Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 10.02.14 |
von Tina-Louise Eissa
Seit
Platon wissen wir von der Anwesenheit des Bestialischen und der
Abwesenheit des Rationalen im Menschen, wenn sich Menschen Tieren
gegenüber auf grausame Weise verhalten, und wir kennen die Gründe, warum
die Beziehungen zwischen Menschen und Tieren freundschaftlicher und
nicht grausamer Art sein sollten. Seit Platon wissen wir, dass Menschen
nur dann glücklich sein können, wenn sie ihre rationalen Fähigkeiten
ausbauen und wenn sie die besonderen Fähigkeiten der einzelnen Tierarten
zum Ziel ihres gemeinsamen Wohlergehens entdeckten. Seit Platon wissen
wir auch, dass die Jagd – als unfairer Kampf – negative
Auswirkungen auf die Herausbildung des Charakters hat, so dass die Jagd
keine Unterhaltung für gelangweilte Vertreter der (politischen) Elite
sein sollte, weil die Art und Weise, wie man sich
Tieren gegenüber verhält, zeigt, wer man selbst ist, und weil sie zeigt,
wie unwürdig man sich verhält, wenn man Tiere – wie Elefanten – auf
unwürdige Weise erlegt.
Seit Seneca wissen wir, dass der Zweck der Tiere nicht darin besteht, vom Menschen gejagt, gegessen oder auf andere Art benutzt zu werden, weil Tiere auf ihre jeweils eigene natürliche Art gut und vollkommen sind.
Seit Rousseau wissen wir, dass höher
entwickelte Tiere in unmittelbarer Nachbarschaft zum Menschen leben,
dass Tiere einen Widerwillen bei der Konfrontation mit eigenem Leid und
dem von Artgenossen zeigen, und dass die Sonderstellung des Menschen eine
Verpflichtung zur angemessenen Behandlung, zur Rücksichtnahme und zum
Schutz von anderen empfindungsfähigen und verletzbaren Wesen enthält.
Seit Kant
wissen wir, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Tier ist, das seine
Würde und seine Moralität verletzt, wenn er sich anderen Wesen gegenüber
grausam verhält.
Seit
Schopenhauer wissen wir, dass Tiere aufgrund ihrer Leidensfähigkeit
gleichberechtigt neben dem Menschen in den Kreis der moralisch
berücksichtigungswürdigen Wesen eingeschlossen werden sollten, weil der
Mensch verpflichtet ist, niemandem Leiden zuzufügen oder ihn
seinem Leiden zu überlassen, und weil sich Menschen dauerhaft eine
Haltung aneignen sollten, die sie vor der Zufügung von gewusstem,
antizipiertem und fremdem Leid zurückschrecken lässt und die die
Bereitschaft fördert, es zu lindern und vorgreifend zu verhindern. Und
wir wissen seit Schopenhauer, dass insbesondere Elefanten über eine
rudimentäre Fähigkeit zur Reflexion und über Sprachverständnis verfügen.
Seit
Darwin wissen wir, dass Tiere fähig sind zu denken, sich zu erinnern,
dass sie neugierig und aufmerksam sind, dass sie kommunizieren,
abstrahieren und sich einsichtig verhalten, dass sie Selbstbewusstsein
haben, Werkzeuge gebrauchen, und dass sie Freude, Schmerz, Glück und
Elend empfinden. Wir wissen, dass sie sich graduell und nicht
prinzipiell vom Menschen unterscheiden, und dass Menschen, die sich
nicht gemäß ihrer sozialen
Tugenden verhalten, nichts als unnatürliche Monster sind, weil sich der
moralische Sinn des Menschen – als Maßstab für Recht und Unrecht – nur
in Verbindung mit dem Einhalten ethischer Prinzipien erfüllt.
Und seit Singer wissen wir, dass unsere gegenwärtigen Einstellungen gegenüber Tieren von
Ignoranz und Vorurteilen geprägt sind – so wie auch das Jagen und
Erlegen von Elefanten –, die ebenso wie negative Vergleiche gegenüber
Rasse oder Geschlecht abzulehnen sind, weil bestimmte Tiere – wie etwa
Elefanten – Personen sind, deren Leben derselbe Wert, derselbe
Tötungsschutz und auch derselbe Schutzanspruch wie dem Leben
menschlicher Personen auch zukommen sollte.
Und,
ist nicht unser Wissen unser Kapital, unser Humankapital? Sind nicht
unser Verstand, unsere Vernunft, unser Geist, unsere Fähigkeit zum
Denken, unsere Erkenntnisfähigkeit, unser Verantwortungsgefühl, unsere
Sittlichkeit und unsere Moralität das, was uns Menschen als Menschen
auszeichnet? Und, hatte Hobbes etwa Recht, als er sagte, der Mensch ist
grausam, schlecht und ungerecht? Nein, hier geht es nicht um angemessene
Arten der Freizeitgestaltung oder um das Einhalten von gegebenem Recht
und Gesetz des Zentralabteilungsleiters des Thüringer Ministeriums für
Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz, der sich so einfach über das
Washingtoner Artenschutzabkommen hinwegsetzte, für den sich die
Anstrengungen der Buschjagd bei 37 Grad Celsius und hoher Luftfeuchte
lohnten, hier geht es auch nicht um jemanden, der aufgrund seines Amtes
eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft einnehmen sollte, und auch
geht es nicht darum, darüber zu urteilen, wie ein Politiker sein Land in
der nationalen und internationalen Öffentlichkeit repräsentiert, nein,
hier geht es ganz allgemein um das Dilemma, das aus der Unstimmigkeit
dessen resultiert, was der Mensch glaubt, wer er ist, was er glaubt, wer
er gern wäre und wer oder – vielleicht auch was – er demgegenüber tatsächlich ist.
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