Erschienen in Ausgabe: No 79 (9/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
von Nathan Warszawski
Kritische
Stimmen werden lauter, die das Gesundheitswesen wegen seiner
Wirtschaftlichkeit anprangern. Unter Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen verstehen die Kritiker eine teuere medizinische
Behandlung, die für Patienten schädlich ist.
Das
geldwerte Verhalten eines Unternehmens wird Betriebswirtschaft genannt.
Volkswirtschaft beschreibt das Verhalten des Gesamtstaates. Was
betriebswirtschaftlich gut ist, kann der Volkswirtschaft schaden. Steigt
durch medizinische Dienste das durchschnittliche Lebensalter, so mag
das Krankenhaus verdienen, die Allgemeinheit verliert allerdings Geld
durch längere Rentenzahlung, diedurch Erhöhung des Renteneintrittsalters kompensiert wird.
Wenn
das Gesundheitswesen die Gesundheit wiederherstellt, kann der Kranke,
wieder gesundet, arbeiten und das Volksvermögen vermehren.
Wirtschaftlich für die Volkswirtschaft ist die zügige Heilung des
Kranken, der sich im Erwerbsleben befindet. Der nach der Genesung das
Bruttosozialprodukt BSP steigernde Gesunde darf nicht mit
Scheinbehandlungen aufgehalten werden. Deshalb erfordert die
Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens, dass Rentner, Arbeitslose,
Arbeitsunfähige und Asylanten mit Berufsverbot auch dann behandelt
werden, wenn es an ihrer Gesundheit nichts ändert. Natürlich nur
solange, wie die Gesundheitsleistung vergütet wird. Dafür gehen Ärzte
auf die Straße.
Eine
Praxis, ein Krankenhaus arbeiten nur dann wirtschaftlich, wenn
angeschaffte teuere Geräte optimal ausgenutzt sind. Die
Krankenhausverwaltung kümmert sich um die Geräte, das Eintreiben
(Akquise) der zum teueren Gerät gehörigen Patienten ist Aufgabe der
Ärzte. Doch warum soll der überarbeitete Arzt noch mehr Patienten
akquirieren?
Wo kommen die Patienten her?
In
Deutschland nimmt die Bevölkerung ab und somit die Anzahl der
Patienten. Glücklicherweise nehmen die Alten, die eher krank sind,
absolut zu. Der Arzt könnte Krankheiten erfinden, um
betriebswirtschaftlich korrekt zu arbeiten, doch der aufgeklärte
Patient, der keiner sein will, wird sich wehren.
Die Wiederherstellung der Gesundheit ist nur bei Kranken möglich.
Folgende medizinische Möglichkeiten sind erfolgreich:
Vorsorge (med.: Screening):
Der
Gesunde wird davon überzeugt, dass er sich auf Krankheiten untersuchen
lässt, die er (noch) nicht hat. Um die Vorsorge schmackhaft zu machen,
behauptet der Arzt, dass die früh erkannte Krankheit (im Gegensatz zu
der spät erkannten Krankheit) heilbar sei (Prostata-Krebs).
Normale Lebensabläufe, wie Geburt, Schwangerschaft, Altersbeschwerden, Tod werden zu Krankheiten umdeklariert.
Der Arzt.
Die Aufgabe des Arztes im wirtschaftlichen Gesundheitssystem wäre die Akquisition der Gesunden und Patienten. Welche Anreize sind gegeben?
Kluge
Medizinexperten haben dargelegt, dass eine Behandlung eher erfolgreich
ist, wenn sie in ein und demselben Krankenhaus oft durchgeführt wird.
Deshalb muss eine Mindestzahl von Leberverpflanzungen
(Transplantationen) nachgewiesen werden, damit das Krankenhaus Anrecht
auf Vergütung erwirbt. Medizinisch ist die Lebertransplantation bei
Alkoholikern nicht indiziert, da sie den Alkoholikern nichts nützt.
Alkoholiker sind Leberkranke. Deshalb könnte sich eine
Universitätsklinik über die Kontraindikation hinweg setzen, um die
erforderliche Zahl zu präsentieren und so die Prämien einzustreichen
Ein anderer Anreiz wäre, wenn die Klinikverwaltung die leitenden Ärzte an der Behandlung prozentual beteiligen würde.
Die Verwaltung überließe die Behandlungsentscheidung dem Arzt.
Entscheidet der Arzt, den Patienten nicht zu behandeln, so entfällt
seine prozentuale Beteiligung. Entscheidet der Arzt, den Patienten zu
behandeln, so erhält er die prozentuale Beteiligung. In beiden Varianten
kann die Verwaltung ethisch und rechtlich nicht belangt werden, da nur
der Arzt über die Behandlung entscheidet. Entscheidet der Arzt für sich
richtig, sosteigt sein Gehalt. Entscheidet der Arzt für
sich falsch, so sinkt sein Gehalt und er wird von der Verwaltung, die
die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses bewahrt, durch einen fähigeren
ersetzt. Nicht notwendig ist die Erwähnung, dass die richtige
Entscheidung für den Arzt nicht gleichbedeutend wäre mit der richtigen Entscheidung für den Patienten.
In
den letzten Jahren ging in Deutschland die Zahl der Ärzte verglichen
mit dem steigenden Bedarf, ob reell oder vorgetäuscht, dramatisch
zurück. Der Import von Ärzten aus dem verarmten Süd- und bis nach Asien
und Afrika reichenden Osteuropa konnte die Löcher nicht stopfen,
entzündete gar eine kurze ethisch angehauchte Debatte, da ja den
unterentwickelten Ländern nun die Ärzte fehlten. Die Debatte versiegte
bald aus eigener Not. Die in gegenseitiger Konkurrenz stehenden
Krankenhäuser waren gezwungen, den Ärzten ein artgerechtes Entgelt
zukommen zu lassen. Dadurch entstanden finanzielle Lücken, die mit
Entlassung (Rationalisierung) der Verwaltung aufgefangen wurden. Die
Verwaltungstätigkeiten übernahmen nun die besser bezahlten Ärzte. Der
aufmerksame Leser weiß, dass dies weder der Gesundheit des Patienten,
noch der Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses schadet.
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