Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 15.09.16 |
von Hugo Müller-Vogg
„Mein Vater ist ein frommer Muslim, spricht kaum Deutsch,
kann weder lesen noch schreiben, ist aber integrierter als viele Funktionäre
der AfD, die unsere Verfassung in Frage stellen.“ So einfach ist das mit der
Integration – wenn man es sich so einfach macht wie Sawsan Chebli, 1978 in
Deutschland geborene Tochter von palästinensischen Flüchtlingen, bekennende
Muslima ohne Kopftuch, Politologin und seit Anfang 2014 stellvertretende
Sprecherin von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), also ein wichtiges
Glied im Berliner Politikapparat.
Natürlich hätte Chebli es sich noch einfacher machen können,
ganz im Sinne der SPD, mit deren Hilfe sie Karriere gemacht hat. Sie hätte auch
sagen können: Jeder Zuwanderer ist besser integriert als AfD-Funktionäre. Gut,
so plump wollte sie in dem Gespräch dann doch nicht argumentieren, das sie
zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD),
und zwei FAZ-Redakteuren führte. Es ging um Muslime und Integration. (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gespraech-ueber-unsere-gesellschaft-und-den-islam-14368816.html)
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Eine
Sprecherin eines Bundesministers definiert Integration so: Hauptsache nicht
rechtspopulistisch oder rechtsradikal. Und daneben sitzt ein führender
SPD-Politiker und widerspricht nicht. Offenbar findet auch Müller muslimische
Analphabeten, die kaum Deutsch sprechen, als bestens integriert. Und offenbar
hält SPD-Müller es für ganz selbstverständlich, dass ein des Deutschen, des
Lesens und Schreibens Unkundiger das Grundgesetz, das er gar nicht kennen kann,
bejaht.
Eines hat Cheblis Vater erreicht: Seine Tochter – eines von
dreizehn Kindern – konnte Abitur machen, studieren und in Deutschland Karriere
machen. Sie würde zwar am liebsten Kopftuch tragen, tut es aber nicht, weil sie
erkannt hat, dass man ohne Kopftuch in Deutschland weiter kommt. Die
38ig-Jährige ist nicht nur hier geboren und lebt hier – sie ist auch hier
angekommen.
Dennoch muss ihre Definition von Integration, der der
Regierende Bürgermeister nicht widersprach, erschrecken. Das Familienoberhaupt
der Cheblis mag für seine Großfamilie im Rahmen seiner Möglichkeiten gut
gesorgt haben. Er hat –zumindest diese Tochter – nicht unter Kopftuch und in
eine Ehe gezwungen. Gleichwohl: Er lebt in einer Parallelgesellschaft.
Wer kaum Deutsch, wer weder Lesen noch Schreiben kann, der
kann gar nicht integriert sein. So jemand kann noch nicht einmal einen
Behördengang selbst erledigen, hat sicher keine deutschen Freunde und
Bekannten, kann keine deutschen Zeitungen lesen und keine deutschen
TV-Sendungen anschauen, kann gar nicht wissen, wie die Deutschen „ticken“, was
sie unter Demokratie und Menschenwürde verstehen. Für so jemanden ist das
Grundgesetz ein Buch mit sieben Siegeln. So jemand lebt in Deutschland – aber
lebt nicht mit den Deutschen – und das seit 46 Jahren.
Sawsan Chebli, in vielen Medien als Vorzeige-Muslima
gefeiert, beklagt in dem FAZ-Gespräch, Muslime würden in Deutschland „als
schwer integrierbar wahrgenommen“. Da müssen wir also, politisch korrekt,
umlernen: Muslime haben nach Ansicht von Sawsa Chebli offenbar per se als
integriert zu gelten – selbst in Gestalt von der deutschen Sprache kaum
mächtigen Analphabeten.
Veröffentlicht in „Tichys Einblick“ vom
6. August und auf www.huffingtonpost.de
vom 7. August 2016
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