Erschienen in Ausgabe: No 111 (05/2015) | Letzte Änderung: 14.05.15 |
von Hans Sixl
Vorbemerkungen
Religionen machen Aussagen über Gott, Götter,
überirdische Wesen, überirdische Welten und über eine überirdische
Gerechtigkeit. Diese Aussagen können von den Naturwissenschaften weder
bestätigt noch widerlegt werden. Sie machen aber auch Aussagen über die Welt,
wie sie aufgebaut ist und funktioniert, über den Geist des Menschen und über
ein Leben nach dem Tod, was sie angeblich von den Tieren
unterscheidet.Aussagen über diese Welt,
über Menschen und Tiere, wie sie entstanden sind, wie sie funktionieren und wie
sie sich reproduzieren, sind aber eine Domäne der Naturwissenschaften, die
durch überprüfbare Fakten belegt werden kann. Dies führt neben der Tatsache,
dass nicht alle Religionen richtig sein können, zu den zentralen Problemen der
Weltreligionen.
Einführung
Das erste große Problem für die meisten
Weltreligionen stellte die naturwissenschaftlich begründete Erkenntnis, dass
die Erde rund ist, vor 400 Jahren dar. Der mit ihr verursachten Schock über die
Zerstörung des biblischen Weltbildes wurde speziell von der christliche Kirche
aus verständlichen Gründen nie restlos überwunden, schließlich war schon damals
davon auszugehen, dass weitere naturwissenschaftliche Erkenntnisse die
Glaubwürdigkeit der Jahrtausende alten heiligen Schriften erschüttern könnten.
Da sich die Naturwissenschaften im Gegensatz zu den Religionen stetig
weiterentwickeln und auf beweisbaren Fakten beruhen, ist es nicht
verwunderlich, dass sich über die letzten vier Jahrhunderte hinweg die Kluft
zwischen Glauben und Wissen, also speziell in der westlichen Welt zwischen der
Theologie und den Naturwissenschaften ständig vergrößert hatte.
Die
Grundlage der Religionen
Die tragenden Säulen aller Religionen begründen
sich auf menschlichen Hoffnungen. Sie betreffen im Wesentlichen zwei Fragen.
Die
erste lautet: Gibt es ein Leben nach dem Tod?Die Hoffnung auf ein ewiges Leben basiert seit Urzeiten auf den bis
heute von den meisten Menschen nicht verstandenen menschlichen Geist, der ihn
von den Tieren unterscheidet. Weil mit ihm schon immer ein geistiges Leben
unabhängig von einem körperlichen Leben vorstellbar war, wurde ihm schon zu
vorchristlichen Zeiten ein göttlicher Ursprung zugesprochen.
Die
zweite Frage lautet: Gibt es eine überirdische Instanz, die wenigstens nach dem
Tod für eine finale Gerechtigkeit sorgt, gute Menschen belohnt und böse
Menschen für ihre Lebensführung bestraft? Um dies zu ermöglichen, müssen die
Informationen über die Lebensführung nach dem körperlichen Tod des Menschen in
einem geistigen Gebilde, das als Seele bezeichnet wurde, erhalten bleiben. Die
Seele ist deshalb etwas Transzendentes, das nach uralten Vorstellungen dem
Menschen beim ersten Atemzug bei seiner Geburt vermittelt wird und in ihm alle
Eigenschaften seiner Persönlichkeit während seines Lebens entwickelt. Mit ihnen
verlässt sie nach denselben uralten Vorstellungen seinen Körper bei seinem Tod
und sorgt so dafür, dass mit ihr die Information über das irdische Leben des
Verstorbenen in einer überirdischen Welt erhalten bleibt.
Für die
monotheistischen Religionen ist die Vorstellung eines Gottes, der alles in
höchster Perfektion erschaffen hat und der auch heute noch wie ein Geist
unsichtbar und allgegenwärtig überall anwesend ist und dem deshalb auch nichts
entgeht, eine weitere tragende Säule. In früheren Zeiten war damit bis zu
Beginn der Neuzeit auch noch die Vorstellung verbunden, dass dieser Gott in das
Geschehen der Welt eingreift, wenn man ihn im Gebet darum bittet. Dieser
Wunderglaube ist in den letzten Jahrhunderten in unserer durch Technik
geprägten Welt und aufgrund des nicht unterbundenen Leides durch Kriege und
religiös motivierten Gräueltaten weitgehend verloren gegangen.
Speziell für die christlichen Religionen stellt der im Konzil von
Chalcedon am 1. November 451 endgültig verordnete Glaube daran, dass Jesus
Gottes Sohn ist, eine weitere wichtige tragende Säule dar. Diese davor lange
umstrittene Definition der göttlichen Natur von Jesus Christus wird seither von
den christlichen Kirchen als unfehlbar anerkannt. Um dabei das erste Gebot, „du
sollst keine anderen Götter neben mir haben“, nicht zu verletzen, wurde ferner
eine Dreieinigkeit von Vater, Sohn und heiligem Geist dogmatisch
festgeschrieben. Durch die angebliche Identität von Gott und Jesus Christus
wurde mit Jesus am Kreuz als Abbild Gottes (Stichwort Jesustheologie) Jesus zu
Gott, den man von nun an anstelle des ursprünglichen Schöpfergottes anbetet und
man spricht von einer Gottesfamilie, bei der Maria für die katholische Kirche
die Mutter Gottes ist. Zitat: „Heilige
Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres
Todes. Amen“.
Naturwissenschaftliche
Erkenntnisse zu fundamentalen Aussagen der Religionen
Im Gegensatz zu den Offenbarungen der Religionen
und den angeblich unfehlbaren dogmatischen Aussagen hat die
naturwissenschaftliche Forschung vor allem in den letzten Jahrzehnten unser
Verständnis zu den Vorgängen auf unserem Planeten auf Basis von belegbaren
Fakten ständig erweitert. Darwin und Mendel legten schon vor 150 Jahren den
Grundstein zum Verständnis der Rolle der Erbinformationen, die dafür
verantwortlich sind, dass Pflanzen, Tiere und Menschen immer wieder mit den
Eigenschaften ihrer Vorfahren entstehen und wie sie funktionieren. Darwin
entwickelte ferner die Evolutionstheorie, nach der sich die verschiedenen Arten
der Lebewesen durch Mutation und Selektion (Anpassung an die
Umweltgegebenheiten) über einen großen Zeitraum hinweg entwickelten, was schon
damals rasch durch Urweltfunde belegt werden konnte und in den letzten
Jahrzehnten durch die Genetik abgesichert wurde.
Ein
weiteres wesentliches Ergebnis der Naturwissenschaften ist das in den letzten
Jahrzehnten entwickelte Standardmodell der Kosmologie, demzufolge sich das
Universum und unsere Welt im Laufe von etwa 13,7 Milliarden Jahren zu dem
entwickelte, was wir heute sehen. Da die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte
zur Kosmologie und Evolution/Genetik jedoch den biblischen Berichten über einen
siebentägigen Schöpfungsakt widersprechen, werden sie trotz eindeutig
belegbarer Faktenlage beispielsweise von Kreationisten mit
pseudowissenschaftlichen Argumenten eisern bekämpft.
Nach
dem Standardmodell der Kosmologie ist unser Universum aus einer
Raum-Zeit-Energie-Singularität entstanden, die in den ersten
Sekundenbruchteilen materielos war, da Raum, Zeit und Energie keine materiellen
Größen sind. Demnach ist das Universum rein geistigen Ursprungs. Aus diesem
anfänglichen Geist, wie man den singulären materiefreien Kern des Universums
zum Zeitpunkt Null bezeichnen kann, entstanden in den ersten Schritten die
Elementarteilchen und mit ihnen die Naturgesetze, dann die Atome und erst viel
später daraus die uns bekannte Materie. Da die gesamte weitere Entwicklung
durch diesen ursprünglichen Geist von Beginn an vorbestimmt war, bzw. in dem
singulären Kern des anfänglichen Universums durch die Naturgesetze
vorprogrammiert war, ist dieser Geist auch heute noch gleichzeitig im gesamten
Universum allgegenwärtig und allmächtig. Und da sich aus ihm ferner alles im
Universum nach einer klaren mathematischen Logik nach eindeutigen und präzisen
Gesetzmäßigkeiten entwickelte und immer noch weiterentwickelt, die sogar in der
Lage waren, nach ca. 10 Milliarden Jahren Leben zu entwickeln, war er zusätzlich
mit unvorstellbarer Intelligenz ausgestattet. Dieser ursprüngliche geistige
Kern besaß damit alle Eigenschaften, die wir Menschen auch von einem Gott
erwarten und er existierte auch vor uns und unserer Welt, so wie wir es von
einem Gott erwarten.
Aufgrund
seiner Fähigkeit, sich zu verwandeln und aus sich heraus unser Universum und
später sogar intelligentes Leben auf der Erde nach evolutionären Prinzipien zu
entwickeln, kann dieser ursprüngliche rein geistige Kern des Universums von
gläubigen Menschen auch geistiges gottähnliches Wesen oder auch direkt als
Schöpfergott bezeichnet werden. Der ursprüngliche Kern des Universumskönnte auch ein Teil von ihm oder eine Art
Samenkorn bzw. Ei von ihm gewesen sein, in dem alle Informationen enthalten
waren, damit er sich im Lauf der Zeit eigenständig zu seinen Nachkömmlingen
entwickelt, was auch von den Erbinformation eines Eis erwartet wird. Denn das
Programm, nach dem sich aus diesem Kern das Universum, die Welt und die belebte
Natur entwickelten, ist wie in lebenden Zellen (z. B. in einem Hühnerei) durch
materielle Informationen und durch Naturgesetze vorgegeben. Mit ihnen wird wie
mit den Erbinformationen in den Zellen und den zugehörigen biochemischen
Gesetzmäßigkeiten ein für alle Mal und damit für die Lebensdauer des Universums
festgelegt, was in ihm wie und mit welchen Freiheitsgraden geschehen soll.
Damit ist in unserem Universum wie in einem Ei von Anfang an ein Wille
eingeprägt, der bestimmt, was sich in Trillionen Sonnensystemen und auf unserer
Erde wie und wozu entwickeln soll.
Die
zuerst physikalische, dann chemische und später biologischeEntwicklung des Universums und des Lebens auf
der Erde nach evolutionären Prozessen sind wissenschaftlich mit zahlreichen
überprüfbaren Fakten eindeutig belegt. Mit ihnen ist ein ständiges Eingreifen
Gottes in den Ablauf des Naturgeschehens auf der Welt, wie biblisch
beschrieben, ausgeschlossen. Ein Gott, der dies macht, würde darüber hinaus
seine eigenen Naturgesetze verletzen, was experimentell auch nicht beobachtet
wird.
Schon
unsere Urahnen konnten durch Beobachten der Ereignisse in der Natur erkennen,
dass das Leben auf der Welt in Pflanzen, Tieren und Menschen ständig
reproduziert wird. Da sie sich aber nicht an ein Leben vor der Geburt erinnern
konnten, konnten sie sich auch nicht vorstellen, dass sich Menschen sogar
geistig reproduzieren (natürlich mit neuen Erinnerungen). Da sie sich jedoch
aufgrund der scheinbaren Unabhängigkeit von Körper und Geist vorstellen
konnten, wenigstens geistig nach dem Tod noch weiterzuleben, entwickelten sie
eine Vorstellung von einem Seelenleben nach dem Tod und einer überirdischen
Gerechtigkeit, die für himmlische Belohnung oder höllische Bestrafung sorgt.
Heute wissen wir jedoch, was der Geist des Menschen ist, wie und wo er
arbeitet, wie er funktioniert, wie er sich aus primitiven Anfängen entwickelt
hat und dass er ohne Körper nicht existieren kann (nachzulesen in Tabula Rasa
unter „Naturwissenschaft des Geistes“ und in Buchform herausgegeben vom Wagner
Verlag 2015). Deshalb sind wir diesbezüglich nicht mehr auf uralte unbewiesene
menschliche Vorstellungen angewiesen.
Seit
die Struktur des DNS-Moleküls, das die molekular abgespeicherte Erbinformation
trägt, Mitte des letzten Jahrhunderts aufgeklärt wurde, konnte in den letzten
drei Jahrzehnten mithilfe der Molekularbiologie und der Genetik geklärt und
verstanden werden, wie Erbinformationen in lebenden Zellen abgespeichert werden
und wie Leben stets durch Zellteilung lebender Zellen nahezu identisch reproduziert
wird. Da damit eindeutig feststeht, dass unsere Zellen von Generation zu
Generation ohne Unterbrechung des Lebens mit nahezu denselben Informationen
weitergegeben werden, ist zweifelsfrei erwiesen, dass wir jeweils als leicht
modifizierte Kopien unserer Vorfahren in jeder Generation neu entstanden sind.
Abgesehen von unbedeutenden Veränderungen sehen wir auch seit Jahrtausenden so
aus wie sie und funktionieren wie sie. Unsere Zellen und mit ihnen auch wir
haben also erwiesenermaßen schon vor unserer Geburt seit Jahrtausenden gelebt.
Leider können wir uns natürlich nicht an ein früheres Leben erinnern, da es im
Gegensatz zu den Erbinformationen und Erbkrankheiten keine Erberinnerungen
gibt. Dies liegt daran, dass unser Wissen und unsere Erfahrungen nicht genetisch
in den einzelnen Körperzellen, sondern neuronal im Gehirn abgespeichert sind.
Damit gehen mit dem Tod des Menschen alle seine Erinnerungen unwiederbringlich
verloren. Die Institute, die sich mit Rückführung in ein Leben vor der Geburt
befassen, was als Reinkarnationstherapie bezeichnet wird, besitzen deshalb
keine naturwissenschaftliche Grundlage.
Im
Gegensatz zur Reinkarnation auf Basis des buddhistischen oder hinduistischen
Glaubens, im Sinne einer Seelenwanderung von und zu verschiedenartigen
Lebewesen, werden wir entsprechend den naturwissenschaftlichen Fakten eindeutig
und ausschließlich auf Basis der Genetik von Generation zu Generation innerhalb
eines Stammbaums, natürlich durch das Erbgut der jeweiligen Partner leicht
verändert, wiedergeboren. Geistig entwickeln wir uns dabei ohne jede Erinnerung
an ein früheres Leben von Null an, also immer wieder völlig neu.
Fazit
Was bleibt von dem Glauben an eine Religion
übrig, wenn ein Gott, bzw. ein naturwissenschaftlich begründetes geistiges Wesen
von Anfang an, aus sich heraus oder aus einem Kern mit seinen Erbeigenschaften,
alles so perfekt geschaffen hat, dass er nie wieder durch ein Wunder eingreifen
musste? Was bleibt von ihm übrig, wenn ein „ewiges“ Leben genetisch in die
Lebewesen einprogrammiert wurde? Was bleibt von ihm übrig, wenn der Geist des
Menschen als Mechanismus, der Informationen in den Neuronen des Gehirns
verarbeitet, naturwissenschaftlich kein Rätsel mehr darstellt?
Die
Religionen haben nicht nur mit sich selbst ein Problem, da nur eine der viele
Religionen oder keine von ihnen richtig sein kann, sondern vor allem in
jüngster Zeit mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften. Vorstellungen von
Göttern und einem Leben in einer anderen Welt nach dem Tod gab es schon immer auf
allen Kontinenten. Sie wurden alle immer wieder durch bessere Vorstellungen
abgelöst. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse werden hingegen nicht
falsifiziert, sondern im Lauf der Zeit immer weiter verbessert.
Naturwissenschaftlich kann der Glaube an einen Schöpfergott bestätigt
werden, allerdings nicht in personifizierter Form wie in der Bibel beschrieben,
sondern nur in Form eines materielosen Wesens, aus dem der anfängliche geistige
Kern des Universums entstand, aus dem sich, wie über Erbinformationen bei
Lebewesen vorprogrammiert, alles entwickelt hat. Demnach sind alle Lebewesen
Geschöpfe dieses Schöpfergottes, die nach Milliarden Jahre währenden
physikalischen, chemischen und biologischen Evolutionsschritten letztendlich
aus dem anfänglichen Kern entsprechend den darin enthaltenen Informationen und
Gesetzmäßigkeiten entstanden sind. Aufgrund naturwissenschaftlicher
Erkenntnisse könnte man argumentieren, der Schöpfergott habe sich nicht nur in
Jesus Christus sondern von Anfang an im ganzen Universum verwirklicht. In
diesem Sinne sind wir alle Kinder dieses Schöpfergottes.
Naturwissenschaftlich kann ferner nur der fernöstliche Glaube an eine
Wiedergeburt, allerdings nur entsprechend den Erbeigenschaften bestätigt
werden, d. h. ein Mensch wird nur als Menschund ein Tier nur als Tier wiedergeboren. Sowohl die Existenz einer Seele
und einer Seelenwanderung, als auch die Vorstellung, dass ein Mensch (bei
schlechter Lebensführung) als Tier wiedergeboren werden kann, widerspricht
allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen.
Naturwissenschaftlich kann aufgrund der Genetik ein nahezu ewiges
körperliches und geistiges Leben für alle Lebewesen, die sich aus der Urzelle
entwickelt haben, bestätigt werden. Wir sehen es an der belebten Natur, die
sich seit vier Milliarden Jahren ständig reproduziert. Durch die Reproduktion
hat die Natur den Tod überwunden, der aufgrund der Instabilität aller
organischen Verbindungen unvermeidbar ist. Trotz dieser genialen Lösung hat das
Leben auch der Spezies Mensch einen Beginn und ein Ende. Dazwischen können
Millionen oder gar Milliarden Jahre liegen. Das gesamte biologische Leben
begann mit der Urzelle und endet dann, wenn unsere Sonne, die jetzt in der
Mitte ihres Lebens steht, ihre Energie verbraucht hat.
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.