Erschienen in Ausgabe: No 116 (10/2015) | Letzte Änderung: 07.10.15 |
von Michael Lausberg
In der letzten Phase des
2. Weltkrieges machten sich im östlichen Mitteleuropa sowohl aus Überzeugung
als auch aus Angst vor der Rache für die deutschen Verbrechen in Osteuropa
Teile der deutschen Zivilbevölkerung auf den Weg Richtung Westen.[1] Gemäß den Ergebnissen des
Potsdamer Abkommens wurde in den Jahren nach 1945 die verbliebene deutsche
Bevölkerung vor allem aus Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei
ausgesiedelt. So trafen bis 1949 in der späteren Bundesrepublik ca. 7,6
Millionen „Heimatvertriebene“ ein, was in etwa 16% der Gesamtbevölkerung
entsprach. Dies führte wegen der Armut und der hohen Arbeitslosigkeit in den
Aufnahmeregionen zu großen sozialen Spannungen zwischen der autochthonen
Bevölkerung und den „Heimatvertriebenen“. Die Alliierten befürchteten deshalb
eine politische Radikalisierung und erließen ein Koalitionsverbot für die
„Heimatvertriebenen“. Nach dem Beginn des „Kalten Krieges“ wurde dieses
Koalitionsverbot unterlaufen und auf lokaler und regionaler Ebene gründeten
sich die ersten Zusammenschlüsse der „Heimatvertriebenen“.[2]Die Ziele
dieser Organisationen bewegten sich von Anfang an zwischen den Polen der
Sozialpolitik und des Revanchismus. Einerseits engagierten sich diese
Organisationen für eine materielle und politische Eingliederung der
„Heimatvertriebenen“ sowohl an den lokalen Wohnsitzen als auch in die
gesellschaftlichen Strukturen der BRD insgesamt. Andererseits wurde eine
Rückkehr in die jeweiligen „Vertreibungsgebiete“ gefordert.
Die Initiative
zur Gründung von Interessensorganisationen der „Heimatvertriebenen“ ging häufig
von ehemaligen NS-Mitgliedern aus, die hier ein ausgezeichnetes
Wiederbetätigungsfeld ausmachten. Bei den „Heimatvertriebenen“ war ein breiter
antikommunistischer Grundkonsens vorherrschend, der Stereotyp vom
„bolschewistischen Terror“ war weit verbreitet. Ein weiterer Anknüpfungspunkt
war die vorherrschende Interpretation unter den „Heimatvertriebenen“, dass
nicht der deutsche Angriffskrieg Schuld an ihrem Schicksal war, sondern die Politik
des bolschewistischen Russlands, als dessen Opfer sie sich sahen. Das angeblich
durch die „kommunistische Expansionspolitik“ verursachte gemeinsame Schicksal
der verschiedenen Klassen und Schichten der „Heimatvertriebenen“ bereitete den
sozialen Boden für die Entstehung eines volksgemeinschaftlichen Denkens.
In Nordrhein
Westfalen gründeten der Aktivist Georg Goebel und der Organisator der
Bombengeschädigten in Nordrhein-Westfalen, Paul Mertens, wenige Wochen vor der
Bundestagswahl 1949 die Tatgemeinschaft freier Deutscher (TfD). Durch die
Bildung von Aktionsausschüssen versuchte die TfD auch in Niedersachsen, Bremen
und Westberlin Fuß zu fassen. Jedoch blieb diesem Vorläufer des BHE die
Lizenzierung versagt.[3]
Auf maßgebliche Initiative
von Waldemar Kraft, Alfred Gille und Hans-Adolf Asbach gründete sich am
08.01.1950 in Kiel der BHE. Diese drei Gründungsväter besaßen alle eine
nationalsozialistische Vergangenheit. Waldemar Kraft war von 1940 bis 1945
Geschäftsführer der „Reichsgesellschaft für Landbewirtschaftung“. Seit 1943 war
er NSDAP- Mitglied und bekleidete den Titel des „Ehren-Hauptsturmführers der
Allgemeinen SS“. Alfred Gille wurde 1933 Mitglied der SA und 1937
NSDAP-Mitglied. Hans-Adolf Asbach war zwischen 1934-1935 SA-Mitglied und wurde
1934-39 zum Abteilungsleiter der Deutschen Arbeitsfront (DAF) befördert. 1957
wurde Asbach in Schleswig-Holstein zum Rücktritt von seinem Ministeramt in der
Landesregierung gezwungen, da er für die Anwerbung vieler ehemaliger
Nationalsozialisten bzw. ehemaliger SS-Mitglieder in seiner Behörde
verantwortlich war.
Bei der
Landtagswahl im Juli 1950 in Schleswig-Holstein erzielte der BHE unterstützt
von anderen „Vertriebenenverbänden“ mit 23,4% der Stimmen einen großen Erfolg.
In der Regierungskoalition stellte der BHE den stellvertretenden
Ministerpräsidenten sowie zwei Minister. Ausgehend von Schleswig-Holstein
breitete sich der BHE in der gesamten Bundesrepublik aus. Am 27./28.01.1951
gründete sich in Bonn der Bundesverband der BHE; Waldemar Kraft wurde zum
Vorsitzenden gewählt. Mit dem 1. Bundesparteitag vom 13./14.09.1952 in Goslar
war die Bildung einer Bundesorganisation auch formell abgeschlossen. Der BHE
entwickelte sich zum Sprachrohr für die materiellen Interessen der
„Heimatvertriebenen“, vor allem bei den Auseinandersetzungen um den so
genannten Lastenausgleich, wo es um die Entschädigung deutscher
Bevölkerungsgruppen ging, die aufgrund des 2.Weltkrieges Eigentumsverluste
hinnehmen mussten. Der enorme Aufschwung des BHE hatte zur Folge, dass Teile
des extrem rechten und revanchistischen Spektrums der Partei beitraten und dort
versuchten, Einfluss zu gewinnen. Richard Stöss schrieb: „Keine andere Partei
zählte vermutlich so viele ehemalige NS-Funktionäre zu ihren ‚Amtsträgern’ wie
der BHE.“[4]
Die New York Times notierte: „Wilhelm Schepmann, der letzte Führer von Hitlers
Sturmtruppen wurde in einen Kreisausschuss in Niedersachsen durch den BHE
gewählt. (…) Das politische Comeback der früheren Nazis ist kennzeichnend für
den Charakter der kommenden Bundestagswahlen. Viele frühere Nazis, darunter
Wilhelm Schepmann, bewerben sich um Ämter in der früheren Nazihochburg
Niedersachsen. Ihr Erfolg lässt die Drohung einer politischen Rückkehr des
Nationalsozialismus auferstehen.“[5]
Der Aufschwung
des BHE setzte sich bei der Bundestagswahl 1953 fort, als die Partei 7% der
Stimmen erhielt und mit 27 Mandaten in das Parlament einzog. Die BHE-Fraktion
trat daraufhin der Regierungskoalition Adenauers bei und bekam zwei
Ministerposten für Waldemar Kraft (Besondere Aufgaben) und für Theodor
Oberländer (Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte). Auf dem 2.
Bundesparteitag am 08./09.05. 1954 in Bielefeld kritisierten vor allem
landsmannschaftlich gebundene Parteifunktionäre die Westintegrationspolitik der
Bundesregierung als Festschreibung der Teilung Deutschlands.[6]
Bundesminister Oberländer wurde Nachfolger des scheidenden Parteigründers
Kraft. Theodor Oberländer (01.05.1905-04.05.1998) gilt als prominentes Beispiel
für das Phänomen der personellen Kontinuität der Eliten im „Dritten Reich“ und
der Bundesrepublik. 1923 nahm Oberländer am Hitler-Putsch in München teil, 1933
trat er in die NSDAP und in die SA ein, wo er den Rang eines Hauptsturmführers
erhielt. Von 1934 bis 1937 war Oberländer „Reichsführer“ des völkischen „Bundes
deutscher Osten“, der nach seiner Gründung im Jahre 1933 neben dem „Verein für
das Deutschtum im Ausland“ (VDA) eine der tragenden Säulen der
NS-Volkstumspolitik war.[7]
Bis 1940 bekleidete Oberländer Professuren im ehemaligen Danzig, Greifswald und
im ehemaligen Königsberg. Dort entwickelte er sich zu einem Propagandisten der
„Bevölkerungspolitik“ des NS-Staates. 1940 war er „Ostexperte“ und Offizier der
ukrainischen Wehrmachtseinheit „Nachtigall“, die bei ihrem Einmarsch im
heutigen Lwiw Massenmorde mit bis zu 5.000 Opfern begingen.[8]
Am 29.04.1960 wurde Oberländer deshalb in der DDR in Abwesenheit zu
lebenslänglicher Haft verurteilt; dieses Urteil wurde 1993 in der BRD
aufgehoben. 1943 bekam Oberländer eine Professur in Prag und erteilte
Schulungen des NS-Führungsnachwuchses. Im postfaschistischen Deutschland wurde
er zunächst 1948 FDP-Mitglied, bevor er 1950 zum BHE wechselte. 1953 wurde er
in den Bundestag gewählt und im selben Jahre Bundesminister für Vertriebene,
Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. 1960 trat er nach Vorwürfen wegen seiner
Tätigkeit während des Nationalsozialismus zurück.[9]
Nachdem er 1954 zum Vorsitzenden des BHE gewählt wurde, trat er ein Jahr später
aus der Partei aus und schloss sich der CDU an. 1994 wurde er am „Tag der
Heimat“ in Berlin vom VDA-Verwaltungsratsmitglied Eberhard Diepgen wegen seiner
„Verdienste um den deutschen Osten“ geehrt.
Im Jahre 1955
trat eine Parlamentarier-Gruppe um eben die Funktionäre Kraft und Oberländer
(K.-O.-Gruppe) in spektakulärer Weise aus dem BHE aus. Hintergrund dieser
Entscheidung waren schwerwiegende Differenzen innerhalb der Partei anlässlich
der Frage einer „Europäisierung“ der Saar. In diesem Machtkampf setzte sich die
nationalistische Fraktion um Frank Seiboth und Linus Kather durch, was dazu
führte, dass der BHE im Bundestag den Gang in die Opposition antrat. Frank
Seiboth war 1939 „Gauleiter“ für Schulung und Leiter des NS-Schulungslagers im
ehemaligen „Sudetengebiet“. Linus Kather war für seine extrem rechte
Einstellung bekannt. Nach dem Ausscheiden aus dem BHE kandidierte er 1969
anlässlich der Bundestagswahl für die NPD.
Mit Seiboth und
Kather an der Spitze veränderte sich die Stellung des BHE innerhalb des
westdeutschen Parteiensystems. Der spätestens seit 1952 dem Bürgerblock
zugehörige BHE rückte an den rechten Rand des Parteiensystems. Es war
offensichtlich, dass das einsetzende westdeutsche „Wirtschaftswunder“ für eine
zunehmende ökonomische Integration der „Heimatvertriebenen“ in die
bundesrepublikanische Gesellschaft sorgte. Mit dieser Entwicklung ging dem BHE
jedoch das bis dahin prägende Politikfeld der Sozialpolitik verloren. Dies
führte zu einer Neubestimmung der politischen Inhalte des BHE. Die im Jahre
1955 einsetzende stärkere Betonung der Forderung der Vertriebenen nach
„Heimatrecht im Osten“ bedeutete eine extrem rechte Orientierung des BHE. Die
antidemokratischen Kräfte innerhalb der Partei bekamen Auftrieb, und es häuften
sich die Fälle von Zusammenarbeit mit anderen extrem rechten Gruppierungen.
Führende BHE-Vertreter waren zudem Mitglied des elitären, völkischen
Witikobundes, der sich weitgehend aus ehemaligen Nationalsozialisten aus dem
früheren Sudetenland zusammensetzte.[10]
Das Abgleiten
des BHE in ein extrem rechtes Fahrwasser ab Mitte der 1950er Jahre lässt sich
auch auf dem Bundesparteitag vom 25.-27.04.1957 in Düsseldorf beobachten, wo
Leitsätze beschlossen wurden, die die Forderung nach der Wiederherstellung
eines „völkischen deutschen Reiches von der Saar bis an die Memel“
einschließlich des Sudetenlandes enthielten: „Das Bekenntnis zur Freiheit der
Nation bedeutet ein klares Eintreten für ihren Schutz gegen äußere Bedrohung.
(…) Daher kann das Verhältnis zwischen Volk und Wehr auch nicht auf
gegenseitigem Misstrauen aufgebaut werden, sondern nur auf dem Willen, die
Freiheit gemeinsam zu schützen – und gemeinsam zu überleben. (…) In der
gesellschaftlichen Struktur eines Volkes nimmt das Bauerntum als Wahrer des
volklichen Brauchtums und der nationalen Eigenart einen besonderen Platz ein.
(…) Das Ziel der deutschen Außenpolitik muß die Herstellung Gesamtdeutschlands
in den ihm rechtens zustehenden Grenzen sein. Der erste Schritt dazu ist die
Wiedervereinigung der sowjetischen Besatzungszone mit der Bundesrepublik. Ihm
wird folgen die Beendigung fremder und völkerrechtswidriger Herrschaft über die
Ostgebiete des Deutschen Reiches und die Einbeziehung dieser Gebiete in
Gesamtdeutschland mit friedlichen Mitteln.(…) Die Treuhänderschaft der
Bundesrepublik für die Ostgebiete des Deutschen Reiches umfasst den völkerrechtlich
einbandfreien Besitzstand im Zeitpunkt des Zusammenbruchs des Jahres 1945. Nach
Auffassung des Gesamtdeutschen Blocks/BHE gehören zu diesem Besitzstand ebenso
das Sudetenland wie auch das Memelgebiet. (…) Stetes Ziel der deutschen
Außenpolitik muß die Herstellung der vollen Souveränität und Handlungsfreiheit
eines wiedervereinigten Deutschen Reiches in den ihm zustehenden Grenzen sein.“[11]
Es wurde
herausgestellt, dass „allen Verzichtspolitikern“ der „entschlossene Kampf des
Blocks“ gelte. Anschließend wurde die Auffassung über den Zweck der
westdeutschen Partnerschaft in der NATO genannt: „Wir fordern darüber hinaus
von der deutschen Bundesregierung, endlich an unsere westlichen Verbündeten das
dringende Verlangen zu richten, die Rechtsansprüche auf die Ostgebiete des
Deutschen Reiches anzuerkennen. Eine solche Anerkennung ist die unausweichliche
Folge der Bindungen und Verpflichtungen, die durch den Abschluss der Pariser
Verträge und die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO sich ergeben.“[12]
Das Gesetz nach
Artikel 131 des Grundgesetzes aus dem Jahre 1951, das die Wiedereingliederung
von Beamten, die 1945 von den Alliierten aus politischen Gründen entlassen
worden waren, und von ehemaligen Berufssoldaten in den Öffentlichen Dienst
regelte, sollte nach der Auffassung des BHE reformiert und abgeschlossen
werden. Die Beseitigung angeblich diffamierender Bestimmungen über die
Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS und ähnlicher Personengruppen sollte dabei
im Mittelpunkt stehen.
Seit dem
Parteitag in Düsseldorf wurden die Leitworte „national“ und „sozial“
herausgestellt, was dazu führte, dass die Partei dem wachsenden Vorwurf in der
Öffentlichkeit gegen die Parallelität mit der NSDAP ausgesetzt wurde.
Mit diesen neuen
Schwerpunkten verfehlte der BHE 1957 mit nur noch 4,6% der Stimmen den Wiedereinzug
in den Bundestag. Der Wahlsieg der Unionsparteien 1957 schürte die Angst vor
einem Zweiparteiensystem und steigerte bei den kleineren bürgerlichen Parteien
die Bereitschaft, eine „Dritte Kraft“ zu bilden. Nach der Bundestagswahl kam es
in Niedersachsen zu einem Modellfall: Ende September 1957 bildeten die
Abgeordneten des BHE und der FDP eine Fraktionsgemeinschaft, der sich Anfang
November auch die sechs Abgeordneten der extrem rechten Deutschen Reichspartei
anschlossen. Dieses Bündnis wurde vom Bundesausschuss des BHE ausdrücklich
gebilligt. Im Juni 1958 wurde diese Allianz jedoch wieder aufgelöst, was dazu
führte, dass zwei BHE-Mitglieder des Landtags in Niedersachsen die Fraktion
verließen.[13]
Die zunehmenden Misserfolge des BHE führten zu Mitgliederschwund und immer
geringer werdendem Einfluss auf die Bundespolitik. Als Reaktion darauf
fusionierte die BHE-Führung vor der Bundestagswahl 1961 mit der ebenfalls
erfolglosen Deutschen Partei (DP). Am 15.04.1961 wurde die Gesamtdeutsche
Partei (GDP) gebildet, die ihr Ziel, die Fünfprozentklausel zu überwinden, aber
nicht erreichte. Bei den Bundestagswahlen 1961 bekam sie nur 2,8% der Stimmen.
Der größte Teil der ehemaligen BHE- bzw. DP-Wähler hatte sich der CDU sowie der
FDP zugewandt.[14]
Das Programm der
BHE strebte eine Restituierung des „Deutschen Reiches“ an: „Der BHE strebte die
Wiederherstellung des Deutschen Reiches mit Preußen als Kern und Ordnungszelle
an. Das Reichsdenken im BHE war primär völkisch fundiert und in letzter
Konsequenz ‚großdeutsch’.“[15]
Der BHE wandte sich auch gegen die Entnazifizierungspolitik der Alliierten:
„Schluß mit der Nazi-Riecherei-Schluß mit der Diffamierung-Schluß mit der
kalten Entnazifizierung!“[16]
Die
innerparteiliche Struktur des BHE wurde von einer Oligarchisierung und einer
mangelnden innerparteilichen Demokratie geprägt. In den Jahren seines Bestehens
bildete sich eine innere Führungsgruppe von zehn Personen heraus, die die
Arbeit des BHE in Bundesangelegenheiten zum großen Teil bestimmten.[17]
Als
Publikationsorgan gab es den „Gesamtdeutscher Block/BHE Nachrichtendienst der
Partei“ aus Bonn, der von 1953 bis 1956 bestand. Im Oktober 1956 wurde die
„Deutsche Einheit“ als zentrales Organ geschaffen. Weiterhin existierte in
Nordrhein-Westfalen „Die Sicht“ aus Bonn von März 1954 bis März 1961.
Am 09.09.1953,
also drei Tage nach der Bundestagswahl, forderte der BHE in Königswinter das
revanchistische „Recht auf Heimat“ und fabulierte von der Wiederherstellung des
„Deutschen Reiches“: „Nach Presseberichten soll der Bundeskanzler Adenauer in
einem Interview geäußert haben, daß die deutschen Ostgebiete möglicherweise als
deutsch-polnisches Kondominium verwaltet oder den Vereinten Nationen
unterstellt werden könnten: „(…) Der Gesamtdeutsche Block /BHE wird sich allen
Plänen entschieden widersetzen, die das Recht auf die Heimat und eine
jahrhundertelange Entwicklung außer Acht lassen. Bei Friedensverhandlungen wird
davon auszugehen sein, daß nach dem geltenden Völkerrecht Deutschland in seinen
bisherigen Grenzen fortbesteht.“[18]
Das Programm des
BHE für den Landeswahlkampf in Nordrhein-Westfalen 1954 enthielt völkische und
etatistische Elemente: „Der Gesamtdeutsche Block erstrebt die Sammlung aller
Deutschen. (…) Um den Fortbestand des deutschen Volkes in seinem Heimat- und
Lebensraum zu sichern, müssen die geistigen, sittlichen und wirtschaftlichen
Kräfte aller Volkskreise geweckt und gefördert werden.“[19]
Der BHE forderte eine „Wiederherstellung des geeinten deutschen Reiches als
Kernpunkt der deutschen Außenpolitik“. In der Innenpolitik lehnte der BHE einen
„übersteigerten Förderalismus“ ab und trat für die Stärkung der deutschen
Zentralgewalt ein, „ohne landschaftlich und landsmannschaftlich bedingte
Aufgaben beeinträchtigen zu wollen.“ Die Partei plädierte „für einen
endgültigen Schluss mit der kalten Entnazifizierung und Wiederherstellung der
genommenen Rechte.“ sowie die „sofortige Aussetzung aller noch schwebenden und
Überprüfung aller abgeschlossenen Kriegsverbrecherprozesse unter Haftentlassung
der Beschuldigten und Verurteilten“, was als Klientelpolitik gewertet werden
kann. In der Kulturpolitik sprach sich der BHE „für staatliche Pflege des
Kulturgutes aller Deutschen auch der mittel- und ostdeutschen Stämme“ und
„einen geistigen Austausch mit anderen Ländern auf der Grundlage der
Gegenseitigkeit und den Schutz der deutschen Kultur vor Überfremdung.“ aus.
In einem Brief
von Theodor Oberländer vom 17.06.1954, der angeblich an alle Haushalte in
Nordrhein-Westfalen verschickt werden sollte, wurde der BHE als „echte,
nichtmarxistische Sozialpartei“ bezeichnet, der „mit christlichem Geist“ für
„die sozialen Anliegen aller Volksteile kämpft.“ Der BHE wende sich gegen
„übertriebenen Förderalismus, den die Mehrheit des deutschen Volkes ablehnt.“
Festzuhalten
bleibt, dass sich der BHE für eine materielle und soziale Eingliederung der
„Heimatvertriebenen“ sowohl an den lokalen Wohnsitzen als auch in die
gesellschaftlichen Strukturen der BRD engagierte. Außerdem wurde in
revisionistischer Weise eine Rückkehr in die jeweiligen „Vertreibungsgebiete“
gefordert. Der Einfluss ehemaliger Nationalsozialisten im BHE war unübersehbar,
zahlreiche Schlüsselpositionen wurden von ihnen besetzt. Seit dem Jahre 1955
entwickelte sich der BHE mit der Forderung nach „Heimatrecht im Osten“ immer
mehr zu einer Partei mit extrem rechten Tendenzen. Die antidemokratischen
Kräfte innerhalb der Partei bestimmten den Kurs der Partei, es häuften sich die
Fälle der Zusammenarbeit mit anderen extrem rechten Gruppierungen. Das Programm
der BHE strebte eine Revitalisierung des „Deutschen Reiches“ an und wandte sich
auch gegen die Entnazifizierungspolitik der Alliierten.
[1]
Benz, W. (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen,
Ereignisse, Folgen, Frankfurt/Main 1995, S. 13
[2]
Taber, B.: Flüchtlinge und Vertriebene in der Bundesrepublik, Frankfurt/M.
2006, S. 25
[3] Stöss, R.: Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders
(Hrsg.): Parteienhandbuch Band 3 (EAP - KSP). Die Parteien der Bundesrepublik
Deutschland 1945-1980, Opladen 1986, S. 1424-1459, hier S. 1427
[4]
Ebd., S. 1441
[5]
New York Times vom 11.11.1952
[6]
Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die
Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hierS. 1435
[7]
Wachs, P.-C.: Der Fall Oberländer (1905-1998). Ein Lehrstück deutsche
Geschichte, Frankfurt/Main 2000, S. 36ff
[8]
Vgl. dazu Gerlach, G: Kalkulierte
Morde.Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrußland
1941 bis 1944, Hamburg 2000
[9]
Raschhofer, H.: Der Fall Oberländer, Tübingen 1962, S. 89
[10] Sonnewald, B.: Die Entstehung und Entwicklung der
ostdeutschen Landsmannschaften von 1947 bis 1952, Berlin 1975, S. 143
[11]
Zitiert aus Neumann, F.: Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten
1950-1960. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur einer politischen
Interessenpartei, Meisenheim am Glan 1968, S. 137
[12]
Zitiert aus Ebd, S. 145
[13]
Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die
Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier S. 1443
[14]
Ebd., S. 1438
[15]
Ebd., S. 1434
[16]
Neumann, Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten 1950-1960. Ein Beitrag
zur Geschichte und Struktur einer politischen Interessenpartei, a.a.O., S. 167
[17]
Stöss, Der Gesamtdeutsche Block/BHE, in: Ders. (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die
Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, a.a.O., hier S. 1455
[18]
Neumann, Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten 1950-1960. Ein
Beitrag zur Geschichte und Struktur einer politischen Interessenpartei, a.a.O.,
S. 157
[19]
Ebd., S. 178
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