Erschienen in Ausgabe: No 119 (01/2016) | Letzte Änderung: 11.02.16 |
von Stefan Groß
Die Spitzenkandidatin der CDU in Rheinland-Pfalz hat einen Plan, keinen Plan
B, wie der österreichische Ministerpräsident Werner Faymann, sondern einen Plan
A 2. Dabei handelt sich nicht um einen kleinen Airbus, sondern um eine Art
Flüchtlingsbewältigungsplan, der, wie schon vor Monaten bei der Diskussion um
die Kontingente gefordert wurde, darauf hinausläuft, die Flüchtlinge bereits
verstärkt an den Grenzen abzuweisen und den Zuzug in die Bundesrepublik durch
täglich flexibel festgesetzte Höchstwerte zu beschränken.
Klöckner und ihr Projekt A2 und was
es bedeutet
Was den unionsintern umstrittenen Begriff der Obergrenze betrifft, agiert
auch Klöckner sensibel und umschifft diesen großzügig. Nur bei genauerer
Betrachtung ihres Planes ist doch nicht zu übersehen, dass ihr Vorschlag
ebenfalls auf einen Grenzwert hinausläuft. Die Aufnahme von Flüchtlingen, so
die Politikerin, die unter der Hand als mögliche Kanzlerkandidatin und
Kronprinzessin der CDU gehandelt wird, und die derzeit im Wahlkampf steht, soll
sich nicht mehr nach dem Andrang an den Grenzübergängen orientieren, sondern
ausschließlich „nach den vorhandenen Kapazitäten der Länder und Kommunen“. Noch
strikter will sie bei der Bleibeberechtigung verfahren, die direkt an den
Grenzen und nicht mehr im Land – bei Bund oder Kommunen – geleistet werden
soll, sondern direkt vor Ort. Damit würden zum einen die schwierigen
Rückführungen umgangen, die meist durch eine Vielzahl von bürokratischen Hürden
viel Zeit und Geld kosten, und die darüber hinaus sowohl eine physische als
auch psychische Belastung für die abzuschiebenden Flüchtlinge bedeuten. Wenn
kein Asylantrag möglich ist, soll nach Plan A 2 eine schnelle Rückführung
erfolgen.
Keine Konfrontation mit Kanzlerin
Angela Merkel
Die CDU-Vize-Chefin sieht ihren Plan nicht als Kritik am Kurs der Kanzlerin
oder als Alternative zur bislang strikten Ablehnung einer Obergrenze, sondern
als Ergänzung. Gegenüber der „Passauer Neuen Presse betonte Klöckner: „Bis
europäische Pläne beschlossen sind und wirken, dauert es mir zu lange. Deshalb
müssen wir jetzt handeln, statt uns von den Entscheidungen anderer treiben oder
blockieren zu lassen.“ Während Merkel außenpolitisch den Druck verstärkt – auch
und insbesondere mit der Türkei – spielt Klöckner die innenpolitische Karte und
geht indirekt auf die harte Linie der CSU ein, die für einen Kurswechsel in den
nächsten Wochen plädiert – inklusive einer von dieser geforderten Obergrenze. Dem
entsprechend wird ihr A2 von der CSU goutiert, während andere in Plan A2 einen
direkten Angriff auf den Kurs der Kanzlerin vermuten.
Kritik kommt aus den Reihen der SPD
und von den Günen
Kritik an A2 kam mittlerweile aus den Kreisen der SPD. So hat der stellvertretende
SPD-Vorsitzende Ralf Stegner Klöckners „Ergänzung“ scharf kritisiert und diesen
als „Anti-Merkel-Plan“ stigmatisiert. „Wenn Klöckner den Kurs der Kanzlerin für
falsch halte, „dann soll sie auch den Mut haben, das offen zu sagen, statt
feige den offenen Bruch mit Sprachregelungen zu bemänteln“,Wie Stegner betonte, nützen solche Vorschläge
nichts, solange „die Hausaufgaben“ im Land nicht erledigt werden.
Auch die Grünen-Chefin, Simone Peter, bezeichnete A2 gegenüber „ntv“ als
„populistischen Aktionismus. „Das ist kein neuer Plan, sondern ähnelt sehr dem
Transitzonenvorschlag, den wir vor ein paar Wochen diskutiert haben“. „Wenn wir
sagen, dass das Grundrecht auf Asyl gilt für die Menschen, die zu uns kommen,
dann müssen die Menschen registriert und geprüft werden.“ Das darf jedoch nicht
„an solchen Grenzzentren irgendwo im Niemandsland passieren, sondern das muss
bei uns in ordentlichen Verfahren erfolgen“. Peter fordert ihrerseits, dass der
Bund und die Länder mehr Personal zur Verfügung stellen, um die Asylverfahren
weiter zu beschleunigen.
Klöckner steht unter Druck – Am 13.
März sind Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz
Julia Klöckner ist mit ihrer Absage, Gespräche mit der AfD zu führen, in die
Kritik geraten, hat sich aber umgekehrt eine mediale Aufmerksamkeit gesichert,
die sie auch unbedingt benötigt, da ihre Umfragewerte in Rheinland-Pfalz derzeit
wie die bunten Blätter im Herbst fallen.
Mit Klöckners Plan A2 geht der CDU-interne Streit in die
nächste Runde. Obgleich die charismatische Politikern, die für das Burka-Verbot
plädiert, sich darüber echauffiert, dass ihr Flüchtlinge nicht die Hand
reichen, ihre Ergänzung eindeutig und ausdrücklich als Unterstützung des
politischen Kurses der Kanzlerin versteht, sieht das Merkel ganz anders und
bezeichnet Plan A2 als eine „eigenständige Initiative“.
Ob der eigenmächtige Vorstoß Julia Klöckners
parteipolitische Karriere fördert, oder dieser eher hinderlich ist, bleibt
abzuwarten. Wahlkämpfe, so scheint es wenigstens, haben ihre eigene oder gar
keine Logik, zumindest folgen sie einer dramatischen Inszenierung, die zur
Erlangung der Macht auch mal gegen den eigenen parteiinternen Kurs steuert.
Zuerst erschienen im „The European“ www.theeuropean.de
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