Erschienen in Ausgabe: No 74 (4/2012) | Letzte Änderung: 29.03.12 |
von Guido Horst
Da
staunt der Fachmann – und der Laie wundert sich (auch der, der gerade
diese Zeilen schreibt). Da wird unser Papst also bald 85 Jahre alt, und
absolviert ein Programm, das selbst einen Jungspund ins Schwitzen
bringen würde. Denn wenn Benedikt XVI. auftritt, richten sich die Augen
und die Ohren auf ihn. Da heißt es, konzentriert zu sein. Die richtigen
Worte zu finden. Zwei Mal hat der Papst in den letzten Tagen über
schwierige Themen frei gesprochen – erst zu „seinen“ Seminaristen, dann
zu den Priestern der Diözese Rom. Aber das war noch lange nicht alles.
Hier nochmals eine knappe Zusammenfassung:
Am 15. Februar hielt Papst
Benedikt eine „lectio divina“ – so nennt das der Vatikan – vor den
Priesteramtskandidaten der römischen Seminarien. Es ging, ausgehend vom
heiligen Paulus, um die Erneuerung des Denkens, mit der sich der Christ
dem „Geist dieser Welt“ immer wieder entzieht. Nachdem er am Tag darauf
mehrere neue Botschafter fremder Staaten empfangen hatte, fand dann in
der Synodenaula des Vatikans eine Zusammenkunft der Reflexion und des
Gebets mit über hundert Kardinälen statt. Das verlangt höchste
Aufmerksamkeit, wie tags darauf auch das öffentliche Konsistorium, bei
dem der Papst – wie dann wieder einen Tag später beim feierlichen
Dankgottesdienst – alles andere als oberflächliche Ansprachen hielt.
Aber auch beim Empfang für die Kardinalsfamilien und Verwandten der
neuen Purpurträger musste der Heilige Vater ganz für seine Gäste da
sein. Es folgten die Generalaudienz mit der Mittwochskatechese und am
gleichen Abend die Eröffnung der Fastenzeit auf dem Aventin – nochmals
hatte der Papst zu predigen. Und am nächsten Morgen schon warteten die
Priester Roms auf eine der großen Ansprachen Benedikts – der Papst hielt
sie wieder frei und ohne Manuskript. Nicht zu vergessen die vielen
Begegnungen und Gespräche zwischen den öffentlichen Terminen, wie sie in
diesen Tagen des Konsistoriums nun einmal nicht zu vermeiden sind. Ich
kenne weitaus jüngere Zeitgenossen, denen es schon mulmig wird, wenn sie
ein Mal öffentlich einen Vortrag halten müssen.
Das einmal als
Antwort auf die unseligen Mediengerüchte, der Papst sei krank und
kümmere sich nur noch darum, seinen Nachfolger zu installieren. Geht ja
auch gar nicht – den wird eines Tages ein Konklave wählen.
Wahrscheinlich eines fernen Tages. Es mag sein, dass sich Papst Benedikt
irgendwann etwas zurücknehmen wird. Um sich zu schonen. Aber noch
weicht dieser Mann keiner Aufgabe aus. Wenn diese Ausgabe bei unseren
Leserinnen und Lesern ist, bereitet sich der Papst auf die anstrengende
Reise nach Mexiko und Kuba vor.
„Vaticanleaks“ ist das inzwischen
sattsam bekannte Stichwort, unter dessen Überschrift von den
verschiedensten Aktionen zu lesen war, mit vertraulichen Dokumenten aus
dem Vatikan Skandalberichte über Intrigen und Machtkämpfe hinter den
heiligen Mauern zu provozieren. Offensichtlich haben manche ein
Interesse daran, das Lehramt dieses Papstes hinter reißerischen
Schlagzeilen zum Schweigen zu bringen. In dieser Ausgabe haben wir zwei
Ansprachen Benedikts XVI. etwas mehr Raum als sonst gewidmet, um zu
zeigen, wie der Papst die Kirche auf das „Jahr des Glaubens“
vorbereitet. Denn das ist das große Thema – und nicht die Frage, wie der
Toilettenpapierlieferant für den Vatikanstaat an seinen Auftrag
herangekommen ist oder das vatikanische Geldinstitut schon in die „weiße
Liste“ der Banken aufgenommen wurde. Man darf sich nicht beirren
lassen, wenn die säkularen Medien ihre Sicht des Vatikans und des
deutschen Papstes präsentieren. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das
erlebt man hier – zweihundert Meter vom Apostolischen Palast entfernt –
Tag für Tag. Es ist eine überreiche Verkündigung, mit der Papst Benedikt
seiner Kirche unter die Arme greift. Sie muss man hören – und nicht das
Geknarze und Geknarre unserer lieben Kolleginnen und Kollegen.
www.vatican-magazin.de
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Warszawski 25.05.2012 20:28
Von wegen Vaticanleaks