Erschienen in Ausgabe: No 94 (12/2013) | Letzte Änderung: 10.12.13 |
Festivalleiterin Diana Iljine über den Mut zu neuen Erzählformen ernsthafter Filmstudenten und ihr Umgang mit einer harten Realität beim Internationalen Festival der Filmhochschulen mit 46 Filmen aus 18 Ländern.
von Diana Iljine
Wie sieht für Sie ein erfolgreiches Festival
der Filmhochschulen aus?
Das Publikum kommt in Scharen, die Bude ist voll, die
Studenten feiern und schauen gegenseitig alle ihre Filme an – und am Ende der
Woche gibt es Preise für die besten Filme und alle freuen sich miteinander.
Was ist für Sie ein Highlight des
Internationalen Festivals der Filmhochschulen?
Es gibt unglaublich interessante neue Formen des Films. Wir
zeigen beispielsweise einen Film zur
Eröffnung „Noah“, der fast ausschließlich auf dem Computerbildschirm spielt –
und das ist sehr spannend. In einem ukrainischen Film geht es um einen uralten
Bus, der seit den fünfziger Jahren immer wieder repariert wird. Beim Film „Warrior“ dreht sich alles um einen
jungen Mann, der einen Drogenentzugbei
Schamanen durchgemacht hat und darüber vor der Kamera so packend berichtet,
dass man nicht wegsehen kann. Und das sind nur einige der Highlights.
Wie unterscheidet sich das Internationale
Festival der Filmhochschulen in München vonFestivals anderer Filmhochschulen?
Wir haben eine große Tradition, denn uns gibt es bereits
sehr lange. Es gibt viele berühmte Filmemacher, die beim Festival erstmals ihre
Filme präsentierten und danach sehr berühmt geworden sind. Ich nenne
stellvertretend Caroline Link,Lars von
Trier und Florian Henckel von Donnersmarck.
Von anderen Festivals unterscheidet uns z. B., dass unser Programmkomplett
moderiert wird von zwei tollen Moderatoren, die mit unheimlicher Freude, Humor
und Ernsthaftigkeit agieren. Das gefällt den Studenten sehr gut, besonders
reizt es sie jedoch, wenn sie im Anschluß die Möglichkeit haben, über die Filme
gemeinsam zu sprechen, diese zu besprechen.
Was ist das „Doppelte Auswahlverfahren“ des
Internationalen Festivals der Filmhochschulen?
Wir haben zunächst die Auswahl
der Filmhochschulen, die jeweils pro Schule nur 70 Minuten an Filmen. Dies ist
die erste Auswahl. Hier zeigt sich, wen die Hochschulen präsentieren wollen,
wer repräsentativ für die jeweilige Hochschule ist. Unter diesen vielen
Einsendungen wählt dann, in einem zweiten Schritt, eine Profijury aus
Filmjournalisten, Filmemachern und anderen Filmexperten die Filme aus, die wir
dann zum Festival präsentieren. Der Vorteil hierbei: Es handelt sich um eine
unabhängige Jury – und im Ergebnis haben wir eine Vielzahl toller Filme.
Wie begegnen Sie der neuen medialen Welt,
mit Gaming, Filmen, wie „Noah“, die schon
vor dem Festival im Internet zu sehen sind, kostenlosen Film-Downloads usw. in
der Ausrichtung des Internationalen Festivals der Filmhochschulen?
Ich beschäftige mich seit langem mit dem Thema Film, auch
als Einkäuferin. Die Exklusivität hat und wird immer eine große Rolle spielen.
Persönlich freue ich mich einfach über jeden Film der eine große
Zuschauerschaft erfährt. Wenn dieser inhaltlich und auch technisch gut und
anspruchsvoll ist, wenn wir fest von seiner Qualität überzeugt sind, ist es für
uns nicht so relevant, ob der Film schon im Netz gelaufen ist. Bei „Noah“
beispielsweise sind die Juroren von den qualitativen Aspekten so überzeugt
gewesen, dass wir diesen Film auch zeigen, selbst wenn er schon im Internet zu
sehen ist. Dagegen achten wir beim FILMFEST MÜNCHEN Ende Juni
selbstverständlich auf die Exklusivität. Hier sind wir streng, denn dann müssen
es mindestens Deutschlandpremieren sein, wenn nicht Europa- oder gar
Weltpremieren.
Es besteht die Tendenz immer mehr Filme im
Internet anzusehen. Wie begeistern Sie das Publikum, damit es vermehrt ins Kino
geht?
Das ist die große Diskussion unserer Zeit. Ich halte
natürlich die Kinofahne ganz hoch und freue mich immer, wenn viele Menschen ins
Kino kommen. Eine Besonderheit am Hochschulfestival ist es, dass Publikum und
Filmemacher gemeinsam Filme auf einer großen Leinwand sehen können. Mir geht es
– in erster Linie – um gut erzählte Geschichten und darum, dass die Studenten, und sie können das hervorragend, ihre Form für
eine Geschichte finden. So sehr mir als Festivalchefin daran gelegen ist, dass Filme
im Kino zu sehen sind, habe ich nichts dagegen, wenn der Film eine breite
Zuschauerschaft im Internet findet. Als Festivalchefin und leidenschaftliche
Cineastin bin ich aber nachhaltig daran interessiert, dass die Instanz Kino der
Dreh- und Angelpunkt bleibt.
Welche Verbindung besteht zwischen dem
Internationalen Festival der Filmhochschulen und dem Filmfest München?
Wir haben oft das Glück, dass Studierende und Filmschaffende
hier, beim Festival der Hochschulen, erstmalig ihre Filme zeigen. Zumeist
verlieben sie sich dann auch in München. Und um so mehr freut es uns, wenn sie
später mit ihren langen Filmen wieder zum ‚großen’ Filmfest zurückkommen. Zuerst also beim Studentenfestival und dann beim
Filmfest – schöner kann es für uns nicht sein. Das Festival der Filmhochschulen
bleibt ein Impulsgeber, ein ganz toller Hebel für das Filmfest München.
Wie steht es um die Finanzen der beiden
Festivals?
Derzeit gibt es positive Tendenzen bei unseren
Gesellschaftern, worüber ich mich sehr freue, das Festival gemeinsam in eine
Richtung zu bewegen, so dass wir uns finanziell auch mit anderen messen können.
Es gibt ja eine Vielzahl von internationalen Festivals, die über viel höhere
Budgets als wir verfügen –und ich
glaube, dafür machen wir einen ganz tollen Job. Aber es gibt durchaus
Bemühungen bei unseren Gesellschaftern und Aufsichtsräten, uns hier für die
Zukunft noch wettbewerbsfähiger aufzustellen.
Gibt es etwas,
was Sie uns bereits jetzt über das Filmfest München 2014 verraten?
Wir sind in Planung und werden es auch, wie jedes Jahr,
schaffen, einige Highlights zu präsentieren und ein tolles internationales
Programm zusammenzustellen. Was den deutschen Film angeht, gelten wir als „hub
of German film“ und viele Filme wie „Oh Boy“ zum Beispiel finden vom Filmfest
Münchenaus ihren Weg in die Welt, in die Kinos
und auf die Festivals.
Welche war Ihre erste Begegnung mit dem
Filmfest München?
Ich habe als Studentin auf dem Filmfest München gejobbt und
Karten an der Vorverkaufsstelle verkauft. Dann bin ich Stück für Stück
aufgestiegen und habe in der Zeit viele Stars betreut. 1992 hatte ich das
Glück, Audrey Hepburn kennenzulernen, insgesamt waren das wundervolle
Erlebnisse, die mich früh an das Filmfest München gebunden haben. Um so mehrgenieße ich es jetzt, dass ich nach vielen Jahren zum
Filmfest wiederals Leiterin zurückgekehrt bin.
Herzlichen Dank für das Gespräch, das Sophie Adell und
Dr. Dr. Stefan Groß führten.
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