Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 22.07.16 |
von Hans Gärtner
Man hält ihn und kennt ihn auch nicht für einen der doch
längst ziemlich gut erforschten „Chiemseemaler“, wenn man sein Foto sieht: Dieser
Alfred Schmidt sieht eher aus wie ein hoher, jovialer Beamter. Oder ein begüteter
Kommerzienrat. Der Abgelichtete könnte auch Impresario oder Theaterintendant
sein. Mit der Farbpalette und im beklecksten Arbeitsmantel ist der
wohlsituierte Herr mit Brille, Schnauzbart, Krawatte und Zigarre nicht recht
vorstellbar.
Dabei gibt es eine stattliche Anzahl schöner Beweise dafür,
dass dieser gütig bis streng dreinblickende Mann recht fleißig mit dem Malpinsel
hantierte. Als Beitrag von „Gailer Fine Art Chiemsee“ zum „Kunstsommer 2016“ werden
erstmals aus Alfred Schmidts Nachlass erwerbbare Bilder im Vikarhaus der
Torhalle auf der Fraueninsel präsentiert – täglich von 11.15 Uhr bis 17.15 Uhr,
bis 16. Oktober. Der den Maler Alfred Schmidt erstmals bewusst ins Auge
fassende Ausstellungsbesucher stellt befriedigt fest, dass das eine oder andere
Schmidt-Bild bereits seinen Liebhaber gefunden hat – zu erkennen am roten am
Titeltäfelchen aufgeklebten Punkt.
Alfred Schmidt war gebürtiger Dresdener mit erklärtem
„Bekenntnis zur Freilichtmalerei“. 1918 wurde er Professor an der Stuttgarter
Akademie der Bildenden Künste. Gern zog er in den Sommermonaten aufs Land,
zuerst öfters an den Ammersee, ab 1920 bevorzugt an den Chiemsee. Wohnhaft in
einem Bauernhaus in Gollenshausen (zwischen Seebruck und Gstadt), soll Schmidt
als einer der ersten im eigenen Boot mit Außenbordmotor übers Bayerische Meer
gefahren sein.
Der Frauenchiemseer Galerist ordnet Alfred Schmidt, der vor
60 Jahren in Gräfelfing starb,den
Impressionisten zu. Er rückt ihn in die Nähe des nicht unbedeutenden Malers
Christian Landenberger, der fünf Jahre älter als Schmidt war, jedoch nur ein
Alter von 65 Jahren erreichte. Am Ammersee, so ist zu erfahren, hätten beide
„gemeinsam Leinwand an Leinwand gemalt“.
„Kahnfahrt am Chiemsee“ ist ein ebenso besänftigendes wie
idyllisch anmutendes Bild (Ausmaße: 26,5 x 50 Zentimeter) – Öl auf
Leinwand/Hartfaserplatte – betitelt. Es darf angenommen werden, dass es Alfred
Schmidt selbst ist, der hier mit zwei Kindern nahe Gollenshausen
herumschippert. Das Bild – weder dieses noch irgendeins der hier gezeigten
Bilder ist vom Maler datiert worden – kann in mancherlei Hinsicht typisch für
Schmidts Malstil stehen, besonders
hinsichtlich des Labels, das diesem Künstler aus gutem Grund angedichtet wurde:
„Violett-Schmidt“. Das zarte Lila, das bläuliche Kolorit, das hier am Boot und,
gespiegelt im See, in der Landschaft wahrzunehmen ist, kommt immer wieder bei
Alfred Schmidt vor, etwa in der Arbeit auf Karton „Boot im Abendlicht“, aber
auch in friedvoll-fröhlichen figürlichen Darstellungen wie der „Alten Bäuerin
mit Äpfeln“, einer Reihe Weißwäsche im Fluss waschender junger Landfrauen oder
zahlreicher badender junger Damen, die ihre Kleidung bereits am Ufer abgelegt haben,
um ihre schlanken, hellhäutigen Körper der Licht und Wärme spendenden Sonne des
Chiemgaus aussetzen.
Karg und ohne viel Brimborium führt uns Alfred Schmidt seine
Sommerwahlheimat bildlich vor Augen: Chiemgaubergkette, darüber zartrosa
leuchtende Wolken à la Vincent van Gogh, gespiegelt im Wasser, ein breiter
brauner Holzsteg, und darauf eine einsame Gestalt in Gelb mit gleichfarbigem
Schirm (ist Regen im Anzug, oder gar ein Gewitter?) – das Ölbild auf Leinwand
und Karton mit der Überschrift „Chiemsee-Stimmung“ wurde als einladendes, den
Künstler Alfred Schmidt aus Dresden trefflich kennzeichnendes Motiv für das
Ausstellungs-Plakat gewählt.
Foto (Hans Gärtner)
Auf dem Bild „Kahnfahrt am Chiemsee“ malte Alfred Schmidt
sich selbst als Bootslenker mit zwei auf eine Ausfahrt mitgenommenen Kindern,
vielleicht den eigenen.
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