Erschienen in Ausgabe: No 96 (02/2014) | Letzte Änderung: 24.01.14 |
von kein Autor
„Joachim, das hast du gut gemacht“
von Manfred Lütz
Kardinal Meisner ist mein Ortsbischof. Fast könnte man von ihm sagen, was
Schiller über Wallenstein schrieb: „Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt,
schwankt sein Charakterbild in der Geschichte.“ Als er aus Berlin kam, war er
vom Kölner Domkapitel zunächst nicht gewollt und auch er, so sagte er gleich
ganz freimütig, hatte sich keineswegs nach Köln gedrängt. Es war die
prophetische Tat Papst Johannes Pauls II., der im Jahr 1988 entschied, einen
deutschen Bischof aus dem Osten der Geschichte voraus in den deutschen Westen
zu entsenden, einen Mann aus einer bedrängten Kirche in ein wohl situiertes
Bistum.
Die ratlose Medienöffentlichkeit zögerte nur kurz, ob er nun in die
konservative oder progressive Schublade gehöre. Konservativ, das meldete man
schon bald, sei der Neue, sozusagen ein erzkonservativer Erzbischof. Doch
irgendwie passten diese Schablonen dann eigentlich doch nicht. Gleich zu Anfang
schreckte er den konservativen kirchlichen Apparat mit der lockeren Bemerkung,
er habe den Eindruck, die Karosserie sei zu groß für den Motor, man müsse auf
kirchliche Macht verzichten. Wer mit einem „Verbot“ von Ministrantinnen
gerechnet hatte, das damals in der Luft lag, hörte von ihm, er habe mit Mädchen
als Gottesdiensthelferinnen kein Problem.
Bei der Debatte über den so genannten Hirntod vertrat er eine kritische
Position, so dass sich die Grünen im Bundestag auf ihn beriefen, die CDU
andererseits stöhnte immer wieder auf, wenn er den Christdemokraten mal wieder
erklärte, dass CDU-Parteitage nicht beschließen könnten, was christlich sei,
und wenn er vorschlug, das C aus dem Parteinamen zu streichen. Als in der
leidigen Beratungsscheindebatte alle damit rechneten, dass der angebliche
„Hardliner“ Meisner in Köln den Ausstieg aus dem staatlichen Beratungssystem
dekretieren würde, war er schließlich der einzige deutsche Diözesanbischof, der
trotz eigener schwerer Bedenken um des Friedens im Bistum willen fünf Jahre
lang weiter im System blieb – Erzbischof Dyba auf der einen Seite und alle
anderen Bischöfe auf der anderen Seite hatten ihre Diözesen einfach angewiesen,
sich so zu verhalten, wie sie selbst das sahen. Auch ganz am Schluss war es
Meisner, der unerwartet in der heiklen „Pille danach“-Angelegenheit eine Lösung
erreichte, die der gesamten Bischofskonferenz einen verhängnisvollen
Dauerstreit mit verheerender öffentlicher Wirkung ersparte.
Wie viele andere Bischöfe auch, war Kardinal Meisner immer wieder heftigen
Angriffen ausgesetzt, doch er hielt stand. Das lag sicher auch an Mitarbeitern,
die trotz mitunter anderen Auffassungen loyal blieben. Einen Rheinländer hatte
das Domkapitel gewollt, einen Schlesier hatte es bekommen, und mit dem – viel herberen
– schlesischen Humor mussten manche Rheinländer sich erst noch anfreunden.
Wer weiß, wie später einmal die Geschichte über Kardinal Meisner urteilen wird.
Sicher ist jedenfalls, dass dieser Erzbischof von Köln die katholische Kirche
in Deutschland während der zweiten Jahrtausendwende geprägt hat wie wenige
andere. Dazu trug bei, dass er mit den beiden Päpsten, unter denen er
Erzbischof von Köln war, persönlich befreundet war. Ohne diese Freundschaft
wäre der Weltjugendtag von Papst Johannes Paul II. sicher 2005 nicht nach Köln
einberufen worden und Benedikt XVI. hätte nicht diesen fulminanten Einstand in
seinem neuen Amt gehabt. Auch der nationale Eucharistische Kongress wäre ohne
Kardinal Meisner nicht nach Köln gekommen.
Gewiss hat Kardinal Meisner unter den zum Teil völlig absurden Klischees
gelitten, die über ihn in Umlauf gebracht wurden. Doch wie manches Schlechte
hatte auch das sein Gutes. Immer wieder passierte es ihm, dass Menschen, die
ihn persönlich kennenlernten, anschießend sagten: Der ist ja viel netter als
ich gedacht hatte. Vor allem aber ist Kardinal Meisner ein frommer Mann, der
der Volksfrömmigkeit immer verbunden blieb. Die Geschichten von „Tante Anna“,
einer selbstbewussten tapferen Katholikin voller Mutterwitz, erzählte er immer
wieder mit so viel Zuneigung, dass er am Ende seines Wirkens nicht so sehr von
Schillers Frage umgetrieben wird, was der Parteien Gunst und Hass dermal einst
für ein Bild von ihm zeichnen werden, viel wichtiger wird ihm wohl sein, wenn
Tante Anna ihm da oben eines Tages sagen wird: Joachim, das hast du gut
gemacht!
Der Unbequeme
von Bernhard Müller
Wenn Kardinal Joachim Meisner eine Altarweihe vornimmt, so verraten Küster
und andere Kirchendiener, muss hinterher sein Messgewand in die Reinigung, um
die Ölflecken zu entfernen. Mit derselben gläubigen Leidenschaft, mit der er
mit heiligem Öl umzugehen pflegt, steht er mit seinem Wort und seiner Tat im
Dienst seines Herrn. Flecken, die dabei die Fassade abbekommt, stören den
kantigen aber gradlinigen Schlesier auf dem Bischofsstuhl in Köln wenig. Der
94. Nachfolger des heiligen Maternus war stets ein Baustein, den die
kirchlichen Bauleute nur all zu oft verwarfen, weil sich viele an ihm stießen.
Aber er ist freilich längst zu einem Eckstein der katholischen Kirche in
Deutschland geworden. Jetzt nimmt der streitbarste deutsche Oberhirte ungewohnt
leise Abschied von allen Führungsfunktionen in der deutschen Kirche.
Joachim Meisner, geboren am 25. Dezember, dem Hochfest der Geburt Christi, in
dem der Grund gelegt ist für alle Hoffnung in dieser Welt, lebt von dieser
unerschütterlichen und zugleich auch „verrückten“ Hoffnung, die vom
Weihnachtswunder ausgeht. Daraus schöpft er seine Kraft und seinen Mut. Dabei
begann sein Leben in scheinbar hoffnungsloser Zeit vor achtzig Jahren während
der Nazi-Diktatur. In frühen Jahren schon musste er Krieg, Verlust der Heimat
und das Einleben-Müssen in eine fremde Welt erfahren. Sein Gottvertrauen trug
ihn und ließ ihn hoffen gegen jede Hoffnungslosigkeit, glauben gegen allen ihn
umgebenden staatlich verordneten Unglauben in der atheistischen Diktatur der
damaligen DDR. Er lernte früh das Kämpfen und den Mut, sich gegen den Zeitgeist
zu stellen. Das Christentum sei in erster Linie „keine Institution, sondern
eine Expedition“, hatte Meisner einmal gesagt. Eine sitzende Kirche sei im
Neuen Testament nicht vorgesehen. Und so stellte er sich entschlossen gegen die
Machthaber und ihre Mitläufer, die sich der Lüge unterwarfen. Er kämpfte sich
gegen viele Widerstände den Weg zum Priestertum frei und wurde 1975 Weihbischof
in Erfurt und fünf Jahre später Bischof in Ostberlin. Damals lernte er, ohne
Anbiederung und falsche Kompromisse, seinen Gläubigen vorzuleben, sich in einer
in sich selbst verstrickten Welt, alle Hoffnung auf das Heil in Christus zu
richten.
Johannes Paul II. holte den Mann aus dem Osten in den Westen Deutschlands.
Dabei war Meisners Anfang in Köln alles andere als leicht. Schon bevor er das
Spielfeld überhaupt betrat, zeigten ihm reformfreudige Katholiken, die zwischen
Kirchenfrust und Kirchenutopien hin- und hergerissen waren, die „Rote Karte“.
Doch Meisner ließ sich davon nicht einschüchtern, ihm war klar, dass die, die
ihn des Feldes verweisen wollten, „gar nicht im Besitz einer kirchlichen
Schiedsrichter-Lizenz“ waren.
Die Kölner erlebten Meisner aber bald als echten Hirten, den vor allem Demut
und Furchtlosigkeit auszeichnen. Heute ist er auch das moralische und ethische
Rückgrat der deutschen Bischofskonferenz. Nach dem Tod des Fuldaer Erzbischofs
Johannes Dyba entdeckte die Öffentlichkeit in ihm mehr und mehr den
katholischen Buhmann. Eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben ist, weil er
keine Anbiederungen und keine falschen Kompromisse mit einer Welt eingeht, die
„unter die Räuber gefallen“ ist. Meisner ist häufig ein Unbequemer, ein
Querdenker, ein Ruhestörer. All das, was vermeintlich Fortschrittliche und
Linkskatholische in ihren Protestsongs so preisen, aber in der Person von
Joachim Meisner dann doch immer auch vehement bekämpfen. Seitdem der Mensch die
Welt gegen Gott eingetauscht habe, sei sie hoffnungslos überfordert und damit
tödlich in ihrem Bestand bedroht, attestiert Meisner einer Gesellschaft, die
glaubt, alles im Griff zu haben. Und da spart er auch nicht mit Kritik an der
eigenen Kirche, die er in ihrer derzeitigen Verfassung in Deutschland für einen
„müden Haufen“ hält. Dagegen hat er immer ein katholisches Selbstbewusstsein
vorgelebt, ohne Arroganz. Er beklagte mehr als einmal lautstark einen
„katholischen Minderwertigkeitskomplex“, in dem die Katholiken von sich selber
sagen, „wir sind die letzten Mohikaner, die letzte Nachhut des Mittelalters“.
Genau das Gegenteil, davon ist Meisner überzeugt, ist der Fall: „Wir sind die
erste Vorhut der Zukunft, von der die meisten Zeitgenossen keine Ahnung haben“.
Deutschlands Kirche wird nach dem Abschied von Kardinal Meisner noch
führungsschwächer werden. Auch wenn manches starke Wort des Kardinals unter
Druck seiner Berater und seiner Mitbrüder wieder zurückgenommen wurde, auch
wenn längst nicht auf jede seiner Ankündigungen die notwendige Umsetzung
folgte, stellt sich mir doch die bange Frage: Welcher Bischof wird sich noch
öffentlich anlegen mit Spitzenpolitikern und künftig lautstark das „C“ von
Angela Merkel und ihrer Partei verlangen, welcher Oberhirte wird Prominente zur
Beichte auffordern oder es wagen, auch wenn ihm manische Kritik
entgegenschlägt, nicht zurückzuweichen vor einer verlogenen
„Lebenswirklichkeit“, der selbst viele Mitbrüder Rechnung tragen wollen.
Ein oft als „geistiger Brandstifter“ verunglimpfter Bischof geht. Doch wer wird
künftig „Feuer auf die Erde“ werfen, wozu Jesus seine Jünger ja auch irgendwie
aufgerufen hat? Die deutsche Bischofskonferenz ohne Meisner droht ein Abbild
der alten FDP-Führung zu werden, die eben gerade im letzten Herbst so fulminant
abgewählt wurde.
Ein Typ wie er wird fehlen
von Markus Reder
Noch ist Kardinal Meisner im Amt. Doch das Ringen um seine Nachfolge hat
längst begonnen. Das zeigt deutlich: Die Neubesetzung des Bischofssitzes von
Köln ist 2014 und weit darüber hinaus die wichtigste Personalie im katholischen
Deutschland. Wenn Meisner geht, bleibt eine Lücke, die sich nicht schließen
lässt. Das Ende seiner Amtszeit bedeutet eine tiefe Zäsur für die katholische
Kirche in Deutschland. Denn Meisner ist nicht ersetzbar. Natürlich folgt auf
jeden Bischof ein neuer. Um die apostolische Sukzession muss sich auch im
säkularisierten Mutterland des Protestantismus niemand sorgen.
(Erz)-Bischofskandidaten und solche, die sich dafür halten, gibt es ohnehin
bald mehr als Kapläne. Und der sich vollziehende Generationswechsel im
deutschen Episkopat betrifft ja keineswegs nur Köln. Doch ein Typ wie Meisner
wird fehlen. Sein Abgang wird den deutschen Episkopat nachhaltig verändern.
Meisner machte den Mund auf, ob gelegen oder ungelegen. Das machte ihn
unbequem, das machte ihn unbeliebt, das macht ihn unersetzbar. Sein in der
SED-Diktatur gestähltes Charisma bestand darin, sich eben nicht anzupassen.
Egal welche Nachteile man dafür in Kauf nehmen muss. Meisner ist Priester durch
und durch. Er ist kein Funktionärstyp, kein Kirchenmanager, kein windiger
Politiker des Katholischen. Medienangst statt Gottesfurcht? Nicht bei Meisner!
In Zeiten, in denen die Medien sich anschicken, darüber zu bestimmen, wer in Deutschland
Bischof sein und bleiben kann, wird Meisners Mut zum offenen Widerspruch
besonders fehlen. Gerade auch in der Bischofskonferenz.
Wenn der Kölner Kardinal in Sitzungen der Bischöfe das Wort ergriff, hat das
die einen mächtig auf die Palme bringen können, weil da einer war, der für
faule Kompromisse und deutsche Sonderwege einfach nicht zu haben war. Aber es
gab auch die, die dankbar aufschauten, weil Meisner den Mut hatte, aufzustehen
und laut zu sagen, was sie selbst so oder zumindest so ähnlich dachten. Das
wird fehlen. Das ist nicht zu ersetzen. Diese Rolle ist nicht durch Weihe
übertragbar.
Meisners Widerspruch war kein Widerspruch um des Widerspruchs willen. Niemand
macht es sich gerne unbequem, wenn es auch bequem und ohne öffentliche Prügel geht.
Aber der Kölner Kardinal hatte stets einen klaren Maßstab, der war ihm heilig,
da gab es keine Kompromisse: der unverkürzte Glaube der katholischen Kirche. Wo
er den in Gefahr oder entstellt sah, konnte man seine ganze Leidenschaft
spüren. Dabei geht es Meisner nicht um „kalte Doktrin“, wie man ihm immer
wieder vorwirft, sondern um eine lebendige Christusbeziehung.
Ohne Gott wird kein Mensch wirklich glücklich. Ohne Gott geht eine Gesellschaft
vor die Hunde: Davon ist Meisner zutiefst überzeugt. Für den scheidenden Kölner
Erzbischof ist das keine Theorie, sondern Glaubens- und Lebenserfahrung. Eine
Kirche, der es ernst ist mit Gott und dem Menschen, darf sich nicht anpassen.
Sie muss Zeichen des Widerspruchs bleiben. Unbeugsam und unbequem. Dafür braucht
es Persönlichkeiten wie Meisner. Solche Charaktere sind unersetzbar. Wenn sie
abtreten, hinterlassen sie Lücken, die bleiben.
Der Klartextsprecher
von Guido Horst
Ihr habt mich nicht gewollt – und ich habe euch nicht gewollt. Das ist schon
einmal eine Gemeinsamkeit, auf der man aufbauen kann.“ O-Ton Kardinal Joachim
Meisner, irgendwann in den Tagen des Jahreswechsel von 1988 auf 1989, der
gebürtige Schlesier und bisherige Bischof von Berlin war nach Köln an den Rhein
gekommen und trat vor die Journalisten. Johannes Paul II. hatte ihn unbedingt
auf dem erzbischöflichen Stuhl der Domstadt gewollt. Koste es, was es wolle,
sogar die Wahlordnung des Kölner Domkapitels hatte der Papst dafür geändert. Es
gab damals böse Stimmen, der Pole Karol Wojtyla hätte Meisner nach Köln
geschickt, damit er einen Bischof für die ehemalige Reichshauptstadt Berlin
ernennen kann, dessen Name polnisch klingt (Sterzinsky). Alles Unsinn. Aber das
Tauziehen war damals gewaltig – und es gab noch ein böses Nachspiel, die so
genannte „Kölner Erklärung“, mit der selbst gemäßigte Theologen damals ihren
Zorn über Rom in Papierform brachten. Aber er war da, damals 55 Jahre jung, und
prägt seither ein Vierteljahrhundert das Kölner Kirchenleben. Aber nicht nur.
Der Kardinal, der aus dem Osten kam, wurde zum Pfund im deutschen Episkopat.
Und auch zu einem Pfund in Rom. Zu einem der Klartext sprechen konnte, auch in
das Gesicht der Päpste. Und wie man in Vatikannähe munkelt, hat er auch schon
Franziskus deutlich seine Meinung gesagt.
Wenn man dem Kölner Kardinal einen Besuch abstattete, empfing er oft in der
Privatresidenz. Gänse watschelten durch den Garten und es gab Kaffee und
Gebäck. Es waren die Jahre der Lehmann-Kirche – und Meisner war der Gegenpol.
Die Geschichten sind bekannt und müssen nicht mehr aufgewärmt werden – der
Konflikt über den Beratungsschein, „den man auch in einen Bach werfen kann“,
ist nur eine davon. Irgendwann wird man diesen Jahren nachtrauern, wenn es im
Kreise der Bischofskonferenz etwas grauer, glatter, geölter zugehen wird – vor
allem bei den Medien will ja niemand mehr richtig anecken. Das konnte der
Kölner Kardinal. Ein Angsthase und weichgespülter Kirchenmann war er sicher
nicht. Vor allem war er einer, der ganz öffentlich und immer wieder die
Gottesfrage stellte. Dass der Schöpfer und Herr der Geschichte auch zwischen
Spree und Rhein der Eckstein ist, an dem sich das Menschenwerk zu messen hat,
war (und ist) Meisners Dauerbotschaft, vielfältig heruntergebrochen und immer
wieder durchdekliniert. Im klassischen Sinn ein Mann Gottes. Auch das soll es
unter deutschen Bischöfen geben.
Wer viel erwartet, viel erhofft, wird auch manchmal enttäuscht. Und dann wurde
Kardinal Meisner traurig. Einmal haben wir ihm nach Köln ein schön gerahmtes
Foto mitgebracht, das den weinenden Johannes Paul II. zeigt. Meisner hatte
darum gebeten. Der Schlesier in ihm hat einen weichen Kern – bei allem Feuer,
das im Herz des Bischofs und Gott geweihten Hirten brennt. Der Bischof hat
voranzugehen und die Furchen zu ziehen, das war seine Devise. Dafür braucht man
dieses Feuer, das der Glaube entzündet. Aber niemand soll glauben, der Kardinal
sei im Inneren ein harter Klotz. Das ist er sicher nicht.
Ob der fromme Breslauer so richtig zu den Kölnern passte, die mit ihrem ganz
eigenen Humor und einer gewissen kölsch-katholischen Wurstigkeit auch mal alle
Fünfe gerade sein lassen können, ist heute keine Frage mehr. Meisner hat Papst
Benedikt an den Rhein gebracht und mit dem Eucharistischen Kongress im
vergangenen Jahr einen Volltreffer gelandet, der auch viele seiner Mitbrüder
beeindruckt hat. Meisner ist zu einem Markenzeichen der Domstadt geworden –
genauso wie er ist und was er im genetischen Gepäck mit an den Rhein gebracht
hat. Umgekehrt ist ihm Köln ans Herz gewachsen – er wird dort wohnen bleiben.
Als frommer und nicht von Eitelkeiten oder irgendwelchem Dünkel getriebener
Mann ist er schon dabei, „loszulassen“. Denn das Feuer im Herz ist ihm
geblieben, was braucht es da noch Pomp und Ehren. Nicht die Medien, nicht die
Honoratioren, nicht die hohen Kirchenfunktionäre – Meisner hat nur einen, dem
er folgen möchte: seinem Herrn, dem Kind in der Krippe, dem Messias am Kreuz,
dem Auferstandenen der Osternacht. Wie schön ist es zu glauben. Und wie schön
ist es, einen Kardinal zu haben, der genau das zum Ausdruck bringt.
(c): Vermerk: Vatican-magazin, 1. 14
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