Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 03.11.16 |
von Hans Gärtner
Für
den damals jungen Münchner Filmkritiker Rudolf Thome war „Tabu: A Story oft the
South Seas“, USA 1931, „der schönste Film aller Zeiten“. Regisseur war
Drehbuchkoautor Friedrich Wilhelm Murnau. 1888 in Bielefeld als Friedrich
Wilhelm Plumpe geboren, verbrachte er als Student einen unvergesslichen Sommer
im oberbayrischen Murnau und nannte sich seither nach dem Städtchen im „Blauen Land“.
Seinen ersten Film drehte der studierte Kunsthistoriker, der den Ersten
Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger überlebte, 1919: „Der blaue Knabe“ – wie
einige seiner weiteren frühen Filme ist dieser bis heute verschollen.
Der
älteste erhaltene von Murnaus Filmen: „Der Gang in die Nacht“ (1921), für Willy
Haas „das Wunderbarste, dessen unser Herz überhaupt fähig ist“, womit der
Kritiker des „Film-Kuriers“ auf die „neue Musik“ anspielte, die im Zuschauer
„leise … die Augen aufschlägt“. Holla, das war eine wagemutige Behauptung;
arbeitete doch F. W. Murnau in einer Zeit, in der es noch keinen Tonfilm gab. Zu
Murnaus Meisterwerken zählen „Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens“ (Urbild
aller Vampir-Filme), „Der letzte Mann“, „ Herr Tartüff“, „Faust – Eine deutsche
Volkssage“, „Sunrise – A Song of Two Humans“ (Sonnen-Aufgang – Ein Lied von
zwei Menschen), „Der brennende Acker“, „Phantom“, „Die Finanzen des
Großherzogs“, „Ciry Girl“ (Die Frau aus Chicago) und andere.
Zwei
Storys rund um die schillernde Figur des wohl wegen seiner Homosexualität
zurückgezogen lebende F. W. Murnau: Story Numero 1: Am Abend des 11. März 193,
nach der Fertigstellung des Films „Tabu“, starb Murnau an den Folgen eines
Autounfalls im kalifornischen Santa Barbara. Mit 42 Jahren, nach 21 Filmen. Er
galt, wie H. H. Prinzler feststellt, damals schon „als Regisseur von Weltruf.
An jenem Märztag war Charles Chaplin gerade in Berlin zu Besuch. Am Abend hörte
er während einer Varieté-Vorstellung von Murnaus Tod“. Chaplin, das sei
überliefert, habe kommentiert: Murnau war „einer der besten Männer, die
Deutschland nach Hollywood entsandt hat. Ich kann das Schreckliche noch gar
nicht fassen“. – Story Numero 2, mitgeteilt von J. Waechter im SZ-Magazin Nr.
42/2016: „84 Jahre nach seinem Tod wurde der Stummfilmregisseur er zum
Hauptdarsteller in einem realen Horrorspektakel: Grabräuber öffneten seine
Gruft auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf bei Potsdam, sägten ihm den Kopf ab
und machten sich mit diesem davon. Obwohl eine Belohnung von 1000 Euro ausgesetzt
wurde, ist der Kopf bis heute nicht aufgetaucht.“
An
das Stummfilm- und Fotografen-Genie F. W. Murnau erinnern nun in München, ohne
ausdrücklich auf die Story Numero 2 einzugehen, zum einen eine Ausstellung (bis
26. Februar) im Lenbachhaus, für die die Kuratorin Karin Althaus Kunst- und
Medienschaffende (außer Alexander Kluge etwa Ulrike Ottinger) zu filmischen
Kurz-„Essays“ über Murnaus Werk anregte und diese einem interessierten Publikum
zumutet, zum anderen eine Aufführungsserie zum Teil „aufgefrischter“, bisweilen
mit Livemusik untermalter schwarzweißer Murnau-Streifen, die ab 8. Januar im Filmmuseum
München am Jakobsplatz läuft.
Foto (Hans Gärtner)
Im Lenbachhaus leider
nur stiefmütterlich behandelt: der als Stummfilm-Genie gefeierte Fotograf
Friedrich Wilhelm Murnau (1888 – 1931)
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