
auch die einzige Gemeinsamkeit. Während in Spinozas pantheistisch gefasster
Gott-Natur die Ordnung und Verknüpfung der Dinge mit der Ordnung und
Verknüpfung der Ideen gleichförmig ist, ist für Büchner dieser Zusammenhang
zerrissen. Büchner verfolgt dagegen den Ansatz des französischen
antisystematischen Materialismus vor der Französischen Revolution.
6) Literatur
- Assézat, J./Tourneux, M. (Hrsg.): Diderot, D.: Oeuvres completes,
1875-1877, Band 1, Paris 1953
- Bartuschat, W.: Baruch de Spinoza, München 2006
- Caspart, W.: Idealistische Sozialphilosophie, München 1991
- Demmel, G.: Untersuchungen zur Aufnahme und Wirkung des Werkes Georg
Büchners zwischen 1835 und 1890, Halle 1981
- Hauschild, J.-C.: Georg Büchner, Reinbek bei Hamburg 1993
- Hegel, G.W.F.: Phänomenologie des Geistes, Leipzig 1932
- Helvetius, C.A.: Oeuvres completes, Band 5, Paris 1958
- Hühn, L.: Fichte und Schelling oder: Über die Grenze menschlichen
Wissens, Stuttgart 1994
- Jessen, T.: Büchner zur Einführung, Hamburg 1990
- Kaiser, U.: Die Mechanisierung des Lebens im dichterischen Werk Georg
Büchners, Frankfurt/Main 1962
- Lehmann, W. R. (Hrsg.): Georg Büchner, Sämtliche Werke und Briefe,
Band 2, 3. Auflage, München 1979
- Lehmann, W. R.: Prolegomena zu einer historisch-kritischen
Büchner-Ausgabe, in: Gratulatio. Festschrift für Christian Wegner zum 70.
Geburtstag am 9.9.1963, Hamburg 1963
- Mayer, H.: Büchner und seine Zeit, Frankfurt/Main 1972
- Mischke, J.: Die Spaltung der Persönlichkeit in Georg Büchners
‚Dantons Tod’, Berlin 1967
- Oeing-Hanhoff, L.: Descartes Lehre von der Freiheit, in:
Philosophisches Jahrbuch 78, 1971, S: 1-16
- Störig, H.J.: Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Frankfurt/Main
1993
- Wenzel, A.: Die Weltanschauung Spinozas, Aalen 1983
- Wolff, H.M.: Spinozas Ethik, Bern 1958
- Zons, R.S.: Georg Büchner. Dialektik der Grenze, Bonn 1976
[1] Caspart, W.: Idealistische
Sozialphilosophie, München 1991, S. 16
[2] Lehmann, W. R. (Hrsg.):
Georg Büchner, Sämtliche Werke und Briefe, Band 2, 3. Auflage, München 1979, S.
293
[3] Ebd., S. 296
[4] Zons, R.S.: Georg Büchner.
Dialektik der Grenze, Bonn 1976, S: 31
[5] Zitiert aus Hauschild,
J.-C.: Georg Büchner, Reinbek bei Hamburg 1993, S. 53
[6] Lehmann, Büchner, G.:
Brief an die Familie, Gießen im Februar 1834, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S.
422f
[7] Demmel, G.: Untersuchungen
zur Aufnahme und Wirkung des Werkes Georg Büchners zwischen 1835 und 1890,
Halle 1981, S. 36
[8] Lehmann, Büchner, G.:
Brief an August Stöber, Darmstadt dem 9. December 1833, Sämtliche Werke, Band
2, a.a.O., S. 404
[9] Lehmann, W. R.:
Prolegomena zu einer historisch-kritischen Büchner-Ausgabe, in: Gratulatio.
Festschrift für Christian Wegner zum 70. Geburtstag am 9.9.1963, Hamburg 1963,
S. 212
[10] Oeing-Hanhoff, L.:
Descartes Lehre von der Freiheit, in: Philosophisches Jahrbuch 78, 1971, S:
1-16, hier S. 8f
[11] Lehmann, Büchner, G.:
Descartes, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S. 40
[12] Lehmann, Büchner, G.:
Cartesius, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S. 140
[13] Ebd., S. 155
[14] Ebd., S. 156
[15] Störig, H.J.: Kleine
Weltgeschichte der Philosophie, Frankfurt/Main 1993, S. 315
[16] Lehmann, Büchner, G.:
Brief an die Familie, Gießen im Februar 1834, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S.
423
[17] Zons, Dialektik der
Grenze, a.a.O., S. 27
[18] Mayer, H.: Büchner und
seine Zeit, Frankfurt/Main 1972, S. 359
[19] Lehmann, Büchner, G.:
Spinoza, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S. 239f
[20] Wolff, H.M.: Spinozas
Ethik, Bern 1958, S. 62
[21] Wenzel, A.: Die
Weltanschauung Spinozas, Aalen 1983, S. 74
[22] Zitiert aus Hühn, L.:
Fichte und Schelling oder: Über die Grenze menschlichen Wissens, Stuttgart
1994, S. 73
[23] Hegel, Phänomenologie des
Geistes, WW 3, Leipzig 1932, S. 23
[24] Lehmann, Büchner, G.:
Brief an die Braut, Sämtliche Werke, Band 2, a.a.O., S. 425f
[25] Lehmann, Büchner, G.:
Dantons Tod, Sämtliche Werke, Band 1, a.a.O., S: 48
[26] Kaiser, U.: Die
Mechanisierung des Lebens im dichterischen Werk Georg Büchners, Frankfurt/Main
1962, S. 169
[27] Mischke, J.: Die Spaltung
der Persönlichkeit in Georg Büchners ‚Dantons Tod’, Berlin 1967, S: 31f
[28] Zitiert aus Bartuschat, W.:
Baruch de Spinoza, München 2006, S. 79
[29] Zons, Georg Büchner.
Dialektik der Grenze, a.a.O., S. 39
[30] Helvetius, C.A.: De l’esprit, in: Helvetius,
C.A.: Oeuvres completes, Band 5, Paris 1958, S: 92f
[31] Diderot, D.: Artikel aus
der Encyclopedie, in: Assézat, J./Tourneux, M. (Hrsg.): Diderot, D.: Oeuvres
completes, 1875-1877, Band 1, Paris 1953, S. 453
[32] Jessen, T.: Büchner zur
Einführung, Hamburg 1990, S: 57
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