Erschienen in Ausgabe: No 80 (10/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
von Heike Geilen
"Seit Jahrtausenden nimmt die Sonne auf den Rhythmus
unseres Alltagslebens und den Wechsel der Jahreszeiten Einfluss. Auch heute
noch unterscheiden wir uns kaum von unseren frühen Vorfahren, die zum Himmel
emporblicken, seine Geometrie zu verstehen lernten und diese Erkenntnisse auf
ihr Leben anwendeten." In den ältesten Bauwerken der Menschheit kann man
immer wieder auf klare Beziehungen zum Sternenhimmel stoßen und viele wichtige
Kultstätten und heilige Orte der Erde, die sich zumeist als Knotenpunkte erweisen,
an denen sich kosmische Kräfte zentrieren und ein astroarchäologisches
Zusammenwirken stattfindet, sind durch besondere derartige Objekte markiert.
Seit 1969 widmet sich das multidisziplinäre Fach der Astroarchäologie, das
neben Archäologie und Astronomie auch das Studium verschiedenster Fächer wie
Geologie, Klimakunde und Technik sowie Geschichte, Kunst und Religion umfasst,
der Astronomie alter Kulturen.
Die Pyramiden in Mexiko, die Kultstätten der Mayas und der
Inkas, die Steinkreise im schottischen Stonehenge, Lourdes in Südwestfrankreich
oder auch Arkaim in der südlichen Uralsteppe haben astronomische Ausrichtungen
auf himmlische Fixpunkte und sprechen deutlich von der Beziehung zwischen
Kosmos und Mensch. Manchmal ist das Zusammenspiel von Architektur und
himmlischen Ereignissen so fesselnd und stringent, dass unzählige Menschen
moderne Pilgerfahrten an diese Stätten unternehmen. Das reich illustrierte Buch
gibt einen Überblick über derartige astronomische
"Kommunikationpunkte", die die alten Architekten integrierten. Dabei
legt der Autor jedoch kein verstärktes Augenmerk auf optische und visuelle
Überreizung seiner Leser, sondern Ken Taylor vermittelt kompetent und
informativ viel Hintergrundwissen über Aufbau, Konstruktion und "Wirkungsweise"
derartiger Kultstätten.
Gegliedert in drei große Kapitel (Die Sonne - Unser
Lebenslicht / Der Mond - Spiegel unserer Seele / Sterne und Planeten -
Unsterbliche Körper) erzählen die mehr als 60 vorgestellten Plätze auf der
ganzen Erde von ihren Beziehungen zu Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen,
Jahreskreisfesten, zu so genannten Mondstillständen und - finsternissen, bis
hin zu Planetenbewegungen, Sternbildern und ihrer Orientierung an Himmelspolen
und - richtungen. Gezeigt werden nicht nur weltweit berühmte und allseits
bekannte archäologische Wunder wie Stonehenge, die ägyptischen und
mittelamerikanischen Pyramiden oder die Monolithen der Osterinseln, sondern
auch intimere und weniger bekannte Sehenswürdigkeiten wie die Medicine Wheels
(Medizinräder) in Nordamerika/Südkanada - ein ehemals heiliger Ort der
Prärieindianer -, alte Felsmalereien in Australien, die jungsteinzeitliche
Kreisgrabenanlage von Goseck in Sachsen-Anhalt oder die "Sichtrohre"
von Karahunj in Armenien und die rätselhaften Zeichnungen auf Grenzsteinen im
Baskenland. Am Ende jedes Kapitels geht Ken Taylor zudem auf die jeweilige
Gottheiten ein, indem er eine Auswahl von Geschichten präsentiert.
Das vorliegende Buch öffnet ein kleines Fester zur
Vergangenheit und gewährt uns dadurch einen Einblicke in die Hoffnungen,
Sehnsüchte und Ängste unserer Vorfahren. Doch auch für die Gegenwart ist das
Wissen der Astroarchäologen von Bedeutung. So ist etwa das am 12. Oktober 2007
eingeweihte Armed Forces Memorial in Alrewas, Staffordshire, in England, astronomisch
ausgerichtet. Am 11. November um 11 Uhr (Veterans Day) - dem Zeitpunkt, als die
Kampfhandlungen an der Westfront zu Ende des Ersten Weltkrieges 1918
eingestellt wurden - dringt das Sonnenlicht durch einen Schlitz in der
Ummauerung in die Gedenkstätte, scheint durch ein Portal (symbolisch ein Tor in
eine bessere Welt) und erhellt den Kranz in der Mitte in Gedenken an all jene,
die seit 1. Januar 1948 im Militärdienst gestorben sind.
In dem Buch "Kosmische Kultstätten der Welt" des
Archäologen Ken Taylor erfährt das Verhältnis der Menschheit zum
"Himmel" und damit zu unserem Universum eine neue Wertschätzung.
Ken Taylor
Kosmische Kultstätten der Welt
Von Stonehenge bis zu den Maya-Tempeln
Aus dem Englischen von Barbara Knesl
Titel der Originalausgabe: Celestial Geometry
Kosmos Verlag (September 2012)
240 Seiten, Gebunden
ISBN-10: 3440132218
ISBN-13: 978-3440132210
Preis: 29,99 EURO
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