Erschienen in Ausgabe: No. 37 (3/2009) | Letzte Änderung: 30.03.09 |
von Notker Gloker
Eine Auswahl von Titeln, mit der sich die Bundesrepublik
schmückt, um ihre philanthropische Gesinnung auf globaler Ebene zum Ausdruck zu
bringen: wir wollen den armen Lazarussen dieser Welt unter die Arme greifen,
sie aus ihrem Elend befreien, ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, und
sie mit den Segnungen unserer Zivilisation und unserer Demokratie beglücken
.Und natürlich: Frieden, christliche Werte, Nächstenliebe, Bildung, „good
government“, Gesundheit, sauberes Wasser, genügend zu essen usw. Für solche
„Geschenke“ wollen die Geber natürlich außer Wohlverhalten der Beschenkten
etwas zurück, (wenn man es sich nicht schon in der Kolonialbesetzung vorausschauend
angeeignet, durch Ausbeutung gestohlen hat).
Ich will einige der
Schlüsselwörter herausnehmen und unter die Lupe nehmen.
Ausgehend vom G8 Gipfel in
Heiligendamm: Hier hat eine verschwindende Minderheit im Verhältnis zur
Weltbevölkerung sich angemaßt, im Namen der Weltbevölkerung Entscheidungen
(auch Nichtentscheidungen sind Entscheidungen) über eben diese Weltbevölkerung
zu treffen. Zirka 15% der durch die G8 Staatschefs vertretenen Bevölkerung, die
allerdings die globale militärische und wirtschaftliche Macht repräsentieren,
majorisieren die wirtschaftlich kleinere und schwächere Mehrheit. Sie setzten
Ziele fest, mit denen die Unterschiede zwischen Arm und Reich perpetuiert
werden. Warum bleibt man „unter sich“, warum wird nicht die UNO als
demokratisches Weltforum dazu ausersehen? Zweifellos wäre es dann vorbei mit
der Scheinharmonie der Mächtigen. Die Tatsachen kämen auf den Tisch, das
Offenlegen der Machenschaften der Weltbank und des IWF gegenüber den armen
Staaten die zynische „Hilfsmentalität“ der „Gebernationen“ könnten der Welt die
Augen öffnen und zu einem wütenden Aufschrei der Entrüstung bar jeglicher
diplomatischer ölglatter Verschleierungslyrik führen (sofern nicht durch Zensur
und obrigkeitshörige Selbstzensur der Medien solche Kritik unter den Teppich
gekehrt wird und die Weltöffentlichkeit nur in homöopathischen Dosen davon
erfährt und gekaufte oder erpresste Regierungen wieder die Handlangerdienste
für die mächtigen Industriestaaten leisten würden).
Diese G8 Repräsentanten beschlossen also über Wohl und
Wehe unserer Welt und das zu ihrem Vorteil! Dass dies keine bösartige
Propaganda meinerseits ist, soll in Einzelheiten jetzt besprochen und
nachgewiesen werden. Für 100 Millionen Euro haben sich die Vertreter der
weltstärksten Wirtschaftsmächte in Deutschland versammelt, um im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit mehr Gerechtigkeit, um mehr Gleichheit, um mehr
Lebenschancen für die armen Völker zu bringen. In diesem Zusammenhang stehen
natürlich die Fragen und Probleme der Gesundheit und mindestens ebenso wichtig
Fragen des freien Welthandels, des Zugangs zu Märkten für die
Entwicklungsländer und nicht zuletzt der globalen Klimaerwärmung. Bei keinem
dieser Punkte ist ein Durchbruch gelungen. Woran liegt´s?
Der Begriff der Entwicklungshilfe hat sich im Lauf der
Zeit zu einem Konglomerat von zynischem Eigennutz und Ausbeutertum entwickelt.
Wir, die Industrienationen, brauchen Absatzmärkte. Und dafür müssen die infrage
kommenden Staaten, unsere potentiellen Kunden, einen gewissen finanziellen
Standard haben, um den Industrieramsch, den wir ihnen andienen, auch bezahlen
zu können: Mobiltelefone, Radios, Computer, Fernseher, Mopeds, Cocacola usw.
Das heißt: durch Entwicklungsgelder werden Infrastrukturmaßnahmen gefördert
oder initiiert, die einen bescheidenen Gewinn abwerfen, der dann in die
obengenannten westlichen Produkte investiert wird, oder aber gleich in den
Taschen der Regierenden und der Oberschicht verschwinden.
Die Entwicklungsgelder müssen aber, da sie ja keine
Geschenke sind, sondern Kredite, wieder zurückgezahlt werden. Bei großen
Maßnahmen wie Staudämmen, Straßenbau u.ä., gehen die Aufträge gleich an
entsprechende Firmen der Geldgeber die dann den Löwenanteil der
Entwicklungshilfegelder einstreichen, („Entwicklungshilfe“ für unsere
notleidende Industriewirtschaft). Ein minimaler Anteil bleibt dann bei den
Arbeitern und der kleinen Bevölkerung, die dann für ihren Hungerlohn womöglich
auch wieder westlichen Ramsch kaufen, sodass auch dieses Geld wieder in reiche
Industriekassen fließt. Das heißt auf gut deutsch: trotz oder wegen?? der
Entwicklungshilfe: die Armen werden ärmer, die Reichen reicher! Das darf man
dann ruhigen Gewissens Wirtschaftskolonialismus nennen. Zudem sind solche
Großprojekte oft von zweifelhaftem Nutzen.(Z.B. Stausee von Manantali in Mali,
von der Größe des Bodensees, Zwangsumsiedlung der Bauern in aride Gebiete,
Anschlussfinanzierung zur geplanten Elektrifizierung: Fehlanzeige, Irrigation
der am Unterlauf des Flusses liegenden Plantagen und Felder: Fehlanzeige.)
Wenn heute stolz verkündet wird,
die Hungerrate der Ärmsten habe sich in den letzten Jahren von 1,5 auf 1,0
Milliarden Menschen verringert, dann ist das eben kein Verdienst der
Entwicklungshilfe, sondern das der Schwellenstaaten wie z.B. Brasilien, China
und Indien. Denn da, wo Entwicklungshilfe eingesetzt wird und IWF und Weltbank
mit ihren menschenverachtenden Privatisierungs- und Sparzwängen ihr Diktat
ausüben, die nur darauf achten, dass die Bilanzen der Staaten mit ihren
Forderungen übereinstimmen, ohne Rücksicht auf die Bevölkerung zu nehmen, (Mali
und dessen Bahnprivatisierung ist ein solches Beispiel unsinniger
Finanzgewalt-Politik.), da geht es mit der Wohlfahrt der Staaten bergab.
Wenn die Industriestaaten es
ernst meinten mit der Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe, dann würden sie
als erstes, dann müssten sie als erstes die mörderischen Subventionen unserer
Agrarprodukte streichen. Mit unseren Dumpingpreisen, mit denen wir die armen
Länder überschwemmen, zerstören wir die bäuerliche Infrastruktur. Mit unseren
„gutgemeinten“ Rotkreuz-Kleiderspenden zerstören wir die heimische
Bekleidungs-Kleinindustrie: das Schneiderhandwerk, die Baumwollspinnereien.
Wenn in Bamako in Mali die Kleider auf riesigen Ramschbergen ausliegen und die
Mensche sich um teilweise lumpige Stücke balgen: ist das nicht entwürdigend?
Die Kinder auf den Dörfern und in den Städten laufen mit zerrissenen Jeans,
Pullovern und Hemden rum: westlicher Herkunft: wir machen sie zu einem
assimilierten Lumpenproletariat im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Industriestaaten und deren
Raubkonzerne müssten akzeptieren, dass diese Staaten zum Schutz und Aufbau
ihrer Landwirtschaft und ihres Kleinhandwerks einer gewissen Schonzeit bedürfen
(Schutzzölle), wo man ihnen aber umgekehrt durch Öffnung der eigenen Grenzen
die Chance geben müsste, ihre günstigeren Waren bei uns zu vermarkten. (Sofern
sie nicht von großen westlichen Konzernen zum Anbau von Monokulturen verführt
werden, die für kurze Zeit marktgünstig sind, deren Produkte dann aber später
vom Markt nicht mehr aufgenommen werden. Zum Beispiel Kakao aus der
Elfenbeinküste). Daraus könnte, ohne jegliche paternalistische und die Staaten knebelnde
Entwicklungshilfe, Wohlstand entstehen, damit könnten Schulen entstehen, die
ganz oben auf der Agenda der schwarzafrikanischen Staaten stehen. Eine
gebildete und intelligente Bevölkerung, die auch unsere hinterhältigen
Machenschaften nicht mehr blauäugig hinnehmen würde, wäre das Ergebnis. Sie
könnten sich mit ihrer Lebenssituation stabilisieren und sich auch gegen
unseren Raubtierkapitalismus besser zur Wehr setzen. Wahrscheinlich könnten wir
unsere Milliardensubventionen uns an den Hut, bzw. der barmenden Agrarlobby in
den Hals stecken. Und den Afrikanern das Recht zugestehen ihre Agrarprodukte
auf einem freien unreglementierten Markt anzubieten. Das wäre freie
Marktwirtschaft. Und in Deutschland zumindest hätten wir ein teures
Entwicklungshilfeministerium mit einer ineffizienten, zeternden Ministerin los.
Aber solche Aussichten scheinen
die westlichen Industriestaaten zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser und
auch die „staatstragenden“ Eliten der armen Länder, die meistenteils das Manna
der Entwicklungsgelder für eigene Zwecke (z.B. Rüstungsgelder zum eigenen
Machterhalt) ummünzen. Der vormalige Staatschef Malis, General Moussa Traoré
und seine Frau haben sich zu vielfachen Millionären hochbetrogen, bevor sie
1991 gestürzt wurden. Und desgleichen der Verteidigungsminister und
Erziehungsminister (in Personalunion!!) Sekou Ly.
Die sogenannte Entwicklungshilfe
wird meistenteils fehlgeleitet, wie sonst ließe sich erklären, dass die ärmsten
Staaten wie Mali und Burkina Faso in den 80er Jahren oder Eritrea und
Äthiopien, absolute Habenichtsstaaten, sich Kriege leisten können mit Panzern,
Kanonen, Migs und unglaubliche Millionenbeträge ausgeben können. Sie können!! Woher
hatten, bzw. haben sie das Geld??
Die Entwicklungsländer sind arm
und bleiben arm. Bis jetzt hat sich nichts geändert trotz hehrer Versprechungen
seitens der Industriestaaten. Diese bilden ein Bollwerk des Wohlstandes, der
rigoros verteidigt wird gegen die Seelenverkäuferflotten der Schwarzafrikaner,
die über das Mittelmeer oder über den Atlantik schippern, in der Hoffnung,
ihrem Elend zu entrinnen und bei uns ein menschenwürdiges Leben zu finden.
Finden sie aber nicht. Nicht einmal die Toten, denen von maltesischen
Bürokraten die letzte Ehre vorenthalten wurde: sie mussten mit einem
französischen Kriegsschiff weg. Wie Ungeziefer! Wer in Südspanien landet und
nicht vorher von marokkanischen Soldaten auf LKWs in die Wüste verfrachtet
wird, wo keine Überlebenschance besteht, hat die „Chance“ in Almeria für einen
Hungerlohn zu schuften. Unsere allerchristlichste Wertegemeinschaft macht vor
keiner Inhumanität Halt.
Im Gegenteil: unsere europäischen
Nationen, von denen sich viele der christlichen Nächstenliebe verpflichtet(??)
fühlen und großspurig das C wie eine Monstranz vor sich hertragen, die haben
einen Begriff und eine Institution erfunden: „FRONTEX“, der jedem redlich Denkenden
die Zornesröte ins Gesicht treiben muss: Mit hochmodernem Kriegsgerät und Aufklärungsgerät
wird darüber gewacht, dass Hungerflüchtlinge, denen wir, die Europäer, die
Nahrungsgrundlage entzogen haben (z.B. den Fischern vor Mauretanien und der
ganzen Westküste Afrikas) nur ja nicht unsere wohlgenährte Gesellschaft
belästigen. Wenn man sie nicht der Einfachheit halber gleich ersaufen lässt
nach dem Motto: „nur ein toter Neger ist ein guter Neger“, werden sie nach
Afrika zurücktransportiert, wo ihre afrikanischen Brüder mit Hilfe europäischer
Judasgelder Lager gebaut haben, um die Hungerflüchtlinge zu „kasernieren“, um
sie dann in die Wüste zu schicken. Eine rühmliche Ausnahme unter diesen
Helfershelferstaaten bildet Algerien, dessen Präsident gesagt hat: „Wir lehnen
diese Lager ab. Wir werden nie die Kerkermeister unserer Brüder sein!“(Jean
Ziegler, „Das Imperium der Schande“ S. 14)
Ja, und was tut denn nun die
Kirche angesichts dieses Imperiums der Schande und des Bösen? Sorgt sie dafür
,dass Hunger und Krankheit in der Welt weniger werden? Sorgt sie dafür dass die
Kinder eine Grundbildung, eine Ausbildung bekommen? Bildung ja! aber nur zu
ihren Bedingungen, das heißt: Eingemeindung in den kirchlichen Schafstall, wie
ich es selbst in Bandiagara in Mali erlebt habe. Sorgt sie, zumindest nach
ihren Kräften, dafür, dass Familien durch eine vernünftige Geburtenregelung
nicht an ihrem Kinderreichtum zerfallen, weil sie keine Chance fürs Überleben
haben? Weil ihre rigorosen Enthaltsamkeitsgebote unannehmbare Zwangsjacken für
junge Paare sind? Der Buchstabe des „göttlichen“ Gesetzes ist der Kirche
allemal wichtiger als menschliches Mitgefühl. Nein, lieber lügen sie das Blaue
von ihrem Himmel, wie schädlich Kondome etc. seien, und dass sie vor Aids ,
entgegen aller wissenschaftlicher Versicherungen, auch nicht schützen, weil
durch mikroskopisch kleine Löchlein die Aidsviren durchschlüpfen!! (Man lese
hierzu das Kapitel von Christopher Hitchens, S. 59 ff). Obskurantismus der
katholischen Kirche. Was kann man von ihr schon erwarten?
Das neueste(im März 2009) und
umwerfendste Zeugnis retrograder kirchlicher Einstellung in Sachen
Familienplanung liefert der deutsche Papst zur Zeit während seines Besuchs in
Afrika : Verbot von Kondomen, statt dessen: eheliche Treue. Und dies in einem
Land, das von unseren leibfeindlichen Sündenkatalogen meilenweit entfernt ist
und Sexualität als die natürlichste Sache der Welt ansieht! Fiat voluntas
ecclesiae pereat mundus! Der Wille der Kirche geschehe und wenn dabei die Welt
zugrunde geht! Und die Überzahl an Kindern an Hunger und Aids krepieren und die
Mütter, die sich durch ungeschützten Sex anstecken. Was für eine Anmaßung!
Hauptsache, das von der Kirche erfundene Gottesgesetz wird befolgt. Wie kann
man so bösartig weit von der Lebensrealität entfernt sein! Hier enthüllt sich
die Herzlosigkeit einer Selbstgerechtigkeit, die aller Moral und Menschlichkeit
Hohn spricht. Sie werden sich fragen, was dies mit Entwicklungspolitik zu tun
habe? Ich denke, da wird jeder denkend selbst dahinter kommen. Dieser Papst und
seine Kirche bieten den Menschen der Dritten Welt Hunger, Krankheit und Tod
hinieden für ein ewiges Leben im Jenseits, von dem sie nichts wissen. Gibt es
ein abwegigeres und unsittlicheres Tauschgeschäft? Was hat die Kirche aus uns
Menschen gemacht!
Ein wackerer Weihbischof, Jaschke
aus Hamburg, versucht, die rigide Papstäußerung etwas umzubiegen, und in
gewissen Fällen eine konziliantere Einstellung zu vertreten. Das ehrt ihn und
lässt hoffen, dass der gesunde Menschenverstand nach und nach auch über die
Kirche kommt,(aber bitte nicht der „Heilige Geist“!). Bis es aber soweit ist,
sollte man ruhig das Kind beim Namen nennen, und kirchlich-päpstliche
Einstellung zur Familienplanung als menschlichen Skandal bezeichnen, der mit
ethisch-moralischen Floskeln nicht überdeckt werden kann. Man sollte die
Empörung der Menschen nicht als Stammtischgeschwätz abtun.
Zur Ehrenrettung der Kirche
sollen Institutionen nicht unterschlagen werden, die sich sehr engagiert mit
den profitgierig-hinterhältigen von der EU initiierten Assoziierungsabkommen
auseinandersetzen: Trotz der von uns verschuldeten Wirtschaftskatastrophe
versucht die Eu mit mittelamerikanischen Staaten einen „Deal“ zu machen, der
transnationalen Konzernen noch mehr Rechte einräumen sollen. Das heißt:
gnadenlose Ressourcenausbeutung, Umweltzerstörung, Zerstörung von
kleinbäuerlichen Existenzen. Jetzt wird deren wirtschaftliche Unterlegenheit
ausgenützt um für die Konzerne ein Maximum an profitablen Bedingungen herauszuholen,
die diese Staaten noch tiefer ins Elend treiben werden. Die Staaten haben
letztendlich auf Grund der erzwungenen Privatisierung keinen Zugriff mehr auf
ihre eigenen Ressourcen. Dies ist die Zeit, wo die armen Staaten ihr letztes
Hemd, sprich: ihr Land, ihr Wasser, ihre Bodenschätze zu einem Spottpreis
abtreten, um eine kurze Überlebenschance zu bekommen. Die Katastrophe kommt
dann, wenn die Konzerne ihre Forderungen stellen. Hier, endlich, haben
kirchennahe Organisationen einmal auf einer moralisch unanfechtbaren Position
ihre Stimme erhoben. Ihr Sprachrohr: die CIR , „Christliche Initiative Romero“.
Alle Menschen guten Willens können ihr nur guten Erfolg wünschen.
Die Entwicklungsländer sollen,
wenn es nach unseren Konzernen und Aktionären geht, wenigstens so arm bleiben,
dass sie unserer Wirtschaft nicht zur Konkurrenz heranwachsen: am besten so
viel Lebensstandard, dass sie nicht uns auf unserer Insel der
Wohlhabend-seligen inkommodieren. Durch unsere „Entwicklungshilfe“ wird
versucht, einen Minimallevel an Kaufkraft zu schaffen, der bewirkt, dass sie,
die Unerwünschten, schön zuhause bleiben, und wir andererseits doch von deren
Kaufkraft profitieren können, indem sie unseren Industrieramsch, unsere
subventionierten Lebensmittel, die wesentlich billiger sind als sie sie
herstellen könnten, abkaufen. Und bitte keine Konkurrenz! wir haben schon mit
den Tigerstaaten und Schwellenländern unsere liebe Not!
Nun, der Minimallevel der
Kaufkraft hat auch noch andere Vorteile für unsere „menschenfreundlichen“
Industriekonzerne: Das Lohnniveau ist sensationell niedrig! Das lädt zum
Ausbeuten billiger Arbeitskräfte geradezu ein: Alle unsere großen Konzerne
lassen zu unmenschlichen ausbeuterischsten Billiglöhnen in den
Hungerleiderstaaten produzieren, ob Aldi, Nestlé, Adidas oder tausend andere
Konjunkturritter: sie verstoßen eklatant gegen Rechte der Arbeitnehmer und
gebärden sich scheinheilig wie Heilsbringer. Und wir, die reichen Konsumenten?
„Geiz ist geil!“
Wie aus dem bereits Gesagten
hervorgeht, kann also mit dem Terminus „Entwicklungshilfe“ kein ehrliches
Ansinnen der Industriesaaten umschrieben werden und noch weniger mit dem
Terminus „Entwicklungszusammenarbeit“. Er ist geradezu eine Verhöhnung der in
ihm niedergelegten guten Begrifflichkeit. Arroganz und paternalistischer
Überlegenheitsdünkel sind vielfach ein Grund für die Widerstände in der zu
„beglückenden“ Bevölkerung auch bei Projekten, die stimmig sind.
„Zusammenarbeit“ wird nur dann gepredigt, wenn zum Vorteil der Industriestaaten
Handelshemmnisse der Kleinen (Schutzzölle) beseitigt werden sollen, damit
unsere übermächtige Marktmacht ungehinderten Zutritt zu den Märkten bekommt.
(Gatt und danach WTO).
Die Ministerialen im BMZ
(Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit) stimmen Trauergesänge an
über die jetzt eintretende „Humanitäre Katastrophe“ (Wieczorek-Zeul), die die
„Ärmsten der Armen“ treffe, aber im Grunde geht es nicht um eine
menschenfreundliche Aktion für diese „Ärmsten der Armen“, sondern darum, da wir
eine sehr stark exportorientierte Nation sind, die Überlebenskraft und
Marktkraft der Entwicklungsländer zu stärken, damit wir weiter unseren Reibach
machen können. Unser Gutmenschentum erscheint wieder einmal im vollen Licht.
Entwicklungshilfe fragt immer zuallererst: „Inwieweit nützt das der deutschen
Wirtschaft“ (Südkurier, 30.01.09 S. 4).
Noch schlimmer ist es bei den
Ländern, die über große Rohstoffvorkommen verfügen (besser: die unter großen
Rohstoffvorkommen leiden): hier kennt der Raubtierkapitalismus der großen Konzerne
kein Erbarmen: Hier werden Regierungen korrumpiert, deren Länder und die Natur
gnadenlos ausgebeutet, Grundwasser verseucht, Wälder gerodet, Flüsse versaut,
Luft verpestet. Zurück bleibt „verbrannte Erde“ und eine ausgeblutete oder
vertriebene Bevölkerung. Soviel zu den Wohltaten unsrer „Zusammenarbeit“. Wo
hier „Zusammenarbeit“ sein soll, das bleibt das Geheimnis der Industriestaaten.
Die am meisten gebeutelte
Klientel sind nicht die Aktionäre, die ihre Gelder in einen Moloch gestopft
haben in der Hoffnung auf satte Gewinne, sondern die Entwicklungsländer, denen
das Geld fehlt, nun antizyklisch ihre sowieso schwache Wirtschaft zu
unterstützen. Das hilflose Gezetere von Frau Wieczorek-Zeul, man solle armen
Entwicklungsländern mehr Mitspracherecht einräumen, ist eine wohlfeile
sprachliche Palliativübung der Mächtigen, die schon längst eine ehrliche
Mitbeteiligung am Marktgeschehen hätten installieren müssen. Das Mantra der
Marktbeherrscher reimt sich immer auf: man müsste, man müsste, man müsste....Und
dabei bleibt’s. Uns Deutschen fehlt der Mut, aus dem Versteck der political
correctness, in dem wir uns so gemütlich eingerichtet haben, einmal auszubrechen
und unserer Zaudererdemokratie den Mut zum Handeln auch gegen Agrarlobbyisten,
Wirtschaftslobbyisten und Großkonzerne einzublasen. Und dies zum Wohle der
Weltwirtschaft und damit auch zu unserem eigenen Wohl.
Das Sündenregister unserer
Industriestaaten lässt sich ad libitum verlängern und wird jeden Tag mehr
unterfüttert: Der unsägliche „Kreuzzug der Bush-administration, die den mehr
oder weniger guten Namen der USA in den Dreck gezogen hat.(Schon vor dem
Irakkrieg haben die Amerikaner und die CIA nicht nur im “Hinterhof der USA“
sprich: Mittel und Südamerika ihr Unwesen getrieben, um unliebsame Regierungen
mit Mord und Totschlag zu boykottieren und zu eliminieren und ihnen genehme
Marionetten einzusetzen. Ein einziges Beispiel für unzählige: Chile. Hier ging
es weniger um Öl und Bodenschätze, sondern um Ideologie, um Demokratie à
l’Américaine und das Installieren der großen Konzerne in einer solchen
„demokratisch“ zurechtgebombten, zurechtgeschossenen, zurechtgebügelten,
US-marktfreundlichen Gesellschaft).
Gepriesen sei der „American Way
of Life“, gepriesen WTO und „Frontex“, Weltbank und IWF, gepriesen unser aller
Eigennutz, unsere heuchlerische „Hilfsbereitschaft für die „Ärmsten der Armen“.
Amen.
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