Erschienen in Ausgabe: No 103 (09/2014) | Letzte Änderung: 03.09.14 |
von Jan Löw
Ist David Bowie
museumsreif? Mit »Where Are We Now? « gab er an seinem 66. Geburtstag selbst die Antwort. Zum
ersten Mal in seiner Karriere schaut der musikalische Verwandlungskünstler in
leicht melancholischen Ton zurück nach Berlin. In die Schöneberger Hauptstrasse
155, wo er in den Siebzigern Tür an Tür mit Freund Iggy Pop sein Hauptquartier
aufschlug. Konsumrausch in Inspiration einer neuen Stadt aufzulösend.
Dazwischen verschwommene Bilder auf seinen Wegen zu den Hansastudios. Vor deren
Fenstern sich im Angesicht der Grenzsoldaten einst ein Paar küsste. Verewigt
als »Heroes«.
Tony Ourslers
Film nun im originalen Filmset zu sehen ist sicher ein Highlight der
Ausstellung. Eine Sitzbank aus dem legendären »Dschungel« in einer Ecke, wie
sich die Ausstellung auch sonst als dunkler Szeneclub gibt. Nur hängen hier
echte Heckels an den Wänden! Bei seinen Besuchen im Brücke Museum formte ihr
Eindruck Bowies Ausdruck als Maler und Zeichner.
Suche nach
Ergänzungen seines Selbst treibt ihn an.
Ruhm kam in
Verkleidung des Ziggy Stardust. Sternenglitzernde Rettung aus dem All, als
England einen Winter mit Bergarbeiterstreiks, Stromausfällen und drei Tage
Arbeitswoche in den Knochen hatte.
60 Bühnenoutfits
glänzen im Berliner Scheinwerferlicht und zeigen eine innerliche Verwandlung.
Steve McQueens Union-Jack-Gehrock verließ 1997 das Schneideratelier sauber und
ohne Schlitze. Um für »Earthling« tauglich zu sein, musste es nachträglich
zerschlissen und mit Erde eingerieben werden. Auf dem Coverfoto schaut er vom
Betrachter weg. Es bleibt nur der Blick für die herrschaftliche Haltung unter
der geschändeten Landesflagge.
„ ... es macht
mir Spaß, Leute zu schockieren.“ kolportiert George Tremlett in seiner lesenswerten
Biographie. Dem Gedanken folgend, sind in der erweiterten Berlin Sektion vor
allem lebensnahe Fotos des Berliner Nachtlebens oder von Arbeitspausen im
Studio zu sehen. Oberlippenbart steht ihm nicht wirklich, und Holzfällerhemden
wären zu jeder anderen Zeit unmöglich. Die Sensation ist dieses Lächeln in die
Kamera eines Freundes. David Jones scheint hier auf, der sich hinter David
Bowie sonst versteckt hält. Im Kopf dabei sein schüchternes Fotografenlächeln
für die Kon-rads mit dem alles begann.
In wenigen Tagen
werden 300 Exponate Richtung Chikago auf den Weg gebracht. Ab März 2015 sind
sie ein Grund nach Paris zu fahren.
Ausstellung bis
24. August 2014 täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet.
Martin-Gropius-Bau
Berlin, Niederkirchnerstraße 7, 10963 Berlin
Gestreifter Anzug für die Aladdin Sane Tour, 1973
Entworfen von Kansai Yamamoto
Fotografie von Masayoshi Sukita
Sukita © Sukita / The David Bowie Archive
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