Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 20.06.16 |
EZB-Präsident Mario Draghi beschwört den Zusammenhalt Europas / Theo Waigel fordert eine Zinswende für 2017 / Kommt das Ende der Nullzinspolitik in Sicht? / Brisante Debatte auf dem SignsAward-Gipfel, einer Veranstaltung von der WEIMER MEDIA GROUP, von Sabine Heimbach Communications Counsel und vom Journal International in München.
von Stefan Groß
EZB-Präsident
Mario Draghi hat auf dem SignsAward-Gipfel, veranstaltet von der WEIMER MEDIA GROUP,
Sabine Heimbach Communications Counsel und dem Journal International, in
München eine grundlegende Weiterentwicklung der Europäischen Union gefordert.
„Wir sehen, dass der Preis für Passivität hoch ist“, warnte Draghi. Europas
Volkswirtschaften seien für Instabilität verwundbar. Die Krisen der jüngsten
Vergangenheit hätten gezeigt, dass das politische Versagen der Staatsorgane
„Frustration und Ablehnung befeuert“ hätten. „Und wir haben gesehen, dass
Risiken das Vertrauen in Institutionen untergraben – sogar in die Europäische
Union selbst.“
Draghi
appellierte an Europa: „Wir müssen einen neuen Weg finden, unter den
Mitgliedstaaten und den Völkern Vertrauen wieder aufzubauen.“ Der EZB-Präsident
empfahl dabei einen politisch weitsichtigere Führerschaft, wie sie die
Gründungsväter der Währungsunion gehabt hätten. Der Stabilitätspakt von
Maastricht, den einst Theo Waigel durchgesetzt habe, verdiene wieder größere
Aufmerksamkeit. Der Pakt sei mehr gewesen als nur ein Regelwerk, sondern die
Grundlage für gegenseitiges Vertrauen, so Draghi. „Theo Waigel hatte
verstanden, dass eine Union aus verschiedenen Ländern, nur auf der Grundlage
gegenseitigen Vertrauens aufgebaut werden kann.“ Damit deutete der EZB-Präsident
an, dass nicht die Notenbank alleine mit einer lockeren Geldpolitik die
Strukturprobleme Europas lösen könne. Auch die Politik müsse mit
Strukturreformen und Haushaltsdisziplin wie sie im Stabilitätspakt einst
gefordert war, ihren Teil beitragen.
Draghi
laudatiert Waigel
Draghi
war eigens nach München gekommen, um gezielt ein politisches Signal an seine
deutschen Kritiker zu senden. Er hielt dazu auf dem SignsAward der Münchner
Verlagsgruppe WEIMER MEDIA GROUP eine Laudatio auf den CSU-Ehrenvorsitzenden
und ehemaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel. Im Umfeld des CSU wurde dies
als eine politische Geste der Handreichung verstanden. Aus Bayern kamen in
jüngster Zeit scharfe Attacken gegen die Nullzinspolitik der EZB. So hatte der
bayerische Finanzminister Markus Söder jüngst die Bundesregierung dazu
aufgerufen, einen „Richtungswechsel in der Geldpolitik“ einzufordern. Die
Notenbank entwickle sich „mehr zu einer Filiale der Wallstreet als zu einer
europäischen Bundesbank“.
Theo
Waigel erwiderte Draghis Rede: „Ich weiß es zu schätzen, dass du in der
gegenwärtig sehr schwierigen Zeit auch angesichts vieler kritischer Kommentare
und persönlicher Angriffe nach München gekommen bist.“ Der CSU-Politiker
plädierte für einen rationalen und persönlich fairen Umgang mit der EZB und
ihrem Präsidenten. Deutschland und Bayern dürften nicht vergessen, dass der
Euro „nach wie vor ein Erfolgsprojekt – auch für Bayern“ sei. So würden sich
die Exporte aus dem Freistaat auf 180 Milliarden Euro im Jahr belaufen. Schon CSU-Gründer
Josef Müller habe sich kurz nach dem Krieg für eine gemeinsame Währung
ausgesprochen, weil Länder, die eine gemeinsame Währung haben, keinen Krieg
gegeneinander führen.
Waigel
betonte, dass die Geldpolitik der EZB den Euroraum insgesamt stabilisiert habe.
„Die Reformprogramme für Irland, Portugals, Zypern etc. waren erfolgreich.“
Gleichwohl ermahnte Waigel den EZB-Präsidenten unmissverständlich zu einer
Zinswende im kommenden Jahr. Draghi solle dem Beispiel der Amerikaner folgen
und alsbald signalisieren, dass es 2017 zu einem Ende der Nullzinspolitik
komme. Dieser öffentlichen Aufforderung im Beisein zahlreichen Medienvertreter
widersprach Draghi nicht. Insofern könnte der Münchner Friedensgipfel so etwas
wie der Anfang vom Ende der Geldmengen-Eskalation und radikaler Nullzinspolitik
der EZB gewesen sein.
Waigel
erinnerte allerdings daran, dass auch Deutschland von den niedrigen Zinsen
profitiere: „Mir wären in den 1990er Jahren niedrigere Zinsen zur Finanzierung
der deutschen Einheit lieber gewesen.“ Damals hätten die Zinsen für
Staatsanleihen zur Finanzierung des Haushalts bei 8,75 Prozent gelegen. Er
beneide Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble um sein Amt nicht. „Aber ich
halte es für zutiefst ungerecht, dass ich 8,75 Prozent zahlen musste – und er
bekommt das Geld noch nachgeworfen.“
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