Erschienen in Ausgabe: No 106 (12/2014) | Letzte Änderung: 04.12.14 |
von Hans Gärtner
Sein
200. Todestag war der 14. August 2014. Also ist es noch nicht ganz zu spät, ihn
zum Anlass für eine Ausstellung zu nehmen, die bis ins späte Frühjahr 2015
dauert. Eine Schau, die dem Münchner Stadtmuseum alle Ehre macht. Ehrt es doch
auf bunte, liebenswerte undansprechende, überdies ergiebige Weise den Mann, der vor zwei
Jahrhunderten der damals pfalzbayerisch-kurfürstlich residierten Stadt München
den Englischen Garten schenkte: Sir Benjamin Thompson. Als Reichsgraf Rumford
zählt er, wie Kurator Thomas Weidner zu Recht formulierte, „fraglos zu den
intelligentesten Köpfen, die je in München gewirkt haben“.
Weidner,
Rumford-Experte und Autor des fabelhaften Begleitbuches (Hirmer Verlag) ist,
wird kaum fertig, all die Ämter und Zuschreibungen aufzuzählen, die der 1753 im
Flecken Woburn bei Boston/USA geborene Geadelte innehatte: Sozialreformer,
Krisenmanager, Staatsmann, Physiker, Initiator, Stadtplaner, sogar
Ernährungsphysiologe. Ein Weltverbesserer also? Doch, ja. Aber sagen wir mit
Verlaub: ein Bayernverbesserer. Das lässt sich anhand der – sage und schreibe –
zwölf „Kapitel“, in die die auf mehrere Räume und Ebenen verteilte, seltene
Exponate aufweisende Ausstellung gegliedert wurde, konkret belegen.
Der
hochgebildete, nur schwer von Mannheim weggekommene Kurfürst Karl Theodor war
es, auf den der Allrounder-Amerikaner, Farmerssohn aus der seinerzeit
britischen Kolonie Massachusetts, einen so nachhaltigen Eindruck machte, dass
er ihn, der als Offizier London verließ und auf dem Weg nach Wien in Bayern
hängen blieb, vierzehn Jahre lang für sich und zum Wohl ganz Bayerns
einspannte. Mit dem allergrößten Erfolg, in jeder Hinsicht. Nicht allein der Englische
Garten geht auf den Reichsgrafen Rumford zurück – noch heute steht dort, nah
beim Chinesischen Turm, das „Rumfordschlössl“ – ihm glückte es auch, Bayern aus
der komplexen Krise zu führen. Bayern war zwar groß, aber unterentwickelt, was
die Verteidigung betraf und die wirtschaftliche Situation dazu: ein Drittel der
Bevölkerung lebte vom Handaufhalten auf offener Straße.
Nach
und nach sanierte Thompson/Rumford Bayern – durch eine Vielzahl von Reformen,
die bei der Armee anfängt und bei der Ernährung endet. In Militärgärten wurden
die dienstfreien Soldaten als Gärtner und Bauern eingesetzt, in
Militärakademien weitergebildet. Aus den ersten Militärgärten entstand der
Englische Garten. Kleine Parzellen ermöglichten das Erlernen des
Landwirtschaftens. Die Fläche wurde ausgedehnt, Auen wurden befestigt, die
Münchner durften im „Theodorpark“ spazieren gehen. Der englische Stil gab der
neu gewonnenen Stadt-Attraktion das besondere Flair. Der Chinesische Turm, die
Ausstellung zeigt ein Modell, wurde errichtet, Rumfords „Mitbringsel“ aus der
Londoner Zeit.
Dass
dieser Super-Manager Bayern trick- und kenntnisreich aus der Armut
herausführte, war nicht weniger für die Verbesserung der damaligen
katastrophalen Lage ausschlaggebend als die Tatsache, dass Rumford es schaffte,
nachdem sein Kurfürst ihm das Oberkommando erteilt hatte, die einfallenden
Franzosen und Habsburger abzuwehren, allen Schaden von der Residenzstadt
München fernzuhalten. Ein Triumph für den englisch ausgebildeten Amerikaner!
Ein Segen für München – für Bayern. Schade, dass dieser Tausendsassa am Ende
doch – nach des Kurfürsten Tod 1799 – nach London zurückging und es nicht
einmal zu einer gut funktionierenden Ehe, geschweige denn zu Kindern, brachte.
Für
den Biografen Weidner war es schwer, die „höchst disparaten“ Betätigungsfelder
seines Protagonisten – vom Schießpulverfass und der Petroleumlampe über den
Kalkbrenner bis zum Luftverschmutzungs-Labor – auf die Reihe zu kriegen. Bei
der kaum glaubhaften, aber in der Ausstellung glaubhaft gemachten Spannbreite
Rumford`scher Aktivitäten ist die nach ihm benannte Suppe am populärsten
geworden. Sie hat sich nachhaltig im Volksbewusstsein gehalten. Das sparsame
Rumford-Suppen-Rezept findet noch heute seine Köchin und seineKonsumenten. Nicht von ungefähr erhielt die
bis 19. April gezeigte Ausstellung den Titel „Rumford. Rezepte für ein besseres
Bayern“.
Foto
„Super-Manager“
Sir Benjamin Thompson alias Graf von Rumford – Mezzotinto-Porträt, London1801
(Foto:
Hans Gärtner)
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