Erschienen in Ausgabe: No 106 (12/2014) | Letzte Änderung: 19.01.15 |
von Hans Gärtner
Sie
ist nicht nur die imposanteste, sondern wohl auch eine der seltensten Exemplare
einer figürlich-landschaftlichen Weihnachtskrippe
aus dem Alpengebiet, jedenfalls eine der größten im Salzkammergut und die
größte, die das Salzburg Museum seit 1973 besitzt. In der Dezember/Januar-Schau
im Salzburg Museum wird sie erstmals zur allgemeinen Besichtigung frei gegeben:
die sogenannte Jagaweh-Krippe (s. Foto) aus Traunkirchen im Salzkammergut. Sie ist
variabel aufstellbar, 4 bis 5 Meter breit 1,5 bis 2 Meter tief und besteht aus
etwas über 500 Einzelteilen, gut 100 davon sind Menschen-, etwa 60 Tier- und
170 Pflanzen-Figuren. Alle aus Holz geschnitzt und bunt bemalt. Den Namen
erhielt das bei Groß und Klein Staunen erregende Schaustück von seinem
Herstellungsort, dem Haus Jagaweh, hoch über dem See-Ort Traunkirchen gelegen.
Dieses einsam gelegene Anwesen ist noch heute nur per pedes über einen schmalen
Steg erreichbar. Mehr als 30 Jahre hat man, zwischen 1888 und 1919, an dem
Wunderwerk gewerkelt.
„Man“
– das heißt genau: die Familie Feichtinger/Scheichl. Vater und Stiefsohn
schnitzten, die Frauen, junge und alte, waren für die Bemalung zuständig. 138
Wurzelstöcke hatten sie zu kalken, die die Felswände vortäuschten. Das wundersame
Geschehen der hochheiligen Nacht wurde in ein wildes, dem Gesäuse ähnliches
Gebiet verlegt. Hier hielt man etwas vomKenntlichmachen der Behausungen durch Anschlagtafeln. Aufschriften geben
Rätsel auf, denn nicht alle sind so eindeutig wie das – freilich augenzwinkernd
gemeinte – Täfelchen über dem Stall von Bethlehem: „Das Haus David“.
Beim
Betrachten des Szenariums sollte man sich für die Episoden Zeit nehmen, die Volkskundliches
aus dem Salzkammergut veranschaulichen: arme Hirten sie schultern Lämmer für
die heilige Familie als bescheidene Gabe, schleppen Leinenballen für das
Kindbett, tragen eine Wiege zum Stall oder sind mit Weintrauben unterwegs.
Diskutanten säumen den Pfad zur Krippe ebenso wie Kinder, die mitgehen wollen,
um das Jesuskind zu sehen. Sie betteln: „Vada, lass mi aa mitgeh`!“
Auch
wenn sich der Blick von der riesigen Traunkirchner Wurzelkrippe nicht so leicht
löst – die Salzburg Museums-Ausstellung im Säulensaal der Neuen Residenz hat eine
Reihe weiterer seltener Weihnachtskrippen parat: etwa eine Oberndorf/Laufener
Nähkastenkrippe aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, eine kleine verglaste
Kastenkrippe aus Maria Alm, gefertigt um 1800 von einem unbekannten
Rinderknochen-Schnitzer oder eine sogenannte Laufbandkrippe, die Victor
Schurlinsky kurz vor 1900 mit Vorsatzpapier beklebte. Diese Krippe zeigt – im
Gegensatz zu den meisten anderen, die die Hirten in den Vordergrund stellen –
ausschließlich die Anbetung der Könige. Sie dominiert auch auf einer
Papierkrippe nach Art des Josef Giner, gestorben 1803, aus Thaur in Tirol,
deren leicht beschädigte Einzelteile in Glasrahmen an der Wand barocken
Imponier-Glanz verströmen.
Die
kleine ebenerdig gelegene Salzburg Museums-Ausstellung, die auch Gelegenheit
bietet, im Untergeschoß dem Maler Wilhelm Leibl und dem Fotografen August
Sander in einer fein komponierten Parallel-Demonstrations-Schau zu begegnen,
ist bis 1. Februar Dienstag bis Sonntag 9 – 17 Uhr außer 25. Dezember, an Hl.
Abend und Silvester 9 – 14 Uhr, an Neujahr 13 – 17 Uhr geöffnet.
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