Erschienen in Ausgabe: No 113 (07/2015) | Letzte Änderung: 15.07.15 |
von Django Asül
Unlängst
fand in Elmau der G7-Gipfel statt. Quasi an einem schönen Fleck im schönsten
Bundesland schlechthin. Da weder Putin noch Tsipras anwesend waren, war schon
mal klar, dass es weder vorder- noch hintergründig um das Feilschen um
praktikable Lösungen in den unendlichen Fragen um Schuld und Schulden geht.
Allein schon die Abwesenheit von Ministerpräsident Seehofer in Elmau hätte
sowieso jegliche realpolitische Ambition im Keim erstickt. Dieser Gipfel war im
Prinzip eine Mischung aus Marketingkampagne und Stresstest für den Freistaat.
Die Hauptprotagonisten waren folglich weder Merkel noch Obama, sondern
natürlich Horst Seehofer als Chefconcierge und Joachim Herrmann als
Securitymanager. Kann Bayern gleichzeitig gemütlich und sicher sein? Das war
die große (und aus bayerischer Sicht natürlich rein rhetorische) Frage.
Seehofer begrüßte jeden Gast direkt auf der Landebahn per Handschlag und kurzem
Grußwort. Selbst vor planlosen Gestalten wie François Hollande oder
irrlichternden Visionären wie Jean-Claude Juncker machte er nicht halt. Ob das
an seinem Humor oder an seiner egalitären Demut lag, werden meinungssichere
Chronisten sicher bald ergründen. Währenddessen Innenminister Herrmann durch
die Simplizität seiner effektiven Maßnahmen überzeugte: Ein Zaun drum herum,
Autobahn sperren, pro Demonstrant fünf Polizisten und dann noch ein reinigendes
Gewitter. Fertig ist der Herrmann´sche Sicherheitscocktail. Obama bekam die
versprochene Weißwurst und durfte sie frei vom Geschrei gewalttätiger
Pazifisten verspeisen. Und Merkel war sichtlich froh über ihre Entscheidung,
den Gipfel in Bayern statt in Deutschland ausgetragen zu haben.
Die
Quintessenz ist somit: Bayern eignet sich hervorragend als Heimat.
Aber
nur, wenn man bereit ist, der Gemütlichkeit einen würdigen Platz einzuräumen
und sich anständig aufzuführen. Wer sich mit Gemütlichkeit schwer tut, aber
dennoch partout in Bayern leben will, ist in der Regel mental oder tatsächlich
ein Düsseldorfer oder Frankfurter. Und selbst für solche Gesellen hat der
Freistaat diverse Biotope in München und am Tegernsee eingerichtet, damit sie
frei von Anpassungsdruck ihrem hedonistisch-hochdeutschen Dasein frönen können,
ohne dem Durchschnittsbayern zu begegnen und ihm damit unweigerlich auf den
Geist zu gehen. Basierend auf diesem identitätsstiftenden und entschleunigenden
Lebensrhythmus nimmt der Bayer sein Leben auch selber in die Hand und überlässt
es nicht dem Parlament. Den Landtag gibt es im Prinzip nur, weil es neben der
CSU noch diverse Parteien gibt, die nicht an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Diese Formalie nimmt die Staatsregierung wohlwollend hin, weil sie weiß, dass
sie nur genau reinhorchen muss ins Volk, um die wichtigsten Anliegen der Leute
aufzugreifen und in machbare Politik umzumünzen. Das kann beispielsweise auch
in die grandiose Idee münden, eine Stromtrasse durch Bayern am besten außerhalb
Bayerns zu bauen. Analog dazu war ja auch in Elmau von Anfang an angedacht, den
Protest gegen den Gipfel auszulagern. Wobei das gar nicht mehr nötig war, weil
die allumfassende Harmonie vor Ort zwar fast unheimlich, aber doch
Bayern-typisch war. Da fühlte sich sogar die sonst den Bayern gar nicht so wohl
gesonnene SPD-Generalsekretärin Fahimi befleißigt, den Bayern pauschal ein
großes Kompliment zu machen. Für sie sei das ein bisschen zu viel Disneyland
gewesen. Dabei waren die bunten Figuren gar keine Walt Disney-Protagonisten à
la Micky Maus, sondern echte Gipfelgegner. Nur dass eben die Demonstranten so
beeindruckt waren von der herrlichen Aussicht und der soliden Infrastruktur,
dass sie gar keinen Bock mehr auf Randale hatten. Die Demo durch die Garmischer
Innenstadt fiel sogar komplett aus. Der Wellnessfaktor Bayerns hatte schlicht
sämtliche Krawallgedanken vertrieben. Seltsamerweise hatten die einheimischen
Geschäftsleute die wohltuende Wirkung Bayerns auf Zugereiste sauber
unterschätzt. Sie hatten aus Furcht vor Sachbeschädigungen ihre Häuser und
Geschäfte verbarrikadiert. Und selbst die größten Skeptiker ob des immensen
Polizeiaufgebotes haben einsehen müssen: Das, was als sinnloser Einsatz viel zu
vieler Sicherheitsbeamter tituliert wurde, erwies sich als ein netter Ausflug
für fleißige Damen und Herren, die sich abseits des Gipfels um die innere
Sicherheit Bayerns und Deutschlands kümmern. Da die Garmischer Ecke nicht als
billiges Pflaster verschrien ist, hätte sich manch ein Polizist den Aufenthalt
dort in der Hauptsaison gar nicht leisten können. Doch der Wunsch des
Freistaats, auch auf diese Weise mal seinen Dank gegenüber seinen Staatsdienern
ausdrücken zu können, wird sicher ein schönes Vorbild sein für alle zukünftigen
Gipfel-Ausrichter. Wo immer der nächste Gipfel sein wird, dürfte es eine
Hommage an Bayern werden. Und jeder potenzielle Demonstrant weiß nun:
Aktiver Widerstand gegen solche Veranstaltungen lässt sich viel besser
ertragen, wenn man statt mit Tränengas eher mit einem guten Weißbier und einem
frischen Obatztn konfrontiert wird.
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