Erschienen in Ausgabe: No 116 (10/2015) | Letzte Änderung: 07.10.15 |
von Nikolaus Egel
„Es gibt nichts, das so absurd
wäre, als das es nicht einige der alten Philosophen behauptet hätten, wie Cicero
sagt (der selber einer von ihnen war). Und ich glaube, daß in der
Naturphilosophie kaum etwas gesagt worden ist, das so absurd wäre wie das, was
nunmehr aristotelische Metaphysik genannt wird, oder etwas, das mit der
Regierungsgewalt unverträglicher wäre als vieles von dem, was Aristoteles in
seiner Politik gesagt hat, oder etwas, das weniger Kenntnisse verriete
als ein großer Teil seiner Ethik.“
-
Thomas Hobbes, Leviathan -
1. Einleitung
Die Gedankenwelt des Aristoteles wie der gesamten
griechischen Antike ist grundverschieden von der der Neuzeit und Moderne. Dies
zeigt sich unter anderem daran, dass Aristoteles einen Begriff des Politischen
(als Gemeinschaftsideal) hat, dem in der modernen – durch die Aufklärung
bestimmten – politischen Philosophie nichts mehr entspricht.[1]
Um diesen fundamentalen
Unterschied deutlich zu machen, der durch den Entwurf einer jeweils
spezifischen Anthropologie und Methode gekennzeichnet ist, möchte ich in diesem
Beitrag Aristoteles als Exponenten der
antiken Philosophietradition, die bis ins Mittelalter hinein (natürlich jeweils
bestimmt durch die Interpretationsabsicht der verschiedenen Rezipienten)
bestimmend war, mit Thomas Hobbes kontrastieren, der als der Vertreter
einer neuen Welt- und Gesellschaftssicht gelten kann, die sich in seiner
politischen Philosophie deutlich zeigt und die mit der Aristotelischen
Konzeption von Glück, dass sich immer im menschlichen Zusammenleben realisiert,
vollkommen inkompatibel, bzw. inkommensurabel ist.[2]
Es ist
bekannt, dass Hobbes Aristoteles in nahezu allen seinen Schriften heftig
kritisiert und abgelehnt hat.[3] Dieser
Antiaristotelismus resultiert und besteht nicht nur in Hobbes´ von Galilei
inspirierter naturwissenschaftlicher Methode oder in seiner Feindschaft gegen
die rhetorische Macht der antiken Schriftsteller in zeitgenössischen politischen
Diskussionen, die er z. B. im „Behemoth“ verantwortlich für den Zerfall des
Staates macht[4], sondern er ist grundlegend
in seinem Denken angelegt und hat seine lebensweltlichen Wurzeln in der
Gesellschaft in der er lebt, einer sich herausbildenden „Eigentumsmarktgesellschaft“,
wie Crawford B. Macpherson sie nennt.[5]
Diese
grundlegende Differenz soll in diesem Artikel an einem Begriff des Aristoteles,
der Pleonexia – des
„Mehrhabenwollens“ – deutlich gemacht werden, der für die grundlegend andere
Betrachtung des Menschen, seiner vernünftigen Ziele und seines Glückes bei
Aristoteles und Hobbes paradigmatisch stehen kann. Während für Aristoteles –
und später Epikur, die Stoa usw.[6] - die Pleonexia das Grundübel schlechthin ist,
ist sie für Hobbes (und die moderne „Eigentumsmarktgesellschaft“ schlechthin)
Antrieb und Motiv aller Handlungen, die weder ethisch noch moralisch zu
hinterfragen oder zu dämonisieren ist, sondern als faktisch in der Natur des
Menschen gegeben und nur hinsichtlich etwaiger negativer Folgen einzuhegen ist,
welche Aufgabe seit Hobbes der – wie auch immer konstituierte – Staat (der Leviathan) zu übernehmen hat
Um diesen Unterschied deutlicher
herauszustellen, werde ich zuerst auf die Rolle der Pleonexia bei
Aristoteles eingehen, sodann versuchen, das Mehrhabenwollen
– die aristotelische Pleonexia - als die grundlegende Triebfeder des
menschlichen Handelns und der Staatenbildung in Thomas Hobbes` Leviathan
hervorzuheben und am Ende ein kurzes Resümee ziehen.
2. Die Pleonexia
bei Aristoteles
Um uns dem Problemfeld der Pleonexia bei Aristoteles
zu nähern, sei als erstes eine kurze Definition von Pleonexia gegeben:
„pleonexia /
Mehrhaben(wollen) (πλεονεξία; lat. avaritia) ist ein Begriff, der sich
aus ´mehr` (pleon) und ´haben` (echein) zusammensetzt. Während er von Herodot
bis Platon auch das ungerechte Streben bedeutet, mehr zu haben als gerecht,
bezeichnet er bei Ar. nicht subjektiv die ungerechte Haltung, sondern objektiv
das ungerechte Zuviel an Glücksgütern. Weil er kein Streben, sondern ein
angestrebtes Übermaß meint, so daß einige ´nach Pleonexien streben` (EN IX 6,
1167b10 f.), ist die seit den christlichen Kommentatoren gebräuchliche
Übersetzung mit ´Habsucht` oder ´Selbstsucht` nicht ganz exakt.“[7]
Aus dieser Beschreibung wird
deutlich, dass bei Aristoteles die Pleonexia, das Mehrhabenwollen, in
den Bereich der Ungerechtigkeit rückt. Die Gerechtigkeit ist für Aristoteles
die höchste aller Tugenden, da sie für das harmonische und geregelte
Zusammenleben essentiell ist. Die Gerechtigkeit ist für Aristoteles so wichtig,
dass er ihr in der Nikomachischen Ethik (EN) eine eigene, lange
Abhandlung widmet (Buch V), in der es heißt:
„Deswegen gilt
die Gerechtigkeit als die wichtigste aller Tugenden, und weder der Abendstern
noch der Morgenstern ist so wunderbar. Auch im Sprichwort heißt es ´In der
Gerechtigkeit ist jede Tugend enthalten`. Und sie gilt am meisten als
vollkommene charakterliche Gutheit, weil sie die Ausübung der vollkommenen
Gutheit ist. Vollkommen aber ist sie, weil der, der sie besitzt, die Tugenden
auch in Bezug auf den anderen Menschen gebrauchen kann, und nicht nur für sich
selbst. [...] Deswegen gilt der Ausspruch des Bias als richtig, dass die
Ausübung eines Amtes zeigt, was für ein Mensch jemand ist. Denn wer ein Amt
innehat, der ist schon auf den anderen Menschen bezogen und ist schon in
Gemeinschaft. [...] Die Gerechtigkeit in diesem Sinn nun ist nicht ein Teil der
charakterlichen Gutheit, sondern die ganze Gutheit, und die ihr
entgegengesetzte Ungerechtigkeit ist nicht ein Teil der Schlechtigkeit, sondern
die ganze Schlechtigkeit.“[8]
Als Kriterien der Gerechtigkeit
gelten das Gesetzliche und das Gleiche[9], wobei
die Gesetze gerade dafür zu sorgen haben, dass jedem der ihm entsprechende Teil
zugewiesen wird. Es lässt sich also festhalten, das die Gleichheit zwischen den
Bürgern ein wesentliches Kriterium der Gerechtigkeit ist. Aristoteles bestimmt
die Gleichheit grob gesprochen über den allen ethischen Tugenden gemeinsamen
Begriff des Mittleren:
„Da nun der
ungerechte Mensch ungleich eingestellt ist und das Ungerechte ungleich ist,
gibt es offensichtlich auch zwischen dem Ungleichen [auf Seiten der beiden
Extreme] ein Mittleres. Dies ist das Gleiche. Denn bei jeder Handlungsweise,
bei der es ein Zuviel und ein Zuwenig gibt, gibt es auch das Gleiche.“[10]
Über das Mittlere möchte ich an
dieser Stelle aufgrund des begrenzten Textraumes nichts weiter sagen, es bleibt
hier vorläufig nur zu konstatieren:
1. Die Gerechtigkeit ist für
Aristoteles die höchste aller Tugenden, weil sie für das politische
Zusammenleben der Bürger einer Polis grundlegend ist.
2. Die Gerechtigkeit kann im
wesentlichen als Gleichheit bestimmt werden.
3. Die Gleichheit wird von
Aristoteles als Mittleres zwischen zwei Extremen bestimmt.
Dieses Mittlere ist Aristoteles
zufolge das Proportionale zwischen vier Gliedern: den Personen und den Sachen,
die diesen zugeteilt werden. Die Extreme zwischen dem Mittleren sind, dass der
eine zu viel, der andere hingegen zu wenig bekommt.[11] In
diesem Rahmen muss die Verurteilung der Pleonexia verstanden werden. Die
Pleonexia ist für Aristoteles das Charakteristikum des
Ungerechten, da dieser den Grundsatz der Gleichheit, der die Gerechtigkeit
ausmacht, verletzt:
„ Als ungerecht
gilt zum einen, wer das Gesetz verletzt (paranomos), zum anderen, wer
mehr haben will (pleonektes), das heißt eine Einstellung der
Ungleichheit hat. [...] Da nun der Ungerechte mehr haben will, wird er es mit
Gütern zu tun haben, nicht mit allen Gütern, sondern mit denen, auf die sich
äußeres Glück (eutychia) und Unglück (atychia) beziehen, mit
Gütern also, die als solche immer Güter sind, für einen bestimmten Menschen
aber nicht in jedem Fall. Die Menschen erbitten sie in Gebeten und jagen ihnen
nach. Das sollten sie jedoch nicht tun, sondern sollten vielmehr erbitten, dass
die Dinge, die für sich genommen Güter sind, auch Güter für sie sind, [dann
auch] wählen.“
Da die Pleonexia der Gerechtigkeit entgegengesetzt
ist, die Gerechtigkeit aber als die höchste und grundlegendste Tugend
verstanden wird, ist die Pleonexia nicht nur ein Laster unter anderen:
Sie ist „nicht ein Teil der
Schlechtigkeit, sondern die ganze Schlechtigkeit.“[12] Die Pleonexia
ist nicht nur in ihren öffentlichen Auswirkungen von übel, durch sie wird auch
die individuelle richtige Form des Lebens unmöglich, da der Mehrhabenwollende
gegen die Besonnenheit verstößt und sich selbst als Person nicht akzeptieren
kann.[13] An
diesen Beispielen sieht man, dass die Aristotelische Philosophie vor allem von
dem Gedanken des richtigen Maßes und der vernünftigen Ordnung bestimmt ist, die
sich im wesentlichen auf das Zusammenleben richtet. Da der Mensch laut
Aristoteles von Natur aus ein Staatenbildendes Lebewesen ist, das nur als auf
andere bezogen lebend gedacht werden kann, ist die Pleonexia als
Übertretung des richtigen Maßes die grundlegende Schlechtigkeit, weil sie das
individuelle gute Leben unmöglich macht und vor allem: weil der
Mehrhabenwollende die politische Gemeinschaft der Bürger gefährdet, die auf der
Gleichheit als grundlegender Wert beruht:
„Wenn viele
(Verfassungsgeber), selbst solche, die aristokratische Verfassungen einrichten
wollen, nicht nur den Reichen größeren Einfluß einräumen, sondern auch den
Demos betrügen, dann begehen sie einen schweren Fehler. Denn es läßt sich nicht
vermeiden, daß irgendwann im Laufe der Zeit falsches Wohl zu einem
tatsächlichen Übel wird. Die Bemühungen der Reichen, sich einen Vorteil zu
sichern, ruinieren ja mehr die Verfassung als diejenigen des Demos.“[14]
Abschließend muss hier noch kurz auf Art und Zweck des
menschlichen Zusammenlebens bei Aristoteles eingegangen werden: Die Pleonexia
ist – wie schon ausgeführt – deshalb die größte Schlechtigkeit, weil sie das
Zusammenleben der Bürger in der Polis erschwert, im Extremfall unmöglich macht.
Nun ist die Polis für Aristoteles aber die höchste Form der Gemeinschaft, da
sie die Autarkie der Bürger sichert. Diese Autarkie besteht nicht nur in der
wirtschaftlichen Unabhängigkeit (das entspräche unserem heutigen Verständnis),
sondern ist die Grundvoraussetzung für das Gute Leben, wie es in der EN
beschrieben wird. Denn für Aristoteles ist etwas dann autark, wenn es um seiner
selbst willen und nicht um etwas anderes willen erstrebt wird. Dies trifft auch
auf das höchste Ziel des Menschlichen Strebens, die Glückseligkeit, zu.[15] Nur in
der Polis ist es dem Menschen möglich, sein ihm eigenes telos zu
realisieren: Die Polis ist die Grundbedingung für ein menschliches gutes Leben:
„Endlich ist
die aus mehreren Dörfern bestehende vollkommene Gemeinschaft der Staat. Er hat
gewissermaßen die Grenze der vollendeten Autarkie erreicht, zunächst um des
bloßen Lebens willen entstanden, dann aber um des vollkommenen Lebens willen
bestehend.“[16]
Um diesen Gedanken zusammenzufassen kann man sagen, dass für
Aristoteles das Ziel des menschlichen Lebens das Führen eines guten Lebens ist,
das nur in der Polis erreicht werden kann. Der Mehrhabenwollende gefährdet
durch sein extremes auf äußere Dinge gerichtetes Streben die Gemeinschaft, die
bei Aristoteles als in sich werthaft konzipiert ist. Damit handelt der gegen
die Natur des Menschen und gefährdet das grundlegende Ziel, um dessen willen
Menschen zusammenkommen: Das gute Leben.
3. Die Pleonexia
- das Mehrhabenwollen - bei Thomas Hobbes
Thomas Hobbes sieht seine Philosophie selbst als einen
radikalen Bruch mit der Tradition. Was bisher in der Moral- und
Staatsphilosophie geschrieben worden sei, sei wohl hier und da ganz erbaulich
gewesen, aber es habe den Menschen nie über seine wahren Triebkräfte aufklären
können. Daher betrachtete er seine Philosophie als einen Neuanfang, der
erstmals ein wirkliches Verständnis der Notwendigkeit und der Genese eines
Staates deutlich machen könne, da „die bisherigen Schriften der
Moralphilosophen zur Erkenntnis der Wahrheit nichts beigetragen haben“[17]. Davor
sei es der Philosophie wie den öffentlichen Wegen und Straßen ergangen:
Jedermann sei auf ihnen umhergewandelt, der eine zum Vergnügen, der andere zum
Geschäft, aber gesät worden sei darauf nichts, erst recht nichts geerntet.[18]
Voraussetzung für diese
Selbstgewißheit einer neuen Betrachtung der Gesellschaft und des Menschen sowie
eines deutlichen Bruches mit der Tradition sind sowohl Hobbes´ Überwältigung
durch die resolutiv-kompositive Methode, die er durch Galilei kennengelernt
hatte und die er in Ethik und politischer Philosophie anwandte[19], sowie
seine Erfahrungen aus dem Europa des 17. Jahrhunderts wie vor allem aus dem
Bürgerkrieg in England[20], sowie
aus der Beobachtung seiner selbst und der Gesellschaft, die er erlebte: „Die
dunklen Schriftsteller der bürgerlichen Frühzeit, wie […] Hobbes […], die dem
Egoismus des Selbst das Wort redeten, haben eben damit die Gesellschaft als das
zerstörende Prinzip erkannt, die Harmonie denunziert […].“[21]
Daher unterscheidet sich die
Hobbes`sche Anthropolgie grundlegend von derAristotelischen. Für Thomas Hobbes ist der Mensch ein zutiefst asoziales
Lebewesen. Der Hobbes`sche Staatsentwurf beruht auf der Prämisse, dass das Mehrhabenwollen (die Pleonexia des
Aristoteles) der Hauptantrieb aller menschlichen Handlungen ist. Und dies
zwangsläufig aus der Daseinsvorsorge her sein muß, um sich vor Schaden zu
sichern.[22] Der Mensch ist Hobbes
zufolge durch die Pleonexia wesentlich bestimmt.[23]
Wir
erinnern uns, dass die Glückseligkeit bei Aristoteles in der Tugend besteht,
die als mittlere Haltung bestimmt wird. Auch oben (S. 3) ist kurz angedeutet
worden, dass der Tugendhafte dadurch bestimmt ist, sich seinen Affekten und
Begierden gegenüber angemessen zu verhalten, und das heißt: weder Zuviel noch
Zuwenig zuzulassen. Das glückliche Leben ist nun auch Thomas Hobbes` Thema –
allerdings nur im übertragenen Sinn: Es geht bei Thomas Hobbes weniger um ein
glückliches Leben (eine Kategorie, die er gar nicht erwähnt, außer in
dem folgenden Zitat, aber dort nur, um zu zeigen, dass Aristoteles sich geirrt
hat), sondern einzig und allein um ein friedliches Zusammenleben. Doch
dazu später mehr. Zuerst möchte ich die Hobbes`sche Definition von
Glückseligkeit anführen:
„Hierbei haben
wir zu beachten, daß die Glückseligkeit dieses Lebens nicht in der zufriedenen
Seelenruhe besteht. Denn es gibt kein finis ultimus, d. h. letztes Ziel,
oder summum bonum, d. h. höchstes Gut, von welchen in den Schriften der
alten Moralphilosophen die Rede ist. [...] Glückseligkeit ist ein ständiges
Fortschreiten des Verlangens von einem Gegenstand zu einem anderen, wobei
jedoch das Erlangen des einen Gegenstandes nur der Weg ist, der zum nächsten
Gegenstand führt. Der Grund hierfür liegt darin, daß es Gegenstand des
menschlichen Verlangens ist, nicht nur einmal und zu einem bestimmten Zeitpunkt
zu genießen, sondern sicherzustellen, daß seinem zukünftigen Verlangen nichts
im Wege steht. Und deshalb gehen die willentlichen Handlungen und Neigungen
aller Menschen nicht nur darauf aus, sich ein zufriedenes Leben zu verschaffen,
sondern auch darauf, es zu sichern. Sie unterscheiden sich nur im Weg: Dies
kommt teils von der Verschiedenheit der Leidenschaften bei verschiedenen
Menschen, teils von ihren unterschiedlichen Kenntnissen oder Meinungen, die
jeder einzelne von den Ursachen hat, die die begehrten Wirkungen hervorbringen.
So halte ich an erster Stelle ein fortwährendes und rastloses Verlangen nach
immer neuer Macht für einen allgemeinen Trieb der gesamten Menschheit, der nur
mit dem Tode endet.“[24]
Für Thomas Hobbes liegt die
Glückseligkeit (sofern es sie unter diesen Bedingungen überhaupt geben kann),
also im Gegensatz zu Aristoteles in dem beständigen Fortschreiten von einer
Begierde zur nächsten. Der Mensch ist ein ruheloses Tier, da die Vernunft (die
bei Aristoteles das regulative Vermögen des Menschen ist, das ihn vor allen
anderen Lebewesen auszeichnet) dem Menschen immer diktiert, sich für die
Zukunft zu sichern. Was dem Menschen nach Hobbes unverlierbar zukommt, ist die
Grundbefindlichkeit des Seins im Immer-weiter des rastlosen Getriebenwerdens:
ständige Bewegung auf der Suche nach dem Glück, das eben darin besteht, dass es
niemals erreichbar ist. Darum ist das Hobbes`sche Dasein nichts als die
immerfort ruhelose Tätigkeit des Willens, welcher sich im Kampf um die Mittel
aufzehrt, immer in der vergeblichen Hoffnung dauerhaften Wohlergehens.
Daraus
folgt, dass das Leben des Menschen ein beständiges und endloses Verlangen nach
der Macht um ihrer selbst willen – resp. der Macht in ihren Ausfaltungen für
die Sicherung der Bedürfnisse des Lebens im Naturzustand – ist.
Das einzige Glück
im Leben des Hobbes`schen Menschen ist die Freiheit, seine eigenen Bedürfnisse
ohne äußere Hindernisse befriedigen zu können.[25] Nichts
anderes ist das summum bonum in dem Leben des Menschen, der Abbruch
dieses Strebens ist notwendig das summum malum, das was schlechthin
Furcht einflößt, der Tod. Die
Hobbes`sche Definition des Glückes liest sich wie die von Aristoteles mit
umgekehrten Vorzeichen.[26]
Entsprechend ist
in dieser deskriptiven Konzeption des Glücks die Pleonexia der
Handlungsantriebschlechthin. Der Mensch
ist in der Hobbes`schen Anthropologie wesentlich durch sein Mehrhabenwollen
gekennzeichnet: Das Streben nach immer mehr ist die Grundvoraussetzung des
menschlichen Lebens.
Folglich
ist der grundlegende Begriff in der Hobbes`schen Philosophie nicht die
Tugend, sondern die Macht. Im 10. Kapitel des Leviathan
beschreibt Hobbes die verschiedenen Arten der Macht und kommt zu dem Schluss,
dass ehrenvoll allein der Besitz von Macht ist: „Ehrenvoll ist jeder
Besitz, jede Handlung oder Eigenschaft, die Beweis und Zeichen von Macht sind.“[27] Da die
Machtakkumulation der Grundwert für den Menschen ist, ist auch das
schrankenlose Streben nach ihr ein Wert in sich: „Begierde nach großem Reichtum
und Streben nach großen Ehren sind ehrenhaft, denn sie sind Zeichen dafür, daß
man die Macht besitzt, sie zu erlangen.“[28] Da Macht für Hobbes eine
relationale Größe ist, folgt, dass alle beständig ihre Macht erweitern müssen,
um mehr Macht als die Übrigen zu haben. Das grenzenlose Streben nach immer mehr
Macht (und damit auch der Güter, die dieser Machterweiterung dienlich sind) ist
für Hobbes der grundlegende Antrieb aller menschlichen Handlungen. Insofern die
Pleonexia das Motiv des menschlichen Handelns ist, ist sie nicht ethisch
zu hinterfragen – es bleibt nur festzustellen, das dies so sei. Egoismus und
Gewinnstreben sind für Hobbes die natürlichen Konstituanten des Menschen.
Die Aufgabe der politischen Philosophie ist es hier nicht
mehr, Vorschläge bezüglich des richtigen Lebens
zu geben, da die Organisation des menschlichen Zusammenlebens keine ethische
Fundierung hat.[29] Ganz im Gegensatz zu
Aristoteles ist die Hobbes`sche Staatslehre nicht in eine teleologische
Weltsicht eingebettet. Die Frage nach dem richtigen Zusammenleben des Menschen
ist hier im Gegensatz zu Aristoteles keine moralisch-normative Frage mehr,
sondern eine Frage der prospektivisch gedachten richtigen Staats-Konstruktion,
die allein dem Ziele dient, die eventuell selbstzerstörerischen Folgen der Pleonexia
(z.B. in einem Bürgerkrieg, den wir uns
als Hobbes Lebenshintergrund auch für seine politisch-theoretischen Aussagen
stets vor Augen halten müssen) einzudämmen und zu umgrenzen:
„Ferner
empfinden die Menschen am Zusammenleben kein Vergnügen, sondern im Gegenteil
großen Verdruß, wenn es keine Macht gibt, sie alle einzuschüchtern. Denn
jedermann sieht darauf, daß ihn sein Nebenmann ebenso schätzt, wie er sich
selbst einschätzt, und auf alle Zeichen von Verachtung oder Unterschätzung hin
ist er von Natur aus bestrebt, soweit er sich getraut (was bei weitem genügt,
Menschen, über denen keine allgemeine, sie zum Stillhalten zwingende Macht
steht, dazu zu bewegen, daß sie sich gegenseitig vernichten), seinen Verächtern
durch Schädigung und den anderen Menschen durch das Exempel größere
Wertschätzung abzunötigen.“[30]
Anhand dieses Zitates (dem
sich noch zahlreiche weitere hinzufügen ließen) wird deutlich, dass
gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen von Hobbbes nicht mehr als naturgegeben
aufgefasst wird, sondern als künstlicheKonstruktion, als artefactum, das gerade entgegen der
menschlichen Natur – die nach Hobbes anthropologischen Prämissen und seinen
Erfahrungen des englischen Bürgerkrieges vor allem in Konkurrenz und Machtgier
besteht[31] –
gebildet werden muss.[32]
In aller
Deutlichkeit muss auf die Neuartigkeit dieses Gedankens, aus dem heraus die
Konzeption der staatlichen Legitimität und Souveränität per Vertrag, worauf
hier nicht eingegangen werden kann, von Hobbes erst verständlich wird,
hingewiesen werden: Der Staat, die Ordnung, der Friede, den die Menschen
suchen, muss Hobbes zufolge gegen den Menschen und seine natürliche Pleonexia
durchgesetzt werden.
Hobbes folgert aus diesen – hier
nur umrissenen – Annahmen, dass es einer Zwangsgewalt bedarf, die die Menschen
in dem „bellum omnia contra omnes“ – der zwangsläufig folgen müsste, da sich
die Menschen in ihrem grenzenlosen Streben nach immer mehr Gütern gegenseitig
vernichten würden, weil sie einander Hindernisse wären – in Zaum hält.[33]
Dieser Ausgangszustand des Menschen führt bei Hobbes konsequent zum Entwurf
eines absoluten, durch keine Gewaltenteilung eingeschränkten Staates mit einem
Souverän an der Spitze, der an kein Recht gebunden ist, sondern an den Auftrag,
für Ruhe und Sicherheit im Staate zu sorgen:
„Die
Aufgabe des Souveräns, ob Monarch oder Versammlung, ergibt sich aus dem Zweck,
zu dem er mit der souveränen Gewalt betraut wurde, nämlich der Sorge für die Sicherheit
des Volkes. Hierzu ist er kraft natürlichen Gesetzes verpflichtet, sowie
zur Rechenschaft vor Gott, dem Schöpfer dieses Gesetzes, und nur vor ihm.“[34]
Den Zweck des Staates sieht
Hobbes also im Gegensatz zum Aristotelischen Polisideal nicht mehr in der
Realisierung der menschlichen natürlichen Anlagen – ihres je eigenen
intrinsischen telos - , sondern
allein nur noch in der Ermöglichung des friedlichen Zusammenlebens der Bürger,
das nur gegen die Macht-Interessen der Einzelnen durchgesetzt werden
kann.
Der Staat
ist jetzt ein künstliches Gebilde, eine machina machinarum, der nur zu
dem Zweck besteht, das natürliche Mehrhabenwollen des Menschen so weit
einzugrenzen, dass - wenn schon kein harmonisches Zusammenleben –, so doch
zumindest eine friedliche Koexistenz von vereinzelten Individuen möglich wird.
Dementsprechend sichert der Staat die Autarkie ausschließlich im heutigen
ökonomischen Sinne: er ermöglicht denAustausch von Waren und die Entwicklung von Gewerbe – also die
Entwicklung des jeweils individuellen Gewinnstrebens und der Profitmaximierung.[35]
Hobbes hat das
„Mehrhabenwollen“ (die von Aristoteles verurteilte Pleonexia) als Grundantrieb des Menschen als seine natürliche
Bedingung gesehen und als faktisch gegeben akzeptiert – und darauf ein neues
System der Moralphilosophie wie der politischen Wissenschaft konstruiert, von
dem Hegel sagte, das es „über die Natur der Gesellschaft und der Regierungen
gesündere Gedanken, als zum Teil noch im Umlauf sind“[36] enthalte.
4.
Schluß
„Was vernünftig ist, das ist wirklich;
Und
was wirklich ist, das ist vernünftig.
In dieser Überzeugung steht
jedes unbefangene Bewußtsein, wie die Philosophie, und hiervon geht diese
ebenso in Betrachtung des geistigen Universums
aus, als des natürlichen. Wenn die
Reflexion, das Gefühl oder welche Gestalt das subjektive Bewußtsein habe, die Gegenwart für ein Eitles ansieht, über sie hinaus ist und es besser weiß, so befindet
es sich im Eiteln, und weil es Wirklichkeit nur in der Gegenwart hat, ist es so
selbst nur Eitelkeit. Wenn umgekehrt die Idee
für das gilt, was nur so eine Idee, eine Vorstellung in einem Meinen ist,
so gewährt hingegen die Philosophie die Einsicht, daß nichts wirklicher ist als
die Idee. … Denn das Vernünftige, was synonym ist mit der Idee, indem es in
seiner Wirklichkeit zugleich in die äußere Existenz tritt, tritt in einem
unendlichen Reichtum von Formen, Erscheinungen und Gestaltungen hervor, und
umzieht seinen Kern mit bunter Rinde, in welcher das Bewußtsein zunächst haust,
welche der Begriff erst durchdringt, um den inneren Puls zu finden und ihn
ebenso in den äußern Gestaltungen noch schlagend zu fühlen.“[37]
Warum Hegel zum Schluß dieses
Beitrags zitiert?
Nicht um zum Schluß noch ein
neues Feld, das schwierig genug zu behandeln wäre, zu eröffnen. Sondern weil
Hegel - als auch großer politischer Philosoph - Aristoteles wie Hobbes ihr Recht gibt,
insofern die Philosophie die Wirklichkeit inGedanken gefaßt in ihrer Zeit darstellt: Es kann meines Erachtens für unser Interesse nicht darum gehen, ihnen
aus unseren Standpunkten (für die ich nur unzureichend gerüstet wäre) ihre
Grenzen aufzuweisen (methodisch usw.), sondern nur darum, zu klären, wieweit
sie Existenzformen des Menschen entworfen haben, die nicht nur wirklich waren
(und in Hobbes Fall auch weiter sind), sondern auch unserer gegenwärtigen Existenz
und unseren Hoffnungen entsprechen.
Denn was sollte
Philosophie sonst unsheute - jenseits
von Neurowissenschaften, Ökonomie, Logik und sonstigen
Kalkulationswissenschaften, die in Folge alle von Galielei und Hobbes stammen,
zu denen aber die wenigsten Menschen Zugang haben - interessieren, wenn sie uns nicht den Weg und
die Anstrengung des Denkens über uns und unsere Welt zu zeigen vermöchte, um
„den unendlichen Reichtum von Formen, Erscheinungen und Gestaltungen“ mittels
der Arbeit am Begriff zu durchdringen, „um den inneren Puls zu finden und ihn
ebenso in den äußeren Gestaltungen noch schlagend zu fühlen“ ?
PLEONEXIA/MEHRHABENWOLLEN: dieser Begriff war der
Ausgangspunkt dieses Beitrags.
Ich wollte daran deutlich machen,
daß zwischen Aristoteles und Hobbes (damit zwischen der Antike und Moderne bzw.
zwischen zwei großen Systematikern ihrer Zeit) grundlegende Unterschiede in
Hoffnungen und Zielen - wie in den diesen zugrundeliegenden Gesellschaften - bestehen. Sie haben je das begrifflich
herausgearbeitet, was für ihre Gesellschaften tragend oder für ihren Bestand
gefährlich war. Daß das Prinzip der Bereicherung nicht zum Funktionieren der
Gesellschaft und zu einem Guten Leben hinreicht, zeigen die neueren
Wirtschaftsdaten und weltweiten Verwerfungen. Daß der Staat als Verwalter
unserer Angst nicht genügt, ist offensichtlich.
Was bleibt also
als Ergebnis der Bemühung um Klärung? Über die Zeit hinweg bleibt– und stark – die grundlegende Frage der
Philosophie nach dem Staunen als Anfang
der Philosophie, oder – hier scheinbar abgeschwächt zu einer Besorgnis – die
Frage des Sokrates: „[…] daß ich schwanke, ist wohl nichts Wunderbares, und
jeder Ungelehrte; wenn aber auch ihr schwanken wollt, ihr Weisen, das ist dann
ein großes Unglück auch für uns, wenn wir nicht einmal bei euch zur Ruhe kommen
können von unserem Schwanken.“[38]
Diese Unruhe bleibt. Differenzen
deutlich zu machen und zu klären, was ein gutes Leben und die Bedingungen dafür
sind, bleibt ebenfalls über Gesellschaftsbrüche und Methodenbrüche hinweg und
vermag vielleicht sogar über Kulturgrenzen hinweg Verbindungen herzustellen. Damit
kann die Philosophie – und insbesondere die Moralphilosophie – beitragen, was
sowohl Aristoteles wie Hobbes intendierten: die Welt zu einem gerechter
geregelten und friedlicheren Ort zu machen. Mit Sokrates: für Ungelehrte und
Weise zugleich.
5.
Literatur
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Hannah: Vita activa oder vom tätigen
Leben, München 1998.
Aristoteles:
Nikomachische Ethik, Übers. u. Hrsg.
Ursula Wolf, Reinbek bei Hamburg 2006.
Aristoteles:
Politik, Übers. u. Erl. Eckart
Schütrumpf, in: Aristoteles. Werke, Hrsg. Hellmut Flashar, Berlin 1991.
Busche,
H.: „pleonexia / Mehrhaben(wollen)“, in: Otfried Höffe (Hrsg.):
Aristoteles-Lexikon,
Stuttgart 2005.
Delling,
G.:„πλεονέκης“, in: Geriard Friedrich (Hrsg.): Theologisches Wörterbuch zum neuen
Testament, Stuttgart 1959, Bd. VI, S.
266-274.
Frank,
Karl Suso: „Habsucht (Geiz).“, in: Theodor Klauser, Ernst Dassmann u. a.
(Hrsg.):
Reallexikon für
Antike und Christentum,
Stuttgart 1986, Bd. XIII, Sp. 226-248.
Hegel,
G.W.F.: Grundlinien der Philosophie des
Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse, Berlin 1981.
Heger,
Rainer: Die Politik des Thomas Hobbes.
Eine Studie zur Geschichte der klassischen
bürgerlichen
Staatstheorie,
Frankfurt/New York 1981.
Hobbes,
Thomas: Leviathan, Hrsg. u. Einl.
Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966.
Hobbes,
Thomas: Vom Bürger, Berlin 1967.
Hobbes,
Thomas: Behemoth oder Das Lange Parlament,
Hrsg. Herfried Münkler,
Frankfurt/Main 1991.
Horkheimer,
Max/Theodor W. Adorno: Dialektik der
Aufklärung. Philosophische Fragmente,
Frankfurt am Main 17. Auflage 2008.
Kersting,
Wolfgang: Thomas Hobbes zur Einführung,
Hamburg 1992.
Macpherson,
Crawford B.: Die politische Theorie des
Besitzindividualismus, Frankfurt am
Main 1967.
Metzger,
Hans-Dieter: Thomas Hobbes und die
Englische Revolution, Stuttgart-Bad Cannstatt
1991.
Platon:
Hippias minor, Berlin 1989
Reiner,
H.: „Geiz“, in: Joachim Ritter (Hrsg.): Historisches
Wörterbuch der Philosophie,
Basel/Stuttgart 1974, Bd. III, Sp. 217-219.
Wolfers,
Benedikt: „Geschwätzige Philosophie“.
Thomas Hobbes` Kritik an Aristoteles,
Würzburg 1991.
[1]
Hierbei gehe ich von den das politische und
wirtschaftliche Handeln bestimmenden politischen Theorien aus. Daß der
Aristotelismus über den Thomismus in der katholischen Soziallehre fortlebt und
die Basis deren gesellschaftskritischer und politischer Äußerungen bildet, kann
hier ebenso wenig untersucht werden, wie die Frage, inwieweit etwa politische
Theorien – und die daraus resultierenden politischen Systeme des 20.
Jahrhunderts – , die eine Form von Gemeinschaft in den Mittelpunkt ihres
politischen Wollens stellten, oder etwa der Kommunitarismus oder moderne
religiös-politische Entwürfe an vormoderne politische Ideen anknüpfen.
[2] Für Hobbes als den
deutlichen Beginn eines neuen Denkens in den politischen Wissenschaften sowie
seines grundsäztlich anderen Ansatzes und seine Folgen in der Moderne vgl. hier
nur: Hannah Arendt, Vita activa oder vom
tätigen Leben, München 19981, S. 382 ff.; Max Horkheimer/Theodor W. Adorno,
Dialektik der Aufklärung. Philosophische
Fragmente, Frankfurt am Main 17. Auflage 2008, S. 97; Wolfgang Kersting, Thomas Hobbes zur Einführung, Hamburg
1992, S. 45 ff.
[3] Diese Kritik ist so häufig und umfassend, dass ich
auf sie nicht im Detail eingehen kann. Siehe dazu die hervorragende Studie von
Benedikt Wolfers: „Geschwätzige Philosophie“. Thomas Hobbes` Kritik an
Aristoteles, Würzburg 1991.
[4] Vgl. Thomas Hobbes, Behemoth oder das lange Parlament, Hrsg. Herfried Münkler,
Frankfurt/Main 1991, S. 14.
[5] Vgl. Crawford B. Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt am
Main, 1967, S. 74 ff.
[6]Dass die Pleonexia nicht nur für Aristoteles, sondern für die
gesamte antike Philosophie und Geschichtsschreibung sehr stark negativ besetzt
war, zeigt sich daran, dass der Begriff schon bei Herodot und Thukydides
abwertend gebraucht wurde, ebenso bei Xenophon, Platon, Epikur u. a. - siehe
dazu: G. Delling:„πλεονέκτης“, in: Geriard Friedrich (Hrsg.): Theologisches
Wörterbuch zum neuen Testament, Stuttgart 1959, Bd. VI, S. 266-274; Karl
Suso Frank: „Habsucht (Geiz).“, in: Theodor Klauser, Ernst Dassmann u. a.
(Hrsg.): Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1986, Bd.
XIII, Sp. 226-248; sehr knapp auch: H. Reiner: „Geiz“, in: Joachim Ritter
(Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Basel/Stuttgart 1974,
Bd. III, Sp. 217-219.
[7]H. Busche,
„pleonexia / Mehrhaben(wollen)“, in: Otfried Höffe (Hrsg.): Aristoteles-Lexikon,
Stuttgart 2005, S. 456.
[8]Aristoteles,
Nikomachische Ethik (EN),Übers. u. Hrsg. Ursula Wolf, Reinbek bei Hamburg 2006, 1129b28-1130a10.
[9]Vgl.
Aristoteles, EN, a. a. O., 1129a35 f.
[10]Aristoteles,
EN, a. a. O., 1131a10 ff.
[11]Vgl. Aristoteles,
EN, a. a. O., 1131a10-25.
[12]Aristoteles,
EN, a.a.O., 1129b28-1130a10.
[13]Vgl.
Aristoteles: EN, a. a. O., 1168b16-19.
[14]Aristoteles:
Politik, Übers. u. Erl. Eckart Schütrumpf, in: Aristoteles. Werke,
Hrsg. Hellmut Flashar, Berlin 1991, Bd. IX, 1297a6-15.
[15]Vgl.
Aristoteles: EN, a. a. O., 1097b8-16.
[16]Aristoteles,
Politik, a. a. O., 1252b27-30.
[17]Thomas
Hobbes, Vom Bürger, Berlin 1967, S. 61.
[18]Vgl. Thomas
Hobbes, Vom Bürger, a. a. O., S. 61.
[19] Vgl. Wolfgang Kersting, Thomas Hobbes zur Einführung, a. a. O., S. 39.
[20] Siehe zu Thomas Hobbes und dem Englischen
Bürgerkrieg: Hans-Dieter Metzger, Thomas
Hobbes und die Englische Revolution, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991.
[21] Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, a. a. O., S.
97.
[22] Vgl. Thomas Hobbes, Leviathan, Hrsg. U. Einl. Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966, S.
95.
[23]„Die
meisten, welche über den Staat geschrieben haben, setzen voraus oder erbitten
oder fordern von uns den Glauben, daß der Mensch von Natur ein zur Gesellschaft
geeignetes Wesen sei, also das, was die Griechen ζῷον πολιτικόν nennen. Auf
dieser Grundlage errichten sie ihre Lehre von der bürgerlichen Gesellschaft,
als ob zur Erhaltung des Friedens und zur Regierung des menschlichen
Geschlechts nichts weiter nötig wäre, als daß die Menschen sich auf gewisse
Verträge und Bedingungen einigten, die sie selbst dann Gesetze nennen. Dieses
Axiom ist jedoch trotz seiner weitverbreiteten Geltung falsch; es ist ein
Irrtum, der aus einer allzu oberflächlichen Betrachtung der menschlichen Natur
herrührt. [...] Der Mensch sucht also von Natur keine Gesellschaft um der
Gesellschaft willen, sondern um von ihr Ehre und Vorteil zu erlangen; dies
begehrt er zuerst, das andere nur an zweiter Stelle.“ (Thomas Hobbes, Vom
Bürger, a. a. O., S. 76).
[24]Thomas
Hobbes, Leviathan, Hrsg. u. Einl. Iring Fetscher, Frankfurt/Main 1966,
S. 75.
[25]„Freiheit
bedeutet genau genommen das Fehlen von Widerstand, wobei ich unter Widerstand
äußere Bewegungshindernisse verstehe. [...] Und nach dieser genauen und allgemein
anerkannten Bedeutung ist ein Freier, wer nicht daran gehindert ist, Dinge, die
er auf Grund seiner Stärke und seines Verstandes tun kann, seinem Willen
entsprechend auszuführen.“ (Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 163).
[26] Hannah Arendt hat dies im sechsten Kapitel von: Vita activa, a.a.O., S. 318 ff.,
beeindruckend dargestellt.
[27]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S.
70.
[28]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S.
71.
[29]Im Gegensatz
zu Aristoteles, für den Ethik und Politik sehr eng miteinander verknüpft sind:
Aristoteles bemerkt am Ende der EN (X 10), dass die meisten Menschen
durch staatliche Erziehung und Gesetzgebung zum guten Leben erzogen werden
müssten. Damit leitet Aristoteles zur Politik über, die von der Frage
nach eben dieser Gesetzgebung ausgeht. Da die Polis das in der EN
dargestellte gute Leben verwirklichen soll, ist die Politik eine
konsequente Fortsetzung der EN: „Da nun unsere Vorgänger das Thema der
Gesetzgebung unerforscht gelassen haben, ist es vielleicht besser, dass wir selbst
es untersuchen, überhaupt das Thema der Staatsverfassung, damit die
philosophische Untersuchung über die menschlichen Dinge so weit wie möglich zu
Ende gebracht wird. [...] Mit dieser Erörterung wollen wir nun beginnen.“
(Aristoteles, EN, a. a. O., 1181b12-25).
[30]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S.
95.
[31] „So liegen also in der menschlichen Natur drei
hauptsächliche Konfliktursachen: Erstens Konkurrenz, zweitens Mißtrauen, drittens
Ruhmsucht.“ (Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 95).
[32]Das Hobbes den
Staat als künstliche Konstruktionsleistung des Menschen betrachtet, wird in
seiner Einleitung zum Leviathan deutlich, in der sämtliche Themen der
Hobbes`schen Philosophie in nuce vorliegen. Deshalb sei sie hier
ausführlich zitiert:„Die Natur (das
ist die Kunst, mit der Gott die Welt gemacht hat und lenkt) wird durch die Kunst des Menschen wie in vielen anderen
Dingen so auch darin nachgeahmt, daß sie ein künstliches Tier herstellen kann.
Denn da das Leben nur eine Bewegung der Glieder ist, die innerhalb eines
besonders wichtigen Teiles beginnt – warum sollten wir dann nicht sagen, alle Automaten (Maschinen, die sich selbst
durch Federn und Räder bewegen, wie eine Uhr) hätten ein künstliches Leben?
Denn was ist das Herz, wenn nicht
eine Feder, was sind die Nerven, wenn nicht viele Stränge, und was die Gelenke, wenn nicht viele Räder, die den ganzen Körper so in
Bewegung setzen, wie es vom Künstler beabsichtigt wurde? Die Kunst geht noch weiter, indem sie auch
jenes vernünftige, hervorragendste Werk der Natur nachahmt, den Menschen. Denn durch Kunst wird jener
große Leviathan geschaffen, genannt Gemeinwesen oder Staat, auf lateinisch civitas,
der nichts anderes ist als ein künstlicher Mensch, wenn auch von größerer
Stärke als der natürliche, zu dessen Schutz und Verteidigung er ersonnen wurde.
Die Souveränität stellt darin eine
künstliche Seele dar, die dem ganzen Körper Leben und Bewegung gibt, die Beamten und andere Bediensteten der Jurisdiktion und Exekutive künstliche Gelenke, Belohnung und Strafe, die mit dem Sitz der
Souveränität verknüpft sind und durch die jedes Gelenk und Glied zur
Verrichtung seines Dienstes veranlaßt wird, sind die Nerven, die in dem natürlichen Körper die gleiche Aufgabe erfüllen.
Wohlstand und Reichtum aller einzelnen Glieder stellen die Stärke dar, salus populi
(die Sicherheit des Volkes) seine Aufgabe; die Ratgeber, die ihm alle Dinge vortragen, die er unbedingt wissen
muß, sind das Gedächtnis, Billigkeit und Gesetze künstliche Vernunft
und künstlicher Wille; Eintracht ist Gesundheit, Aufruhr, Krankheit und Bürgerkrieg Tod. Endlich aber gleichen die Verträge und Übereinkommen,
durch welche die Teile dieses politischen Körpers zuerst geschaffen,
zusammengesetzt und vereint wurden, jenem „Fiat“ oder „laßt uns Menschen
machen“, das Gott bei der Schöpfung aussprach.
Um die Natur dieses künstlichen
Menschen zu beschreiben, möchte ich untersuchen:
Erstens, Werkstoff und Konstrukteur;
beides ist der Mensch.
Zweitens, wie und durch welche Verträge
er entsteht, was die Rechte und die
gerechte Macht oder Autorität eines Souveräns sind, und was ihn erhält
oder auflöst.“
(Thomas Hobbes, Leviathan,
a. a. O., S. 5)
[33]Vgl. Thomas Hobbes, Leviathan, a. a.
O., S. 96.
[34]Thomas Hobbes, Leviathan, a. a. O., S.
255.
[35]Vgl. Thomas
Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 96;
S. 98; S. 165 - Hieraus folgert Crawford B. Macpherson zu Recht, daß Hobbes
Theoretiker einer „Eigentumsmarktgesellschaft“ ist (Crawford Macpherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt am Main
1967, S. 74 ff.)
[36]G. W.F. Hegel, Geschichte
der Philosophie, S. 226, zitiert nach: Rainer Heger, Die Politik des Thomas Hobbes. Eine Studie zur Geschichte der
klassischen bürgerlichen Staatstheorie, Frankfurt/New York 1981, S. 8.
[37] G.W.F. Hegel: Grundlinien
der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse,
Berlin 1981, S. 25 f.
[38] Platon, Hippias
minor, 376c, Berlin 1989, S. 24 f.
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