Erschienen in Ausgabe: No 104 (10/2014) | Letzte Änderung: 16.10.14 |
von Anna Zanco-Prestel
:
Tal Shers „Buttons Journey“ als farbenfrohe Blumenkomposition
aus echten Knöpfen neben der vertikalen Architektur eleganter Wohndomizile mit
mediterranem Flair von Michal Servadio Ilan, ein Stoffbild mit Damengruppe in
opulentem arabischen Gewand, die üppige Wildnis in Yariv Gevas „Stilleben“ oder
Irena Aizens phantastische Tiergestalten sind einzelne Beispiele aus einer
Vielfalt an Bildmotiven, die Kunstinteressenten an diesem sehr bewegten
Münchner Open Art Week End auf der Praterinsel erwarten. Dazwischen unzählige
Fotos, Fotoarbeiten und Digital Prints jeglicher Art und Ausrichtung. Die
Meisten – wie die Mehrzahl der Exponate – in Farbe, sieht man von glanzvollen
Ausnahmen wie Roni Ben Aris schlichten schwarzen „Drawing Stones“ ab.
Mixed-Media-Arbeiten gesellen sich zu Ready-Made Assemblages oder zu Collagen,
wie die aus Klima- und Landkarten bestehenden Experimentierbilder von Li
Weinberg. Identitätssuche wird darin zum Leitmotiv, nicht weniger als bei den
gesichtslosen Jungen und Mädchen in Unterwäsche, durch die Sharon Rashbam Prop
ihre Kindheitserlebnisse in der kollektiven Gesellschaft des Kibbutz zu
verarbeiten sucht. Überall auf den zwei Ebenen des Gebäudes mal witzige, mal
dekorative Objekte aus unterschiedlichen Materialien wie Michal Fuhrers lustige
kugelförmige Figuren aus Glasfaser und glänzendem Autolack. Nicht weit davon
entfernt eine Vielzahlkleiner klassisch-moderner Skulpturen aus Bronze und
anderen Metallen, unter denen Rami Atars originelle, in die Höhe schießende
abstrakte Skulptur aus Eisen und einem „touch“ Messing herausragt. Und noch
dazu - in dem gesamten Raum verstreut – hochwertige Gebrauchsgegenstände wie
Lampen oder Sessel aus Holz sowie kunstvolle Schalen aus Keramik, Stein oder
Porzellan. Mit dieser alle Sparten der bildenden Kunst umfassenden Schau
stellen sich zwischen 10. und 15. September unter den Gewölben des suggestiven
Baus an der Isar 280 junge und auch weniger junge israelische Künstler vor. Dass
beinah über die Hälfte von ihnen zum weiblichen Geschlecht gehöre, soll – nach
den Worten der engagierten deutschen Ausstellungsleiterin Marlène Sternbaum –
zeigen, wie sehr die Entwicklung der israelischen Gesellschaft im Zeichen der
Frauenemanzipation stehe. Die breite Präsenz des Figürlichen in den einzelnen
Werken soll ferner für die Unabhängigkeit israelischer Kunst von religiösen
Vorgaben jeglicher Art - siehe Abbildverbot - stehen. Frei, pluralistisch und
multiethnisch reflektiert sie Gegensätze, die vom Zusammentreffen – nicht
Aufeinanderprallen! -unterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen und Religionen
und Identitäten auf kleinstem Raum ableiten. Die Ausstellung mit ihren 200
extra angereisten Künstlern soll die Gelegenheit bieten, das Land, das seit
Jahrzehnte Schauplatz scheinbar unlösbarer Konflikte ist, mit neuen Augen zu
betrachten. Der Kunst wird somit eine Vermittlerrolle zugeschrieben, die den
fremden Blick schärfen und die aus der Medienberichterstattung oft verfälschten
Perspektive korrigieren soll. Denn – wie der Bayerische Staatsminister für
Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Dr. Ludwig Spänle in seinem Grußwort
verlauten ließ - „erst wenn man sich mit der Kunst und Kultur eines anderen
Landes auseinandersetzt, kann man die Menschen und das, was eine Gemeinschaft
bewegt, und ausmacht, richtig verstehen“.
Kuratorin der aus 1000 von einer Fachjury ausgewählten Exponaten bestehenden
Schau ist Lee More-Cohen, die sich seit 14 Jahren als Organisatorin von
Ausstellungen der „Israelischen AIDS Task Force“ profiliert hat.
Begleitet wurde die Veranstaltung von einem interessanten Rahmenprogramm. Eine
hochkarätige Expertenrunde aus Wirtschaft, Finanz und Kunst debattierte zum
Thema „Kunst ist Kapital“, während sich BR-Filmexperte Klaus Eder im Gespräch
mit dem bekannten israelischen Foto-Journalisten Ziv Koren über „Kunst und
Politik“ unterhielt. Seine oft preisgekrönten Bilder aus Reportagen über den
israelisch-palästinensischen Konflikt und aus vielen anderen Orten weltweit gehören
zu den Highlights des mehrtägigen Events.
Als Verkaufsschau konzipiert, will die gewiss überfüllte Ausstellung, die
Mannigfaltigkeit der heutigen israelischen Kunst veranschaulichen, vor allem
aber auf das große Potential an Kreativität aufmerksam zu machen, das sich in
der – trotz Kriege und Anfeindungen von Außen – sehr lebendigen und dynamischen
Kunstszene des Landes zwischen Jordan und Mittelmeer verbirgt.
PRATERINSEL 3-4-
80538 München
12.-15.09.2014
Öffnungszeiten:
Freitag bis Sonntag: 12.00 – 22.00 Uhr
Montag, 15.09.14:
12.00 – 20.00 Uhr
Samstag, 13.09.14
MUSIK mit der Israelischen Band „Tree“ u. anschl.
Frieden-Party mit israelischen Weinen und Food Art
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.