Erschienen in Ausgabe: No 84 (2/2013) | Letzte Änderung: 16.06.14 |
von Thomas Goppel
Herr Dr.
Goppel, ich zitiere Sie: „Erst Bildung eröffnet dem Menschen Chancen für ein
Leben in Freiheit, Selbstentfaltung und Verantwortung.” Wenn Bildung ein Gut
erster Klasse ist, widerspricht dem nicht, dass Studierende für ihre Bildung
zahlen müssen? Ein heftiger Streit um die Abschaffung der Studiengebühren führt
derzeit zu einer angespannten Lage mit dem Koalitionspartner FDP.
Wir finden eine verquere Gemengelage vor. Die FDP, die die
Studienbeiträge erst nicht wollte, will sie jetzt beibehalten. Unser
Ministerpräsident wollte sie nie, hat sie aber sozial so abgefedert, dass sie
ohne weiteres beibehalten werden könnten. Einer wie ich hat immer von
Studienbeiträgen gesprochen, nie – wie übrigens Sie auch – von Gebühren. Auch
für Bayern gilt: Der Staat finanziert die Ausbildung aller. So, wie die jungen
Meister wollten wir allerdings auch die Studierenden um die Spitzenfinanzierung
ersuchen, die vor allem in unberechenbar großen Zulaufjahren – jetzt also auf
Sicht – anfällt. Wir wollen also nicht schröpfen, sondern gezielt zusätzlich
fördern, Gutes tun.
Wir wollen nicht verdienen an den Studenten und ihren Abgaben, sondern wir
wollen gemeinsam mit ihnen ihr Studium besser und direkter gestalten. Im
übrigen gilt auch hier: Etwas, für das nichts bezahlt wird, ist nichts wert,
das wissen wir aus allen alltäglichen Begegnungen. Seitdem bezahlt wird,
kümmern sich Studierende um den optimierten Ablauf ihres Studiums. Das
aufzugeben, bin ich ehrlich gesagt auch nicht bereit. Studienbeiträge machen
auch ein ganz klein wenig darauf aufmerksam, dass die Gesellschaft eine Unmenge
dafür aufwenden muss, damit jeder einzelne sach- und anlagengerecht versorgt
wird. Nicht nur die Akademiker wie bisher. Einen Ausgleich halte ich da für
überfällig. Wenn morgen die Studienbeiträge wegfallen, bedeutet das einen
Verlust von 100ten Millionen Euro, die den Hochschulen direkt abgehen. Der
Finanzminister wird sie nicht ohne Gegenleistung aus seiner Kasse berappen. Er
wird ausdrücklich darauf bestehen, dass ein Teil davon von den Studierenden
selbst getragen wird, und wenn er es indirekt bei den Haushaltsverhandlungen
durchdrückt. Überdies wird es viele Jahre dauern, bis das schon verausgabte
Geld wieder da ist. Die dazugehörigen Studierenden sind dann längst nicht mehr
vor Ort. Den ganz großen Vorzug, dass die Betroffenen zahlen und kontrollieren,
was mit ihrem Geld (das ja mit einem zinsgünstigen Kredit für alle beschafft
werden kann) geschieht, würde ich so oder so niemals wieder aufgeben wollen
(ganz im Gegensatz zu den weit verbreiteten Sozialträumern, die sichtlich an
den Geldesel für Selbstbediener glauben).
Sie
plädieren für traditionelle Werte in Familie und Gesellschaft wie sie sich in
der Christlichen Soziallehre und Ethik finden. Welche Kraft steckt heute noch
im Konservativsein, warum soll es sich lohnen, diese Werte wieder zu bemühen?
Die Familie ist in der Gesellschaft diejenige Institution,
in der Menschen aufgrund ihrer Zusammengehörigkeit auf
Verlässlichkeitsgarantien bauen, die es sonst in den heutigen Gesellschaften
nicht gibt. Blutsverwandtschaft, das Miteinander vom ersten bis zum letzten Tag
der eigenen Existenz, das ist ein Nähefaktor, der durch nichts zu ersetzen ist
und – wie wir wissen – in der Gesellschaft von heute durch Versicherungen,
Verträge, gesetzliche Garantien und Verpflichtungen aller teuer erkauft werden
muss. Ein Stück Solidarität, das die Familie frei Haus liefert, anderweitig zu
ersetzen, aufwachsen zu lassen in anderen, künstlich gefundenen Zusammenschlüssen
von Kleingruppen, macht letztlich den immer unzulänglich operierenden
Sozialstaat aus, der meist nur dürftig kittet, was ohne Familienbezug verloren
geht. Leihmütter, Tagesmütter, Sozialpädagogen, auch Kindergärtnerinnen und
Lehrer sind immer Teilersatz für das, was wir von Vater und Mutter im Verbund
mit den eigenen Kindern erwarten: Liebe, Langmut, Geduld, Zuwendung,
Beharrlichkeit, Zärtlichkeit, Mitleid und Betroffenheit… Stellvertretend stehen
diese Tugenden und Werte für all die elterliche, familiäre Leistung, die andere
gegen Bezahlung und auf Abruf, aber eben als Dienstleistung, nicht als Dienst
am Nächsten (ohne Zeit- und Geldlimit) zum gesellschaftlichen Alltag
beisteuern. Das Eltern- und Familiesein beginnt dort, wo die Gesellschaft Pause
macht, um fünf Uhr die berufliche Pflicht endet. Es geht um 24 Stunden, um
schwere wie gute Zeiten, um rund um die Uhr, wenn wir von Familie reden. Wer
solche Erfahrung nicht selbst gesammelt und erlebt hat, wird Nähe der Art auch
nicht praktizieren. Sie ist für die Gesellschaft eine gänzlich andere Einübung
des Umgangs mit anderen, ist durch nichts zu ersetzen. Es betrifft im Übrigen
auch alle diejenigen Institutionen, die die Familie nicht mehrals Fundament für
praktizierten Zusammenhalt, als ihr Rückgrat empfinden: Handwerk, Vereine etc.
Die Kirchengemeinden folgen gerade diesem Beispiel – zu ihrem Schaden. Sie
erklären ihr Tun mit der Tatsache, dass der Staat längst mehr Einfluss auf die
einzelnen seiner Mitglieder habe, auch die der Familien. Von Freiheit ist da
keine Rede mehr. Und eigentlich wollten wir ja für mehr Freiheit eintreten und
nicht mehr Abhängigkeit von Staat und Gesellschaft! Verlangt das nicht nach der
Familie als dem Ort individuell behüteter und wachsender Freiheit für einen
jeden?
Herr Goppel, Sie sind ein überzeugter Christ! Welche Chance hat die
christliche Religion in Zeiten der Säkularisierung noch?
Ich bin ein überzeugter Anhänger des Christentums, weil mir
die Idee, weil mir der Gedanke gefällt, dass die Summe aller menschlichen
Existenzen eines Tages, wenn die Welt zu Ende sein sollte, die göttliche
Existenz widerspiegelt. In jedem von uns steckt auch eine einmalige Qualität.
Das bedeutet doch, dass jeder, auf den wir verzichten, den wir nicht auf die
oder auf der Welt lassen so, wie er oder sie gottgewollt unser Sein ergänzt und
bereichert, ein Verlust für das ganze Bild, das Mosaik Menschheit ist. Die
Unwiederholbarkeit der Persönlichkeit – die Seele – ist im christlichen
Persönlichkeitsbild existent; in keiner anderen Religion finde ich einen
vergleichbaren All- oder Ewigkeitsbezug über den Lebensalltag auf Erden hinaus.
Es gibt weltweit keine vergleichbare Religion für mich, die mir zusichert, dass
ich Bestandteil des göttlichen Plans bin, einer, der zudem auf die Nachbarschaft
der anderen angewiesen ist. Dieses Angewiesensein auf die anderen und die
ebenso angesagte Beteiligung an der Existenz des Göttlichen – diese beiden
Seiten sind in einer Einmaligkeit durchdacht, die für jeden von uns, egal ob er
glaubt oder nicht, Anreiz sein müssten, nicht eines Tages ausgeschlossen zu
sein.
Was verstehen Sie unter einer „aktiven Bürgergesellschaft“?
Die aktive Bürgergesellschaft ist für mich die Gemeinschaft,
in der jeder einzelne seine Möglichkeiten ausschöpft, um den anderen zu Diensten
zu sein. Zu Diensten zu sein heißt, dass das alle Formen der
Leistungserbringung inkludiert, ganz gleich wie diese Leistung geschieht:
umsonst, gratis oder bezahlt, je nachdem wie die Anforderung definiert ist.
Allemal ist die Bürgergesellschaft dann gefordert, wenn wir unseren Auftrag
ernst nehmen, immer das Beste zu wollen. Ganz oben auf der Skala der
Anforderungen steht dann die Pflicht, jeweils die vorhandenen Talente zu
entdecken und zu fördern. Auch da nehmen wir unsere eigene Überzeugung und das,
was im Evangelium an Beispielen nachzulesen ist (beispielsweise das Gleichnis
von den übertragenen Talenten) als Anknüpfungspunkt für die eigene Vorstellung
vom Tätigwerden, das uns selbst betrifft, aber auch die übrigen herausfordert.
Niemanden in seinem Fortkommen zu behindern, entspricht einem der wichtigsten
Aufträge, die die aktive Bürgergesellschaft für uns alle in fortgesetzter
Diskussion nachvollziehbar zu präsentieren hat.
Die Besserung der Gesellschaft, die Verpflichtung zur Stützung der anderen und
damit gleichzeitig selbst Stütze zu werden, wird am schönsten deutlich in der
bewährten Redensart: „Die, denen du eine Stütze bist, geben dir Halt.“ Das
beschreibt eine aktive Bürgergesellschaft am besten.
Wo endet für Sie die Pressefreiheit? Darf es eine Zensur geben, damit
tradierte Wertvorstellungen unangetastet bleiben? Sie hatten seinerzeit harsch
den unangemessenen Papst-Aufmacher im Satiremagazin „Titanic“ vor dem
Hintergrund der sogenannten Vatileaks-Affäre kritisiert. Gibt es andere Beispiele?
Die Einschränkung der Pressefreiheit ist meine Sache nicht,
aber ich gehe davon aus, dass für alle Menschen Gleiches gilt, unabhängig
davon, dass jeder von seinen Rechten unterschiedlich Gebrauch machen darf.
Journalisten dürfen alles, aber sie dürfen das nur in dem Umfang wie andere
auch. Damit ist im Prinzip alles beschrieben. Wenn ein Journalist wissentlich
die Unwahrheit verbreitet, um anderen zu schaden, ist das unzulässig. Und ich
bleibe bei der Meinung: das ist in diesem Beruf ein Grund, die Lizenz zu
entziehen. Wissentlich die Unwahrheit weiter verbreiten! Alle anderen
Sachverhalte sind im Einzelfall miteinander zu klären. Für den Journalisten
gilt derselbe Rechtsstaat wie für mich. Der Journalismus, der Politiker aus dem
Amt schreibt, muss wissen, dass er kein Sonderrecht beanspruchen kann.
Beim Papst ging es darum, dass die „Würde des Menschen“ angegriffen wurde. Die
Würde des Menschen ist da im Focus, wo Dritte mit böswilliger Unterstellung
arbeiten, um eben die Würde zu zerstören, die uns eigen ist, es im Wissen darum
tun, dass sich der Betreffende nicht wehren kann, aus gutem Grund nicht wehrt
und schon allein deshalb der Zweck der Herabwürdigung, der Beleidigung erfüllt
wird. „Titanic“, ihr Herausgeber hat billigend und als berechneten Werbeeffekt
in Ansatz gebracht, einen anderen, noch dazu von hohem Rang persönlich zu
verletzen. Im vorliegenden Fall steht meine Meinung fest: Das Recht auf freie
Meinungsäußerung ist missbraucht, die journalistische Sorgfaltspflicht
wissentlich verletzt, denn: Das Titelblatt der „Titanic“ ist nicht automatisch
identifiziert als ausgewiesenes Satiremagazin.
In der Politik musste ein Philipp Jenninger gehen, weil er in einer Rede einige
Sätze falsch betont hat, die sich mit dem Dritten Reich befasst haben. Wenn man
dies dagegensetzt, macht das für alle nachvollziehbar, dass auch bei der
„Titanic“-Präsentation Ähnliches hätte greifen müssen. Zwangsweise. Ihr
Chefredakteur reklamiert für sich Seriosität. Dann lag er diesmal gründlich,
auch rechtsaufsichtlich daneben.
„Politik als Beruf“. Was bedeutet dies konkret für Sie?
Der Politiker hat einen umfassenden Aufsichts- und
Gestaltungsauftrag, ist im Prinzip der Hausmeister der Gesellschaft. Ebenso
wenig, wie es uns gelingt, die Aufgaben des Hausmeisters abzuschaffen bzw. im
Alltag zu ignorieren, lassen sich die Politik und ihre Akteure abschaffen.
Allerdings nicht jeder Hausmeister taugt was. Er wird ersetzt. Dafür gibt es in
der Politik, im Staat und den Kommunen Wahlen. Der Unterschied zum
Hausmeistervertrag bleibt sein langfristiger Vertrag mit Kündigungsklausel, der
Vertrag, den ich habe, endet bei Nichtbewährung automatisch, wenn die Wähler
nicht träge und uninteressiert sind. Alle fünf Jahre stehe ich zur Disposition,
womöglich ohne Arbeitsschutz. Das unterscheidet mein Berufsrisiko auch von dem
des Journalisten.
Hat der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seinen moralischen Haushalt
mit seinen Vortragseinnahmen in Millionenhöhe verspielt?
Der Kanzlerkandidat der SPD hat seinen moralischen Anspruch
nicht verspielt, so lange er ihn für sich selbst reklamiert. Wenn er aber
gleichzeitig bekennt, dass er der SPD angehört, einer Partei, die bestimmte
Grundsätze als Minimum für eine Anerkennung in der Gesellschaft formuliert,
dann gerät das in Widerspruch und dann ist es die Frage, ob auch die generelle
Glaubwürdigkeit leidet.
Ehrlich allerdings war Steinbrück schon: Er hat deutlich gesagt, dass ihm die
sozialdemokratischen Denkansätze immer noch fremd sind. Ob so ein dortiger
Kanzlerkandidat aussehen kann?
Sie sind gerade zum Präsidenten des Bayerischen Musikrats (BMR) wieder
gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch. Welche Rolle spielt die Musik in Ihrem
politischen Leben?
Für mich ist die Musik das Elixier, um Beruf, Freizeit und
Aktivität für beides miteinander zu verbinden. Immer dann, wenn ich merke, dass
der Alltag in all dem, was er so an Verbalinjurien und anderem einem zumutet,
wenn all das überhand nimmt, ist es das Beste, sich zurückzuziehen, Musik zu
hören – das in Dur und Moll unterscheiden zu können und in der Lage zu sein,
mit Piano und Forte auch die eigene Stimmung ein Stück weit zu adaptieren,
weiterzugeben, neu zu entfalten und wieder neu ans Werk zu gehen. Musik
begleitet mich dank der elterlichen Klavierinsistenz seit Schulzeiten, weil ich
von Anfang an spürte, dass das Musizieren wirklich erholende Funktion hat für
den, der mit dem Kopf oder mit den Händen arbeitet. Nicht umsonst sind viele
Chirurgen gute Pianisten, wie andere, die in schweren geistigen Berufen
unterwegs sind, Naturwissenschaftler und andere, gerne in einem Orchester
tätig, weil zu Musikzeiten ein anderer Teil des Gehirns so trainiert wird, dass
er im Wettbewerb mit dem eigenen Ehrgeiz auch auf anderen Gebieten bleibt und
bleiben kann.
Ich zum Beispiel schreibe gern. Dazwischen zu sitzen, Musik zu hören oder auch
aktiv zu betreiben, ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Dinge im Kopf
wie im Umfeld neu ordnen und wieder zusammenkommen. Das ist ein Erfahrungswert,
den ich gern weitergebe, besonders auch an den Nachwuchs in den Blaskapellen,
den Tanzschulen, den Chören, den Theaterhäusern. In der Musik tue ich das mit
Leidenschaft und Begeisterung – den besten Eigenschaften, um als Vorbild
durchzugehen.
Sie sind Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung der
Augustinus-Forschung. Was fasziniert Sie am Denken des Kirchenvaters? Was
können wir von Augustinus in 21. Jahrhundert lernen?
Dazu bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Der frühere
Vorsitzende der Gesellschaft, die nun ihren Sitz in Würzburg hat, der ehemalige
Intendant des Bayerischen Rundfunks, Reinhold Vöth, und der glänzende
Augustinusforscher und -pater Professor Cornelius Petrus Mayer haben mich zu
diesem Amt bewogen.
Alle philosophischen, ethischen, ganz wesentlich transzendent angelegten
Grundsätze unseres Lebens funktionieren nur, wenn wir sie in den Bezug zu einer
Person setzen können. Augustinus ist als Person ein Identitätsstifter wie kaum
ein anderer. Er macht wie später, viele Jahre später, Adolph Kolping
Ausführungen, die jeweils mit der Person der Angesprochenen in Bezug gebracht
werden können und, um zu wirken,auch müssen. Jeder Satz, der von Augustinus
stammt, hat irgendeinen Bezug zu dem, was er gelebt hat. Und damit wird er,
bleibt er aktives Vorbild. In dieser Rolle bin ich für beide unterwegs, und
dies sollte ein Stück mein Bezug sein: Augustinus für die Lebensgrundsätze, die
man hat, und Adolph Kolping für die tatsächlichen Lebensverhältnisse, die man
schafft. Da, wo es um Praxis geht, ist Adolph Kolping gefragt, da, wo es um
Theorie geht, ist Augustinus gefordert. Eine differenzierte Erklärung verdienen
viele Sätze der Bibel – mit Augustinus komme ich weiter: eine konkrete,
praktische Umsetzung brauchen die meisten Textstellen der Bibel – mit Adolph
Kolping komme ich weiter. Mein Eindruck, meine Erfahrung ist, dass Augustinus
und Adolph Kolping, beide, bei den Menschen ansetzen und nicht wie Franziskus
bei den Tieren, bei anderen Bezugsgrößen, die da auch sind, angesetzt sein
könnten. Die beiden haben sich ganz bewusst auf den Menschen bezogen und teilen
die Auffassung, dass der Mensch gewollte, alltägliche Wiederholung der
göttlichen Existenz ist, in einer ebenso unwiederholbaren Zusammensetzung wie
Gott selbst, nach unserer Vorstellung die universale Einheit. Gott will durch
die Menschen verdeutlichen, dass das, was er an uns schätzt, die Einmaligkeit
ist, die er uns allen zugestanden hat. Und das macht es so spannend – unterwegs
zu bleiben und auch nicht aufzugeben, weil man nie weiß, ob man am nächsten Tag
noch in derselben Weise denkt und plant und überlegt wie gestern. Wir erleben,
jeder von uns, im Alltag und in seinem Umfeld am laufenden Band diejenigen, die
solchem Wandel, solcher Erneuerung unterfallen; wir sind ihnen auf die Spur
gesetzt – auch uns zuliebe und unseretwegen: Ist es anderes Denken, Fühlen,
Reden oder Handeln, was wir sehen? Oder haben wir uns gewandelt? Auf solch
ständiger Spurensuche zu bleiben, ist es, was mich reizt. Und, ob ich dabei
eine feste Überzeugung besitze und pflege, prüfe und behalte, ist das, was mich
bindet, ja ständig aufs Neue fesselt. Darüber bin ich glücklich.
Für mich zählt, dass die Eltern mir beigebracht haben, mich nicht auf mich
selbst zu verlassen, sondern sicherzustellen, dass ich auf etwas vertrauen
kann, was bleibt, auch wenn ich alleingelassen scheine. Wenig religiös
gebundene Menschen pflegen sich darauf zu berufen, dass sie sich selbst helfen,
damit ihnen wenigstens einer helfe. Da taugt mir der Glaubenssatz schon eher,
der da erinnert: „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott!“ Gibt es einen
verlässlicheren Nachbarn, einen von dem ich weiß, dass er mir traut, das Leben
ermöglicht hat und die Freiheit geschenkt, die es gestattet, alles und das
Gegenteil davon zu entscheiden? Die Größe ist wohl unerreichbar und unerreicht.
Herzlichen Dank für das Gespräch, das Dr. Stefan Groß führte.
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