Erschienen in Ausgabe: No 97 (03/2014) | Letzte Änderung: 05.03.14 |
von Nathan Warszawski
Viel wird in den letzten Tagen über die Ukraine gesprochen.
Was getan werden muss und was nicht getan werden dürfe. Über die Zukunft der
Ukraine herrscht Ungewissheit, die Ungewissheit des Nicht-Wissen-Wollens. Eine
Aufteilung der Ukraine würde das Selbstverständnis der EU zerrütten, dann schon
lieber ein Krieg, an dem die EU als Zuschauer und Schiedsrichter fungiert. Kurz
vor den Wahl zum EU-Parlament dürfen die Völker und Wähler Europas nicht
erkennen, wie unfähig ihre Regierenden sind!
Zu einem Krieg benötigt man zwei Parteien. Da die Ukraine
über keine Armee verfügt, die den Namen verdient, und die NATO sich nicht
militärisch im Ukraine-Konflikt einmischen wird, wird es trotz russischem
Einmarsch zu keinem Krieg kommen. Das Schweigen der europäischen und
insbesondere der deutschen Kämpfer für Frieden, Gerechtigkeit und präferenzlose
Liebe spiegelt das Verhalten der „verantwortlichen“ Politiker wider.
Eigentlich liegen alle Voraussetzungen für einen Krieg vor.
Die Ukraine ist ein künstlicher Staat, der wie Weißrussland immer Teil
Russlands oder anderer Imperien gewesen ist. 1954 wurde die Halbinsel Krim der
Ukraine von einem mächtigem ukrainischen Staatsmann geschenkt, der
alkoholischen Exzessen nicht abgeneigt war. Nach dem Zerfall der Sowjetunion
entstand die Ukraine als Staat plötzlich aus dem Nichts. Auf ihrem Territorium
standen sowjetische Atomwaffen. Diese wurden freiwillig entschärft. Dafür
erhielt die Ukraine 1994 feierlich von Russland, den USA und Großbritannien das
Versprechen, dass ihre Grenzen respektiert werden würden. Irgendwie wurde
vergessen festzulegen, was passieren würde, wenn das Versprechen gebrochen
werden würde. Ohne Atomwaffen ist ein solches Versprechen leider wertlos. Der
Besitz von Atomwaffen garantiert, dass ein Land nicht von einer Großmacht
angegriffen wird. Somit ist die Ukraine selber schuld an ihrem desolaten
Zustand.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion ergriffen die Staaten
Osteuropas die einmalige Gelegenheit, sich von Russland loszusagen und sich der
EU hinzuwenden. Sie wollten Freiheit, Wohlstand und Kapitalismus für ihre
Völker. Letzteres heißt auf Deutsch „Soziale Marktwirtschaft“. Russland war
schwach und hatte dem nichts entgegen zu setzen. So verlor Russland seinen
Sicherheitsgürtel, nämlich alle seine osteuropäischen Vasallen, und zusätzlich
die drei Baltischen Staaten, die Sowjetrepubliken waren. Die Baltischen Länder
wurden nicht nur Mitglieder der EU, sondern auch der NATO. Russland hatte
seinen „cordon sanitaire“ verloren und dafür einen militärisch starken Feind
vor seiner Haustür bekommen. Um nicht auch die letzten drei Sowjetrepubliken an
den Westen zu verlieren, hat Russland in Weißrussland, in der Ukraine und im
unbedeutenden Moldawien Diktatoren etabliert, die aus Eigeninteresse dafür gesorgt
haben, die Demokratie ihren Völkern vorzuenthalten.
Die Satrapen Russlands in der Ukraine waren ihrer Aufgabe
nicht gewachsen. Sie wurden vom eigenen Volk gestürzt und von Russland
kritischen bis feindlichen Politikern ersetzt. Wladimir Putin, der Herrscher
Russland, musste schnell handeln, um nicht seinen Posten zu verlieren.
Den Verlust der Ukraine können sich Russland und Putin nicht leisten. Die
Völker Russland würden ebenfalls nach Freiheit und Reichtum verlangen. Der
Verlust der Ukraine, das Herz Russlands, wäre das Ende des Russischen Reiches,
welche in viele einzelne Fürstentümer auseinander gebrochen sich fortdauernd
bekämpfen würden.
Putin such nun nach legalistischen Gründen, um in die
Ukraine einzufallen. Es fällt ihm nicht schwer, Argumente zu finden, die nicht
alle der Wahrheit entsprechen müssen:
Die Krim und die ganze Ukraine sind russisch. Die frei und
demokratisch gewählte Bruder-Regierung in der Ukraine wurde von einigen wenigen
Tausend Demonstranten auf dem Marktplatz zu Kiew, dem Maidan, unrechtmäßig
gestürzt. Sobald die Ukrainer sich unabhängig von Moskau wähnen, verbünden sie
sich mit Russen-Hasser. Die russische Schwarzmeerflotte, die zwar schrottreif
und somit überflüssig ist, hat ihren Hafen auf der Krim.
Putin weiß, dass weder die USA, noch die EU der Ukraine
militärischen Beistand leisten werden. Der Beistandspakt, den die USA und
Großbritannien 1994 unterschrieben haben, ist längst vergessen. Obama ist
schwach. Afghanistan, Irak und Syrien haben seinen militärischen Elan
gebrochen. Die US-Amerikaner sind nicht fähig und nicht willens, ihren
militärischen Verpflichtungen im Ausland nachzukommen.
Die EU verfügt nicht einmal über ein gemeinsames Heer. Die
Völker der NATO lieben ihren Frieden über alles, mehr als den Freiheitsdrang
der Ukrainer.
Der Westen ist im Stande, Russland wirtschaftlich zu
schaden. Die Börse diktiert das Geschehen. Denn ein Boykott ist ein
zweischneidiges Schwert, da der Westen auf Energie aus Russland angewiesen ist.
Außerdem braucht der Westen die Hilfe Russlands, um mehrere gravierende
politische Probleme im Nahen Osten, die dem Westen schaden, aus der Welt zu
schaffen.
Putin wäre nicht Putin, wenn er nicht die Gelegenheit
ausnützen würde, sich die Krim zurück zu Mütterchen Russland zu holen. Sicherlich
wird er auch die russische Stadt Odessa auf Ukrainischem Territorium befreien
wollen. Zweifelhaft bleibt, ob es sich den industrialisierten Osten
einverleiben will, der stark von russischer Energie abhängig ist. Die
Energieabhängigkeit von Russland und die vielen Russen, die dort leben,
sprechen eher für ein Verbleib in der Ukraine, um das Land gefügig zu halten.
Die Ukrainer träumen nicht nur von Freiheit, von einem Land
ohne Korruption und Oligarchen, sondern auch von westlichen Werten, die ihnen
die EU vorgaukelt. Der Westen wird die Ukraine kaum unterstützen, weil er dafür
nicht über ausreichend finanzielle und ideelle Mittel verfügt. Die USA sind wie
die meisten EU-Staaten tief verschuldet. Deutschland, welches noch über
überflüssiges Geld verfügt, benötigt die Mittel, um fragwürdige politische
Großprojekte zu finanzieren.
Die Maidan-Revolution ist nicht die einzige Revolution, die
gescheitert ist. Die Ukraine wird zerfallen. An besten wird es den Ukrainern
gehen, die Polen zugeschlagen werden – falls Polen es will. Unzählige
Flüchtlinge aus der Ukraine werden die EU-Staaten überschwemmen. Das
Bordell-Zentrum Europas wird aus der Katastrophe gestärkt hervortreten.
Wenn die Lage sich beruhigt haben wird, werden die
Pazifisten ihr Schweigegelübde aufheben.
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