Erschienen in Ausgabe: No 125 (07/2016) | Letzte Änderung: 30.06.16 |
von Michael Lausberg
Heinrich Grellmann gilt als der Begründer des rassistischen
Antiziganismus, der in der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten
kulminierte. Vor dem Hintergrund der aufkommenden Nationalstaaten und der
Herausbildung des bürgerlich lebenden Menschen wurden „die Zigeuner“ in der
Aufklärungzum Gegenentwurf des
zivilisierten Bürgers stilisiert. Heinrich Grellmann sieht in seiner Göttinger
Dissertation „ Die Zigeuner. Ein historischer Versuch über die Lebensart,
Verfassung und Schicksale dieses Volkes in Europa, nebst ihrem Ursprunge“
seinen Untersuchungsgegenstand als bildungslose, abergläubische und
unzivilisierte „Wilde“, die der eigenen Kultur und Zivilisation diametral
gegenüberstanden.
Allgemein
Antiziganistische
Stereotype wie Nomadentum, Kriminalität, Primitivität, Arbeitsscheu usw
entstanden in den vergangenen Jahrhunderten und werden seitdem wie ein
„kultureller Code“ in der Gesellschaft von Generation zu Generation weiter
tradiert. Die heutigen antiziganistischen Einstellungsmuster können nicht ohne
den Rückgriff auf ihre historische Entwicklung verstanden werden.
Romantisierende und exotistische Vorurteile wie die „musizierenden Zigeuner“,
die „wild“ und „unproduktiv“ in den Tag hineinleben, sind immer noch vorhanden.
Gelehrte Autor_innen der
Mehrheitsgesellschaft, die oft niemals mit Sinti und Roma persönlich in Kontakt
getreten waren, konstruierten Vorurteile wie Nomadentum, Kriminalität,
Primitivität, Müßiggang usw., die –je häufiger sie wiederholt wurden- sich im
Gedächtnis der Mehrheitsbevölkerung festsetzten und schließlich als „Wahrheit“
ausgegeben wurden. Die Autoren aus der Mehrheitsgesellschaft schafften es
nicht, sich von den Normalitätsvostellungen seiner eigenen westlichen Kultur zu
distanzieren und eine andere aus dessen eigenem Kontext zu begreifen. Das, was
Bauerdick als Realität vorgibt, ist lediglich eine individuelle Interpretation
seiner Begegnungen mit Roma. Sie geben nur die gesammelten subjektiven
Erfahrungen wiedergeben, was niemals (wissenschaftliche) Objektivität
widerspiegeln kann. Von einer multiperspektivischen Reflexion waren weit
entfernt; ihr Blickwinkel könnte eher als Nostrismus bezeichnet werden, wo das
Eigene zum Maßstab mit der Begegnung mit dem Anderen wird.
Auf diese Weise entstand eine Konstruktion der
Mehrheitsgesellschaft von vorgeblichen Lebensweisen Eigenschaften der Sinti und
Roma, was nicht die Realität widerspiegelte. Dies wurde nicht hinterfragt,
sondern einfach weiter tradiert.
„Antiziganistisch ist
nicht nur die Zuschreibung von negativ bewerteten Eigenschaften, sondern auch
diejenige angeblich positiver Kennzeichen wie Musikalität. Beide schreiben
Gruppenmerkmale als unveränderbar fest. Diese Festlegung vermeintlich typischer
Charakteristika für eine Gruppe wird den Einzelnen, die ihr zugeordnet werden,
niemals gerecht.“[1] Der
Begriff „Zigeuner“ wurde von (gebildeten) Angehörigen der
Mehrheitsgesellschaften geprägt und ist daher eine abwertende Fremdbestimmung.
Sinti und Roma wehren sich gegen diesen Begriff und empfinden ihn als
diskriminierend.[2]
Roma ist der Oberbegriff
für eine Reihe ethnisch miteinander verwandte Gruppen, die ab dem 14.
Jahrhundert über Vorderasien nach Nordafrika und Europa gelangten. Der historische
Herkunftsraum der Roma ist der Nordwesten Indiens. Als Beleg dafür gilt, dass
ihre Sprache, das Romanes, mit zentralindischen Sprachen wie dem Sanskrit
verwandt ist. Roma leben heute als kulturelle Minderheit auf allen Kontinenten,
vor allem aber in Europa. Die Sinti sind eine Untergruppe der europäischen
Roma, die hauptsächlich in Mittel- und Westeuropa und im nördlichen Italien
leben. In der BRD sollen zwischen 70.000-150.000 Sinti und Roma leben. Die
wahrscheinlich in der Öffentlichkeit bekanntesten Sinti und Roma sind der
Schauspieler Yul Brynner, die Sängerin Marianne Rosenberg und der Musiker
Django Reinhardt.
Seit 1998 sind die
„deutschen Sinti und Roma“ neben den Dänen, Friesen und Sorben als „nationale
Minderheiten“ in der BRD anerkannt. Roma nichtdeutscher Staatsangehörigkeit
sind von dieser Regelung und den daraus abzuleitenden Rechten logischerweise
ausgenommen.
Der wichtigste
internationale Zusammenschluss der Roma ist die „International Romani Union“
(IRU) aus dem Jahre 1978, deren Ehrenpräsident der bekennende Rom Yul Brynner
ist. In Europa existiert seit 2005 das „European Roma and Travellers Forum“
(ERTF), das ein Partnerschaftsabkommen mit dem Europarat pflegt.
Grellmanns rassistische Vorstellung und sein Überleben in
der Gegenwart
Vor dem Hintergrund der
aufkommenden Nationalstaaten und der Herausbildung des bürgerlich lebenden
Menschen wurden „die Zigeuner“ zum Gegenentwurf des zivilisierten Bürgers
stilisiert. Heinrich Grellmann sieht in seiner Göttinger Dissertation „ Die
Zigeuner. Ein historischer Versuch über die Lebensart, Verfassung und
Schicksale dieses Volkes in Europa, nebst ihrem Ursprunge“ seinen
Untersuchungsgegenstand als bildungslose, abergläubische und unzivilisierte
„Wilde“, die der eigenen Kultur und Zivilisation diametral gegenüberstanden.
Karola Fings schrieb: „Grellmann war nie einem Rom begegnet und hatte seine
vermeintlichen Kenntnisse aus den Schriften verschiedener Autoren und
Journalisten gewonnen. Dennoch fanden seine Thesen Eingang in Lexika, wurden in
Zeitungen und Zeitschriften aufgegriffen, spiegelten sich in der Literatur und
Malerei und beeinflussten damit die populäre Wissenproduktion über ‚Zigeuner
bis in die Gegenwart.“[3]
Vor allem im 17. und 18.
Jahrhundert sollten Sinti durch Ausnahmegesetze der jeweiligen Landesherren am
Betreten ihres Territoriums gehindert werden. Staatliche Stellen stellten
ikonographische Schilder an den Grenzen und vor Orten oder Städten auf, die
speziell an Sinti und Roma adressiert waren.[4]
Sie wurden „Zigeunerwarnungsstöcke“, „Heidenstöcke“ oder „Zigeunertafeln“
genannt. Wenn sie die jeweiligen Gebiete betreten würden, drohten ihnen
Bestrafungen wie Stockschläge, Brandmarken, Landesverweis, Handabschlagen oder
Ohrabschneiden. In den deutschen Staaten wurde in öffentlichen Verlautbarungen
Belohnungen für die Ergreifung von Sinti und Roma ausgesetzt, egal ob tot oder
lebendig. Gemäß einem Gesetz im Reichskreis Oberrhein aus dem Jahre 1711 wurden
Bürger_innen bestimmte Geldbeträge für die Mithilfe bei einer erfolgreichen
Festnahme in Aussicht gestellt.
Staatliche Stellen
schreckten sogar vor systematischen Morden an Sinti nicht zurück. Im Laufe des
18. Jahrhunderts wurden in Schwaben, Franken, Hessen und der Pfalz insgesamt
mindestens 237 Sinti hingerichtet.[5]
Im Jahre 1726 verordnete Kaiser Karl VI., alle männlichen Sinti hinzurichten
und den Frauen sowie den Kindern unter 18 Jahren ein Ohr abzuschneiden. Der
Stadtrat von Aachen erließ 1728 eine Verordnung, die Sinti zum Tode
verurteilten. Darin hieß es: „Gefangene Zigeuner, ob sie sich wehren können
oder nicht, sollen auf der Stelle getötet werden. Allerdings soll denjenigen,
die nicht zu einem Gegenangriff ansetzen, nicht mehr als eine halbe Stunde
gewährt werden, um niederzuknien und, wenn sie es wünschen, den allmächtigen
Herrgott um Vergebung ihrer Sünden bitten und sich auf den Tod vorzubereiten.“[6]
Der Annweiler Vogt Koch veranlasste 1760 eine „Zigeunerjagd“, wo Männer, Frauen
und Kinder umgebracht, ihre Hütten geplündert und niedergebrannt wurden.[7]
Öffentliche
Hinrichtungen von Sinti und Roma wurden bisweilen wie ein Event gefeiert, an
dem sich normale Bürger_innen berauschten. Bei einer Enthauptung von vier Sinti
und Roma in Nürnberg 1733 errichtete ein Nürnberger Bürger 200 Erntewagen als
eine Art von Tribünen und verlangte für das Mitansehen der Hinrichtung
Eintrittsgeld.[8]
Teile der
Mehrheitsbevölkerung widersetzten sich aber auch gegen die Anordnungen der
staatlichen Stellen und halfen verfolgten Sinti und Roma auch unter Gefährdung
ihres eigenen Lebens.[9]
Anhand von Taufurkunden lässt sich belegen, dass städtische Beamt_innen oder
Bürgermeister_innen eines Dorfes als Paten fungierten. Zahlreiche Quellen
berichten darüber, dass staatliche Stellen gegen Dortschultheiß_innen,
Gastwirte und Händler_innen vorgingen, die Sinti und Roma Unterschlupf
gewährten oder mit ihnen Handel trieben. Manche staatlichen Stellen sahen sich
deshalb gezwungen, unter Strafandrohungen den Kontakt der eigenen Bevölkerung
mit Sinti und Roma zu verbieten. In einer gemeinsamen Pönalsanktion des
Oberrheinischen und des Kurrheinischen Kreises von 1748 hieß es: „Sollen
diejenigen, welche diesem Räuber- und Zigeunergesindel entweder freywillig und
ungedrungen einigen Unterschleiff gestatten (…) deren geraubte Sachen
wissentlich verkauffen, verhandeln oder auch den Raub verkundschafften, dazu
Anschläge geben und sonsten in andere Weege behülflich seynd und dan
participieren, falls nur ein anderer gefährlicher Umstand noch dabey mit
untergeloffen (…) gleichergestalten, wo nicht mit Galgenstraffe, wenigstens §4 zur
offentlichen Arbeit angesetzten Straff, und zwar allenfalls auf ihre selbst
eigene Kosten, wenn sie es im Vermögen haben, unterworffen seyn.“[10]
Neben negativ
zugeschriebenen Eigenschaften entwickelte sich auch eine romantisierende
Sichtweise auf die „Zigeuner“. Sie wurden als Gegenetwurf zur bürgerlichen
Gesellschaft inszeniert und als „edle Wilde“[11]
idealisiert. Dies zeigte sich besonders in Goethes Drama Götz von Berlichingen.
Auf der Flucht rettet der „Zigeunerhauptmann“ den verwundeten Götz, schützte ihn
vor den Verfolger_innen und verlor dabei sein Leben. Götz stellte in dieser
Szene fest: „O Kaiser! Kaiser! Räuber beschützen deine Kinder. Die wilden
Kerls, starr und treu.“[12]
Der preußische Aufklärer
Christian Wilhelm von Dohm setzte sich für eine Aufhebung aller Gesetze ein,
die Juden sowie Sinti und Roma diskriminierten. Dies sollte jedoch nicht
sofort, sondern erst nach einem Erziehungsprozess geschehen, der die
„bürgerliche Verbesserung“ der Minderheiten beinhaltete. Da es sich bei „den
Zigeunern“ um „eine sehr verwilderte Nation“ handele, würde die „Verbesserung“
erst nach einer Generation greifen.[13]
Von Dohm schrieb: „Die Erfahrung lehrt, daß es äußerst schwierig sey, sie an
diesem festen Aufenthalt und bleibende Beschäftigung zu gewöhnen, und daß sie
dem bequemen und ruhigen Leben das unsichere und beschwerliche Umherziehen
vorziehen. Aber die Kinder der itzigen, zum Theil im Schoße der bürgerlichen
Gesellschaft geboren, werden gewiß schon besser in dieselbe einpassen. Sollten
aber auch erst die Nachkommen der itzigen Zigeuner nach mehr als einem
Jahrhundert glücklichere Menschen und gute Bürger werden, so wird doch dieses
unstreitig die Regierung nicht abhalten, ihre weisen Bemühungen fortzusetzen.“[14]
Das umfangsreichste
deutschsprachige Lexikon erläutert in der Mitte des 18. Jahrhunderts,
„Zigeuner“ seien „ein zusammen gelaufenes böses Gesindel, so nicht Lust zu
arbeiten hat, sondern von Müßiggang, Stehlen, Huren, Fressen, Sauffen, Spielen
u.s.w. Profession machen will.“ Es fügt hinzu, dass ihre fremde Erscheinung
nicht ernst genommen werden dürfe, denn ihre Sprache hätten sie verabredet, um
„communicieren zu können“, ohne dass „andere Leute sie verstehen“ und ihre
Hautfarbe hätten sie einfach „durch allerhand Schmierereyen“ künstlich erzeugt.[15]
Im Jahre 1782 war in
einem Zeitungsartikel zu lesen, dass in Ungarn zahlreiche „Zigeuner“
hingerichtet wurden, da sie angeblich Menschen töteten und die Leichen danach
aufaßen. Später kam heraus, dass sich diese Vorwürfe als haltlos erwiesen und
einen Justizskandal provozierten. Trotzdem gehörte seitdem der Vorwurf des
Kannibalismus zum Standardrepertoire antiziganistischer Ressentiments.[16]
Heinrich Moritz Gottlieb
Grellmann (1756-1804) wurde 1794 in Göttingen zum ordentlichen Professor
ernannt. 1804 wechselte er an den Lehrstuhl für Statistik an die Universität
Moskau, wo er kurz nach seinem Dienstantritt verstarb.
Grellmanns Werk „Die
Zigeuner. Ein historischer Versuch über die Lebensart und Verfassung, Sitten
und Schicksale dieses Volkes, nebst ihrem Ursprunge“[17]
aus dem Jahre 1783 ist als Beginn der „Zigeunerwissenschaft“ im
deutschsprachigen Raum anzusehen. Während er die grundlegenden Motive des
religiösen Antiziganismus als Legenden entlarvte, begründete er einen
Antiziganismus auf rassistischer Grundlage. Wippermann stellt zu Recht fest:
„Grellmann kann daher als Schöpfer des rassistischen Antiziganismus bezeichnet
werden, den es schon vor dem Rassen-Antisemitismus gab und der die konkrete
‚Zigeunerpolitik‘ schon zu einem Zeitpunkt beeinflusste, als die ‚Judenfrage‘
noch unter mehr oder weniger rein religiösen und eben nicht rassistischen
Aspekten diskutiert wurde.“[18]
Die von Grellmann unterstellten Verhaltensdispositionen der „Zigeuner“ wurden
von ihm nicht als individuelle Ausdrucksformen gesehen, sondern als feststehendes
kulturelles Verhalten auf die gesamte Gruppe , die als „Volk“ bezeichnet wurde,
übertragen. Dieses biologistische Deutungsmuster durchzieht das gesamte Buch.
Dort heißt es zum Beispiel: „Oft schien ein Knabe (…) auf dem besten Wege zur
Menschwerdung zu seyn, und plötzlich brach die rohe Natur wieder hervor, er
gerieth in den Rückfall und wurde mit Haut und Haaren wieder Zigeuner“.[19]
Im Anschluss an andere
Arbeiten vertrat Grellmann die These, dass die Sprache der „Zigeuner“ im Kern
Sanskrit sei und sie ursprünglich aus Indien kämen. Daraus schloss er, dass sie
von der untersten indischen Kaste, den „Sudern“ oder „Paria“ abstammen müssten.[20]
So entstand das Bild von einem primitiven „orientalischen Nomadenvolk“, das
sich auf der Vorstufe der so genannten Zivilisation befände. So schrieb
Grellmann: „Die Zigeuner sind ein Volk des Orients und haben orientalische
Denkart. Rohen Menschen überhaupt, vorzüglich aber den Morgenländern ist es
eigen, fest an dem zu hängen, woran sie gewohnt sind. Jede Sitte (…) dauert
unverändert fort und eine Neigung, die einmahl in den Gemüthern die Oberhand
hat, ist sogar nach Jahrtausenden noch herrschend.“[21]
Die „Zigeuner“ waren für Grellmann zwar primitive, aber dann doch menschliche
Wesen, die aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Genuss der
„zivilisatorischen Vorzüge“ kommen würden. Dieser kulturelle
Kolonisationsgedanke Grellmanns wurde auch von späteren „Zigeunerexperten“
übernommen und weiterentwickelt. Grellmann stellte die „Zigeuner“ als
„Naturvolk“ dar, das im Gegensatz zu den weißen europäischen „Kulturvölkern“
stünde und diesen unterlegen sei: „Man denke nur, wie sehr sie von Europäern
verschieden sind. Dieser ist weiß, der Zigeuner schwarz; der Europäer geht
bekleidet, der Zigeuner halb nacket, jenem schaudert für Speise vor verrecktem
Vieh, dieser bereitet sich davon Leckerbissen. Ueberdieß sind auch diese
Menschen, seit ihrer ersten Erscheinung in Europa durch Raub, Diebstahl und
Mordbrennen berüchtigt; der Europäer hegt also nicht nur Abscheu gegen sie,
sondern auch Haß. Um aller dieser Ursachen willen wieß der gesittete Theil von
jeher den Zigeuner von sich, (…) und nur der Einfältige machte bisweilen
genauere Bekanntschaft mit ihnen, um Angelegenheiten des Aberglaubens
abzuthun.“[22] Die
Ausübung von Musik und Poesie seien charakteristische Merkmale ihrer Kultur:
„Musik ist unter allen die einzige Kunst, an der dieses Volk wirklich einen
beträchtlichen Anteil hat. Sie dichten zwar auch, und das nach Weise
orientalistischer Völker, aus dem Stegreife; und sind in der Walachey sogar die
einzigen Inhaber dieser Kunst, wo sie ihre Verse, gleich italiänischen
Improvisatoren, immer mit Gesang und Musik begleiten.“[23]
Grellmann schrieb den
„Zigeunern“ in homogenisierender Weise die Eigenschaften der Faulheit und des
Müßiggangs zu: „Hier entdeckt sich zugleich der Grund, warum Armuth und
Dürftigkeit ein so gemeines Los dieser Menschen ist. Es liegt in ihrer Faulheit
und übermäßigen Neigung zur Gemächlichkeit. Sucht man Menschen, die im Schweiße
ihres Angesichts ihr Brod essen, so wird man sie überall leichter, als unter
dem Volke der Zigeuner finden. Jede Arbeit ist ihr Feind, wenn sie mühsam ist,
und viele Anstrengungen erfordert.“[24]
Die von Grellmann
behaupteten negativen Charakterzüge wie Müßiggang, Nomadentum, Unsittlichkeit
oder Kriminalität, die ständige Konflikte mit den jeweiligen europäischen
Mehrheitsgesellschaften zur Folge hätten, hielt er für angeboren.[25]
Grellmann verstand sich selbst als Aufklärer und die „Zigeuner“ als
erziehungsbedürftige Mängelwesen, die notfalls mit Gewalt und Zwang mit dem
Ziel der völligen Assimilierung in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren
seien. Er stellte dabei vor allen den ökonomischen Nutzen und das daraus
resultierende staatliche Interesse an der Umerziehung der „Zigeuner“ in den
Vordergrund.
Mit seinem Werk konnte
Grellmann zwar den religiös geprägten Antisemitismus überwinden, jedoch
begründete er, indem er die Sinti als „orientalisches Volk“ sah, eine neue Form
des Antiziganismus, den Rassenantiziganismus. Mit dem Begriff „orientalisches
Volk“ waren zu dieser Zeit vor allem negative Eigenschaften wie Faulheit,
Minderwertigkeit und Primitivität verbunden. Problematisch an Grellmanns
Einschätzung ist außerdem, dass er alle diese „Eigenschaften“ für angeboren und
somit eine Erziehung für unmöglich hält. Grellmanns Buch entwickelte sich im
Laufe der Jahre zu einem viel gelesen und viel zitierten Werk. Dieser ständige
Bezug auf Grellmanns Buch führte dazu, dass sich die Lage der Sinti und Roma
nicht verbessern konnte und das sie sich nachfolgend vor allem rassistisch-
motivierten Vorurteilen ausgesetzt sahen.
Im
religiösen Antiziganismus ist den Roma eine Art Bundesgenossenschaft mit dem
Teufel unterstellt worden. Sie hätten die Roma befähigt, verschiedene
teuflische Dinge zu tun.
Wegen
dieser Verbrechen seien alle Roma, welche als Nachfahren des Brudermörders Kain
angesehen wurden, von Gott zum ständigen Herumziehen verurteilt worden. Der
Teufel dagegen habe sie für diese Verbrechen mit der Verleihung von gewissen
dämonischen Fähigkeiten belohnt. Die Roma könnten die Zukunft voraussagen und
in der Gegenwart (wie die Hexen) allerlei Schadenszauber betreiben. In der
folgenden Beschreibung von Fritsch sind alle religiösen Stereotypen gegenüber
den eingewanderten Sinti und Roma vorhanden: (…) Zigeuner (…) mit Lügen/Betteln/Betrug
und heimlichen Plündereien/ unter den Vorwand einer heiligen und andächtigen
Wolfarth/vielmehr aber einer Arbeits-Flucht und Land-Streichung/nicht geringen
Schaden den armen und einfältigen Mann insonderheit zugefüget (…) dieser
Müssiggänger und Landbetrieger/als Verrähter und Landschaffer des Römischen
Reiches. (…) Und dennoch unser geliebtes Vaterland/bis auf diesen Tag/von
diesen gemeinen übel nicht befrenet und gesäubert worden(…) etliche/welche sich nicht gescheuet/diese
verhasste und Land-betriegerische Betteln/solcher faulsüchtigen Raub-Vogeln und
Land-störer/zu entschuldigen und zu bemänteln. (…) erdichten unverschämter
Weise/daß die Sünde ihrer Vorfahren/welche die Jungfrau Maria/die
Gottes-Gebährerin/mit ihrem/die Tyrannes des Herodis entfliehenden Kinde
Jesu/aufzunehmen und zu beherbergen verzaget/büssen müsten/und von ihren
Göttern gezwungen würden/sieben ganzer Jahr aus ihrem Vaterlande im Elend zu
schweben/wenn sie nicht allerley Unglück und Unfruchtbarkeit sich auf den Hals
ziehen wolten. (…) dies zusammen gelauffene Wahrsager brechen/den herzunahenden
Sommer/gleich wie die Schwärme der Hummeln/aus denen hohen und zähen Klippen
und Steinhölen/des Alpischen oder Schweizerischen und des Pyreneischen Gebürges
herfür/und ziehen in andere weitere und reichere Länder. (…) Sie beharren nicht
lang an einem Ort/sondern/nachdem sie die Weide abgeäket/so ziehen sie mit
ihrem Vieh/Weibern und Kindern/welche sie auf Karren/Wagen und Pferden mit sich
herum führen/anderswo hin/und achten es für eine schwere
Unglücksehligkeit/lange an einem Ort zu bleiben. (…) Leute/schwarz und
ungestalt/von der Sonnen gleichsamgetrocknet/in Kleidung und allen ihren Thun
unflätig/ auf Diebstahl und Rauberen insonderheit verschlagen/voraus die Weiber
gemeldetes Volcks/Dann/die Männer ernehren sich vom Raub/der gemeine Mann
nennet sie Tartern. Es seynd Leute/die im reisen gebohren/dem Müssigang ergeben
seynd/und kein Vaterland erkennen. Also ziehet es herum/und lebet von dem
Diebstal der Weiber. Sie leben wie die Hunde/achten keine Religion, die leben
in den Tag hinein/aus einem Lande ziehen sie in das ander/nach Verlauff
etlicher Jahren kommen sie wieder/aber sie theilen sich in viel Hauffen/amit
nicht eben dieselbe an einem Ort/als nach lang verlorener Zeit/wider kommen.
(…) Bauer-Leuten sehr getrang thut/wenn diese auf dem Felde ihrer Arbeit
abwarten/so berauben sie derselben Hütten.(…) Wann wir dann auch aus dem
Crantzio gemeldet/daß bey ihnen die christliche Religion gar wenig geachtet
werde/und dieselbe/wann sie/nach ihrer Gewonheit/unsere Länder
durchstreiffen/gar offt denen Pfarrern ihre kleine Kinder zur Taufe bringen
pflegen/So wird denn nicht unbillich gezweiffelt/ob man ihrem Bitten mit gutem
unverletzten Gewissen soll Raum geben. (religiöser Antizanismus) (…) bey dem
heiligen Sacrament der Tauffe zu erhalten/solche demühtig gebereb/und nach dem
sie es erhalten/diese an einem anderen Ort wiederholen.[26]
Es gibt eine Reihe von
Ätologien, Erklärungssagen, die den Roma zugeschrieben werden, z.B.: Die
„Zigeuner“ würden erzählen, dass sie deswegen zu ewiger Wanderschaft verflucht
seien, da sie der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten keine
Nachtherberge gegeben hätten. Diese Geschichte wurde jedoch nicht von den Roma
erfunden, sondern anlässlich ihrer Ankunft in Mitteleuropa im 15. Jahrhundert
von gelehrten Klerikern in die Welt gesetzt.[27]
Es handelt sich zwar um eine Erklärungssage, jedoch von Nicht-Roma, die sich
ihrerseits Erklärungsmuster für Herkunft und Wesen der Fremden zurechtlegten.
(…), die Geschichte wurde kontinuierlich über die Jahrhunderte hinweg bis heute
von Nicht-Roma tradiert, und zwar nicht in der mündlichen Überlieferung,
sondern in Büchern über „Zigeuner“. Sie überstand auch einen Wechsel in der
Funktion: Sollte sie ursprünglich das Nomadentum erklären, so wurde sie, als
feststand, dass die Roma nicht aus Ägypten, sondern aus Indien gekommen und zur
Zeit der Flucht der Heiligen Familie weder in Palästina noch in Ägypten gewesen
waren, einfach zu einem Demonstrationsbeispiel der Roma umfunktioniert.
In den von Friedrich
Krauss veröffentlichten Schwankmärchen findet sich ein weiteres Beispiel für
die Zutaten des Erzählers, das wiederum zum Typ „überlisteter Teufel“ gehört.
Der „Zigeuner“ legt den dummen Teufel durch zwei Tricks herein, die mit der
Hautfarbe, sei es des Teufels oder des „Zigeuners“, nicht zu tun haben. Dennoch
wird auch hier ihr Aussehen und obendrein ihr Geruch verglichen: „Der Teufel
ist ohnehin von Haus aus schwarz wie ein Araber, unsauber und stinkig wie ein
Dachs, und ebenso ist der Zigeuner von Haus aus dunkelhäutig, dazu vom
Schmieden und Sichnichtwaschen rußig und übelriechend, darum hielt ihn der
Teufel für seinesgleichen.“[28]
Grellmanns Werk prägte
die ewig gebrauchten Stereotypen, die „Zigeunern“ negativ bewertete
Eigenschaften wie ununterdrückbares „ewiges Wandern“, kriminelle Veranlagung,
Unfähigkeit zu vorsorgender Lebensplanung und Wirtschaftsweise, Arbeitsscheue,
Unzuverlässigkeit, Feigheit, Hinterhältigkeit, Unsauberkeit, mangelnde Ordnungsliebe,
Streitlust, aber auch ambivalent oder positiv bewertete Eigenschaften wie
magische und wahrsagerische Fähigkeiten, große Freiheitsliebe, starke erotische
Ausstrahlung, besondere rhythmische und musikalische Fähigkeiten sowie
manuelles und körperliches Geschick bei kriminellen oder bestimmten
handwerklichen und schaustellerischen Tätigkeiten zuschreiben.
Antiziganistische Stereotype beinhalten in Hinsicht auf die Körperlichkeit von
„Zigeunern“ physiognomische Merkmalszuschreibungen wie schwarzes Haar, schwarze
„blitzende“ Augen, dunkle Hautfarbe und unregelmäßige Gesichtszüge.
Zimmermann
bringt Grellmann mit den Rassenhygienikern des 3. Reiches in einen Zusammenhang
gebracht: „Der Gegensatz zwischen Grellmann und Ritter, zwischen Aufklärung und
Rassenhygiene, gründete gleichwohl in einer gemeinsamen Perspektive: Die
‘Lösung der Zigeunerfrage’ sollte in der Auflösung der Zigeuner als
gesellschaftliche Gruppe bestehen.Auf
eben dieses Ziel rekurriert Ritter, als er 1938 die bisherigen polizeilichen
und sozialpolitischen Versuche, das ‘Zigeunerproblem’ ‘zu lösen’, für
gescheitert erklärt.In ‘Kenntnis ihrer
rassischen Eigenart’ müssten ‘neue Wege’ beschritten werden.“[29]
Wippermann erkennt in Grellmann nicht weniger als einen Urvater des Rassismus:
Grellmann kann daher als Schöpfer des rassistischen Antiziganismus bezeichnet
werden, den es schon vor dem Rassen-Antisemitismus gab und der die konkrete
‘Zigeunerpolitik’ schon zu einem Zeitpunkt beeinflusste, als die ‘Judenfrage’
noch unter mehr oder weniger rein religiösen und eben nicht rassistischen
Aspekten diskutiert wurde.[30]
Die
Wissenschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert prägte das Bild der „Zigeuner“ im
positiven wie im negativen Sinne. Auf der einen Seite brachte die
sprachwissenschaftliche Entdeckung des Romanes die Anerkennung der Sinti und
Roma als ein ursprünglich aus Indien stammendes Volk. Auf der anderen Seite
förderte dieselbe Entdeckung ihre Stigmatisierung. Die „bürgerliche
Verbesserung“, die Christian Wilhelm von Dohm noch für möglich hielt, wurde von
H.M.G. Grellmann in Frage gestellt. Für Grellmann waren die Sinti ein
„orientalisches“ und damit „minderwertiges“ Volk, das schwerlich zu erziehen
sei. In Anlehnung an Claudia Breger und Wolfgang Wippermannerkennt Marion Bonillo in Grellmanns
Vorstellungen den Einfluss der „Rassenlehre“, die in der zeitgenössischen
Naturwissenschaft Einzug hielt: „Auch wenn der Begriff ‚Rasse‘ bei Grellmann
nicht auftaucht, war seine Darstellung doch eindeutig rassistisch geprägt.“[31]
In der Aufklärung nahm die Erziehung einen
breiten Raum ein; sie sollte als Mittel dazu dienen, die angeblich noch im
Naturzustand lebenden Gesellschaftsmitglieder zur Menschwerdung gelangen zu
lassen. Immanuel Kant stellte fest:
„Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die
Erziehung aus ihm macht.“[32]
Auf der philosophischen Abstraktheit wurde mit dem Menschen operiert.
Das menschliche Zusammenleben sollte sich in der Vernunft aller
Gesellschaftsmitglieder äußern. Der einzelne Mensch, die Menschheit qua Gattung
und die Menschlichkeit wurden im 18. Jahrhundert nahe zusammengedacht.[33]
Die großen Differenzen, aus denen sich die Realität des Menschlichen
gestaltete, traten hingegen nur randständig in den Blick. Jaumann behauptete zu
Recht, Aufklärung wurde als Teil des permanenten Prozesses auf dem Weg vom
Naturzustand hin zu Kultur und Zivilisation zu einer stets aufsteigenden
Menschheit verstanden. Stets war das Ziel jeder Entwicklung nicht etwa die
Emanzipation der jeweiligen Minderheit als solcher, sondern die Aufhebung deren
sozialer Existenz.“[34]
Dazu gehört laut
Grellmann die Aufgabe „Zigeuner“ oder auch „Jude“ zu sein.[35]
Grellmann erklärte: „Mochten die Zigeuner bisher auch noch so vielen Nachtheil
gestiftet haben; so war es doch an sich nichts Unmögliches, dass sie einmal
aufhörten, so allgemein schädliche Geschöpfe zu seyn. (…) Aus dem Menschen kann
alles werden, hätte man nur die gehörigen Mittel zu ihrer Besserung angewendet,
so würde die Erfahrung bewiesen haben, dass sie nicht unverbesserlich wären.“[36]
Er stellte die Forderung auf, die „Zigeuner“ im pädagogischen Sinne zu
„brauchbaren Bürgern umzuschaffen.“[37]
Diese Disziplinierung über die Erziehung beinhaltete zugleich deren
Sesshaftmachung und die „Sorge für Aufklärung ihres Verstandes, und ein besseres
Herz.“[38]
Es sei „wenig wirtschaftlich“ die „Zigeuner als Schlacke weg zu werfen.“ In
deren ersten Generation läge noch „die Wurzel des Verderbens“, aber „beim
zweyten oder dritten Geschlecht“ würden sich die Anstrengungen ökonomisch
auszahlen.[39]
Die
Überwindung von Unwissenheit und Ignoranz, von Verderbtheit und rohem
Naturzustand galt als Forderung gegenüber jedwedem, und in gleicher Weise
natürlich gegenüber den Angehörigen der Mehrheit, von denen bekanntlich auch
der größte Teil noch in jener selbstverschuldeten Unwissenheit lebte. Es galt,
die Ausbreitung des Geistes zum Wohl der bürgerlichen Gesellschaft zu
befördern. Aufklärung wurde verstanden als Teil des permanenten Prozesses auf
dem Weg vom Naturzustand hin zu Kultur und Zivilisation, zu einer stets
aufsteigenden Menschheit.
Repräsentativ für diese
Zeit ist das Werk Lessings „Nathan der Weise“ [40]
zu nennen, der der aufklärerischen Idee der Toleranz klassischen Ausdruck gab. [41]
Die „Erziehung des Menschengeschlechts“, was im Jahre 1780 erschien, war
Lessings philosophisches Hauptwerk. Was die Religionsstifter der Menschheit
gelehrt haben, musste schrittweise als symbolische Wahrheit der neuen
Erkenntnis eingegliedert werden. Religion und Politik, die beiden wichtigsten
Erziehungsmittel, haben die Menschen schrittweise zu bessern, sie zur
Herrschaft der Vernunft und der Liebe zu erziehen. Lessing verstand dies als
ein ins Unendliche fortschreitender Prozess; er neigte im Zusammenhang mit
dieser Idee der organischen Fortentwicklung der ganzen Menschheit dem Gedanken
der Seelenwanderung zu. Das Ideal, das als Ziel an seinem Endpunkt steht, kann
nie ganz erreicht werden.
In der Staats- . und
Rechtslehre trat an die Stelle göttlicher Legimitation des Monarchen der auf
das Naturrecht gründende Gesellschaftsvertrag J.J. Rousseaus.[42]
Gegenüber dem Machtanspruch des Staates wurde das Recht des Einzelnen betont.
Die auf Locke und Montesquieu zurückgehende Gewaltenteilung sollten die Grenzen
der Staatsgewalt aufzeigen. [43]
Auf dieser Grundlage basierte die Idee der steten Vervollkommnung und
Verwirklichung eines freiheitlich, menschenwürdiges und glückliches Dasein in
einer neuen Gesellschaft, die von einem unaufhörlichen Fortschrittsoptimismus
begleitet war. Der Gedanke des von der Vernunft geleiteten Fortschritts fand
sich besonders in den geschichtsphilosophischen Werken Herders, Montesquieus
sowie Kants wieder. [44]Im
gesellschaftlichen Leben rückte die höfische Kultur gegenüber der bürgerlichen
immer mehr in den Hintergrund. Ein bürgerlicher Moralismus verdrängte den
strahlenden Lebensgenuss des Rokoko.
Ein besonderes
Wesensmerkmal der deutschen Aufklärung war folgendes: Ihre Stärke lag nicht so
sehr im Aufstellen neuerer philosophischer Systeme: ihr historisches Verdienst
lag in der Betonung des Vorrangs der praktischen, sittlichen Vernunft und ihrem
tief reichenden Einfluss auf das allgemeine Denken und das praktische Leben.
Die Aufklärung brachte
dem Erziehungswesen völlig neue Impulse. [45]
Sie forderte eine Hinwendung zu naturgemäßer Pädagogik, die von Vernunft und
sittlicher Lebensweise gekennzeichnet war. Die Erziehung wurde auf alle
Angehörigen der Bevölkerung ausgedehnt, vor allem auf die Bildung von Frauen
sowie die Weiterbildung von Erwachsenen. Wissenschaftliche Verfahrensweisen
wurden auch auf praktische Tätigkeiten (Realbildung, landwirtschaftliche und
gewerbliche Erziehung) ausgedehnt.
Das 18. Jahrhundert hat
die Erziehung in vielfacher Weise unter den Gesichtspunkt von Beruf und Arbeit
gerückt. Arbeitslose und „Müßiggänger“ versuchte man mit erzieherischen
Einflüssen zur Arbeit zu bewegen. Man unterrichtete Erwachsene in Dingen, die
ihnen eine künftige selbständige Lebensbewältigung zu versprechen schienen. Das
Textilgewerbe spielte im Umkreis dieser Arten von Arbeit die wichtigste Rolle.
Die Aufgabe der Erziehung
hat sich in verschiedenen Schularten einen Ort ihrer Realisierung verschafft:
Industrieschule, Handelsschule, Handelsakademie, Realschule usw.. [46]Auf
die Konzeptionen, die den verschiedenen Schularten zugrunde lagen, kann hier
nicht näher eingegangen werden.
Für alle pädagogischen
Neuerungen des 18. Jahrhunderts, die das Arbeits- und Berufsleben betrafen,
galt, dass sie nicht öffentlich gewesen sind und keine Schulpflicht bestand.
Zur Ausbildung dieser Charakteristika ist es erst im 19. Jahrhundert gekommen.
Die Lebensdauer der zahlreichen neuartigen pädagogischen Einrichtungen ist oft
sehr kurz gewesen: „Handel und Gewerbe besitzen noch nicht jenen
Entwicklungsstand, der die theoretische Ergänzung der praktischen
Betriebsunterweisung durch schulische Institutionen erfordert. Industrie,
Handel und Handwerk bekunden nur ungenügendes oder kein Interesse an einer
Schulträgerschaft, so daß den neuen Gründungen der Rückhalt aus den Bereichen
fehlt, für die sie pädagogische Vorarbeit leisten.“ [47]
Mit der Verherrlichung
der Arbeit hing die allgemein verbreitete Ablehnung des Almosenwesens zusammen,
das vielen Menschen den Lebensunterhalt sicherte. Man sah es als unakzeptabel
an und war so sehr von der positiven Bewertung des Arbeitsbegriffes
durchdrungen, dass man sich nicht damit abfinden konnte. Das gesamte 18.
Jahrhundert war die Zeit, in der sich die Auffassung von der Arbeit als einer
allgemeinen Tugend der Menschen verbreitete. [48]
Es hat zur Zeit der
Aufklärung bereits ein weit verbreitetes Interesse an der wirksamen
Verhinderung von Armut in den bürgerlichen Schichten gegeben. Diese Züge der
bürgerlichen Beachtung an öffentlichen Dingen sind nicht erst für die spätere
Aufklärung charakteristisch gewesen. Allerdings prägten sie sich in den letzten
Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts besonders stark aus. Die religiöse Motivation,
Rechtfertigung und Absicht war bei den meisten Anhängern der Aufklärung nicht
mehr zu finden. Selbst wenn sie noch zu finden war, trat sie in den
Hintergrund. Dafür gab es eine Ursache, die im aufklärerischen Verhältnis zur
Religion begründet war. Nützlich zu sein und zu helfen – diese Tätigkeiten
wurden so angesehen, dass es keines Rekurses auf religiöse Vorstellungen
bedurfte, um sie zu rechtfertigen. Es hatte sich das Empfinden ausgebreitet,
dass der Rückgriff auf Religiöses unangebracht wäre, wenn es z.B. um die
gerechte Regelung des Armenwesens ging.
Die Zigeuner verkörpern
auch für Herder, von dem die Bewegung des Sturm und Drang ausgegangen ist,
nicht das Ideal des natürlichen Menschen, sondern dessen Gegenteil. Er
beschreibt sie in den 1791 erschienenen Ideen zur Philosophie der Geschichte
der Menschheit als: „Eine verworfene indische Kaste, die vor allem, was sich
göttlich, anständig und bürgerlich nennet, ihrer Geburt nach entfernt ist und
dieser erniedrigenden Bestimmung noch nach Jahrtausenden treu bleibt, wozu
taugte sie in Europa, als zur militärischen Zucht, die doch alles aufs
schnellste discipliniret?“[49]
Trotz aller
universalistisch klingenden Emphase ist die Realisierung des im Namen des
Menschen artikulierten Bildungszieles damals noch nicht konkret für die meisten
Mitglieder der Gesellschaft ins Auge gefasst worden. Sie erstreckte sich auch
nicht zentral auf randständige Gruppen wie Behinderte, Bettler oder Minderheitengruppen
wie Juden sowie Sinti und Roma.[50]
Grellmanns Thesen
bildeten bis ins 20. Jahrhundert hinein die Grundlage für spätere
„Zigeunerforscher“, die die rassistischen Stereotype nicht überwanden, sondern
tradierten und sie als allgemeingültige „Wahrheiten“ ausgaben.[51]
Sie prägten auch fortan die staatliche „Zigeunerpolitik“: „Ökonomische
Eingliederung und kulturelle Assimilation durch eine Erziehung ,zu brauchbaren
Staatsbürgern und gesitteten Christenmenschen‘ galten in der einschlägigen
Literatur (…) als Ziele der Zigeunerpolitik.“[52]
Die einzige bekannte Kritik an Grellmanns Thesen äußerte der ostpreußische
Pfarrer Johann Biester: „Hier wie an mehreren Orten möge man zweifeln, ob Hr.
G. je Zigeuner gesehen hat; beobachtet und untersucht kann er sie wenigstens
nicht haben.“[53]
Grellmanns Werk besaß auch einen hohen Stellenwert im europäischen Ausland;
1787 wurde es ins Englische, später auch ins Französische übersetzt.
GrellmannsBehauptungen
wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts nicht nur von anderen Zigeunerforschern"
abgeschrieben, die daher den Antiziganismus nicht überwanden, sondern
tradierten, sie prägten auch die sog. Zigeunerpolitik" der ebenfalls
antiziganistische eingestellten Behörden.22 Eine bürgerliche Verbesserung"
oder, wie es in Preußen hieß, eine Zivilisierung der Zigeuner", wurde erst
gar nicht mehr versucht, weil die Sinti (und die jetzt eingewanderten Roma) als
gänzlich unzivilisiert" und nicht verbesserungsfähig angesehen wurden.
Mit Recht wurde folgendes festgestellt: „Er
(Grellmann, M.L.) forderte von den „Zigeunern“ wie manche andere
„Zigeunerforscher“ nach ihm Anpassung an die „zivilisierte Volksmenge” mithilfe
einer pädagogischen „Umschaffung”, eine Disziplinierung über die Erziehung, die
immer eingeht mit der Sesshaftmachung. Dieses Ziel stand im klaren Widerspruch
zu den Edikten und den Ausgrenzungsmechanismen, aber mit der „Umschaffung“
sollte das Ziel Assimilierung erreicht werden.Grellmanns Begründung des
Projekts der „Zigeuner-Assimilation” stellte den ökonomischen Nutzen und das daraus
resultierende staatliche Interesse an der geplanten Umerziehung in den
Vordergrund. Das Projekt scheiterte. Das Projektziel Assimilation wurde nicht
infrage gestellt, sondern die „Zigeuner“ wurden zu einem Volk von kulturloser
Primitivität erklärt. Die von Heinrich Grellmann mitbegründete
Zigeunerwissenschaft glaubte, im Verhalten der Zigeuner Anzeichen
gesellschaftsgefährdender Verwahrlosung zu erkennen, und erklärte sie zu
schließlich „sittlichen Ungeheuern”.Die Bezeichnungen, die Grellmann bringt und
die dann endgültig Eingang in das enzyklopädische Wissen über „Zigeuner“,
sprich Sinti und Roma, findet sind diskriminierend, beleidigend, bösartig und
entspringen eher der Fantasie einer Mannes des 18. Jahrhunderts als der
Realität der beschriebenen und negativ bewertenden Menschen aus der Minderheit.
Die Denkstruktur von Grellmann war biologistisch, weil das unterstellte
Verhalten nicht als individuelles Verhalten bewertet sondern per se zu einem
Kulturgut für eine gesamte Gruppe erklärt wurden. Die Grundlage für den
Rassismus war damit gelegt.“[54]
Den sog. inländischen Zigeunern" wurde die
Niederlassung geradezu systematisch verwehrt. Sie wurden einem Sonderrecht
unterworfen, das eindeutig rassistisch motiviert war und im krassen Widerspruch
zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz stand, der schon in den Verfassungen des
19. Jahrhunderts verankert war.
Der Faktor Arbeit
bildete einen wichtigen Grundpfeiler in den Erziehungsvorstellungen der
Aufklärung. In den Bildungsinstitutionen sollten Kinder und Jugendliche
arbeiten lernen und diese nicht als Last empfinden, sondern als zur Identität
eines jeden Menschen zugehörig. Dahinter verbarg sich das Postulat, dem Staat
als nützliche und produktive Mitglieder zu dienen. Die protestantische Arbeitsethik ist gekennzeichnet durch die
Vorstellung, dass bildet den Mittelpunkt des Lebens bildet, um den herum
Freizeit gestaltet wird: „Arbeit muss
als gottgewollter Lebenszweck betrachtet werden, sie muss so gut wie möglich
verrichtet werden und Arbeit muss als Pflicht gelten, die man erledigt, weil
sie erledigt werden muss" [55]
Es wurde der Versuch unternommen, Arbeitslose
und „Müßiggänger“ mit erzieherischen Einflüssen zur Arbeit zu bewegen.
Erwachsene wurden in Dingen unterrichtet, die ihnen eine künftige selbständige
Lebensbewältigung zu versprechen schienen. Mit der Verherrlichung der Arbeit
hing die allgemein verbreitete Ablehnung des Almosenwesens zusammen, das vielen
Menschen den Lebensunterhalt sicherte.[56]
Die Auffassung von der Arbeit als eine allgemeine Tugend der Menschen breitete
sich vor allen im bildungsaffinen Bürgertum rasch aus. Die Erfassung der Kinder
und Jugendlichen durch die Schule unter pädagogischen Gesichtspunkten und ihre
Betreuung durch behördliche Organe unter Bezugnahme auf wirtschaftliches
Profitstreben war zukunftsweisend.
Trotz
aller universalistisch klingenden Emphase ist die Realisierung des im Namen des
Menschen artikulierten Bildungszieles damals noch nicht konkret auf die meisten
Mitglieder der Gesellschaft ins Auge gefasst worden. Sie erstreckte sich auch
nicht zentral so genannte „Außenseiter“ der Gesellschaft wie Menschen mit
Behinderung, Bettler_innen oder Minderheiten wie Jüd_innen sowie Sinti und
Roma.[57]
Die
Vorstellung, dass Kriminalität eine angeborene anthropologische Konstante der
„Zigeuner“ war, war bei Polizei- und Justizbeamt_innen weit verbreitet. Der
württembergische Oberamtmann Georg Jakob Schäffer gab 1787/88 eine
„Zigeuner-Liste“ heraus, in der zwischen „Zigeunern von Geburt an“ und
„Deutschen“ unterschied. Für Schäffer waren „Zigeuner“ Menschen mit angeborenen
negativen Eigenschaften, die separat erfasst und kontrolliert werden müssten.
Aufklärungsphilosophen
wie Johann Gottfried Herder und Immanuel Kant sahen Sinti und Roma auf einer
niedrigeren kulturellen Stufe als die deutsche Mehrheitsbevölkerung und machten
aus ihrer Abneigung keinen Hehl. Herder beschrieb Sinti und Roma in den Ideen
zur Philosophie der Geschichte der Menschheit als „eine verworfene indische
Kaste, die vor allem, was sich göttlich, anständig und bürgerlich nennet, ihrer
Geburt nach entfernt ist und dieser erniedrigenden Bestimmung noch nach
Jahrtausenden treu bleibt, wozu taugte sie in Europa, als zur militärischen
Zucht, die doch alles aufs schnellste discipliniret?“.[58]
Unter
Bezugnahme auf Gobineaus Rassentheorie wollte Kant Sinti und Roma an der
„indischen Hautfarbe“ oder „wahren Zigeunerfarbe“ erkennen. Laut Kant fehle
ihnen der „Trieb zur Tätigkeit“.[59]
Sie „haben niemals einen zu ansässigen Landbauern oder Handarbeitern tauglichen
Schlag abgeben wollen“ und wären lediglich „Herumtreiber“.[60]
Das
Motiv des Kinderraubes durch Sinti und Roma wurde wiederholt in der deutschen
Literatur thematisiert und erlangte so in einer breiten Öffentlichkeit
Popularität. In dem Lustspiel „Die Türkensklavin“ von Jakob Michael Reinhard
Lenz stahl die „Zigeunerin“ Feyda die Sklavin Selima als Kind und verkaufte es
an einen Bordellbesitzer.[61]
In Clemens Bentanos drittem Rheinmärchen „Das Märchen vom Murmelthier“ wurde
das Mädchen Murmelthier von ihrer Stiefmutter, einer „Zigeunerin“, als Baby aus
dem königlichen Garten des Königshofes von Burgund gestohlen.
Erstmals
wurde auch der Inzestvorwurf einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. In dem
weit verbreiteten Meyers Konversationslexikon aus dem Jahre 1871 hieß es: „Ehen
zwischen den jungen Leuten, gewöhnlich um 14 oder 15 Jahre, werden ohne
Rücksicht auf Blutsverwandtschaft und fast nur durch gegenseitiges
Uebereinkommen geschlossen.“[62]
Trotz
aller universalistisch klingenden Emphase ist die Realisierung des im Namen des
Menschen artikulierten Bildungszieles damals noch nicht konkret auf die meisten
Mitglieder der Gesellschaft ins Auge gefasst worden. Sie erstreckte sich auch
nicht zentral so genannte „Außenseiter“ der Gesellschaft wie Menschen mit
Behinderung, Bettler_innen oder Minderheiten wie Jüd_innen sowie Sinti und
Roma.[63]
Die
Vorstellung, dass Kriminalität eine angeborene anthropologische Konstante der
„Zigeuner“ war, war bei Polizei- und Justizbeamt_innen weit verbreitet. Der
württembergische Oberamtmann Georg Jakob Schäffer gab 1787/88 eine
„Zigeuner-Liste“ heraus, in der zwischen „Zigeunern von Geburt an“ und
„Deutschen“ unterschied. Für Schäffer waren „Zigeuner“ Menschen mit angeborenen
negativen Eigenschaften, die separat erfasst und kontrolliert werden müssten.
Aufklärungsphilosophen
wie Johann Gottfried Herder und Immanuel Kant sahen Sinti und Roma auf einer
niedrigeren kulturellen Stufe als die deutsche Mehrheitsbevölkerung und machten
aus ihrer Abneigung keinen Hehl. Herder beschrieb Sinti und Roma in den Ideen
zur Philosophie der Geschichte der Menschheit als „eine verworfene indische
Kaste, die vor allem, was sich göttlich, anständig und bürgerlich nennet, ihrer
Geburt nach entfernt ist und dieser erniedrigenden Bestimmung noch nach
Jahrtausenden treu bleibt, wozu taugte sie in Europa, als zur militärischen
Zucht, die doch alles aufs schnellste discipliniret?“.[64]
Die
Erziehung der „Zigeuner“ zu „brauchbaren Bürgern“ wurde im aufgeklärten
Absolutismus in die Praxis umgesetzt. Kaiserin Maria Theresia von Österreich
ließ Roma zwangsweise in Siedlungen im Burgenland ansiedeln, verbot
Gewerbetätigkeit, Sprache und Pflege kultureller Traditionen und betrieb die
Zerschlagung der familiären Strukturen durch Wegnahme der Kinder, um sie im
christlichen Sinne erziehen zu lassen. Friedrich
II. unterstützte ein ähnliches von christlichen Missionar_innen initiiertes
Erziehungsprojekt In Friedrichslohra. Man nahm
ihnen die Kinder weg - und sperrte sie in ein " Heim " ein
(Grundschule 1-3. Klasse ). Nachts holten die Eltern die Kinder aus dem Heim
durchs Dach raus und verschwanden.Dieses Erziehungsprojekt
war als gescheitert zu betrachten, was den Sinti und Roma angelastet wurde und
ihnen den Ruf eines „ewig unbelehrbaren Volkes“ einbrachte, wo keine
„Besserung“ zu erwarten sei. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts radikalisierte sich zudem die rassistische Betrachtungsweise
gegenüber der Minderheit durch die Übertragung der Darwinschen
Evolutionslehre auf Anthropologie, Medizin und Gesellschaftslehre. Damit wurde
der Boden für eine Politik bereitet, die sich auf einen biologistisch
begründeten Rassismus stützte. Dies war keineswegs
nur im Deutschen Reich der Fall. Aber hier erhielt der pseudowissenschaftliche
Rassismus als Grundlage der NS-Ideologie die historisch einmalige Ausprägung,
die in den systematischen Völkermord führte.
Die
Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 bot die
Voraussetzung, die Verfolgung der Sinti und Roma im Deutschen Reich zu
verschärfen. In den ersten Jahren der Diktatur führten die Behörden zunächst
die Überwachungspolitik der Weimarer Republik fort. Doch spätestens mit den
Nürnberger Gesetzen von 1935 begann sich die nationalsozialistische
Rassenpolitik auch gegen Sinti und Roma zu richten. Im Zuge des 2. Weltkrieges
richtete sich die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten nicht nur gegen
Sinti und Roma auf dem Gebiet des Deutschen Reiches, sondern auch in den
besetzten Ländern und Landstrichen im übrigen Europa. Auch die Wehrmacht war an
der rassistischen Vollstreckungspolitik gegenüber Sinti und Roma in Europa
mitbeteiligt, wie neuere Forschungsergebnisse eindeutig beweisen.
Neben
den Juden erklärte das NS-Regime auch die "Zigeuner" zu
"Angehörigen artfremder Rassen" und verbot ihnen Ehen mit
"Deutschblütigen". Ab 1935 errichteten viele deutsche Städte, etwa
Berlin, Frankfurt am Main und Köln, "Zigeunerlager", in denen sie
Sinti und Roma internierten. Die kommunalen Lager boten die Voraussetzung zur
Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager. Über die Gesamtzahl der
in Europa ermordeten Sinti und Roma existieren nur Schätzungen. Gesichert ist
aber, dass allein in Deutschland die NS-Verfolgung rund 15.000 der 20.000 bis
25.000 als "Zigeuner" oder "Zigeunermischlinge"
stigmatisierten Menschen das Leben gekostet hat. Nahezu jede Familie unter den
deutschen Sinti und Roma hat Mitglieder im Völkermord verloren. Viele Sinti und
Roma, die nicht ermordet wurden, ließen die NS-Behörden zwangsweise
sterilisieren.
Die 1936
eingerichtete „Rassenhygienische Forschungsstelle“ unter Leitung von Robert
Ritter erarbeitete im Auftrag des „Reichssicherheitshauptamtes“ die
Planungsunterlagen für den Völkermord an den Sinti und Roma und erstellte bis
1944 über 24.000 „Rassegutachten“. Von den erfassten 40.000 deutschen und
österreichischen Sinti und Roma wurden über 25.000 ermordet. Insgesamt wird die
Zahl der während des Nationalsozialismus getöteten Sinti und Roma auf ca. eine
halbe Million geschätzt.
Ritter und
der RHF galten „Mischlinge“ als für den Bestand einer „gesunden
Volksgemeinschaft“ besonders gefährlich. Ritter behauptete, es handle sich bei
90 Prozent der „Zigeuner“ um „Mischlinge“. Er beanspruchte, sich dabei auf
„großangelegte kriminalbiologische Untersuchungen“ stützen zu können, die einen
„viel höheren Grad von Kriminalität“ bei „Mischzigeunern“ als bei
„unvermischten Wanderzigeunern“ beweisen würden. Dem lag das völkisch-rassische
Axiom einer eingeborenen „nomadischen“ Lebensweise von „Zigeunern“ zugrunde,
die allein „artgerecht“ sei. Seßhafte, demnach „entartete“ Angehörige der Minderheit
müssten „Mischehen“ mit „entarteten“ Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung
eingegangen und der Kriminalität verfallen sein.
Die These von der Schädlichkeit der
Rassenmischung gehörte zu den Grundannahmen der Rassenhygieniker spätestens
seit Eugen Fischers paradigmatischen Werk: Die Rehobother Bastards und das
Bastardierungsproblem beim Menschen (Jena 1913)Die zentrale These der Erbbiologen, die
Vermischungsthese, sei ebenso „abwegig“ wie die Anwendung der
Erbgesundheitslehre als erkenntnisleitende Theorie „fragwürdig“.
Ab dem
Winter 1937/38 durchkämmten „Fliegende Arbeitsgruppen“ der RHF „Barackenlager
und Armenquartiere“und erfassten
erstmals 2400 „Zigeuner“. Die Arbeit beschränkte sich nicht auf solche Plätze,
Betroffene wurden von der Polizei zur rassenkundlichen Untersuchung
vorgeladenoder in Gefängnissen
aufgesucht, wie die Arbeitsberichte bzw. Tageslisten der RHF ausweisen. Die
dabei gewonnenen personalisierten Daten bildeten die Grundlage des „Zigeunersippenarchivs“
der RHF.
Himmler
ordnete am 8.12.1938 in einem Dekret an, „die Regelung der Zigeunerfrage aus
dem Wesen dieser Rasse hinaus in Angriff zu nehmen.[65]
Alle Sinti und Roma ab dem 6. Lebensjahr sollten erkennungsdienstlich behandelt
und nach „rassenbiologischen“ Gesichtspunkten begutachten werden. Diese Aufgabe
wurde der RHF übertragen. Aufgrund einer Verordnung zur besonderen
Kennzeichnung von Sinti und Roma wurden ihnen ab März 1939 besondere
„Rasseausweise“ ausgehändigt und ihre alten Ausweise abgenommen. Adolf
Eichmann, der ab 1939 die „Endlösung der Judenfrage“ organisierte, plante
ebenfalls die Deportationen der Sinti und Roma in die Konzentrations- und
Vernichtungslager. Eichmann und seine Helfershelfer arbeiteten dabei eng mit
der RHS zusammen. Am 21.9.1939 wurde entschieden, dass alle im „Großdeutschen
Reich“ lebenden Sinti und Roma in das „Generalgouvernement Polen“ gebracht
werden sollten. Der kurz darauf folgende „Festschreibungserlass“ Himmlers
besagte, dass Sinti und Roma ihre Heimatorte nicht verlassen dürften. Im Fall der
Übertretung dieses Erlasses wurde mit Haft in einem Konzentrationslager
gedroht.[66] Am
30.1.1940 wurde bei einem Treffen von Heydrich, Leiter des
Reichssicherheitshauptamts (RSHA), mit hohen SS-Führern die vollständige Deportation
aller „Juden der neuen Ostgaue und 30.000 Zigeunern aus dem Reichsgebiet und
der Ostmark als letzte Massenbewegung in das Generalgouvernement“ beschlossen.[67]
Nachdem
Himmler am 27.4.1940 die erste Deportation von Sinti und Roma aus dem
westlichen und nordwestlichen Teilen des „Dritten Reiches“ in das neu
entstandene „Generalgouvernement Polen“ angeordnet hatte, wurden ab Mai 1940
ca. 2.500 „Zigeuner“ per Bahn dorthin deportiert. Dies war der Auftakt für die
geplante Zwangsumsiedlung aller Sinti und Roma sowie der Jüd_innen in das „Generalgouvernement
Polen“ und anderen besetzten Gebiete im Osten. Das Vermögen der deportierten
Sinti und Roma wurde vom nationalsozialistischen Staat eingezogen, was dazu
führte, dass die wenigen Überlebenden nach Ende des 2. Weltkrieges völlig
mittellos waren.[68]
Im
„Generalgouvernement Polen“ mussten die deportierten Sinti und Roma in Ghettos
Zwangsarbeit leisten. Personen, die infolge der menschenunwürdigen Lebens- und
Arbeitsbedingungen erkrankten oder nicht mehr arbeiten konnten, wurden
rücksichtslos erschossen. Vor allem ab 1942 wurden Sinti und Roma systematisch
von der SS getötet. Ein überlebender Augenzeuge des Lagers Treblinka
berichtete: „Nach ein paar Stunden traf die SS ein, trennte die Männer von den
Frauen und Kindern. (…) In die Grube trieb man jeweils 100 Personen, auf die
sie aus Maschinenpistolen feuerten. Die noch am Leben gebliebenen Zigeuner
waren gezwungen, die Erschossenen, oft nur Verwundeten, einzuscharren, wonach
man sie selber in den Graben stieß und erneutes Maschinengewehrgeknatter einem
weiteren Hundert Menschen das Leben nahm. Die Ermordeten wurden mit einer
dünnen Schicht Erde zugeschüttet. (…) In Gegenwart ihrer Mütter ergriffen sie
die Säuglinge und töteten sie, indem sie sie mit dem Kopf gegen einen Baum
schlugen. Mit Peitschen und Stöcken prügelten sie auf die Frauen ein, die wie
rasend waren von dem Anblick. Sie warfen sich auf die Soldaten, zerrten an
ihnen, um ihnen die Säuglinge zu entreißen, die man ihnen fortgenommen hatte.
Dieser Szene setzten erst die dichten Salven der SS und der Soldaten ein Ende,
die die Menge umzingelten. Die Leichen der Frauen und Kinder räumten
herbeigerufene Häftlinge weg, die sie in die zuvor vorbereiteten Gruben im Wald
trugen.“[69]
Sinti und
Roma arbeiteten beim Flugzeug- und Straßenbau, in Munitionsfabriken und beim
Bau von Konzentrationslagern. Dabei trugen sie Armbinden mit einem blauen „Z“
für „Zigeuner“. Wegen des Arbeitskräftemangels in der deutschen Kriegs- und
Rüstungsindustrie wurde verstärkt auch auf Häftlinge in den Konzentrationslagern
zurückgegriffen. Sinti und Roma mussten sowohl für SS-eigene Betrieben als auch
für private Rüstungsbetriebe Zwangsarbeit leisten. Darunter waren Unternehmen
wie Daimler-Benz, BMW, VW, Siemens, Henkel, AEG oder Krupp, die noch heute die
Auseinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel ihrer Firmengeschichte scheuen.[70]
Am
16.12.1942 gab Himmler den Befehl, dass ca. 23.000 Sinti und Roma aus ganz
Europa, davon über 10.000 aus dem damaligen Reichsgebiet, familienweise in den
als „Zigeunerlager“ bezeichneten Abschnitt des Vernichtungslagers
Auschwitz-Birkenau, das auf Weisung Himmlers im Abschnitt B II errichtet worden
war, deportiert werden sollten.[71]
Dieses „Zigeunerlager“ wurde zum Zentrum des staatlich organisierten
Völkermordes an Europas größter Minderheit.[72]
Fast 90% der dortigen Insassen kamen durch die unmenschlichen Lebens- und
Arbeitsbedingungen, den Terror der Aufseher_innen oder in den Gaskammern ums
Leben. Ab März 1943 wurden die über 10.000 Sinti und Roma aus dem damaligen
Reichsgebiet nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Den Insass_innen des Lagers
wurden eine Nummer und ein großes „Z“ als „Erkennungszeichen“ auf den Arm
tätowiert. Die als „arbeitsfähig“ eingestuften Sinti und Roma wurden zur
Zwangsarbeit herangezogen.[73]
Nach 1945
setzten sich die pauschalen Verdächtigungen gegen Sinti und Roma innerhalb der
Ordnungsbehörden fort, eine Abkehr von Mentalitätsbeständen aus dem
Nationalsozialismus fand kaum statt. Die rassistische Sondererfassung geschah
auf der Grundlage der alten Aktenbestände aus der NS-Zeit und teilweise mit dem
damaligen SS-Personal. In Bayern wurde 1953 das von den Besatzungsmächten
aufgehobene „Gesetz zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ in „Landfahrerordnung“
umbenannt und ohne Änderung des Inhaltes verabschiedet. So konnten alle Sinti
und Roma auch weiterhin für eine „Eindämmung oder Bekämpfung der
Landfahrerkriminalität“ vollständig überwacht werden. Nach öffentlichen
Protesten 1981 gegen diese Erfassung änderte sich lediglich der Sprachgebrauch:
„Zigeuner“ und „Landfahrer“ wurden unter der Rubrik „TWE“
(Tageswohnungseinbruch) gesondert erfasst. Es wurden auch weiterhin Razzien auf
Stellplätzen oder in Wohnungen von Sinti und Roma zur erkennungsdienstlichen
Behandlung durchgeführt, ohne dass Straftaten begangen worden waren.
Im Gegensatz
zur öffentlichen Verurteilung des Holocausts und des Antisemitismus gab es kurz
nach 1945 keine staatliche Anerkennung des Völkermordes oder anderer
Verbrechen. Zur Wiedergutmachungspraxis bemerkte Romani Rose zutreffend: „Die
Wiedergutmachungspraxis wurde für Sinti und Roma zu einer Art zweiten
Verfolgung beziehungsweise zu einer Neuauflage der nationalsozialistischen
Rassenideologie und zu deren behördlicher Rechtfertigung.“[74](…)
Nicht nur der rassistische Charakter der Verfolgungen und Morde wurde von
Politik und Behörden geleugnet, sondern auch die davon verursachten
Gesundheitsschäden. Diese wurden als „anlagenbedingt“ bezeichnet und jeder
Zusammenhang mit den Praktiken im „Dritten Reich“ bestritten. Den von
Zwangssterilisationen und darauf beruhenden Traumata betroffenen Personen wurde
jeglicher Anspruch auf Entschädigung verweigert.[75]
Die Kontinuität ihrer Verfolgung und die stigmatisierende Behandlung bei den
jeweiligen Ämtern für Wiedergutmachung entmutigten viele Betroffene, die aus
diesem Grund auf Entschädigungsanträge verzichteten.[76]
Fast allen ausländischen Roma wurde der Anspruch auf Entschädigung verweigert.
Dies wurde damit begründet, dass sie weder im Gebiet des Deutschen Reiches in
den Grenzen von 1937 gelebt hätten noch zum „deutschen Sprach- und Kulturkreis“
gezählt hätten.[77]
Auch nach
den für jede(n) sichtbaren Erkenntnissen aus den Auschwitzprozessen wurde die
rassistische Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma im „Dritten Reich“
weiter geleugnet. Das Landesamt für Wiedergutmachung in Baden-Württemberg
teilte in einem Erlass mit, dass Sinti und Roma „überwiegend nicht aus
rassischen Gründen, sondern wegen seiner asozialen und kriminellen Haltung
verfolgt und inhaftiert“ worden seien.“[78]
Der
Bundesgerichtshof urteilte 1956, dass erst ab dem März 1943 Sinti und Roma
rassistischer Verfolgung ausgesetzt gewesen seien. Vorher seien sie als
„Asoziale“, „Saboteure“ und „Kriminelle“ in die Konzentrationslager deportiert
worden. Die Deportation wurde als „Umsiedlung“ angesehen, die keine Inanspruchnahme
des §1 des Bundesentschädigungsgesetzes rechtfertigte. Somit wurden durch
dieses Urteil auch mögliche Entschädigungszahlungen unmöglich gemacht. Dass die
Richter_innen selbst nicht frei von antiziganistischen Stereotypen waren, zeigt
folgender Auszug aus dem Urteilsspruch: „Die Zigeuner neigen zur Kriminalität,
besonders zu Diebstählen und Betrügereien. Es fehlen ihnen vielfach die
sittlichen Antriebe zur Achtung von fremden Eigentum, weil ihnen wie primitive
Urmenschen ein ungehemmter Okkupationstrieb eigen ist.“[79]
Wolfgang
Wippermann kritisierte zu Recht die damalige Rechtsprechung: „Die zuständigen
Richter nach 1945 hätten nämlich nur den grundlegenden Erlass Himmlers vom
8.12.1938 heranziehen müssen, um zu erkennen, dass die Nationalsozialisten in
der Tat eine ‚Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse‘ heraus
angestrebt hatten.“[80]
In der Forschung wurde dieses Urteil vereinzelt kritisiert. Hans Buchheim
verfasste 1958 ein Gutachten über die Deportation der Sinti und Roma im Mai
1940, wobei er von einer rassistisch motivierten Verfolgung ausging und somit
dem Urteil des Bundesgerichtshofes nicht folgte.[81]
Der Frankfurter Senatspräsident Franz Calvelli-Adorno kam zu einer ähnlichen
Einschätzung.[82]
Das
Oberlandesgericht München bestritt in einem Urteil vom 1.3.1961 erneut, dass
die Verfolgung der Sinti und Roma nach dem Auschwitzerlass Himmlers „rassische“
Gründe hatte.[83]
Stattdessen sei die Internierung in verschiedenen Lagern aufgrund von
militärischen Sicherheitsaspekten erfolgt. Wenn „Zigeuner auch von Polizei, SS
oder Wehrmachtsdienststellen festgenommen und für kürzere und längere Zeit in
Gefängnissen oder geschlossenen Lagern festgehalten“ worden seien, so hätte
dies nicht den Hintergrund, „um sie aus den Gründen der Rasse zu verfolgen,
sondern weil sie ziel- und planlos umherzogen, sich über ihre Person nicht
ausweisen konnten oder für Spione gehalten wurden.“[84]
Am
18.12.1963 revidierte der Bundesgerichtshof das Urteil von 1956 zum Teil. Es
wurde davon ausgegangen, dass rassistische Motive für Maßnahmen, die seit dem
Himmler-Erlass 1938 getroffen wurden, „mitursächlich“ für die Verfolgung
gewesen seien.[85] Das
Bundesentschädigungsschlussgesetz von 1965 beinhaltete, dass diejenigen, deren
Anspruch auf Entschädigung nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes von 1956
rechtskräftig abgelehnt wurde, einen Antrag innerhalb eines Jahres zur
Wiederaufnahme des Verfahrens stellten konnten. Bis diese Revision in die
Praxis umgesetzt wurde, hatten zahlreiche Betroffene die Antragsfristen
überschritten, viele waren gestorben.
Ausgelöst
durch die Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma und deren
öffentlichkeitswirksamen Aktion wie 1980 der Hungerstreik im KZ Dachau
verabschiedete der Bundestag ein Jahr später eine außergesetzliche Regelung von
bis zu 5.000 DM für bisher noch nicht entschädigte und noch lebende Opfer des
NS-Regimes.
Jahrzehntelang
spielte der Völkermord im nationalsozialistisch besetzten Europa und besonders
in der BRD sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Forschung kaum eine
Rolle. Die Arbeit über den Nürnberger Ärzteprozess und den medizinischen
Experimenten an Sinti und Roma aus dem Jahre 1948 von Alexander Mitscherlich
und Fred Mielke blieb eine Ausnahme.[86]
Auch die neuerlichen Aspekte, die Mitte der 1960er Jahre vom Ausschwitz-Prozess
in Frankfurt offen gelegt wurden, dienten nicht als Anregung für die
wissenschaftliche Forschung, den Völkermord an den Sinti und Roma in der
NS-Zeit aufzuarbeiten.[87]
In Handbüchern oder Monographien zur Geschichte der NS-Zeit wurde der
Völkermord nur am Rande erwähnt, manchmal sogar gar nicht. Auch in
Dauerausstellungen in den Mahn- und Gedenkstätten war die
„NS-Vernichtungspolitik gegenüber den Sinti und Roma –sofern sie überhaupt
Erwähnung fand – lediglich als Anhängsel zum Holocaust an den europäischen
Juden.“[88]
In Schulbüchern für den Geschichtsunterricht wurde der Völkermord bis in die
1980er Jahre nicht erwähnt. Die Situation der Sinti und Roma in der SBZ/DDR und
deren Behandlung durch das SED-Regime bleibt weiterhin eine Forschungslücke.
Innerhalb der
Polizei war eine personelle und strukturell-organisatorische Kontinuität zur
NS-Zeit zu verzeichnen. Nur weniger der Täter, die beim
Reichssicherheitshauptamt (RSHA) beschäftigt gewesen waren, wurden zur
Rechenschaft gezogen oder verurteilt. Im Gegenteil, viele von ihnen wurden ohne
Prüfung sogar weiter beschäftigt. So konnte es kaum verwundern, dass in dieser
Behörde der Umgang mit Sinti und Roma sich nicht wesentlich von dem im „Dritten
Reich“ unterschied.
Wissenschaftliche
Studien belegen, dass antiziganistische Einstellungsmuster nicht nur von
Anhänger_innen der extremen Rechten vertreten werden, sondern fest verankert in
der deutschen Gesellschaft sind. Eine Umfrage aus dem Jahre 1994 belegte
zwischen 64 und 68 Prozent antiziganistisch eingestellte Personen in der BRD.[89]
Aus einer 2011
durchgeführten Studie zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit geht hervor,
dass über 40 Prozent der Bevölkerung antiziganistisch eingestellt ist.[90] Beim Eurobarometer
Spezial zum Rassismus in der EU aus dem Jahre 2008 wurden Fragen nach der
Akzeptanz bestimmter Gruppen als Nachbar_innen gestellt. Auf einer Skala von 1
(„sehr unwohl“) bis 10 („vollkommen wohl“) wurden die Antworten
zusammengefasst. Die durchschnittliche Akzeptanz betrug in der EU 8,1, in der
BRD 7,9. Auf Sinti und Roma bezogen sank die Akzeptanz im EU-Durchschnitt auf
6,0, in der BRD auf 5,8.[91] Die von Elmar Brähler,
Oliver Decker und Johannes Kiess von der Universität Leipzig untersuchte
Verbreitung extrem rechter Einstellungen in der so genannten „Mitte der
Gesellschaft“ im Jahre 2014 ergab, dass Rassismus gegen Flüchtlinge und Sinti
und Roma ein fester Bestandteil in der deutschen Bevölkerung ist.[92]
Die
Aussage „Ich hätte Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend
aufhalten“ bejahten 55,4 %. 47,1% forderten, Sinti und Roma sollten aus den
Innenstädten verbannt werden. 55,9% waren der Auffassung, Sinti und Roma neigen
zur Kriminalität. 76% verneinten das Statement „Bei der Prüfung von
Asylanträgen sollte der Staat großzügig sein.“ 55,9% waren der Meinung, dass,
die meisten Asylbewerber nicht wirklich befürchten, in ihrem Heimatland
verfolgt zu werden.
Diese Einstellungsmuster
sind für eine demokratische Republik, die die Unantastbarkeit der Würde des
Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz im Grundgesetz festgeschrieben hat,
mehr als beschämend. Dies verdeutlicht aber auch, dass antiziganistische
Einstellungsmuster nicht nur am rechten Rand zu verorten sind, sondern auch vor
allem in der „Mitte der Gesellschaft“ zu finden sind und dort praktisch
gesellschaftsfähig geworden sind. Gelehrte Autoren der Mehrheitsgesellschaft, die
oft niemals mit Sinti und Roma persönlich in Kontakt getreten waren,
konstruierten Vorurteile wie Nomadentum, Kriminalität, Primitivität, Müßiggang
usw., die –je häufiger sie wiederholt wurden- sich im Gedächtnis der
Mehrheitsbevölkerung festsetzten und schließlich als „Wahrheit“ ausgegeben
wurden. Manche Stereotypen haben sich über Jahrhunderte hinweg erhalten und
bestimmen heute immer noch die Vorstellung über die Minderheit als wären es
erblich-anthropologische Wesenszüge, die unveränderlich seien.
„Wissenschaftler“
wie Volkmar Weiss, der Sinti und Roma als eine „erbliche Unterschicht minderer
Bevölkerungsqualität“ bezeichnete, bei der er eine „unterdurchschnittliche
Intelligenz“ und eine „überdurchschnittliche Kriminalitätsrate“ feststellte,
tragen zu dieser ethnischen Stereotypisierung bei.[93]
Weiss errechnete einen „mittleren Intelligenzquotienten“ von 85 aufgrund von
sehr fragwürdigen abstrakten Methoden, ohne jedoch in der Praxis Sinti und Roma
auf ihre Intelligenz getestet zu haben.
Antiziganistische
Einstellungen finden sich auch in weiten Teilen der jeweiligen Dominanzgesellschaft
in ganz Europa, besonders in osteuropäischen Staaten mit einem relativ hohen
Bevölkerungsanteil an Roma.
Bei einer
Befragung eines repräsentativen Querschnitts der Bürger in allen 27 Staaten der
Europäischen Union im Frühjahr 2008 durch die EU zum Thema Diskriminierung
wurde die Frage gestellt, wie wohl auf einer Skala von 1 bis 10 sich die
Befragten fühlten, wenn sie daran dächten, bestimmte Nachbarn zu haben. Mit
weitem Abstand am unwohlsten fühlten sich nach eigenen Angaben die Europäer bei
dem Gedanken, sie hätten Sinti und Roma als Nachbarn (Durchschnittswert: 6,0).[94]
[1] WInckel, Ä.: Antiziganismus. Rassismus
gegen Roma und Sinti im vereinigten Deutschland, Münster 2002, S. 11
-[2]
Jocham, A.L.: Antiziganismus. Exklusionsrisiken von Sinti und Roma durch
Stigmatisierung, Konstanz 2011, S. 38
[3]
Fings, K.: „In unsere Zivilisation nicht zu integrieren“- Historische
Grundlagen des Antiziganismus, in: Detzner, M./Drücker, A./Manthe, B. (Hrsg.):
Antiziganismus – Rassistische Stereotype und Diskriminierung von Sinti und
Roma, Düsseldorf 2014, S. 42-44, hier S. 43
[4] Opfermann, „Seye kein Ziegeuner, sondern
kayserlicher Cornet“. Sinti im 17. und 18. Jahrhundert, a.a.O., S. 141
[5] Grabowski, G.:Der Staat in der Frühen Neuzeit, München
1991, S. 83
[6] Zitiert aus Medel, M.:Absolutismus, Marburg 1986, S. 67
[7] Krausnick, M.: Die Zigeuner sind da.
Roma und Sinti zwischen gestern und heute, Würzburg 1981, S. 18
[8] Grabowski, Der Staat in der Frühen
Neuzeit, a.a.O., S. 102
[9] Deibler, N.: Das Zeitalter des
absolutistischen Regimes, Frankfurt/Main 1988, S. 52ff
[10] HStAWb, Abt. 172, Nr. 3796, Gemeinsame
Kur- und Oberrheinische Pönalsanktion vom 4.9.1748, S. 5
[11] Die idealisierte Figur
des edlen Wilden soll einen von der (europäischen) Zivilisation unverdorbenen
„Naturmenschen“ darstellen. Trotz dieser positiv gedeuteten Verharrung im
„Naturzustand“ wird dieser Mensch weiterhin als „wild“ betrachtet, der im
Gegensatz zu dem europäischen „Kulturmenschen“ auf einer „minderwertigen“
Kulturstufe steht.
[12] Zitiert aus Ulmschneider, H.: Götz von Berlichingen: Ein adeliges Leben
der deutschen Renaissance, Sigmaringen 1974, S. 73
[13] Von Dohm, C.W.: Über die bürgerliche
Verbesserung der Juden, Berlin/Stettin 1781, S. 18
[14] Ebd., S. 21f
[15]
(Zedler, J.H.: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und
Künste, Band 62, Leipzig 1749, S. 525f
[16] Hille, A.: Identitätskonstruktionen. Die
„Zigeunerin” in der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts, Würzburg
2005, S. 137f
[17] Grellmann, H.M.G.: Die Zigeuner. Ein
historischer Versuch über die Lebensart und Verfassung, Sitten und Schicksale
dieses Volkes, nebst ihrem Ursprunge, Dessau/Leipzig 1783. Eine zweite
veränderte Auflage erschien 1787 in Göttingen.
[18] Wippermann, „Wie die Zigeuner“.
Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich, a.a.O., S. 101
[19] Grellmann, Die Zigeuner, a.a.O., S. 11
[20] Solms, W.: Warum die Sinti und Roma
keine „ZigeunerInnen“ sind, in: Heft der Flüchtlingsräte (Hrsg.):
Antiziganismus, München 2010, S. 17-19, hier S. 17
[21] Grellmann, Die Zigeuner, a.a.O., S. 3
[22] Ebd., S. 9
[23] Ebd., S. 117
[24] Ebd., S. 80ff
[25] Ebd.,S. 74
[26]
Fritsch, A.: Historische und politische Beschreibung der so genannten Zigeuner,
o.O. 1662
[27]
(Köhler-Zülch, I.: Die Heilige Familie in Ägypten, die verweigerte Herberge und
andere Geschichten von „Zigeunern“: Selbstäußerungen oder Außenbilder?, in:
Strauß, D. (Hrsg.): Die Sinti/Roma Erzählkunst im Kontext Europäischer
Märchenkultur, Heidelberg 1992, S. 35-84, hier S. 38ff
[28]
(Krauss, F.S.: Zigeunerhumor, Leipzig 1907, S. 222-226)
[29]
Zitiert aus Hille, A.:
Identitätskonstruktionen. Die „Zigeunerin” in der deutschsprachigen Literatur des
20. Jahrhunderts, Würzburg 2005, S. 132
[30]
Ebd.
[31]
Ebd.
[32] Zitiert aus Löwith, K.: Das Verhältnis
von Gott, Mensch und Welt in der Metaphysik von Descartes und Kant, Heidelberg
1964, S. 443
[33] Jaumann, H.: Frühe Aufklärung als
historische Kritik. Pierre Bayle und Christian Thomasius, in: Neumeister, S.
(Hrsg.): Frühaufklärung, München 1994, S. 149-170, hier S. 153
[34] Heuß, H.: Aufklärung oder Mangel an
Aufklärung? Über den Umgang mit Bildern vom „Zigeuner“, in: Engbring-Romang,
U./Strauß, D. (Hrsg.): Aufklärung und Antiziganismus. Beiträge zur
Antiziganismusforschung, Band 1, Seeheim 2003, S. 11-33, hier S. 16
[35] Ebd., S. 14
[36] Grellmann, Die Zigeuner, a.a.O., S. 182
[37] Ebd., S. 140
[38] Ebd., S. 120
[39] Ebd.
[40] Ritscher, H.: Gotthold Ephraim Lessing:
Nathan der Weise, 9. Auflage, Diesterweg 1979
[41] 1777 veröffentlichte Lessing die
Schriften des aufklärerischen Wissenschaftlers Herrmann Samuel Reimaurus, der
die Auferstehung Christi leugnete. Der einflussreiche Hamburger Hauptpastor
Johann Melchior Goeze und andere Theologen kritisierten daraufhin Reimaurus und
Lessing. Obwohl Lessing die Ansichten von Reimaurus nicht teilte, verteidigte
er die Herausgabe seiner Schriften, da er sich für eine freie Diskussion über
diese Themen einsetzte. Sein Arbeitgeber, der Herzog Karl von Braunschweig,
intervenierte in diesem Streit und verbot Lessing die öffentliche
Auseinandersetzung. Daraufhin behandelte Lessing das Problem in seinem Drama
„Nathan der Weise“ (1779). Darin treffen zur Zeit der Kreuzzüge drei Vertreter
der großen monotheistischen Weltreligionen in Jerusalem aufeinander, der
moslemische Sultan Saladin, der jüdische Händler Nathan und ein christlicher
Tempelritter. An zentraler Stelle des Dramas stellt Saladin dem Juden Nathan
eine Fangfrage. Er will wissen, welche Art von Religion Nathan für die richtige
hält. Nathan antwortet daraufhin mit der Ringparabel. Durch Nathans Mund
verkündet Lessing damit seine aufklärerische Einstellung zum Streit der
Religionen. Es komme nicht auf die Dogmen der Religionen an, sondern es gehe
vielmehr um die Verwirklichung der religiösen Lehren im Leben, um die Praxis.
Anstatt im Namen der Religionen Kriege zu führen, solle jeder Gläubige nach den
Maximen seiner Religion Gutes tun. Laut Lessing ist das Streben nach dem Guten
der Inhalt jeder der drei Religionen. Untereinander aber sollen die Religionen
Toleranz üben. Die Ringparabel gilt als ein Schlüsseltext der Aufklärung und
als pointierte Formulierung der Toleranzidee. Vgl. dazu Hildebrandt, D.:
Lessing. Biographie einer Emanzipation, Berlin 1982, S. 68ff
[42]
Rousseau stellt
sich in seinen staatstheoretischen Texten die Frage, wie ein von Natur aus
wildes und freies Individuum seine Freiheit behalten konnte, wenn es aus dem
Naturzustand in den Zustand der Gesellschaft eintrat bzw. diesen Zustand
begründete. Im Gegensatz zu Montesquieu wollte Rousseau die Bevölkerung in
allen Bereichen der politischen Entscheidungen einbeziehen und nicht nur in
einer Gewalt (Legislative) mitwirken lassen. Nach Auffassung von Rousseau
verpflichtete sich jede Person, sich dem allgemeinen Willen (volonté générale)
zu unterwerfen. Dieser Allgemeinwille war ein auf das Wohl der gesamten
Bevölkerung gerichteter Wille aller Bürger. Als solcher stellte er die Summe
der sich überschneidenden Teile der Einzelwillen dar. Jeder einzelne Bürger war
Teil eines konfessionell neutralen Staatswesens, das den allgemeinen Willen
vollstreckt und zugleich totale Verfügungsgewalt über ihn besaß. Der Staat war
befugt, Gesetze zu verabschieden, die jederzeit den unantastbaren Willen des
Volkes zum Ausdruck brachten. Nach Rousseau entwickelte sich der Mensch und war
durch Erziehung und politische Institutionen formbar; die Verwandlung der
Menschen durch die politische Verfassung war das Ziel.Die Gesetze sollten nicht nur das äußere Verhalten
der Staatsbürger bestimmen, sondern auch ihren Willen motivieren. Oberste
Erziehungsaufgabe des Staates war es daher, die Bürger zur Liebe zu den
Gesetzen zu veranlassen.[42]
Die Errichtung einer Herrschaftsordnung, in der die Gesetze über den Menschen standen,
wurde dann zur ermöglichenden Bedingung für die Selbstüberwindung des
tugendhaften, vom Gewissen und der volonté générale geleiteten Individuums. In
kritischer Abwendung von den während seiner Epoche gängigen Konzepten der
Erziehungstheorie und Erziehungspraxis vertrat Rousseau im Vorwort seines
Erziehungsromans „Émile“ aus dem Jahre 1762 die folgende Auffassung: „Man kennt
die Kindheit nicht, und infolge der falschen Vorstellungen über sie verirrt man
sich weiter, je weiter man geht. Die Weisesten (…) suchen immer den Erwachsenen
im Kinde, ohne daran zu denken, was es ist, ehe es ein Erwachsener
wird.“Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herrschten in den
Bildungsstätten Europas nach wie vor stofforientierte Methoden vor, z.B. die
des Dozierens und Memorierens. Sie versetzten den Schüler in eine reproduktive
Rolle. Ohne seine Verdienste für die wissenschaftliche Pädagogik schmälern zu
wollen, muss man konstatieren, dass Rousseau als Erzieher völlig versagt hat:
„Daß Rousseau die Kinder, die ihm Thérese Levasseur (vorehelich) geboren hatte,
von ihrer Mutter ins Findelhaus bringen ließ, damit sie die vielseitige,
aufreibende geistige Arbeit des nervösen Literaten nicht belasteten, bleibt als
unentschuldbarer ewiger Vorwurf an ihm haften.“Die Formel „Zurück zur Natur“
bedeutete für Rousseau keineswegs eine nostalgische Hinwendung zu einer
frühgeschichtlichen Epoche der Menschheit, sondern eine Aufforderung, gemäß der
„natürlichen Erziehung“ zu erziehen und zu leben: „Obgleich (der Mensch M.L.)
im staatsbürgerlichen Zustand mehrere Vorteile, die ihm die Natur gewährt,
aufgibt, so erhält er doch dafür (…) bedeutende andere Vorteile. Seine
Fähigkeiten üben und entwickeln sich, seine Ideen erweitern, seine Gesinnungen
veredeln, seine ganze Seele erhebt sich in solchem Grade, daß er (…) den
glücklichen Augenblick segnen müßte, der ihn dem Naturzustande auf ewig entriß
und aus einem ungesitteten und beschränkten Tiere ein einsichtsvolles Wesen,
einen Menschen machte.“
Rousseau plädierte für
Erziehung unter entschiedener Berücksichtigung der Lernbedürfnisse der
jeweiligen Entwicklungsstufe: [42]
„Die Natur will, daß Kinder Kinder sind, bevor sie Erwachsene sind.“
[43]
Engel, M.: Faktoren der Aufklärung, Kirchberg a. d. J. 1989, S. 33f
[44]
Ebd. S. 49
[45]
Dammer, K.-H.: Zur Integrationsfunktion von Erziehung und Bildung, Hamburg
2008, S. 8ff
[46]
Blankertz, H.: Die Geschichte der Pädagogik, Wetzlar 1982, S. 54
[47]
Dörschel, A.: Geschichte der Erziehung im Wandel von Wirtschaft und
Gesellschaft, 2. Auflage, Berlin 1996, S. 112
[48]
Maul, P.: Formen der sozialen Intervention im 18. Jahrhundert, Köln 1991, S. 54
[49]
(Herder, J.G.: Ideen zur Philosophie der Menschheit, Buch 16, Riga 1784-1791,
zitiert in Fricke, T.: Die Zigeuner im Zeitalter des Absolutismus. Bilanz einer
einseitigen Überlieferung, Pfaffenweiler 1996, S. 553
[50]
Häberlein, M./Schwanke, I./Wiebel, E./Zürn, M.: Fremde in der frühneuzeitlichen
Stadt, in: Mitteilungen des Instituts für Europäische Kulturgeschichte der
Universität Augsburg 10 (Oktober 2002), S. 9-42, hier S. 25f
[51] Vgl. dazu auch Krauß, J.: Die
Festschreibung des mitteleuropäischen Zigeunerbildes. Eine Quellenkritik anhand
des Werkes von Heinrich M.G. Grellmann, in: Jahrbuch für
Antisemitismusforschung, Band 19, S. 33-56
[52] Zimmermann, Rassenutopie und Genozid.
Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, a.a.O., S. 43
[53] Zitiert aus Bonillo, M.:
„Zigeunerpolitik“ im deutschen Kaiserreich 1871-1918, Frankfurt/Main u.a. 2001,
S. 43
[54]
https://sintiromahessen.wordpress.com/antiziganismus/
[55] Himanen, P.: Die Hacker-Ethik und der Geist des Informations-Zeitalters, München
2001 S. 27
[56] Schindler, I.: Allgemeine Brauchbarkeit
und Gemeinnützigkeit. Das Menschenbild der Aufklärungspädagogik, Saarbrücken
1988, S. 56f
[57] Häberlein, M./Schwanke, I./Wiebel,
E./Zürn, M.: Fremde in der frühneuzeitlichen Stadt, in: Mitteilungen des
Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, 10
(Oktober 2002), S. 9-42, hier S. 25f
[58] Herder, J.G.: Ideen zur Philosophie der
Geschichte der Menschheit, Band 16, Riga 1784-1791, zitiert in Fricke, T.: Die
Zigeuner im Zeitalter des Absolutismus. Bilanz einer einseitigen Überlieferung,
Pfaffenweiler 1996, S. 553
[59] Weischedel, W. (Hrsg.): Immanuel Kant.
Von den verschiedenen Rassen der Menschen, Band 9, Darmstadt 1968, S. 24
[60] Weischedel, W. (Hrsg.): Immanuel Kant.
Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien, Band 8, Darmstadt 1968, S. 157
[61] Meier, A.: Jakob Michael Reinhard Lenz.
Vom Sturm und Drang zur Moderne, Heidelberg 2001, S. 121ff
[62] Meyer: Neues Konversations-Lexikon. Ein
Wörterbuch des allgemeinen Wissens, 4. Auflage, 16. Band, Leipzig/Wien 1871, S.
1079
[63] Häberlein, M./Schwanke, I./Wiebel,
E./Zürn, M.: Fremde in der frühneuzeitlichen Stadt, in: Mitteilungen des
Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, 10
(Oktober 2002), S. 9-42, hier S. 25f
[64] Herder, J.G.: Ideen zur Philosophie der
Geschichte der Menschheit, Band 16, Riga 1784-1791, zitiert in Fricke, T.: Die
Zigeuner im Zeitalter des Absolutismus. Bilanz einer einseitigen Überlieferung,
Pfaffenweiler 1996, S. 553
[65] Rose, Der nationalsozialistische
Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 64
[66] Ebd., S. 91
[67] Luchterhandt, M.: Der Weg nach Birkenau. Entstehung und
Verlauf der nationalsozialistischen Verfolgung der „Zigeuner“, Lübeck 2000,
S. 57
[68] Gebhardt, A.: Die langen Schatten der
Vergangenheit, Münster 1994, S. 117
[69] Rose, Der nationalsozialistische
Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 107
[70] Ebd., S. 161
[71] Zimmermann, M.: Die
nationalsozialistische Zigeunerverfolgung, das System der Konzentrationslager
und das Zigeunerlager in Auschwitz-Birkenau, in: Herbert, U./Orth,
K./Dieckmann, C. (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager:
Entwicklung und Struktur, Göttingen 1998, S. 887-910, hier S. 888
[72] Rede von Romani Rose, Vorsitzender des
Zentralrates Deutscher Sinti und Roma: zum Anlass des Gedenktages für die Opfer
des Nationalsozialismus, Landtag Sachsen-Anhalt, in: Heft der Flüchtlingsräte
(Hrsg.): Antiziganismus, München 2010, S. 47-50, hier, S. 49
[73] Rose, Der nationalsozialistische
Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O, S. 136
[74] Rose, Bürgerrechte für Sinti und Roma,
a.a.O., S. 46
[75] Petersen, P./Liedke, U.: Zur
Entschädigung zwangssterilisierter Zigeuner. Sozialpsychologische Einflüsse auf
psychische Störungen nationalsozialistisch Verfolgter, in: Der Nervenarzt,
1971, S. 197ff
[76] Greußling, F.: Das offizielle Verbrechen
der zweiten Verfolgung, in: Zülch, T. (Hrsg.): In Auschwitz vergast – bis heute
verfolgt, Reinbek 1979, S. 192-197, hier S. 196f
[77] Wippermann, Verweigerte
Wiedergutmachung, in: Standpunkte, a.a.O., S. 2
[78]
Eiseler, G.: Geschichte Südwestdeutschlands, Stuttgart 1976, S. 69
[79] Zitiert nach Rose, Bürgerrechte für
Sinti und Roma, a.a.O., S. 53
[80] Wippermann, Verweigerte
Wiedergutmachung, in: Standpunkte a.a.O., S. 3
[81] Buchheim, H.: Die Deportation vom Mai
1940, in: Gutachten des Institutes für Zeitgeschichte, Band 1, München 1958, S.
51-60
[82] Calvelli-Adorno, F.: Die rassische
Verfolgung der Zigeuner vor dem 1.März 1943, in: Rechtsprechung zum
Wiedergutmachungsrecht 12, 1961, S. 529ff
[83] Wippermann, W.: Verweigerte
Widergutmachung. Die Deutschen und der Völkermord an den Sinti und Roma, in:
Standpunkte 14/2012, S. 1-6, hier S. 4
[84] Zitiert aus Schenk, Rassismus gegen
Sinti und Roma, a.a.O., S. 326
[85] Rose, R.: Bürgerrechte für Sinti und
Roma. Das Buch zum Rassismus in Deutschland, Heidelberg 1987, S. 53
[86] Mitscherlich, A./Mielke, F.: Medizin
ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses, 2. Auflage,
Frankfurt/Main 1978
[87] Zimmermann, Verfolgt vertrieben,
vernichtet, a.a.O., S.23
[88] Rose, Der nationalsozialistische
Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 7
[89]Winckel, A.: Antiziganismus.
Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinigten Deutschland, Münster 2002,
S. 17
[90]Heitmeyer, W.: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) in einem
entsicherten Jahrzehnt, in: Ders. (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 10,
Frankfurt/Main 2012, S. 15-41, hier S. 38f
[91]
Gutachten_Antiziganismusforschung_End_Romnokher.pdf, S. 9
[92]
www.netz-gegen-nazis.de/artikel/mitte-studie-2014-9489
[93] Weiß, V.: Die IQ-Falle: Intelligenz,
Sozialstruktur und Politik, Graz 2000, S. 195-202
[94] Dalos, G.: Der Vorhang geht auf. Das
Ende der Diktaturen in Osteuropa, München 2009, S. 32
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