Erschienen in Ausgabe: No 63 (5/2011) | Letzte Änderung: 31.01.13 |
von Jakob Augstein
Was verstehen Sie unter
einer medialen „Zersplitterung“, von der auch auf dem Medienkongress, einer
gemeinsamen Veranstaltung der „taz“ und dem „der Freitag“, am 8. und 9. April 2011
in Berlin die Rede war?
Das Netz, das es den unterschiedlichen Nutzern erlaubt, in aller
inhaltlichen Vielfalt zu kommunizieren, hat, wie einst Berthold Brecht in
seiner Radiotheorie formuliert hat, den Vorteil, dass jeder einzelne Mensch
Sender werden kann. Es hat aber den gravierenden Nachteil, dass bei vielen
Sendern kaum einer das Gesendete hören wird. Insofern braucht es die großen
Institutionen, die „Marken“, um diese Kommunikation bündeln. Wenn das nicht
passiert, dann versendet sich alles im Netz, und die Informationen verdampfen,
ohne irgendwo eine konzentrierte Wirkung entfaltet zu haben. Ich glaube nicht
an ein System, in dem jeder einzelne Sender eine gesellschaftlich relevante
Wirkung erzielen kann.
Welche Rolle sollten die etablierten
Medien zukünftig spielen – auch gegenüber kleinen Netz- und Onlinezeitungen?
Ich glaube nicht, dass es eine Solidarität zwischen den Medien geben
muss. Konkurrenz ist doch ganz belebend. Es ist schön, wenn es Partnerschaften
und Freundschaften wie zwischen dem „Freitag“ und der „taz“ gibt. Aber am Ende
sind wir als Unternehmen allein unterwegs.
Haben Sie Angst vor dem
Journalismus als Prekariat?
Wahrscheinlich ist es für den Journalismus nicht gut, wenn
unterbezahlte, um ihren Status fürchtende Journalisten zu Unternehmenslenkern,
zu Managern, zu Bankern geschickt werden, die über viel Geld und damit über ein
dementsprechendes Selbstbewusstein verfügen. Wenn man sehr optimistisch ist,
könnte man hoffen, dass die Journalisten dann eine bessere Arbeit machen, weil
sie sich unabhängiger fühlen, und das Gefühl haben, über eine Klasse zu
schreiben, zu der sie nicht gehören. Vermutlich wird es aber eher dazu führen,
dass die Journalisten ängstlicher sind, schüchterner und zurückhaltender. Das
kann nicht in unserem Interesse sein – natürlich müssen Journalisten
ausreichend verdienen.
Wie sehen Sie die Zukunft
des Journalismus – Online– Print?
Positiv. Wenn die Medienmacher es verstehen, die Vorteile von Online
und Print miteinander zu verknüpfen und nicht glauben, Online würde über Print
obsiegen oder Print müsse Online an die Wand drücken. Ich glaube, beides würde
fehl gehen. Man muss die Vorteile beider Mediengattungen miteinander
verknüpfen. Wir versuchen dies beim „Freitag“. Es gibt andere, sehr viel
größere Zeitungen, die das sehr gekonnt vormachen. „Der Spiegel“ ist sicherlich
ein Beispiel, aber auch die „BILD“-Zeitung kombiniert Online und Print auf eine
sehr gute Weise.
Herzlich Dank für das Gespräch
Das Interview führte Dr. Stefan Groß
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