Erschienen in Ausgabe: No 123 (05/2016) | Letzte Änderung: 05.05.16 |
von Roger Köppel
Europa ist im Begriff, sich selber abzuschaffen. Keine Zivilisation
überlebt, wenn sie ihre Grenzen nicht mehr sichert und ungesteuert
Hunderttausende, ja Millionen von schwer bis kaum integrierbaren Fremden
aufnimmt. Die grössenwahnsinnige «Wir schaffen das»-Mentalität hat in der
europäischen Geschichte regelmässig Katastrophen verursacht. Vermutlich
dachten die europäischen Staatenlenker ähnlich, als sie ihre Armeen im Sommer
1914 in einen vermeintlich kurzen Krieg schickten: «Wir schaffen das.» Vier
Jahre und Millionen von Toten später sah man den Irrtum ein. Ausbaden mussten
es die Völker, nicht die Regierenden. Selbstüberschätzung steht am Ursprung
aller Übel.
Das Grundproblem heute bleibt der Islam. Aus Gründen, die uns nicht näher zu
interessieren brauchen, ist diese Religion besonders gefährdet, von
todessüchtigen Fanatikern und Verrückten missbraucht zu werden. Nicht der
Glaube an sich ist schuld, aber es bleibt eine verstörende Tatsache, dass es
nicht entmenschte Buddhisten, Protestanten, Juden oder Zeugen Jehovas sind, die
Flughäfen und Kinderspielplätze in die Luft sprengen. Es sind Angehörige der
muslimischen Glaubensgemeinde, die sich im Namen ihres Gottes für solche
Schreckenstaten ermächtigen. Den Missbrauch Gottes für irdische Zwecke mag es
in vielen Religionen geben oder gegeben haben. Aber die Virulenz des
islamistischen Terrors ist eine Tatsache. Verschweigen und Beschönigen hilft
nichts.
Was haben die Terroranschläge mit der aktuellen Zuwanderung aus Nordafrika
und dem Nahen Osten zu tun? Wohlmeinende beschwichtigen. Sie sagen, dass die
Bombenleger in Europa geboren wurden und europäische Pässe hatten. Das ist
richtig. Aber hier liegt auch das Alarmierende. Anscheinend sind muslimische
Gemeinden in Frankreich, Belgien oder Deutschland Brutstätten der
Nichtintegration und der religiösen Verhetzung. Die hochgelobte
«Integrationspolitik» der Staaten versagt. Einbürgerungen können keine Voraussetzung,
sondern sollten allenfalls das Resultat einer gelungenen Integration sein.
Paris und jetzt Brüssel sind akute Symptome einer falschen, kranken
Zuwanderungspolitik.
Obschon bereits die Integration der hier geborenen Muslime kaum gelingt,
nimmt die EU weitere Millionen von Islamgläubigen aus Nordafrika und dem Nahen Osten
auf. Damit vergrössert sie das Risiko des Terrorismus in Europa erheblich. Die Gefahr,
dass unter dem Deckmantel des Asyls islamistische Selbstmordmörder
eindringen, ist vorhanden. Noch verhängnisvoller finde ich allerdings den
Umstand, dass unsere Gesellschaften in einer Art Schocktherapie, in einem
grenzübergreifenden Menschenexperiment gleichsam im Schnellverfahren von
Politikern, die nur ihr Image sehen, ohne Mandat verändert werden.
Die allermeisten Migranten bringen nicht die Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Integration in unsere Wettbewerbswirtschaft mit. Im Gegenteil
importieren sie ihre zum Teil vormodernen Vorstellungen von Politik,
Rechtsstaat, Frauen und Religion. Sie kommen aus Gebieten, in denen
Stammesfehden und Blutrache an der Tagesordnung sind. Mittelalterliche
Auffassungen von männlicher Ehre werden mit heiligem, ja tödlichem Eifer
ausgelebt. Es ist absehbar, dass viele in den Wohlfahrtssystemen enden werden.
Der Druck zur Anpassung durch Arbeit entfällt. Das Risiko besteht, dass wir
Heerscharen von Entwurzelten und Unzufriedenen produzieren, deren Enttäuschung
politische Ventile suchen wird. Frankreich und Belgien sind nur ein Vorgeschmack.
Es ist eine Illusion, zu glauben, die Politik könne diese Völkerwanderung bewältigen.
Wohlverstanden: Ich glaube nicht an unverrückbare ethnische oder kulturelle
Prägungen. Der Mensch ist beweglich und anpassungsfähig, wenn es die Umstände
erfordern. Wir sind das einzige Lebewesen, das sich neu erfinden kann, wofür
Philosophen den Begriff «praktische Transzendenz» erfunden haben.
Selbstverständlich können sich auch Muslime in unserer Gesellschaft durchsetzen
und Erfolg haben. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass es eben Gruppen und
Kulturen gibt, die sich weniger schnell zurechtfinden als andere. Diese
kulturellen Unterschiede und Herkunftsprägungen sind nicht unübersteigbar,
aber es gibt sie, und man muss mit ihnen rechnen. Gute Migrationspolitik ist deshalb
immer eine Frage der konkreten Menschen, des Masses und der Zahl. Je schwerer
sich bestimmte Kulturen mit der Eingliederung tun, desto behutsamer und
dosierter sollte die Zuwanderung gesteuert werden. Die Behörden müssen lernen,
nein zu sagen.
Die EU macht das Gegenteil. Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei ist eine
weitere Bankrotterklärung. Brüssel schiebt die Verantwortung für den Schutz der
Ostgrenzen an den Autokraten Erdogan ab. Man zahlt Milliarden, stellt den
Türken Reisefreiheit in Aussicht und nimmt ihnen erst noch Migranten aus dem
Nahen Osten ab, in unbegrenzter Zahl. Das ist kein Abkommen, sondern eine
Unterwerfung. Sie zeigt, dass die EU nicht mehr in der Lage oder willens ist,
wesentliche hoheitliche Aufgaben auszuüben. Der Schengen-Vertrag wird
Makulatur, ebenso das Dubliner Flüchtlingsabkommen, das noch nie funktionierte.
Die Situation ist instabil und gefährlich. Soziale Konflikte drohen.
Politischer Extremismus lodert, solange die Eliten und ihre Medien nicht
bereit sind, die von ihnen geschaffenen Probleme zu diskutieren und zu lösen.
Und was geschieht in der Schweiz? Die Zuwanderung geht fast unvermindert
weiter. Die Initiative gegen die Masseneinwanderung ist noch weit von einer
Umsetzung entfernt. Der Bundesrat gewichtet die Interessen der EU höher als den
Volksentscheid. Im Asylbereich setzt Justizministerin Sommaruga ungebremst auf
Willkommenskultur. Durch die neue Asylgesetzrevision wird die Schweiz noch
attraktiver für Asylbetrüger und falsche Flüchtlinge. Der Bundesrat müsste
Signale eines verschärften Grenzschutzes aussenden: Asyl nur für wirklich an
Leib und Leben Bedrohte. Stattdessen werden die Aufnahmekapazitäten ausgebaut.
Neu will der Bund sogar Private und Gemeinden enteignen dürfen. «Gratisanwälte»
für alle Asylanten sollen mehr Tempo in die Abläufe bringen. Es wäre ein
weiterer Irrtum: Da die Schweiz die abgewiesenen Asylbewerber kaum nach Hause
schickt, werden die Rechtsbeistände bestenfalls nur dazu führen, dass noch mehr
falsche Flüchtlinge noch schneller – «beschleunigt» – in der Schweiz bleiben
dürfen.
Masshalten wäre gefragt. Masslosigkeit herrscht. Das kann nicht gutgehen.
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