Erschienen in Ausgabe: No 88 (06/2013) | Letzte Änderung: 25.05.13 |
von Anna Zanco-Prestel
Pünktlich zu Wagners 200.
Geburtstag zeigt der Sender ARTE am 22.
Mai 2013 um 20.15 den mit dem SWR koproduzierten Dokumentarfilm vom Ralf Pleger
in einem neuen Format von Christian Betz aus der Reihe „Die Kulturakte“.
Der Film ist eine
kritische Hommage an die Modernität der „gnadenlosen Musik“ des Leipzigers,
der – hätte er in unserer Zeit gelebt
– im Filmsein ideales Medium gefunden
hätte.
In einem spannenden Mix
aus Comic-Animationen,in der Gegenwart
plazierten Spielfilmszenen und Interviews werden in knappen 90 Minuten Leben und Schaffen des
„ernsthaftesten aller Komponisten“ neu aufgerollt und für ein junges,
anspruchsvolles Publikum auf völlig innovativer Art erzählt.
Historische Tatsachen,
eine tiefenpsychologische Studie der schillernden Persönlichkeit des
musikalischen Genies mischen sich zu den Meinungen von Experten wie dem Pariser
Dirigenten Philippe Jordan, der 2012 „Parsifal“ zur Aufführung in Bayreuth
brachte, Urenkelin und Leiterin der Bayreuther Festspiele Katharina Wagner, den
Bestseller-Autoren Oliver Hilmes und Eva Rieger sowie Oxford-Professor Laurence
Dreyfus und vermitteln in atemberaubenden Sequenzen ein unkonventionelles Bild
des extravaganten und umstrittenen Protagonisten der Kulturwelt des XIX.
Jahrhunderts. Ein Kind einer Epoche, die sich nach Revolution und zugleich - im
Privaten - nach Opulenz und Luxus
sehnte, wird Wagner in all seiner morbiden Fragilität und Widersprüchlichkeit
beleuchtet. Ein Künstler durch und durch, der nach der Gunst der Mächtigen
trachtet und die freundschaftliche Zuneigung seiner Gönner – allen voran König
Ludwig II – schamlos missbraucht. Stets „obsessiv von Frauen abhängig“,
dekadent und fortschrittlich zugleich, ein Kosmopolit, der sich als Barde der
deutschen Nation berufen fühlt undgleichzeitig rastlos von Land zu Land zieht. Von einem „wüsten und
wilden„ Antisemitismus gequält, der ihn selbst fast zermürbt, und dennoch von
jüdischen Menschen umgeben, die seinem Talent huldigen und ihn großzügig
fördern.Dargestellt von Samuel Finzi,
der sich im Laufe des Filmszunehmend
als sein Alter Ego definiert, wird Wagner in einer Art symbiotischer Beziehung
mit seiner zweiten Frau, Liszts Tochter Cosima, fokussiert, die im Leben zur
geschickten, skrupellosen Managerin seiner Laufbahn aufsteigt, nach seinem Tode
zur hoch stilisierten Vestalin,zur
Hüterin seines Ruhmes wird. Mit all den Folgen, die das auch in politischer
Hinsicht – die fatale Verwicklungen des Mythos-Wagner mit der Pseudo-Ideologie
der Nazis – mit sich bringt. Die pikanten Dialoge sind Zitate aus Briefwechseln
und Tagebüchern der Protagonisten. Samuel Finzi alias Richard Wagner und Pegah
Ferydoni als „Femme Fatale“- Cosimarücken als „Teufelspaar“ in den Mittelpunkt einer Story im Styl des
Hollywoods der 50er Jahre voller szenischen Überraschungen und coups de théatre
, die sich an die „Crime-Science-Serien“ unserer Tage orientiert.
Crossmedial erzählt wird
die Story zusätzlich in einer App mit Animationen, Minigames animierten
Grafiken, Filmausschnitten, Texten und Musik für Tablets und Smartphones.
Ergänzend dazu erscheint
im Knesebeck Verlag eine Graphic Novel.
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