Erschienen in Ausgabe: No 87 (05/2013) | Letzte Änderung: 02.05.13 |
von Susanne Weiß
Im
Leben eines jeden Menschen waren in der Vergangenheit, sind in der Gegenwart
und werden auch in Zukunft Paarbeziehungen ein zentrales Thema sein. Aus diesem
Grund wird in vorliegendem Text untersucht, aus welchem Ordnungsprinzip heraus
und auf welche Weise Menschen heterosexuelle Paarbeziehungen eingehen und
inwieweit dabei eine freie Partnerwahl erfolgt – auf die Entstehung und die
Gründe für das Existieren von gleichgeschlechtlichen Paarbeziehungen nicht eingegangen.
Es ist bei der Erklärung des Zustandekommens von Paarbeziehungen die
Mikroebene, in deren Bereich beispielsweise Analysen des Heiratsmarktes oder
der historische Wandel der Familie fallen, mit der Makroebene, die sich mit
psychologischen Studien zur Partnerwahl beschäftigt, zu verknüpfen.
Auch
wenn sich die Beeinflussung durch familiäre-, klassenspezifische und
gesellschaftliche normative Vorstellungen bezüglich der Suche des geeigneten
Partners zunehmend gelockert hat, ist die Frage zu klären, inwieweit Menschen
gegenwärtig, durch, trotz alledem weiterhin bestehende normative,
Gesellschaftsregeln beeinflusst werden. Oder ob sie durch das tief verwurzelte
Grundbedürfnis aus ihrem Gefängnis des Getrenntseins vom gegensätzlich
geschlechtlichen Partner zu entrinnen und durch nicht bewusst spürbare, aber
doch sie leitenden unbewussten Wünschen, in ihrer Suche nach dem potentiellen
Partner gesteuert werden. Nach welchen Kriterien verläuft die Partnerwahl und
welche Rolle spielen Merkmale wie Körpergröße, Attraktivität, Alter, Bildung,
die jeweilige Herkunftsfamilie und die ökonomische Situation dabei ein? Des
Weiteren wird verdeutlicht, in welchem sozialen Kontext sich Menschen unter
welchen Vorraussetzungen kennenlernen und welche Stufen der Paarbildung auf dem
Weg zur Partnerschaft zu durchlaufen sind. Außerdem wird die Frage geklärt, ob
zwei Menschen eher aufgrund von Ähnlichkeiten, oder aber aufgrund von
Gegensätzlichkeiten eine Bindung eingehen?
Aus
welchem Ordnungsprinzip heraus gehen Menschen Paarbeziehungen ein?
In
traditionellen Kulturen ist eine Vereinigung zweier Menschen aufgrund der
gesellschaftlichen Annahme, die Liebe stelle sich nach der Heirat schon ein, in
einem gegenseitigen Vertrag zweier Familien einvernehmlich abgeschlossen und
somit nicht als spontan aufkommendes romantisches Gefühl wahrgenommen worden.
Unsere heutige westliche Kultur hingegen und das moderne Verständnis von
Partnerschaft hingegen gründet sich nicht selten auf einer negativ behafteten
Idee des, für beide Seiten günstigen, Tauschhandels. In unserer, von
kapitalistischer Kapital- und Profitlogik geprägten, Gesellschaft lassen sich
fast all unsere Wünsche durch das Medium des Geldes verwirklichen und so
besteht die Gefahr, Partnerschaft und die möglicherweise entstehende Liebe
zwischen Menschen als ein Objekt und nicht mehr als Fähigkeit zu behandeln. So
werden Paarbeziehung eingegangen, sofern geglaubt wird, das beste Objekt im
gegenseitigen Tauschhandel gefunden zu haben; dies kann sich jedoch als fataler
Irrtum darstellen. Menschen begeben sich in der Regel auf die Suche nach einem
Partner aus ihrem tief verwurzelten und allzeit spürbaren Grundbedürfnis
heraus, sich mit dem geschlechtlich Gegensätzlichen wieder zu vereinigen, ihre
andere Hälfte wiederzufinden und dadurch aus ihrem Gefängnis des Alleinseins
und des Getrenntseins zu entrinnen (vgl. Buchholz. 2007: 20ff.).
Der
Mensch, einst aus dem Paradies und dem Eins-Sein mit der Natur vertrieben und
ohne jegliche Chance in diesen Idealzustand zurückzukehren, hat notwendigerweise
ein menschliches Bewusstsein aufbauen müssen, welches ihm allerdings seine
alleinige und zeitlich begrenzte Existenz auf dieser Welt und seine völlige
Hilflosigkeit ständig vor Augen führt (vgl. Freud. 2002: 52ff.). Um in diesem
Gefängnis der Einsamkeit nicht der Angst und dem Wahnsinn zu verfallen und die
entstandenen Scham- und Schuldgefühle zu überwinden (vgl. Gen. 3,7) ist der
Mensch gezwungen, inPaarbeziehungen
nach der Vereinigung mit dem anderen Geschlecht zu streben und durch das eigene
Transzendieren des Lebens das Eins-Werden wiederzuerlangen[1]. Eine
Variante diese Einsamkeit zu überwinden sind orgiastische Zustände, die das
Erlebnis einer kollektiven Vereinigung mit einer Gruppe in Form von Ritualen
suggeriert (vgl. Freud. 2002: 44ff.). Eine andere Variante des orgiastischen
Zustandes ist der sexuelle Orgasmus, durch den der Mensch seine Abgetrenntheit
kurzzeitig zu überwinden vermag. Die, im Laufe der Zeit aber wieder zunehmende
und immer stärker werdende, Angst vor der Einsamkeit und Isolation zwingt uns
Menschen – oftmals als Verzweiflungsakt – zur Wiederholung dieser orgiastischen
Zustände, nur um nicht alleine sein zumüssen. Die in unserer Gesellschaft am
häufigsten genutzte Möglichkeit der Einsamkeit zu entrinnen, beruht auf der
Konformität mit einer Gruppe und deren Sitten, Einstellungen und Werten, wobei
der Einzelne weitestgehend seine eigene Identität und Individualität unbewusst
zugunsten der Gruppe ablegt und sich bereitwillig konform unterordnet, einzig
um nicht isoliert zu bleiben. Doch da dieses Verhalten routinemäßig erfolgt,
verhindert auch dieses nicht das erneute Aufkommen der Angst vor dem Alleinsein
und bleiben Menschen bemüht, ihre eigene Existenz zu Lasten einer angestrebten
Gleichheit aufzugeben. Max Weber hat die Entstehung des Kapitalismus damit
erklärt, dass durch den Protestantismus nicht mehr nur die Lebensausrichtung
auf das Jenseits entscheidend war, sondern die Arbeit in einer kontrollierten
Lebensführung zum Mittel der innerweltlichen Askese geworden ist, war es gerechtfertigt
Reichtumanzuhäufen, sofern man damit
Gott dient und sich nicht sündhaft verhält. Dennoch sind die Menschen durch das stahlharte
Gehäuse des Kapitalismus unterdrückt und ihre Gleichheit ist zu Lasten ihrer
Individualität missbraucht worden. Weber schreibt dazu sehr treffend: (...) Nur wie ein dünner Mantel, den man
jederzeit abwerfen könnte, sollte die Sorge um die äußeren Güter um die
Schultern seiner Heiligen liegen (...). Aber aus dem Mantel ließ das Verhängnis
ein stahlhartes Gehäuse werden.“ (Weber. 2099: 164ff.). Der Mensch wird,
nicht nur wie von Weber vertreten, sondern auch Erich Fromms und Theodor W.
Adornos Ansicht nach – beide Vertreter der Kritischen Theorie[2] –
durch die gegenwärtige Gesellschaft daran gehindert, sich frei zu entfalten
(vgl. Precht. 2009: 236ff.). In unserer heutigen kapitalistisch geprägten Gesellschaft
hat sich die Bedeutung von Gleichheit etwas geändert. Darunter ist oft nicht
mehr das Eins-Sein zu verstehen, sondern das dasselbe Sein – eine Gleichheit
von Menschen, die ihre Individualität verloren haben. Im selben Maße wie die
moderne Massenproduktion die Standardisierung von Erzeugnissen anstrebt, so
verlangt auch die gesellschaftliche Entwicklung der Moderne, im Zuge des sich
im 19. Jhd. entwickelnden Kapitalismus‘, eine Standardisierung bzw. ein
Gleichwerden der Menschen im privaten Leben. Der Mensch, der reibungslos
zugunsten der Gesamtstruktur funktionieren muss – weitestgehend ohne eigene
Fähigkeiten, Ideen und Wünsche in den wirtschaftlichen Ablauf mit einbringen zu
können – wird zu einer bloßen Nummer, einem austauschbaren Rädchen in der
Maschinerie. Offensichtlich benötigt die kapitalistische Entwicklung Menschen,
die sich frei und unabhängig vorkommen und sich doch reibungslos führen lassen
ohne dass Gewalt angewendet werden muss. Es erweist sich somit als eine der
schwierigsten Aufgaben des Menschen, da quasi alle Bereiche des Lebens
vorstrukturiert und per normativer Konstrukte vorgeschrieben sind, sich über das
Wissen der eigenen Einzigartigkeit bewusst zu sein und sich innerhalb des
Lebens nach den eigenen, wenn auch begrenzten Möglichkeiten- selbst zu
verwirklichen.
Eine
weitere Möglichkeit das Alleinsein zu überwinden bietet sich den Menschen durch
symbiotische Vereinigungen in Form von passivem Masochismus (man macht sich zu
untrennbarem Bestandteil einer anderen Person, die einen lenken, leiten und
beschützen soll) oder Sadismus (der aktiven Unterdrückung eines anderen
Menschen). Beide Verhaltensweisen sind von unreifem und abhängigem Charakter,
denn Menschen verzichten innerhalb beider Varianten gleichermaßen auf ihre
Integrität und machen sich selbst zum Instrument des jeweiligen Anderen. In
einer Paarbeziehung, durchdrungen von wahrer, reifer, freier Liebe, bleibt
hingegen die eigene Individualität und Integrität bewahrt und ihr kommt sogar
die Möglichkeit zu, sich noch weiter auszubilden (vgl. Fromm: 1932: 253ff.). In
einer Liebesbeziehung kommt es zum Paradoxon, dass zwei Menschen Eins werden
und trotzdem Zwei bleiben. Die exklusive Liebe soll der Definition von Harry
Frankfurt nahe kommen, der eindrucksvoll schreibt: ,,Die Liebe ist vor allem interessefreie Sorge um die Existenz dessen,
was geliebt wird, um das, was gut für sie ist“ (Frankfurt. Harry. 2005: 48).So wie auf der einen Seite der Prozess des sich Verliebens nicht
erzwungen werden kann und von beiden Partnern in gleicher Weise empfunden
werden muss, können sich Menschen auf der anderen Seite das sich Verlieben
ebenfalls, selbst wenn sie rationalen Denkmustern folgen, nicht verwehren.
Für
das Finden eines Partners muss man allerdings aktiv werden. Während in der
Gegenwart Aktivität häufig mit bloßer Energieaufwendung verbunden wird, unterscheidet
Baruch de Spinozas Auffassung von Aktivität zwischen actiones (aktiven
Affekten, bei denen man Herr über sein Verhalten ist) und passiones (passiven
Affekten, denen man sich selbst nicht bewusst ist). Dessen Auffassung nach sind
Neid, Eifersucht und jegliche Art von Gier passiones, die Liebe hingegen
ist eine actio, welche nur in Freiheit und nie unter Zwang möglich ist.
Die Liebe und die Paarbildung sollte von gegenseitigem Geben durchdrungen sein,
was nicht bedeutet, dass etwas aufgegeben und man damit zu beraubten Opfern
wird. Im Gebot ,,Geben sei seliger als Nehmen“ muss die höchste Freude darüber
empfunden werden, dass Geben mehr Freude bereitet als Nehmen, nicht weil es ein
Opfer bringt, sondern weil im Akt des Gebens die eigene Lebendigkeit zum
Ausdruck kommt (vgl. Spinoza: 319 ff.). Genau dieses Prinzip des Gebens und
Nehmens findet in der sexuellen Vereinigung zweier Menschen statt. Die Frau
gibt sich dem Mann in der Weise hin, dass sie ihr Tor zum Innersten ihrer
Weiblichkeit öffnet, um vom Mann seinen Samen zur Fortpflanzung zu empfangen
(vgl. Freud. 2002: 44f.). Dieser Austausch zwischen zwei heterosexuellen
Partnern besteht darin, von dem Kostbarsten, nämlich sich selbst, seiner
Freude, seinen Interessen, seinem Humor oder allgemein seinen eigenen Gefühlen
dem Anderen etwas zu geben, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Auch
Karl Marx hat mit seiner Aussage: ,,(...)
Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, das heißt, wenn dein Lieben als
Liebe nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch eine Lebensäußerung als
liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, dann ist deine Liebe
ohnmächtig, ein Unglück“ (Marx.
1971: 301) die für den Menschen so wichtige Wechselwirkung der Liebe
zweier Personen bekräftigt. Erst die Überwindung des eigenen egoistischen
Denkens und die Erkenntnis, dass es sich für eine Paarbeziehung lohnt den
Anderen durch gegenseitigen Austausch glücklich zu machen, lehrt den Menschen
erst in uneigennütziger Weise zu geben, denn ,,man liebt das, wofür man sich müht und man müht sich für das, was man
liebt“ (zit. nach Erich Fromm). Zunehmend entstehendes
Verantwortungsgefühl für das Gegenüber muss dessen Individualität respektieren
und achten und darf diese nicht zum Objekt des eigenen Handelns werden lassen.
Paarbeziehungen obliegen stets der Gründung auf gegenseitiger Freiheit und
Identitätserweiterung, niemals auf der Beherrschung des Anderen. Das Ergebnis
kann sich nur in einem Kompromiss aus Selbstbehauptung und
Erwartungsbefriedigung des Anderen nieder-schlagen, was einen Balanceakt
zwischen personaler und sozialer Identität darstellt (vgl. Meier. 1997: 13ff.).
Ein großes Bedürfnis des Menschen ist es einen anderen Menschen innerhalb einer
Paarbeziehung in der Tiefe seines Wesens bedingungslos ergründen und anerkennen
zu dürfen. In der heutigen kapitalistisch geprägten Gesellschaft ist dies
jedoch nur noch schwer möglich ist, da uns diese durch strenge Arbeitsroutine
und zwanghaftes – jedoch nur oberflächliches – Kennenlernen eines Partners
unser Alleinsein in gravierender Weise vor Augen führt. Der moderne Mensch
kommt in erschreckender Weise dem Bild von Aldous Huxley in ,,Brave New World“
nahe, der schreibt: ,,Er ist gut
genährt, gut gekleidet und sexuell befriedigt, aber ohne ein Selbst und steht
nur in einem höchst oberflächlichen Kontakt mit seinen Mitmenschen“ (Huxley.
1946). Das Sich Kennenlernen zweier Menschen und das mögliche Eingehen
einer Bindung ist offensichtlich von einem dramatischen Zerfall geprägt, der
dem Menschen das Alleinsein im Vereinigen mit dem gegensätzlich
geschlechtlichen Partner in Form einer tiefen Paarbeziehung nur noch selten
überwinden lässt, sondern es ihm aufgrund der meist nur oberflächlichen
menschlichen Beziehungen noch deutlicher vor Augen führt. Diesem Umstand ist es
unter anderem auch zu verdanken, dass sich in heutiger Zeit eine solch hohe
Scheidungsrate von Paaren abzeichnet, dass Menschen mit steigender Tendenz immer
kurzlebigere Paarbeziehungen ohne Tiefgang eingehen und dass ein hohes Maß an
bewusst alleinstehenden Singles existiert.
Institutionen
der Paarbildung und historische Strukturveränderungen
Zwei
Menschen lernen sich am wahrscheinlichsten innerhalb von Gelegenheitsstrukturen
mitRegelmäßigkeitscharakter wie der
beruflichen Tätigkeit oder einer Freizeitbeschäftigung kennen, da diese
Varianten des unkomplizierten Kennenlernens weitestgehend frei von kulturellen
und normativ vorgeschriebenen Gesellschaftsregeln ist. Durch die Regelmäßigkeit
in ihren Begegnungen verbinden sich meist Menschen gleicher sozialer Klassen oder
gleicher Herkunft miteinander und bilden somit zunehmend homogene
Paarbeziehungen (vgl. Burkhart. 2008: 332). Da dies kein allgemeingültiges
Gesetz ist, können durchaus auch nicht homogene Partnerschaften zustande
kommen, wobei die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens von, durch Homogamie geprägten,
Beziehungen größer ist. Eine andere schon lange Zeit existierende Möglichkeit
des Kennenlernens eines potentiellen Partners erfolgt über Heirats- oder
Vermittlungsagenturen, durch die Menschen allerdings von bestehenden normativen
Gesellschafts- und Kulturregelmechanismen bei ihrer freien Partnerwahl
eingeschränkt werden. Georg Simmel hat, den Erfolg der Annoncen bekräftigend,
dazu festgestellt, dass die ,,Heiratsannonce
eine der größten Kulturträger ist, weil sie dem Einzelnen eine unendlich höhere
Chance adäquater Bedürfnisbefriedigung verschafft, als wenn er auf die
Zufälligkeit des direkten Auffindens der Objekte angewiesen ist“ (Simmel. 1989:
523f.)[3]. Das Anbieten der
eigenen Qualitäten verläuft sowohl bei Männern, als auch bei Frauen aufgrund
ihrer frühkindlichen Erfahrungen und Wünschen oftmals nicht bewusst ab, sondern
lässt beide Parteien für gewöhnlich unbewusst nach einem Partner suchen, der
sowohl dem ,,väterlich“ beschützenden und regelsetzenden, doch gleichzeitig
auch dem ,,mütterlich“ nährenden Part unserer tiefsten Wünsche entspricht (vgl.
Fromm: 1960). Eine weitere von wachsender Tendenz geprägte und in gegenwärtiger
Zeit zu einer der wichtigsten Möglichkeiten des Kennenlernens gewordene Methode
ist die der direkten Ansprache eines potentiellen Partners in der
Öffentlichkeit. Menschen geraten zwar in Situationen, in denen sich ihnen die
Gelegenheit bietet eine fremde Person anzusprechen, doch bleibt eine solche
Bekanntschaft meist an der Oberfläche und gelangt nur selten zu einem tiefen
Kennenlernen, geschweige denn zur Entstehung einer langfristigen Paarbeziehung.
Es ist an dieser Stelle noch hinzuweisen auf die in den vergangenen Jahren sehr
populär gewordene Art einen Partner übers Internet kennenzulernen. Diese
Methode wird hier allerdings nicht explizit beschrieben oder gar bewertet. Die,
gegenwärtig breit gefächerten, Möglichkeiten gesellschaftlichen Freizeitunternehmungen
– wie beispielsweise Theater- oder Kinogänge, Reisen oder sportliche
Gruppenangebote – erleichtern ein ungezwungeneres Kennenlernen eines
potentiellen Partners, im Gegensatz zu früheren Zeiten. Da sich heute die
Partnerwahl freier und individueller gestaltet, muss damit auch eine stärkere
Eigeninitiative geleistet werden. Menschen sollten sich darüber bewusst sein,
mit welchem Partner sie bereit sind bzw. sich wünschen eine Paarbeziehung
einzugehen. Da der Einfluss der Außenwelt, einst in normative Vererbungs- oder
Heiratsregeln eingebettet, in unserer westlichen Kultur zunehmend wegbricht,
muss der Zusammenhalt einer Paarbeziehung von innen her – und somit von beiden
Partnern selbst – geleistet werden. Zudem haben mit dem, innerhalb der letzten
Jahrzehnte fortgeschrittenen, Säkularisierungsprozess auch die Bedeutung und
der Einfluss von normativen Kulturregeln bezüglich der Paarbildung
abgenommen.
Stufen der Paarbildung und existente Formen von
Paarbeziehungen
Der
Prozess der Paarbildung verläuft, ganz allgemein formuliert, auf vier Ebenen,
welche sich in die Bereiche Kultur, Struktur, Interaktion und die Persönlichkeit
untergliedern. Ein großer Teil der Theorien der Partnerwahl geht von einem
Kennenlern- bzw. Heiratsmarkt aus, auf dem Männer und Frauen ihre Ressourcen
bzw. Qualitäten, die einander gesucht und geschätzt werden, zum Tausch
anbieten. So bieten Frauen beispielsweise Attraktivität, ihre häuslichen
Fähigkeiten und zunehmend auch ihre Bildung an, die Männer hingegen ihren
gesellschaftlichen Status oder ihre Körperkraft. Es bleibt jedoch fragwürdig,
ob die Partnerwahl rational nach einer Art Kosten-Nutzen-Analyse zu vollziehen
ist, da Männer und Frauen in einer, von Liebe durchdrungenen, Paarbeziehung
gleichermaßen nach Werten wie Zufriedenheit, Unterstützung, Verständnis und
Bestätigung suchen und weniger nach Ressourcen oder Qualitäten wie im oben beschriebenen
Kontext. Die Partnerwahl erfolgt bei Frauen und Männern auf unterschiedliche
Weise und nach verschiedenartigen Charakteristika (vgl. Buss. 2004: 151ff.). Es
existiert eine Vielzahl an Theorien zur Erklärung der Partnerwahl beider
Geschlechter, von denen sich auf Seiten der Frauen häufig die Theorie der
Attraktivität von Männern mit hohem Testosteronspiegel bestätigt (vgl. Perett.
2007: 1161ff.). Auch die Symmetrietheorie, nach der Gesichter und Körper als je
anziehender und attraktiver empfunden werden, desto gleichmäßiger diese geformt
sind, spielt kognitionspsychologisch eine entscheidende Rolle bei der
Partnerwahl (vgl. Thornhill. 1993: 30ff.). Die Paarbildung ist ein interaktiver
Prozess. Beide Menschen müssen in der Phase des Kennenlernens und dem Aufbau
einer Partnerschaft – meistens eingebunden in Gelegenheitsstrukturen – die
Balance zwischen kommunikativem Tabu der eigentlichen Absichten, einem Spiel
mit der Uneindeutigkeit und der- für den Erfolg und das Zustandekommen einer
Paarbeziehung notwendigen, Offenheit und Authentizität bewältigen. Außerdem
soll Intimität gezeigt und zugleich möglichst verdeckt werden. Während dies
anfänglich im Schutz der Öffentlichkeit erfolgt, verlagert sich der Prozess der
Paarbildung zunehmend ins Private. Es kommt im Verlauf des Kennenlernens
vielfach zu einer erotischen Anziehung zwischen den sich näher kommenden
Menschen und im Laufe der Zeit entwickelt sich die Phase der Verliebtheit dann
idealerweise zu einer festen Partnerschaft. Sobald eine Art Aushandlungs- und
Kalkulationsphase über die bereits bestehende Beziehung positives Ende genommen
hat, entscheiden sich beide Partner entweder für das Fortbestehen der
dauerhaften Paarbeziehung, oder für ei-ne Auflösung. Diese Stufen der
Paarbildung und ihre Übergänge verlaufen aufgrund von verschieden-artigen
Werdegängen der Menschen sehr flexibel und in unterschiedlicher Art und Weise.
Es existiert ein breites Spektrum an Paarbeziehungsarten unter den Menschen
jeder Altersgruppen, die von monogamen heterosexuellen oder homosexuellen
Bindungen, über polygame Bindungen mit zwei oder mehreren Partnern, egal ob
gegensätzlich oder gleichgeschlechtlicher Art, bis hin zum Singlesein reichen.
Ähnlichkeitsthese
vs. Komplementärthese
1958
ist von Robert F. Winch die Partnerwahl zwischen der Ähnlichkeits- und der
Komplementärthese stehend formuliert worden, die beide bis in die Gegenwart
eine zentrale Stellung bezüglich des Zustandekommens von Paarbeziehungen
einnehmen (vgl. Winch. 1960). Während die Ähnlichkeitsthese (,,gleich und
gleich gesellt sich gern“) die Stabilität einer Partnerschaft mit zahlreichen
empirischen Belegen bekräftigt, geht die Komplementärthese ebenfalls von einer
Ähnlichkeit der Partner in bezug auf sozio-kulturelle Merkmale aus, die
aufgrund einer Vorstrukturierung vorhanden sind. Beim Wahlprozess selbst
erfolgt dann allerdings eher eine Bestätigung der Komplementärthese, nach dem
Motto ,,Gegensätze ziehen sich an“ (vgl. Kerkhoff/Davis. 1962)[4]. Das
Resultat einer Kombination beider Ansätze scheintHomogamie auf der Ebene sozialer Merkmale und
Einstellungen zu sein, jedoch Unterschiedlichkeit auf der Ebene der, von Mensch
zu Mensch unterschiedlichen, unbewussten Bedürfnisse und Wünsche, nach denen dieser
seinen jeweiligen Partner auswählt (vgl. Burkhart. 2008: 171ff.). Die Personen
der noch nicht lange bestehenden Paarbeziehungen scheinen sich nach Kerkhoff
und Davis in den ersten 18 Monaten des sich noch fortwährenden
Kennenlernprozesses in einer Art Idealisierungsphase zu befinden, dem Partner
ähnlich sein zu wollen, und, resultierend aus diesem Verhalten, die eigenen
Wertvorstellungen an den Partner anzupassen.
Monogamie – Polygamie
Es
wird vor allem in westlichen Gesellschaften die Paarbeziehung und im Besonderen
die Ehe mit einer treuen Fixierung auf nur einen Partner und dem damit
verbundenen Idealbild der Monogamie assoziiert. Global gesehen ist die
Monogamie jedoch nicht die häufigste Form der Ehe oder der partnerschaftlichen
Führung (vgl. Giddens. 1999: 151ff.). In fast 80% Prozent der Gesellschaften –
vor allem im südöstlichen Teil der Erde, wie in Afrika oder Indien – ist die
Polygamie vorherrschend, kulturell und religiös akzeptiert. In Deutschland hat
sich durch die 1968er Kulturrevolution, in der innerhalb der sogenannten
,,Kommune 1“ beispielsweise Frauen und Männer gleichberechtigt miteinander
zusammengelebt haben, das Verständnis für und das Bild von polygamen
Beziehungen gewandelt hin zu einer liberaleren Ansicht divergierender
Beziehungsstrukturen (vgl. Spiegel. 1967. Nr. 24). Die, durch eine solch freie
partnerschaftliche Lebensweise – ohne feste Bindung, geschweige denn ohne
Trauschein – hervorgerufene, große Provokation zur damaligen Zeit hat einen
wesentlichen Teil zur heutigen Führung von Paarbeziehungen, der damit
verbundenen Wohnsituation und zur Auflösung von ehemals strengen kulturellen
Normen bezüglich partnerschaftlichem Zusammenleben beigetragen.
Wie lässt sich die zunehmende Alters-
und Bildungshomogamie innerhalb von Paarbeziehungen in Deutschland erklären?
Es existieren verschiedene Theorien, die das
Zustandekommen von Paarbeziehungen erklären. Im Laufe der gegenwärtigen
Gesellschaft ist ein Zuwachs an individueller Freiheit bezüglich der
Partnerwahl und ein Bedeutungszuwachs des Paarbegriffes ersichtlich. Somit hat
sich die Paarbildung auf eine weitestgehend freie Wahl umgestellt, wobei
weiterhin soziale Regel- und Strukturmechanismen der Paarbildung existent
geblieben sind. Vor allem die Alters- und Bildungshomogamie innerhalb von
Paarbeziehungen hat sich in den Vordergrund verlagert. Das Zusammenkommen von
Paaren ist einst durch Vererbungs- und Heiratsregeln bestimmt worden und nur
sehr bedingt durch ein romantisches Verständnis von Liebe. Der italienische
Philosoph Umberto Galimberti schreibt dazu treffend: ,,Die traditionellen Gesellschaften, die wir mit Hilfe der Technik
hinter uns gelassen haben, ließen der Wahl des Einzelnen und seiner Suche nach
der eigenen Identität wenig Raum. Abgesehen von gewissen Gruppen und kleinen
Eliten, die sich den Luxus der Selbstverwirklichung leisten konnten, besiegelte
die Liebe weniger die Beziehung zwischen zwei Individuen; die diente in erster
Linie der Verbindung zwischen zwei Familien oder Clans, die mit ihrer Hilfe
ökonomische Sicherheit und Arbeitskraft für das Familienunternehmen hinzugewinnen,
durch Nachkommen den Besitzstand sichern und, wenn es sich um privilegierte
Schichten handelte, Vermögen und Ansehen vermehren konnten“ (Galimberti. 2007:
181ff.). Diese kulturellen und normativen Regeln sind heute zwar
flexibler ausgeprägt und haben sich zunehmend gelockert, sie sind jedoch nicht
komplett zerfallen. In einfachen Gesellschaften diente der Verwandtheitsgrad in
Form von normativ geltenden Gesellschaftsregeln als ein wichtiger
Regelmechanismus für die Paarbildung (vgl. Bourdieu. 1997: 264ff.).Während es
für Frauen Mitte des 19.Jhds. leichter gewesen ist einen statushöheren Mann zu
finden, ihn eventuell zu ehelichen und durch ihn sozial und gesellschaftlich
aufzusteigen, als aus eigener Kraft heraus in Männer dominierenden Berufen erfolgreich
zu sein, besitzen Frauen mittlerweile denselben Zugang zu Bildung und können
durch diese Gleichberechtigung selbstständig – ohne durch die Heirat eines
Mannes – in dieselben höheren Berufspositionen wie ihre männlichen Kollegen
gelangen. Ein sozialer Aufstieg ist vor allem Frauen erst durch die
Modernisierung und die aufkommende Bildungsexpansion Mitte der 1960er Jahre
möglich gemacht worden, die den Zugang zu Bildung für Frauen verbessert und
Frauen zu den ,,Gewinnern“ dieser Bewegung hat werden lassen (vgl. Geißler.
2011: 276). Im Kernbereich der gesellschaftstypischen Ungleichheiten (unter
anderem der Arbeitswelt) sind allerdings Männerprivilegien weiterhin auch heute
noch existent und es haben sich bessere Bildungschancen der Frauen nicht analog
in bessere Berufschancen umsetzen lassen. Außerdem sind Frauen, im Vergleich zu
Männern, weiterhin von schlechteren Arbeitsbedingungen, niedrigeren Einkommen,
höheren Arbeitsplatzrisiken und unfreiwilliger Teilzeitarbeit betroffen (vgl.
ebd.: 302f.). Trotz dieser negativ belasteten, weiterhin bestehenden-
Aufstiegsbarrieren Frauen gegenüber ist die ehemals hohe Hypergamierate[5]
heute rückläufig und lässt zunehmend alters- und bildungshomogene Paarbeziehungen
entstehen. Des Weiteren ist durch den Abbau einer, in traditionellen
Gesellschaften noch strikt existenten, Separierung in weibliche und männliche
Bereiche der gesellschaftlichen Interaktion die Trennlinie zwischen den
Geschlechtern im Laufe der Zeit zunehmend aufgeweicht. Diese Entwicklung lässt
ein intimeres Kennenlernen des Partners zu, da Einblicke in sämtliche
Lebenslagen möglich geworden sind. Dieser Umstand wiederum erfordert sowohl von
männlicher als auch von weiblicher Seite ein erhöhtes Verständnis für die
Lebensweise, das Verhalten und die Eigenarten des jeweils Anderen. In räumlich
sozialer Hinsicht ist durch amerikanische Untersuchungen in vergangener Zeit
empirisch bestätigt worden, dass ,,propinquity“ – sprich Gleichheit in bezug
auf das Besuchen derselben Schule, das Innehaben gleicher Berufe oder einer
gleichen Religionszugehörigkeit – diePartnerwahl und das Entstehen einer möglichen Paarbeziehung begünstigt.
Diese schwindet allerdings durch die steigende Mobilität der Bevölkerung
zunehmend und verliert ihre räumlich-soziale Komponente. Außerdem ist
festgestellt worden, dass sich Ähnlichkeiten beider Partner in bezug auf ihre
Intelligenz, ihre Bildung und ihre körperlichen Eigenschaften als positiv
erweisen, während die Homogamie in Bezug auf die Religionszugehörigkeit oder
die ethnische Zugehörigkeit drastisch abnimmt (vgl. Burkhart. 1997: 58ff.). Heute
scheint sich zudem die Bildung zum wichtigsten Auswahlkriterium und zur bedeutendsten
Schranke der Paarbildung entwickelt zu haben und Paare tendieren insgesamt zur
Angleichung der Bildungsgrade. Die Rolle, welche in vergangener Zeit die
soziale Abstammung gespielt hat, wird heute von der Bildung geleistet. Die
einstige Bildungshypergamie verschiebt sich somit durch den Abbau von patriarchalisch-hierarchischen
Wertevorstellungen und dem Standpunkt ,,der Mann muss der Gebildetere, Ältere
oder Größere sein, oder einen höheren Berufsstatus als die Frau innehaben“ in
Richtung ,,die Frau ist die Überlegene in der Paarbeziehung“. Es kommt
gegenwärtig zur Bildungsangleichung zwischen Mann und Frau, denn gleiche
Bildungsvorstellungen, Interessen und Positionen schaffen zusammen mit dem
Habitus, der auf Partnerschaftlichkeit und Androgynie ausgerichtet ist, ein an-gestrebtes
Idealbild von einer Gemeinschaft (vgl. Bock. 2010: 99ff.). Zudem resultiert aus
der entstehenden Bildungshomogamie, welche erheblich zur Stabilisierung einer
Paarbeziehung beitragen kann, eine stärkere Polarisierung von hohen Bildungsgraden
beider Partner einerseits und niedrigeren Bildungsgraden beider Partner
andererseits; dies markiert somit eine Endogamie bestimmter Bildungs- und
Berufsgruppen (vgl. Teckenberg. 2000:81ff.). Der, in der Antike und in
historisch früheren Zeiten recht hohe, Altersunterschied der Partner hat in
Deutschland deutlich abgenommen – allerdings ist ein linearer Zusammenhang von
Heiratsalter und Altersabstand des Ehepartners zu erkennen, d.h. jüngere Paare,
die sich das Ja-Wort geben, sind in der Regel annähernd gleichaltrig, während
sich mit zunehmendem Alter der Altersabstand zweier Menschen die sich ehelichen
stärker differenziert. Im Jahr 1989 hat der Altersunterschied von Ehepaaren
beispielsweise durchschnittlich 3 Jahre und von nicht ehelichen Paaren 2,5
Jahre betragen[6]. Der Altersabstand geht
auf die patriarchalische Vorstellung zurück, dass der Mann die
Herrschaftsposition des Älteren innerhalb einer Paarbeziehung einnehmen soll
und als Versorger eine längere soziale Reifephase benötigt (vgl. Burkhart.
2008: 201ff.). Dem Mann kommt auch biologisch gesehen als oftmals die größere
Person innerhalb der Paarbeziehung die beschützende Rolle zu. Allerdings
vollzieht sich in gegenwärtiger Zeit ein Wandel der Gesellschaftsrollen, eine
Entkoppelung von Alters- und Geschlechterrollen und ein zunehmender Abbau der
Geschlechtshierarchie, was an einer entstehenden Alters- und Bildungshomogamie
von Paaren deutlich wird. Außerdem nehmen ökonomische und soziale
Auswahlkriterien bei der Partnerwahl zunehmend ab und werden von affektiven
Merkmalen überlagert. Dies bedeutet, dass die Paarbeziehungen statt familiärer
und in sich geschlossener, gegenteiligzunehmend individueller und differenzierter werden.
Fazit und Ausblick:
Es
zeigt sich gegenwärtig eine veränderte Sinnzuschreibung von Paarbeziehungen im
Allgemeinen und von Ehe zwischen heterosexuellen Paaren im Besonderen. Außerdem
zeichnet sich eine stetig wachsende Akzeptanz gegenüber längerfristig
bestehenden nichtehelichen Partnerschaften – sowohl heterosexuellen, als auch
homosexuellen – und gegenüber bewusst alleinstehenden Singles ab. Es ist zwar
eine normative Enttraditionalisierung der partnerschaftlichen Lebensformen zu
erkennen, dennoch bleibt für einen Großteil von Männern und Frauen weiterhin
das Idealbild einer gleichberechtigten erfüllten Paarbeziehung mit
traditionellen Elementen bestehen, was zunehmend mit der Bildung alters- und
bildungshomogener Partnerschaften einhergeht. Außerdem haben sich die
Variationen unterschiedlicher Paarbeziehungen und die entsprechende Akzeptanz
ihnen gegenüber stark erweitert (vgl. Geißler. 2011: 302ff.). Vor dem
Hintergrund eines Abbaus patriarchalisch-hierarchischer Wertevorstellungen,
einer zunehmenden Pluralisierung der Lebensformen in einer immer stärker von
kapitalistischem Denken geprägten ausdifferenzierten, individualisierten Gesellschaft
und dem damit oftmals schnelllebigen nur oberflächlichen Kennenlernen, erweist
sich die Möglichkeit einen Partner frei zu wählen als äußerst diffizil. Wir
sind gegenwärtig nicht nur, wie einst durch Vererbungs- und Hei-ratsnormen, bei
der Partnerwahl beeinflusst, sondern es stellt sich uns heute in stärkerem
Ausmaß die Aufgabe aus dem breiten Spektrum an Wahlmöglichkeiten bezüglich
potentieller Partner das für uns Passende auszuwählen, in unseren Lebensplan zu
integrieren und nicht bei den ersten Unstimmigkeiten das bzw. den auserwählten
Menschen nicht wieder ,,auszugeben“. Wir erhoffen uns durch, sich anhäufende
bildungs- und altershomogenere, Paarbeziehungen unkompliziertere
Partnerschaften, die sich allerdings in der Realität oftmals nicht umsetzen
lassen. Nicht ohne Grund existiert heute eine Vielzahl an Paaren mit ständig
wechselnden Partnern, eine seit den 1970er und 1980er Jahren explodierende
Scheidungsrate (vgl. ebd.: 338) – nach oft nur kurzer gemeinsamer Ehezeit – und
eine hohe Zahl an bewusst, ein Singledasein bevorzugenden, Alleinstehenden (vgl.
DSTATIS. 32). Die Partnerwahl hat sich zwar in vielerlei Hinsicht von
normativen Gesellschaftsregeln befreien können, doch stehen die Menschen in
heutiger Zeit vor der Problembewältigung eine tiefgründige, ihren individuellen
Ansprüchen, ihrer freien Wahl und ihren gestiegenen Ansprüchen an eine
Partnerschaft gerechte Paarbeziehung einzugehen (ob sich dies in Form von
heterosexueller oder homosexueller Monogamie, Polygamie, einer Fernbeziehung,
einem Singledasein oder einer völlig anderen Lebensweise ausdrückt, ist jedem
Einzelnen zur freien Wahl gestellt). Aufgrund, der an eine Beziehung
gestiegenen, Erwartungshaltung lässt sich diese allerdings auf Seiten beider
Partner häufig kaum noch erfüllen und die Menschen stehen häufig vor dem
Problem, dass ihnen kein Partner mehr wirklich genügt und sie vermag vollends
zufrieden zu stellen bzw. den eigenen hohen Ansprüchen zu genügen. Es lässt
sich abschließend feststellen, dass es somit als zukünftige Aufgabe der
Menschen erweist eine Paarbeziehung nicht nur kurzfristig in ihr Leben zu integrieren,
sondern in konträrer Weise durch eine kraftschenkende, harmonische und zugleich
sie selbst erfüllende und sinnstifenden Paarbeziehung ihr Alleinsein dauerhaft
zu überwinden.
Literaturverzeichnis:
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Internetquellen:
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[1] Der
Gedanke gründet sich auf dem Verständnis der ursprünglichen Einheit der
Geschlechter in der biblischen Geschichte, nach der Eva aus der Rippe Adams
geschaffen wurde, wenn auch patriarchalisch gesehen, die Frau somit dem Mann
untergeordnet war.
[2] In
Kritischer Theorie kommen Marxismus und Psychoanalyse zusammen; danach steckt
die Wurzel allen Übels im Kapitalismus, die den Menschen psychisch unfrei
macht, weil er wirtschaftlich unfrei ist. Somit ist es die angestrebte Aufgabe
der Menschen gewesen das System der Wirtschaft und der Politik zu überwinden,
um sich freier entfalten zu können.
[3] Zur
Verdeutlichung vgl. eine der wenigen sorgfältigen empirischen Untersuchungen zu
Kontakt- und Heiratsuntersuchungen von Ruth Berghaus aus dem Jahr 1985, die den
Personenkreis der Annoncierenden und deren Motive erforscht hat
[4] Sie
untersuchten in einer Langzeitstudie über 7 Monate hinweg 94 Paare, in bezug
auf die Entstehung homogener Wertevorstellungen innerhalb der Paarbeziehungen einerseits
und der Unterschiedlichkeit hinsichtlich der Bedürfnisse andererseits. Diese 94
Paare wurden in 2 Gruppen eingeteilt, von der die Erste zu Beginn der
Untersuchung bereits über 18 Monate zusammen war, die Paare der zweiten Gruppe
sich allerdings kürzer als 18 Monate kannten; beim Prozess der Partnerwahl
korrelierte in beiden Gruppen Homogamie in stärkerem Maße, als die
Unterschiedlichkeit der beiden Partner.
[5] Hypergamie bezeichnet eine Heiratsregel,
der zufolge Frauen nur in ranghöhere Gruppen heiraten dürfen. In modernen
Gesellschaften existiert eine systematische Differenz zwischen Mann und Frau in
Paarbeziehungen.
[6]
Stützt sich auf die Ergebnisse der Mikrozensus-Erhebung des Jahres 1989; somit
ist nur der durchschnittliche Mittelwert dargestellt und lässt keine
Rückschlüsse mehr auf vereinzelte Paare mit eventuell deutlich gravierenden
Altersabständen zu.
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