Erschienen in Ausgabe: No 115 (09/2015) | Letzte Änderung: 01.09.15 |
von Ilse Aigner
Bayern
ist ein beliebter Filmstandort in Deutschland. Sie sind als
Wirtschaftsministerin auch für die Film- und Medienpolitik verantwortlich. Was
macht ein Medienminister?
Den
Medienstandort Bayern stärken! Wir müssen die Innovationskraft der hiesigen
Medienunternehmen sichern. Die Digitalisierung hat den Medien enorme
Fortschritte gebracht. Folge davon ist ein harter globaler Wettbewerb. Der hat
Auswirkungen auf alle bayerischen Medienunternehmen. Ich will, dass der
bayerische Markt und seine Akteure international sichtbar sind. Das geht nur,
wenn die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Ich setze
mich vor allem für unsere kleinen und mittleren Unternehmen ein. Vielfalt ist wichtig.
Der
Marktanteil deutscher Filme ist innerhalb des internationalen Wettbewerbs
zurückgegangen. Warum?
Der
Marktanteil deutscher Filme in Deutschland unterliegt Schwankungen. Im Jahr
2014 ist der Anteil deutscher Produktionen auf 26,7 Prozent gestiegen bei 32,1
Millionen Besuchern. Das ist das zweitbeste Ergebnis für die deutsche
Produktion seit dem Rekordjahr 2009. Ziel muss es sein, den Marktanteil noch
mehr zu steigern. Dazu müssen wir national und international erfolgreiche
Kinofilme produzieren. Deshalb auch ein eigener neuer Fördertopf für
internationale Co-Produktionen.
Gibt
es ein neues Bewusstsein für den Bayerischen Film, den Bayerischen Heimatfilm
und warum denken Sie könnte dieser ein Exportschlager werden?
In unserer Zeit
ändert sich Vieles immer schneller – da werden authentische bayerische Filme,
die mit dem Genre des Heimatfilms spielen, auch immer beliebter. Oft sind das
Geschichten, die unmittelbar mit dem Ort und der Sprache verknüpft sind. Durch
diese Einmaligkeit sind bayerische Filme auch unnachahmlich. Zum Exportschlager
können sie werden, wenn sie universelle Wahrheiten aussprechen und menschliche
Bedürfnisse ansprechen.
Wie
steht die Medienbrache innerhalb der Bayerischen Wirtschaft da?
Die
Medienbranche ist ein starkes Stück der Bayerischen Wirtschaft. Allein in der
Region München macht die IuK- und Medienbranche 18,3Prozent des gesamten
Umsatzes aus. Und auch abseits dieser Zahlen ist sie ein wichtiger Treiber für
neue Trends im Digitalbereich. Spieleentwickler haben z. B. wiederholt
Anwendungen im technischen Umfeld vorbereitet.
Welche
Herausforderung stellt das Internet für den Film dar?
Der Kinofilm
muss das Internet in seine Erzählweise und Produktion integrieren. YouTube z.B.
ist schon heute der wichtigste Verbreitungsweg für Trailer von Kinofilmen. Der
Kinofilm soll aber zugleich sein eigenes Format verteidigen. Dies kann er, wenn
er gut, spannend und relevant ist. Das Internet bringt für den Kinofilm
natürlich auch Gefahren mit sich, Stichwort „Internetpiraterie“. Deshalb ist
der Schutz des Urheberrechts und seiner Durchsetzung die anstehende Herausforderung
auf nationaler und europäischer Ebene.
Was
haben wir unter Medienkompetenz zu verstehen?
Medienkompetenz
heißt zunächst, die verschiedenen Mediensysteme und deren Inhalte zu kennen und
zu reflektieren. Es bedeutet aber auch, die Inhalte entsprechend kritisch zu
nutzen. Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Die
große Zahl an Angeboten und deren vielfache Verknüpfung stellen hohe
Anforderungen an die Vermittlung von Medienkompetenz.
Was
ist ein Medienführerschein und was ist unter Netzneutralität zu verstehen?
Mit dem Medienführerschein vermitteln wir
unseren Schülerinnen und Schülern die Grundlagen für den kritischen Umgang mit
den Medien. Der Medienführerschein Bayern wird von der Staatsregierung
gefördert und ist eine echte Erfolgsgeschichte. Bis jetzt wurden über 150.000
Urkunden an die Absolventen verliehen.
Netzneutralität bedeutet, dass Datenpakete
im weltweiten Netz grundsätzlich gleich behandelt werden. Die Netzneutralität
steht für Freiheit und Fortschritt des Internet. Sie ist deshalb ein hohes Gut.
Wenn wir darüber diskutieren, ob wir beispielsweise Notfalldiensten oder
sonstigen für die Allgemeinheit wichtigen Diensten im Internet Vorfahrt geben,
darf die Datenautobahn für den normalen Nutzer nicht zum Standstreifen werden.
Thema
Urheberrecht: Wie kann man das Urheberrecht schützen?
Ohne
Zustimmung des Urhebers darf nichts gehen. Das Gesetz schreibt auch eine
angemessene Vergütung vor. Verstöße sind straf- und bußgeldbewehrt. Aber das
Internet und die Digitaltechnik haben vieles verändert. Das Internet soll als
Vermarktungsmöglichkeit für Kreative im gesamteuropäischen Markt fruchtbar
gemacht werden. Dazu werden wir die Rechtsdurchsetzbarkeit verbessern. Der
illegale Datenaustausch darf nicht wirtschaftlich nachhaltigen
Verwertungsmodellen den Boden entziehen. Die Nutzer brauchen ebenfalls
Rechtssicherheit, insbesondere vor böswilligen Abmahnungen.
Droht
dem Staat und den Medien eine Gefahr von den Netzanbietern? Bzw. haben Sie
Angst vor der Monopolmacht der Netzanbieter?
Natürlich sind
Netzanbieter mächtig. Sie verfügen über die Infrastruktur. Wir wollen aber
gleichen Zugang zum Internet für alle Bürger. Gegen den Missbrauch von
Marktmacht gibt es aber Schutzmechanismen. Vor allem braucht es einen
funktionierenden Wettbewerb. Voraussetzung ist der diskriminierungsfreie
Netzzugang auf der Vorleistungsebene. Die Bundesnetzagentur achtet darauf, dass
die Spielregeln eingehalten werden. Mit der Wettbewerbsentwicklung im deutschen
TK-Markt kann man insgesamt zufrieden sein. Das hat zuletzt auch das
Sondergutachten der Monopolkommission bestätigt.
Sollten
wir unabhängig von Europa an einem nationalstaatlichen Medienrecht festhalten?
Entscheidend
ist, dass die relevanten Fragen auf der richtigen Ebene geregelt werden. Medien
sind ein wesentlicher Bestandteil der Kultur eines Landes. Bayern ist geprägt
durch eine einmalige Medienvielfalt. Daher wollen wir in den einzelnen
Mitgliedstaaten der EU ein Medienrecht, das regionale Besonderheiten
berücksichtigt. Dennoch kann man nicht auf einen europaweiten Rechtsrahmen für
bestimmte Bereiche verzichten, wie etwa Jugendschutz oder Datenschutz. Das
verlangt schon die Wettbewerbsgerechtigkeit für Anbieter aus verschiedenen
Ländern.
Medienvielfalt
und Demokratie gehören zusammen, welche Gefahren sehen Sie hier?
Stimmt,
Medienvielfalt ist ein wesentliches Grundelement unserer Demokratie. Im
Zeitalter der Digitalisierung mit weltweit agierenden Medienkonzernen und mit
einer Vielzahl von kostenfreien Medienangeboten im Internet hat sich das
Angebot vervielfacht, nicht immer aber mit mehr Vielfalt. Eine Gratismentalität
bei den Nutzern könnte dazu führen, dass hochwertige journalistische Angebote
nicht mehr finanzierbar sind. Ich setze mich daher für ein vielfältiges
Medienangebot ein und unterstütze - wo nötig - Angebote finanziell, die für
unsere Gesellschaft wichtig sind.
Warum muss
die Medienpolitik eine Regulierung der Medienmacht sein? Medienmacht versus Subsidiarität
Medienvielfalt
kann bedroht sein, wenn Medienmacht in den Händen weniger Akteure liegt.
Aufgabe des Staates ist es, eine Medienordnung zu schaffen, die vielen
gesellschaftlich bedeutsamen Kräften eine Stimme sichert. Der Vielfalt an
Meinungen in der Gesellschaft muss Rechnung getragen werden. Das bedeutet, dass
Regeln für die Unternehmen verändert werden müssen, wo es die Entwicklung
verlangt. Ich sehe es als meine Aufgabe, die Medienordnung zu modernisieren und
an die im Zuge der Digitalisierung veränderte Realität anzupassen. Dazu gehört
z. B. die Schaffung von mehr Freiräumen für deutsche Medienunternehmen, um im
internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Bei allem
Stress als Staatsministerin für Wirtschaft, was tun Sie zum Ausgleich in Ihrer
knapp bemessenen Freizeit?
Ab und zu
schaffe ich es, bei der Buchlektüre oder einem guten Film
zu entspannen. Am liebsten schalte ich aber komplett ab in den Bergen beim
Wandern oder Skifahren.
Fragen Stefan Groß
Die schriftliche Version des Interviews lesen Sie im Bayernkurier, Heft, Nummer 2, 2015
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.