Erschienen in Ausgabe: No 117 (11/2015) | Letzte Änderung: 14.11.15 |
von Adorján F. Kovács
Vor ein paar Tagen wollte ich meinen Ohren nicht trauen. Im „heute journal“
hörte ich Claus Kleber ein Wort benutzen, das vor einigen Wochen noch
ausschließlich zum „dunklen“ Sprachinventar eines angeblich undemokratischen
Bösewichts gehörte. Kleber bezeichnete die zuvor medial einhellig nur als
„Flüchtlingskrise“ bezeichnete Massenmigration erstmals als „Völkerwanderung“.
Der „Bösewicht“ ist natürlich Viktor Orbán, der ungarische Ministerpräsident
und Vorsitzende des Fidesz. Er hat schon früh vor einer Völkerwanderung gewarnt
und Zahlen genannt, die der Realität weit näher kamen als die verhaltenen
Flüchtlingsprognosen der deutschen Regierung. Einzig CSU-Chef
Horst Seehofer behielt seine nüchterne Sicht auf die Fakten und lud den bei den
linken Leitmedien verfemten ungarischen Politiker zu einer Klausurtagung ein.
Fazit war, dass Orbán „von Anfang an recht hatte“.
Transitzonen auch an Deutschlands Grenzen
Es ist nicht das einzige und auch nicht erste Mal, dass Orbán seine Kritiker
beschämte. Derzeit wird in Deutschland über sogenannte „Transitzonen“
diskutiert. Natürlich wird nicht erwähnt, dass dieser dem Flugverkehr
entstammende und in der Dublin-Verordnung erwähnte Begriff schon längst auf dem
Keleti-Bahnhof in Budapest üblich war, um die Einreise von Abertausenden
Migranten zu kontrollieren. Vor wenigen Wochen noch wurden die (tatsächlich
weitgehend nicht zu beanstandenden) Verhältnisse dort von der offiziellen
deutschen Berichterstattung als „menschenunwürdig“ bezeichnet und haben zur
einsamen Entscheidung der Kanzlerin geführt, die ganze Welt nach Deutschland
einzuladen. Nun also soll Peter Altmaier auch an Deutschlands Grenzen die
verpönten Transitzonen schaffen.
Dass die Schengener Außengrenzen laut Abkommen geschützt werden sollten –
und Orbán dies auch wirklich tat, war für die Mainstreampresse ein Unding,
„inhuman, undemokratisch, autoritär“. Man kann über die Mittel streiten, doch
ob man eine grüne Grenze von mehreren Hundert Kilometern anders sichern kann
als an Ungarns Südgrenze erfolgreich geschehen, muss erst noch gezeigt werden.
Orbán hat nie behauptet, damit die Gründe für die Masseneinwanderung beseitigt
zu haben. Natürlich gehen die Kriege in Nahost weiter, natürlich folgen weiter
Menschen dem deutschen Lockruf. Aber er hatte auch hier gegen seine Kritiker
und deren leere Drohungen mit Ausschluss aus der EU recht: Noch nie sei eine
Regierung dafür bestraft worden, dass sie geltendes europäisches Recht umsetzt.
„Antikapitalismus von Rechts“
Nicht nur im Rahmen der „Flüchtlingskrise“ folgen europäische Staaten den
zunächst verteufelten Vorstößen der Orbánschen Regierung. Schon kurz nach ihrem
Amtsantritt 2010 wurde eine sogenannte „Krisensteuer“ für Banken,
Versicherungen, Leasing-Firmen und sonstige Finanzdienstleister beschlossen, um
Ungarn aus der drohenden Pleite zu helfen, die die sozialistische
Vorgängerregierung nur mit Krediten abwenden konnte. In den vergangenen Jahren
nationalisierte die Orbán-Regierung private Pensionsfonds. Außerdem führte sie
eine Entlastungsregelung für Hypotheken ein, für die vor allem die meist
ausländischen Banken bezahlen mussten. Wegen dieser unorthodoxen Maßnahmen ist
Ungarn mehrfach mit der EU und ausländischen Investoren aneinandergeraten. Doch
hat Orbán nicht unrecht, wenn er sagt, dass dem Land damit entwürdigende
Zustände wie in Griechenland erspart geblieben sind.
Linke Kritiker nannten das „Antikapitalismus von rechts“, was durchaus als
Anerkennung gemeint war. Denn dass die Finanzmärkte und Banken nach der
verheerenden Finanzkrise in irgendeiner Weise gebändigt werden müssten, darin
sind sich heute eigentlich alle einig. Handeln aber führt zu unangenehmen
Konflikten mit Brüssel, EZB, IWF
und anderen, nur schwach demokratisch legitimierten Akteuren. Nun will die
polnische Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ im Falle eines
Wahlerfolgs bei den Parlamentswahlen im Oktober Sondersteuern für Banken und
Supermärkte einführen. Die Partei wird damit in die Fußstapfen von Viktor Orbán
treten. Auch hier macht seine realistische und erfolgreiche Politik Schule.
Vielleicht hat er doch irgendwo auch recht.
Quelle: The European
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