Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 24.03.16 |
von Hugo Müller-Vogg
Dieser Supersonntag war ein ganz besonderer.
In drei Ländern wurde gewählt und drei Mal ging es weniger um Landespolitik als
um die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und ihrer Großen Koalition. Auch
wenn die Ergebnisse in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt
höchst unterschiedlich ausgefallen sind, gibt es doch auffällige Gemeinsamkeit.
Und das sind die Lehren des 13. März:
1.Ein klares Nein zur
Berliner „Willkommenspolitik“
Die Landtagswahlen sind zum Plebiszit über die
angeblich so populäre Flüchtlingspolitik Merkels ausgerufen worden. Das Urteil
der Wähler ist eindeutig negativ. Die starke Ablehnung der „Willkommenspolitik“
hat der rechtspopulistischen AfD zu einem dreifachen Triumph verholfen. Was
ebenso eindeutig ist: Obwohl sich SPD und Grüne zu Merkel-Fanclubs erklärt
haben, wurden auch sie für ihre Unterstützung des Berliner Kurses insgesamt
abgestraft. Interessant: Von den drei CDU-Spitzenkandidaten hat sich Reiner
Haseloff am deutlichsten gegen den Merkel-Kurs gestellt – und relativ am besten
abgeschnitten.
2.Eine deutliche Absage
an Rot-Grün bzw. Grün-Rot
Die von Sozialdemokraten und Grünen gebildeten
Regierungen in Stuttgart und Mainz sind abgewählt worden. In Rheinland-Pfalz
waren die Verluste der Grünen viel größer als die leichten Gewinne der SPD, in
Baden-Württemberg verlor die SPD ebenfalls wesentlich mehr als die Grünen
zulegten. Rot-Grün ist für den Bund im nächsten Jahr jedenfalls kein
realistisches Modell.
3.Merkels Machtbasis ist
nicht geschwächt
Als Parteivorsitzende müsste Merkel deprimiert
sein. In ihrer Hochburg Baden-Württemberg ist die CDU mit knapp 27 Prozent
gedemütigt worden, in Rheinland-Pfalz ist der Hoffnungsträgerin Julia Klöckner
der Durchbruch nicht gelungen. Zudem hat Merkel mit ihrer Politik die AfD
richtig stark gemacht. Die Machtbasis Merkels ist dennoch gestärkt worden. Viel
spricht dafür, dass die CDU in Stuttgart und Mainz als Juniorpartner von Grünen
bzw. SPD an die Regierung gelangt. Die CDU wäre dann wieder an neun
Landesregierungen beteiligt – und die Position der GroKo im Bundesrat gestärkt.
4.Ein Desaster für die
SPD
Ungeachtet ihres beachtlichen Abschneidens in
Rheinland-Pfalz steht die SPD noch schlechter da als die CDU. In
Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sind die Sozialdemokraten geradezu
marginalisiert worden. Im Ländle wie in Sachsen-Anhalt hinter der AfD –
schlimmer konnte es für Gabriel und Genossen nicht kommen. Wenn die SPD in
einem boomenden Industrieland wie Baden-Württemberg die Arbeitnehmer nicht mehr
erreicht, wo denn dann?
5.Die FDP ist wieder da
Rundum zufrieden können die Freien Demokraten
sein. In Stuttgart gestärkt, in Mainz wieder zurück im Landtag, in Magdeburg
nur ganz knapp gescheitert. Das ist für das Wahljahr 2017 mit der Landtagswahl
Nordrhein-Westfalen und der Bundestagswahl eine gute Ausgangsbasis. Gefährden
könnte sich die FDP selbst, falls sie sich auf „Ampel“-Spielereien einlässt und
ausgerechnet die Grünen an der Macht hält.
6.Die Linke ist und
bleibt eine Ost-Partei
Die West-Erfolge der Linkspartei in den
Stadtstaaten Hamburg und Bremen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
umgetaufte SED unverändert eine Ost-Partei ist. Sie ist ja in Baden-Württemberg
und Rheinland-Pfalz nicht knapp gescheitert, sondern sehr deutlich.
Westdeutsche Arbeitnehmer lassen sich nicht so leicht einreden, sie stünden
kurz vor der Verelendung.
7.Die AfD ist da – aber
keineswegs auf Dauer
Die Strategie der CDU, die AfD einfach nicht
wahrzunehmen, ist krachend gescheitert. Die Rechtspopulisten sind jetzt – drei
Jahre nach ihrer Gründung – bereits in acht Landesparlamenten vertreten und
damit die erfolgreichste Neugründung in der Bundesrepublik. Das heißt aber noch
lange nicht, dass sie sich auf Dauer im Parteiensystem etabliert hätten.
Gleichwohl: Falls es der Bundesregierung gelingen sollte, den Zustrom an
Flüchtlingen dauerhaft einzudämmen, könnte die AfD schon 2017 wieder Geschichte
sein.
Fazit: Der Supersonntag hat die
Bundesrepublik nicht auf den Kopf gestellt. Aber aktuell sieht die
Parteienlandschaft auf Bundeseben so aus: eine Volkspartei mit über 30 Prozent,
eine zweite „Volkspartei“ mit mehr als 20 Prozent und vier weitere Parteien,
die irgendwo zwischen 5 und 10 Prozent rangieren. Das macht die Politik
komplizierter – weil es die Wähler so wollten.
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