Erschienen in Ausgabe: No 66 (8/2011) | Letzte Änderung: 14.02.13 |
von Rainer Westphal
Die Pressekonferenz am 22. Juli
2011 dürfte wohl in die Analen der Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Nach
18 Monaten Chaos ist die Kanzlerin aller Deutschen zu der weisen Erkenntnis
gekommen, dass offensichtlich der Euro den Deutschen Wohlstand und Frieden
gebracht hat. Darüber hinaus erklärte Sie, dass Sie nunmehr zu der Auffassung
gelangt sei, dass es sich bei Europa und dem Euro um eine Schicksalsgemeinschaft
handeln würde und alles was heute investiert wird, wir um ein Vielfaches zurück
bekommen. Außerdem habe sie eine Obsession für Europa entwickelt. Welchen
Personenkreis Frau Dr. im Blick hatte, als sie davon sprach, dass wir ein Vielfaches
davon zurück bekommen würden, was heute investiert wird, bleibt dahingestellt.
Niemand verlangt von der
Kanzlerin aller Deutschen, dass sie eine Obsession für Europa entwickelt. Jeder
intelligente Mensch dürfte wissen, dass sich eine Leidenschaft für etwas sehr
schnell ins Gegenteil verwandeln kann. Was die Bürger verlangen, dürfte wohl die
rechtzeitige und vollständige Lösung von Krisen sein, welche die
wirtschaftliche Existenz der Bürger in Europa gefährden. Es kann wohl nicht sein,
dass Frau Dr. Merkel fast 18 Monate benötigt, zum Kernproblem der Euro-Krise
vorzudringen, und erst jetzt erkannt hat, was Europa und somit auch der Euro
für die Bürger zum Ziel hat. Die Erwähnung, dass die EU u. a. dem Frieden diene,
beinhaltet, dass offensichtlich die deutschen Bürger offenbar unbedarft sind. Ein
derberer Ausdruck wird aus stilistischen Gründen in diesem Zusammenhang vermieden.
Was sich in den Monaten seit
Beginn der Bankenkrise abgespielt hat, spottet jeder Beschreibung. Erinnert sei
u. a. an Herrn Josef Schlamann (CDU), welcher den Vorschlag äußerte, dass die
Griechen ihre Inseln veräußern sollten zwecks Schuldenabbau. Erinnert sei an
den sinnlosen Herrn Sinn mit seinen abstrusen Vorstellungen hinsichtlich eines
Ein- und Austritts aus der EU bzw. der Euro-Zone. Die absurden Spar-Ideen von
selbsternannten Wirtschaftswissenschaftlern, welche Griechenland in die
Steinzeit katapultiert hätten. Ganz besonders ist dem Verfasser im Gedächtnis
haften geblieben, dass selbsternannte Experten einen Schuldenstaat mittels
finanzieller Strafzahlungen zur Disziplin zwingen wollten. An die üblen Kampagnen
der Medienkraken wird aus bewussten Gründen nicht erinnert.
Viele Wirtschaftswissenschaftler
haben in dieser Hinsicht ihrer Zunft keinen guten Dienst erwiesen, indem sie
sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert haben. Es gab nur wenige dieser Experten,
welche bereit waren, gewisse Zusammenhänge zu verstehen und Maßnahmen
einforderten, welche die Notwendigkeit beinhalteten, die Wirtschaft in
Griechenland zu aktivieren, um nicht weiterhin von Importen wie bisher abhängig
zu sein. Hierzu gehört auch das Bankenwesen, welches sich bei der Kreditvergabe
in der Vergangenheit keineswegs mit Ruhm bekleckert hat. Es ist nur von wenigen
Experten anerkannt worden, dass die erheblichen Ungleichgewichte im Außenhandel
gravierende Probleme zum Inhalt haben. Das Verständnis, dass man ein derartiges
Defizit wie im Fall Griechenlands nur über Investition zwecks Belebung der
Konjunktur und durch Schaffung einer Infrastruktur herunterfahren kann, dürfte
vielen selbsternannten Experten, zu der offensichtlich lange Zeit Frau Dr. Merkel
gehörte, abgegangen sein. Mit Strafmaßnahmen sind derartige Probleme keineswegs
zu lösen.
Ein ganz besonderer Unsinn wurde
mehr als nur offenkundig. Dieses ist der Artikel im Lissabon-Vertrag, welche
die finanzielle Hilfe von Mitgliedsländern in der EU für andere verbietet. Es
ist offensichtlich auch den Politikern nach monatelangem Ringen klar geworden,
dass ein Euro auf Dauer ohne weitreichende politische Einigungen nicht
existenzfähig ist. Der Lissabon-Vertrag wird wohl künftig keine Rolle mehr
spielen.
Was nun die beschlossenen Maßnahmen
betrifft, so dürften diese zunächst als sinnvoll zu erachten sein. Aus
kurzfristigen Schulden werden langfristige gemacht. Zinsen werden gesenkt, ein
Eingriff in dem so genannten Sekundärmarkt zwecks Interventionen wird erlaubt.
Allerdings lösen die vorgesehenen Maßnahmen nicht das Problem. Sie verlagern es
in die Zukunft nach dem Motto: „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Die
vorgesehene Beteiligung der privaten Anleger beschränkt sich wohl auf die Akzeptanz
von niedrigeren Zinssätzen und wird mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit über Sonderabschreibungen diesen „schmackhaft“ gemacht
werden. Was den geplanten „Marshall-Plan“ anbelangt, so liegen bisher keinerlei
konkrete Informationen vor.
Was das „Griechische Monopoly“
für den Euro weiterhin gefährlich macht ist die Tatsache, dass die sogenannten
Märkte darauf gekommen sind, dass in der gegenwärtigen Situation offensichtlich
einen eigenen Euro unterhalten, welcher über den Euro-Kurs nach außen einen
Wert erhält, der mit der jeweiligen Volkswirtschaft nichts zu tun hat. Die
absurden Diskussionen, angeheizt von der Kanzlerin aller Deutschen, kann dazu
geführt haben, dass man seitens der Anleger von der Sicherheit von Anlagen in
Schuldverschreibungen nicht mehr überzeugt ist. Ein verändertes Anlageverhalten
kann allerdings dazu führen, dass man seitens der verantwortlichen Politiker irgendwann
gezwungen sein wird, die politische Vereinigung der EU voranzutreiben.
Ein ganz besonderes Kapitel
stellt dar, dass Griechenland offensichtlich über erhebliche Erdölvorkommen
verfügen soll. Das Deutsche Reich ließ während der Besatzungszeit in
Griechenland geologische Forschungen anstellen, welche dieses bestätigte. In den
letzten Jahren hat es offensichtlich Probleme hinsichtlich der Förderrechte u. a.
mit der Türkei gegeben. Die vorhandenen Vorkommen beschränken sich nicht auf
die Ägäis, sondern sind auch im Ionischen Meer und dem Festland festgestellt
worden. So behauptet zum Beispiel TGF-Nor, angeblich aufgrund von
Sattelitenaufnahmen, dass allein in der Nähe Kretas 6 Milliarden Barrels an
Gasvorkommen vorhanden sind. Vor Beginn der Wirtschaftskrise soll die Handelsorganisation
Scandic Org., bestehend aus sieben nordeuropäischen Ländern, Griechenland einen
dreistelligen Milliardenkredit angeboten haben für Exklusivrechte der Förderung
für die Dauer von 5 Jahren. Der Deal sollte eine Beteiligung zu Gunsten
Griechenlands von 80 zu 20 vorgesehen haben. Neuesten Informationen zufolge hat
der griechische Ministerpräsident nunmehr eine Ausschreibung für Rechte der Öl-
und Gasförderung in Auftrag gegeben.
Hat sich Frau Dr. Merkel bereits
vor dem G20-Gipfel für die europäische Tektonik statt für „geotektonische
Politik“ interessiert? Dann dürfte die Fragestellung: „Was macht unser Öl unter
Griechenland?“ bald nicht mehr der Utopie angehören.
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