Erschienen in Ausgabe: No 66 (8/2011) | Letzte Änderung: 06.02.13 |
von Philipp Legrand
Der Südsudan hat am 9. Juli dieses Jahres seine
Unabhängigkeit vom Norden des Landes verkündet. Eine neue Flagge hat die
jüngste Nation der Welt bereits entworfen und symbolträchtig gehisst. Auch eine
Nationalhymne besitzt das Land bereits. Sie erzählt vom Unabhängigkeitskrieg,
von Hoffnung, Freiheit und Wohlstand und gedenkt ihrer Märtyrer, die während
des Krieges ihr leben ließen. Die Eliten des Landes arbeiten auf Hochtouren, um
einheitsstiftende Symbole und Mythen sowie die vorgestellte Nation in den
Köpfen ihrer Mitglieder zu verankern.
Zerstritten und
Perspektivlos
Das erdölreiche jüngste Land der Welt steht vor großen
Herausforderungen, um seine Zukunft sichern zu können. Es muss international wettbewerbsfähig
werden, die soziale Integration und den Gemeinschaftssinn fördern und ein
akzeptiertes System installieren, damit die junge Nation politische Aufgaben,
Probleme und Fragen in einer legitimierten Weise lösen kann.
Derzeit sieht es so aus, als könne die junge Nation weder
mittelfristig noch langfristig eines dieser überlebenswichtigen Faktoren
erfüllen. Der Südsudan leidet unter einer flächendeckenden Armut und Hungersnot
sowie einer miserablen Infrastruktur. Achtzig Prozent der Landbevölkerung
können nicht lesen und schreiben. Entsprechend gering sind das derzeitige wirtschaftliche
Potential und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und dementsprechend stark
wird die kollektive Unzufriedenheit in der südsudanesischen Bevölkerung wachsen.
Weiteres Konfliktpotential verbirgt sich hinter der heterogenen
Zusammensetzung der südsudanesischen Bevölkerung. Diese setzt sich aus vielen unterschiedlichen
ethnischen Gruppen zusammen, die unter den gegebenen Vorraussetzungen kaum zu
integrieren sind. Zur Zeit des südsudanesischen Unabhängigkeitskrieges
distanzierten sich bereits die ethnischen Gruppen Azande und Dinka voneinander.
Auch innerhalb der südsudanesisch separatistischen Bewegung kam es immer wieder
zu Abspaltungen.
Weder eine Fahne noch eine Nationalhymne oder andere
Symboliken und Mythologien werden aus einer verarmten benachteiligten
heterogenen Gesellschaft eine Nation formen können. In naher Zukunft werden
ethnische Interessen über die der südsudanesischen Nation gestellt. Die
Verankerung einheitsstiftender Elemente, wie eben jene Fahne oder
Nationalhymne, katalysiert immer auch ethnische Bestrebungen und die Angst vor
einem Reduktionismus ethnischer Andersartigkeit.
Abspaltungen von der
Abspaltung
Sezessionskonflikte, wie die im Baskenland oder auf Korsika,
haben gezeigt, dass eine mangelnde soziale Integration, eine kollektive
Unzufriedenheit und ein unzureichendes Zugehörigkeitsempfinden zum
Nationalstaat separatistischen Bestrebungen erheblichen Aufwind geben können.
Aufgrund der schlechten Ausgangslage und Perspektiven werden
sich in der Region schnell neue Sezessionsbewegungen herausbilden, sollte sich
die Lebenssituation der Bevölkerung nicht signifikant ändern. Vieles weist
darauf hin, dass die junge südsudanesische Nation nicht allzu alt werden wird.
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.
Warszawski 12.08.2011 12:57
Der Süden des Sudans hat sich abgespalten, um der mörderischen Sklaverei des arabischen Norden zu entkommen. Dies ist duch die Eigenstaatlichkeit gelungen. Unter diesem Aspekt ist alles Weitere weniger wichtig.