Erschienen in Ausgabe: No 79 (9/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
Die Zauberflöte im fürstlichen Schlosshof. Prinz Pamino und Prinzessin Pamina in der Märchenkulisse St. Emmerams. Was für ein Auftakt für die Thurn & Taxis Schlossfestspiele, die heuer zum 10. Mal einluden. Und auch diesmal ein zauberhaftes kulturelles Potpourri boten, von Katie Melua über Roger Cicero und Peter Kraus bis hin zu Vittorio Grigolo.
von Liane Bednarz
Oper für jedermann, für die ganze Familie hieß es
also. Aufgeführt von der Oper Chemnitz. Die Inszenierung von Dominik Wilgenbus
betonte passend dazu die lustigen Seiten des märchenhaften Stücks. Und die
Gegensätze. Edle und filigrane (Guibee Yang als Pamina) bzw. ausdrucksstarke
(Julia Bauer als Königin der Nacht) Frauenfiguren kontrastierten auffällig mit
den männlichen Protagonisten, die - rollengemäß – mal eher derb (Andreas
Kindschuh als Papageno) und- nicht rollengemäß – mal eher facettenlos (André
Riemer als Tamino) waren.
Anmut und Abgrund – Pamina und die Königin der
Nacht
Guibee Yangs Pamina be-, ja verzauberte die
Zuschauer. So viel Anmut, so viel Grazie, so viel Zartheit und Feenhaftigkeit
sind selten. Eine wahre Prinzessin im weißen, chiffondurchzogenen Gewand.
Stimmlich unterstrichen durch ihren hellen, glasklaren und unschuldig wirkenden
Sopran. Und die perfekte Antipode ihrer Mutter, der Königin der Nacht. Dominik
Wilgenbus widerstand der Versuchung, jene durch eine überbordende gothichafte
Optik zu überzeichnen.
Gewiss trug sie ein dramatisches schwarzes
Gewand, gewiss wirkte sie düster. Aber wirklich ausgefüllt wurde die Figur
durch Julia Bauers nahezu perfektes Mimikspiel, durch ihre zugleich subtile und
dramatische Körpersprache. In jeder Sekunde spürte man die Boshaftigkeit und
den Hass, sah man das rachsüchtige Herz der nächtlichen Königin, das die eigene
Tochter zum Vatermord verführen will.
Auch Julia Bauers
stimmliche Leistung war herausragend, unterstrich die Verdorbenheit, die
Verlorenheit, den abgründigen und manipulativen Charakter, wenngleich ihrer
Arie der Königin der Nacht vielleicht der allerletzte Tick Strahlkraft fehlte.
Allerdings machten es die kühlen Temperaturen und der ab der Pause einsetzende
Platzregen den Sängern auch alles andere als einfach.
Klamauk, rote Haare und eine grandiose Stimme:
Kindschuhs Papageno
Bei den männlichen Charakteren Papageno und
Tamino zeigte Wilgenbus ein Faible für leuchtend rotes Haar, gepaart mit einem
Schuss Ironie – trugen doch zwei weiße Bauern des Schachspiels ebenfalls
leuchtend rote Perücken. Der lustige Vogelsänger Papageno machte in seiner
Schusseligkeit und fehlenden Tollkühnheit seiner Rolle alle Ehre, rutschte aber
bisweilen arg ins Klamaukhafte ab. Stimmlich aber war Andreas Kindschuh
herausragend und fing vor allem die hinter allen Albernheiten versteckte Wehmut
des einsamen Papageno ein. Das Publikum dankte es ihm mit langem und
begeistertem Applaus.
Sarastro als esoterische Fantasyfigur
Schade, dass demgegenüber der in der Oper
eigentlich angelegte heldenhafte Charakter Taminos kaum zum Vorschein kam.
André Riemer sang ihn zwar gut, wirkte aber inszenatorisch oftmals auf der
Bühne etwas verloren. Sarastro (Kouta Räsänen) hingegen hatte zwar eine große
Bühnenpräsenz, erinnerte allerdings in seinem weißen Gewand, mit seinen langen
Haaren und der ornamentalen Esoterikkette an den Anführer einer nach
Erleuchtung suchenden Hippiekommune oder den Helden eines Fantasy-Epos. Sein
tiefer, sonorer Bass glich dies jedoch aus und verschaffte ihm die notwendige
Gravitas.
Kontrastreiche Bühne im Schlosshof
Kontrastreich war auch das Bühnenbild: mal
elegant-puristisch, mal kindlich-märchenhaft, und manchmal auch etwas naiv.
Dreh- und Angelpunkt war die bereits im Libretto angelegte weiße Pyramide, die
sich beliebig öffnen, schließen und ausdehnen ließ. Mit fortschreitender
Dunkelheit zogen die irisierenden Lichtspiele das Publikum in den Bann. Mal
tauchte die weiße Pyramide in ein sattes Grün, mal in ein strahlendes Rot und
mal in ein tiefes Blau ein. Im Kontrast dazu stand das düstere schwarz-graue
Weltall, das den Hintergrund für die Auftritte der nächtlichen Königin bot. Ein
bisschen weniger Dampf aus der auf Hochtouren laufenden Nebelmaschine hätte es
allerdings auch getan.
Kindlich-märchenhaft hingegen waren zumeist die
Kulissen für Papagenos Szenen. Hier sah man einen schlaraffenlandartigen Baum,
an dem überdimensioniertes Obst aller Art wuchs. Zu klamaukhaft hingegen wirkte
der Kinderwagen mit den Babypuppen, den die schwerstverliebten Papageno und
Papagena in Vorfreude auf künftigen eigenen Nachwuchs euphorisch über die Bühne
zogen. Alles in allem jedoch war diese Zauberflöte ein schönes Erlebnis für das
buntgemischte Premierenpublikum.
Keine hochintellektuelle Inszenierung, aber das
muss ja gerade bei diesem Stück auch nicht immer sein. Schikaneders Libretto
nämlich zeigt durchaus auch Singspiel-Züge. Und nur wenige Opern haben ähnlich
viele weltberühmte Melodien hervorgebracht, wurden allgemeines Kulturgut. Nicht
nur für die hochkulturelle Elite. Mozart, das Genie, begeistert einfach alle.
Und deshalb gilt auch weiterhin: Rock me, Amadeus.
Quelle: http://www.freundederkuenste.de/startseite/einzelansicht/article/auftakt_der_10_thurn_taxis_schlossfestspiele_2012_wie_im_maerchen_die_zauberfloete_im_schlosshof.html
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