Erschienen in Ausgabe: No 125 (07/2016) | Letzte Änderung: 30.06.16 |
von Hans Gärtner
Zum 3. Mal wird in diesem Sommer der im zweijährigen Turnus
vergebene oberbayerische Kunstförderpreis „SeelenART“ verliehen. Ihn erhalten
Menschen, „die sich über die Kunst mit der seelischen Gesundheit
auseinandersetzen“. Menschen „mit Psychiatrieerfahrung“ sind es denn auch, die
hinter den im Foyer der Münchner Galerie Bezirk Oberbayern, Prinzregentenstraße
14, bis Ende Juli 2016 ausgestellten Werken stehen. Zu sehen Mo – Do 8 – 17
Uhr, Fr 8 – 13 Uhr, feiertags geschlossen.
Zu den 15 ersten Preisträgern zählt Thomas Hobelsberger. Er
wurde in München, wo er noch immer lebt, 1968 geboren. Zusammen mit seiner vier
Jahre älteren, ebenfalls in München lebenden, in Dillingen an der Donau
geborenen Kollegin Maria Felser hatte Hobelsberger das Glück, mit einem der
Bildwerke auf den Flyer zu kommen. Er genießt schon deshalb besondere Beachtung.
Doch fallen seine gezeigten Arbeiten „Strahlen“ und „Puppe“ als verspielte,
fröhliche Farbkompositionen sofort ins Auge, ohne sich anzubiedern.
Diese Wirkung haben nicht alle in der Galerie gezeigten 1. Preisträger-Arbeiten.
Manche mögen verstören, etwa Britta Schröders „Birken“-Studien
(Öl-Pastell-Kreide) oder Manuela Schlögels Monotypie „Verrückte Welt“.
Hans-Peter Brandmeiers Einblicke in spärlich möblierte Zimmer dagegen genießt
man wie Gemälde von Gabriele Münter: kräftige Pinselpartien, gestreift oder
gewürfelt, strukturieren Brandmeiers enge Wohnräume. Er arbeitet mit Buntstift
auf Papier. Maria Felser datiert und signiert penibel ihre
Stabilostift-Zeichnungen: rötliche und bläuliche Gebilde, anatomischen
Teilstücken ähnlich, die sich zu undefinierbaren, aber lebendigen Organismen
verbinden.
Insgesamt 46 Künstlerinnen und Künstler erhielten dieses
Jahr den „SeelenART“-Kunstförderpreis. Das hinter „SeelenART“ stehende „kbo-Sozialpsychiatrische
Zentrum“ im Münchner Stadtteil Haar bietet in der Regel Menschen mit, aber auch
ohne Psychiatrie-Erfahrung die Möglichkeit, sich bildnerisch auszudrücken, je
nach persönlichen Fähigkeiten und Neigungen.
„Die Künstler machen Kunst, weil es ihnen gut tut“, sagen
die kbo-Leute, und: „Weil es gut ist für ihre seelische Gesundheit“.
Gegenseitiger Austausch und Begegnung ermöglicht die „SeelenART“-Galerie in München-Lehel,
Robert-Koch-Straße 7 und 7a. Hier sind Künstlerinnen und Künstler auf einem
guten Weg in die Inklusion. Gerade Menschen, die in psychischen Nöten sind,
brauchen es, „eingeschlossen“, besser: umschlossen zu werden in die Reihe
derer, die sich seelischer Gesundheit erfreuen. Es gibt hierfür eine eigene
Tagesstätte und immer wieder Ausstellungen der den Gesundheitsprozess
stützenden Arbeiten. Ausgefallene Kunstwerke können für einige Zeit ausgeliehen
werden, jährlich erscheint ein Kunstkalender.
Zur derzeitigen Ausstellung in der Bezirk-Oberbayern-Galerie
ist ein gut gemachter Katalog erschienen. Er bringt Texte und Bilder zum
Projekt „SeelenART“. Außerdem stellt sich die Jury vor: Dorothea Mammel kommt
von der Galerie Bezirk Oberbayern, Thomas Röske vom Uniklinikum Heidelberg,
Tino Polt ist Kunstkuratorin in Schliersee, Joachim Hein Vorstandsvorsitzender
vom Münchner Bündnis gegen Depression, Angelika Bäumer ist Wiener
Kulturjournalistin, Laurent Danchin Pariser Kunstkritiker, Senta Connert lehrt
an der Akademie der Bildenden Künste in München und Gerald Strasser ist
freischaffender Künstler in Herrsching.
Foto
Detail aus der Acryl-Arbeit auf Leinwand „Puppe“ von 1.
Preisträger Thomas Hobelsberger, ganz unten rechts signiert mit „TOM“.
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