Erschienen in Ausgabe: No 67(9/2011) | Letzte Änderung: 14.02.13 |
von Constantin Graf von Hoensbroech
"Niemand hat die Absicht,
eine Mauer zu errichten", versicherte der Staatsratsvorsitzende der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Walter Ulbricht, am 15. Juni 1961 bei
einer internationalen Pressekonferenz auf die Frage nach der möglichen
Errichtung einer baulich erkennbaren Staatsgrenze zwischen Ost- und
West-Berlin. Ulbricht war damit der erste überhaupt, der den Begriff Mauer
verwandte. Zwei Monate später, am 13. August, begann bekanntlich der Bau der im
DDR-Staatsjargon propagandistisch auch als "befestigte Staatsgrenze"
bezeichneten Mauer. Zum 25-jährigen Bestehen des Trennungsbollwerks zwischen
Ost und West gab die Post der DDR dann eine Sondermarke „25 Jahre
antifaschistischer Schutzwall“ heraus, eine Marke, die bezeichnenderweise das
unrühmliche ,Geburtstagskind‘ gar nicht erst zeigte. Abgebildet sind nämlich
das Brandenburger Tor mit seinen klassizistischen Nebengebäuden sowie Soldaten,
die von einer jungen Frau m Kind mit Blumen bedacht werden – so, als gelte es
die Grenzsoldaten für ihren makabren Dienst und ihr Durchhaltevermögen beim
Blick in den Westen mit seinen Perspektiven von Freiheit und Rechtstaatlichkeit
zu ehren. Perspektiven, die sich laut Ulbrichts Nachfolger Erich Honecker
ohnehin nicht realisieren lassen würden. "Die Mauer wird in 50 und auch in
100 Jahren noch bestehen", prognostizierte Honecker am 19. Januar 1989.
Doch nur wenige Monate später bekam die Mauer ihre ersten Risse. Schließlich
rüttelten seit dem 4. September 1989 immer mehr Menschen immer lautstarker mit
der Parole "Wir sind das Volk" am "antifaschistischen
Schutzwall".
Als SED-Politbüromitglied Günter
Schabowski schließlich am 9. November bei seiner legendären Pressekonferenz auf
die Frage nach dem Beginn der neuen Reisebestimmungen und der Erteilung von
Visa zur sogenannten "Ständigen Ausreise" stammelte "Das tritt
nach meiner Kenntnis, ist das sofort, unverzüglich", gab es kein Halten
mehr: Die Mauer war durchbrochen." Wie heftig mitunter der Mantel der
Geschichte weht, zeigt auch ein Brief mit zwei DDR-Marken, eine davon die
erwähnte Sondermarke. Abgestempelt wurde der Brief nämlich kurz nach einem der
wohl glücklichsten innerdeutschen Weihnachtsfeste, am 29. Dezember 1989 im
vorpommerschen Greifswald.
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