Erschienen in Ausgabe: No 121 (03/2016) | Letzte Änderung: 02.03.16 |
von Michael Kerkloh
SG: Das renommierte US-Reisemagazin
„Premier Traveler“ hat den Flughafen München als „Best Airport in the World
2015“ ausgezeichnet. Dafür herzlichen Glückwunsch! Herr Dr. Michael Kerkloh,
sie sprechen von einem 5-Sterne Service. Was haben wir darunter zu verstehen?
MK: Fünf Sterne stehen für
exzellente Qualität. Der Flughafen München ist sicherlich ein außergewöhnlich
guter Flughafen. Unser gesamtes Niveau, die Freundlichkeit der Mitarbeiter und
die Effizienz der Flughafenmaschinerie zählen zu unseren besonderen Qualitäten.
Hinzu kommt, dass wir auch gut aussehen. Welcher Airport kann das schon von
sich sagen? Das schätzen nicht nur unsere Passagiere. Viele Menschen kommen an
den Flughafen, die einfach nur den Airport genießen wollen, obwohl sie nicht
fliegen. Unser Flughafen ist ein außergewöhnlicher Ort, vielleicht sogar einer
der außergewöhnlichsten Orte in Bayern. Hier treffen sich Menschen aus allen Teilen
der Erde und können den Duft der großen weiten Welt schnuppern. Dazu kommen die
Gastronomieangebote und das Einkaufserlebnis. Wir bieten eine Bühne, die einmalig
ist. Natürlich dürfen auch die Basis-Tugenden nicht fehlen: Der Flugverkehr
muss pünktlich sein, die Sauberkeit des Airports ist wichtig. All das hat uns im
Zusammenspiel diese fünf Sterne gebracht. In den letzten zehn Jahren haben wir acht
Mal, die Auszeichnung, „Bester Flughafen in Europa“ bekommen. Der Flughafen
München ist eine Visitenkarte Bayerns und Deutschlands.
SG: 2015 war ein
Passagierrekordjahr. Der Münchner Flughafen 2015 hat erstmals die
40-Millionen-Marke übertroffen. Noch dynamischer war der Zuwachs bei der
Luftfracht. Wie erklären Sie sich das?
MK: Das sind unterschiedliche
Welten. Wir wissen, dass der Personenluftverkehr weltweit weiter wachsen wird
und dass wir in 15 Jahren, also 2030, in Deutschland ungefähr 50% mehr
Flugreisende haben werden. Für München bedeutet dies 60 Millionen Passagiere
jährlich. Daraus erklärt sich auch der Bedarf für die dritte Startbahn. Wir
wissen, das Verkehrswachstum wird kommen, weil das Mobilitätsbedürfnis weiter
steigen wird. Bei der Fracht hängt es sehr stark davon ab, wo gerade auf der
Welt was passiert und wer gerade untereinander gute Wirtschaftsbeziehungen
pflegt und wo der Warenaustausch sehr intensiv ist. Bayern ist das deutsche
Boom-Land mit einer sehr gesunden Wirtschaftsstruktur, das kommt auch dem
Flughafen mit seiner internationalen Vernetzung zugute. Wir haben bei der
Fracht im vergangenen Jahr eine Zunahme von neun Prozent verzeichnet und werden
auch in diesem Jahr noch einmal deutlich zulegen.
SG: Ein neues
Satellitenterminal geht im April in Betrieb. Warum braucht man dieses, wenn die
Lage in München, was die Dritte Start- und Landebahn betrifft, noch so unklar
ist?
MK: Weil der Luftverkehr
weiter wächst. Wir haben im letzten Jahr einen Passagierrekord und ein Wachstum
von über drei Prozent verbucht. In diesem Jahr dürften es sogar über fünf
Prozent mehr Fluggäste werden.Beim Terminal 2
haben wir die Kapazitätsgrenze für die Passagierabfertigung aber bereits vor
ein paar Jahren erreicht. Das Satellitenterminal bringt uns zusätzliche
Kapazität für elf Millionen Gäste. Und es wird darüber hinaus auch unsere
Qualität steigern. Heute müssen mehr als 50% der Flugzeuge auf dem Vorfeld
abgefertigt werden, weil direkt am Gebäude kein Platz mehr ist. Die Passagiere
müssen dafür vom Gebäude zum Flugzeug bzw. in der Gegenrichtung mit dem Bus
befördert werden. Das wird in Zukunft für die allermeisten Flüge nicht mehr
erforderlich sein, weil wir mit dem Satelliten 27 zusätzliche Abstellpositionen
für Flugzeuge direkt am Gebäude gewinnen. Über Fluggastbrücken gelangen unsere
Gäste in ein wirklich grünes Terminal, dessen Energieverbrauch gegenüber dem
der bestehenden Abfertigungsgebäude um 40% reduziert werden konnte. Wir werden
einen kleinen Viktualienmarkt und bavarian brands haben. Die Servicequalität
wird deutlich zunehmen, der Stressfaktor der Passagiere sinken, und die
Anschlüsse sind einfach viel besser erreichbar. Wenn die dritte Startbahn dann
kommt, ist es gut, dass der Satellit da ist, aber dann muss man eigentlich
schon über den nächsten nachdenken. Es bleibt dabei, dass wir sowohl weltweit
als auch in Europa künftig eine Zunahme
im Flugverkehr haben werden. Als eines der beiden großen Drehkreuze in
Deutschland wird der Flughafen München an diesem Verkehrswachstum
partizipieren.
SG: Thema 3. Startbahn, Sie kämpfen seit Jahren für die 3. Start- und
Landebahn. Wieso ist es so wichtig und woran scheitert es Ihrer Meinung nach,
was sind die größten bürokratischen Hürden, damit der Flughafen weiter auf
Wachstumskurs gehen kann? Sind es die Anwohner, ist es die Bürokratie, ist es
Seehofer?
MK: Das ist nicht so
einfach zu sagen. Bürokratische Hürden haben wir keine mehr, da wir alle
genehmigungsrechtlichen und gerichtlichen Hürden überwunden haben und es jetzt
nur noch um politische Hürden geht. Wir haben alles geschafft, bis zum letzten
Gerichtsverfahren. Das Geld ist vorhanden, was man normalerweise bei
Infrastrukturprojekten nicht sagen kann. Der Bedarf ist da und jetzt braucht es
politische Überzeugungsarbeit. Es gibt keine Lobby für große Projekte mehr.
Auch diejenigen, die von großen Projekten leben, beteiligen sich nicht mehr an
einem solchen Lobbying. Dass es auch Betroffenheiten gibt, wollen wir gar nicht
weg reden. Hier setzen wir auf faire Kompensation- und Ausgleichsmaßnahen, denn
den Betroffenen werden Nachteile zugemutet, während das gesamte Land
profitiert. Vorteile bietet die dritte Bahn für zwölf Millionen Bayern;
Nachteile haben einige Tausend hier vor Ort. Die Politik muss hier eine
Abwägungsentscheidung treffen: Kommt die dritte Bahn nicht, wird man die
negativen Folgen nicht sofort merken, sondern erst nach fünf bis zehn Jahren.
Und darin liegt, denke ich, auch die Herausforderung für die Politik: Es geht darum zu erklären, dass
Zukunft nicht zufällig entsteht, sondern das Ergebnis einer enormen
strukturellen Anstrengung ist. Dazu gehört auch die analoge Infrastruktur. Dazu
gehört aber auch, dass diese analoge Infrastruktur dann möglichst
ressourcenschonend und nachhaltig entwickelt und betrieben wird. Und diesen
Anspruch haben wir hier. Wenn schon eine analoge Erweiterung der nationalen
Luftverkehrsinfrastruktur notwendig ist, dann sollte diese doch dort
durchgeführt werden, wo möglichst wenig Menschen von den Auswirkungen betroffen
sind und der Ausbau so umweltverträglich wie möglich gestaltet wird.
SG: Der
Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hält sich bei diesem Thema sehr
zurück. In einem Gespräch beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee haben Sie
gegenüber Bundesverkehrsminister Dobrindt betont, dass die Dritte Start- und
Landebahn die letzte sein würde, die in Deutschland gebaut würde, warum?
MK: Ganz simpel, weil woanders
kein Platz mehr ist. Der Flughafen München ist deshalb so weit draußen, weil
hier Platz ist. Im Vergleich zu Düsseldorf, Hamburg und Berlin sind es
paradiesische Zustände. Vielleicht wird am neuen Berliner Flughafen noch eine
Start- und Landebahn gebaut, daran glaube ich aber nicht. Ich bin felsenfest überzeugt:
Dies ist die letzte Bahn, die Deutschland an einem signifikanten Flughafen
bekommt. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir dafür werben, dass das Projekt
realisiert wird, weil es für unsere langfristige Entwicklung enorme
Konsequenzen hat. Als vor 30 Jahren der
neue Münchner Flughafen gebaut wurde, hat man damit eine wichtige Voraussetzung
für die dann folgende äußerst erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in
Bayern geschaffen. Wenn wir jetzt auf den Bau der dritten Startbahn verzichten,
werden wir jedoch in 30 Jahren feststellen, dass die Bedeutung des Standortes geschrumpft
ist und wir dann nicht mehr an vorderster Front dabei sind. Wir wollen aber an
vorderster Front dabei sein.
Fragen: Stefan Groß
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