Erschienen in Ausgabe: No 39 (5/2009) | Letzte Änderung: 08.05.09 |
von Constantin Graf von Hoensbroech
Wie eine Metapher für die Leichtigkeit und Unbeschwertheit
des bunten Fests auf dem innerstädtischen Platz stiegen die 70 blauen und
weißen Luftballons in den wolkenlosen Himmel empor, während die Fahne mit dem
kölnischen Stadtwappen auf einem der mächtigen Türme des mittelalterlichen Stadttores
munter im Wind flatterte. "Israelwetter" bezeichnete ein Besucher
denn auch treffend die meteorologische Lage am vierten Israel-Tag, zu dem die
Synagogen-Gemeinde Köln auf einem der zentralen Plätze in der Domstadt
eingeladen hatte. Wie in Köln wurde außerdem in 69 weiteren deutschen Städten
der Verbundenheit mit Israel gedacht - daher die 70 Luftballons. "Es ist
uns als Gemeinde ein großes Anliegen, einmal im Jahr unsere Verbundenheit mit
den Menschen in Israel zu zeigen", betonte Gemeindevorstand Abraham Lehrer
in seiner Begrüßungsansprache und zeigte sich besonders über den großen
Zuspruch erfreut. Mehrere hundert Menschen genossen das mehrstündige
abwechslungsreiche Programm bei viel jiddischer Musik, israelischen
Spezialitäten und informativen Angeboten, die so gar nichts mit dem oftmals so
einseitig kolportierten Bild von Israel in den Medien zu tun hatten.
.
Zu feiern gab es gleich mehrere Daten: Neben dem 61.
Geburtstags Israels war es vor allem der 100. Geburtstag von Kölns Partnerstadt
Tel Aviv, die seit 30 Jahren mit der Rheinmetropole durch eine
Städtepartnerschaft verbunden ist. "Die Städtepartnerschaft lebt wirklich,
und das es sie gibt, grenzt an ein Wunder" würdigte Kölns
Oberbürgermeister Fritz Schramme (CDU) die Begegnungen zwischen den Metropolen,
"die mittlerweile zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind". Wie
selbstverständlich das sein kann, erlebte beispielsweise Nils Schumann dieser
Tage. Der 13 Jahre alte Gymnasiast aus Köln und seine Eltern hatten zwei
14-jährige Jungen aus dem Jugendblasorchester Tel Aviv für einige Tage bei sich
aufgenommen. "Wir hatten super viel Spaß zusammen", berichtete der Schüler,
der noch am Abend vor dem Israel-Tag mit dem Jugendblasorchester der Rheinischen
Musikschule und den jungen Musikern aus Israel auf dem Podium der weltberühmten
Kölner Philharmonie gemeinsam musiziert hatte. "Das ist wirklich ein
hoffnungsvolles Zeichen, wie die Jungen miteinander umgehen", ergänzte
Nils' Mutter Helena. Natürlich gehöre aber zu diesem unbefangenen Umgang auch der
Blick und das Wissen über die Vergangenheit.
Dabei ist es in der Tat erstaunlich, dass es nur 14 Jahre
nach dem Ende des Holocaust bereits zur ersten Kontaktaufnahme von Kölner
Bürgern mit Bürgern aus Tel Aviv-Yafo gekommen war und bereits 1960 die erste
Schülergruppe aus der Domstadt dorthin reiste. Eine Reminiszenz an eine bessere
Vergangenheit? Schließlich hatten an der Stadtgründung von Tel Aviv im Jahr
1909 die Zionistische Weltorganisation und der Jüdische Nationalfonds
erheblichen Anteil - beide Organisationen waren damals in Köln beheimatet. "Tel
Aviv ist ein herausgehobener Ort der Freiheit, Toleranz und Lebenslust, und das
hat auch eine Menge mit Köln zu tun", zog Oberbürgermeister Schramma nicht
zuletzt aus eigenem Erleben eine treffende Parallele zwischen den Städten.
Das fröhliche Treiben auf dem Kölner Rudolfplatz war aber nicht
nur der Städtepartnerschaft geschuldet, sondern zugleich und vor allem ein
Zeichen der Solidarität mit Israel insgesamt. "Überall, wo ein Jude in der
Welt ist, trägt er ein Stück Israel mit sich, und deshalb können wir auch in
Köln feiern", betonte Gemeinderabbiner Jaron Engelmayer und erinnerte
daran: "Natürlich blenden wir den Nahost-Konflikt dabei nicht aus,
schließlich ist in Israel auch Kritik möglich." Als Vorbote der westlichen
Welt müssten in der einzigen Demokratie des Nahen Ostens die Kritiker nicht
Angst vor der Regierung, sondern eher die Regierung Angst vor den Kritikern
haben. So manch israelkritischer Zuhörer unter den Besuchern mag sich da
womöglich in besonderer Weise
angesprochen gefühlt haben.
Denn dass auch solche Gäste beim Israel-Tag gesichtet
wurden, konnte etwa Christian Petzoldt bestätigen. "Wir hatten an unserem
Stand viele gute Diskussionen und können so unsere Solidarität mit Israel und
seinem politischen System zeigen", berichtete der 32-Jährige von der
Jungen Union Köln. Zusammen mit anderen politischen Jugendorganisationen
informierte sie am Stand vom "Ring Politischer Jugend" über das
politische System Israels, die Parteien des Landes sowie die Grundzüge des
demokratischen Lebens. "Nicht jeder weiß, dass Israel eine ähnliche
Demokratie wie die unsere ist", hat Petzoldt beobachtet.
Wer sich über die harten politischen Fakten und Grundlagen
informiert hatte, konnte sich an den anderen Ständen entspannen. Besonders
begehrt waren die selbst gebackenen Kuchen bei der Women International Zionist
Organisation (Wizo). Und am Zelt daneben gab es auch etwas zu feiern: Erstmals
überhaupt in Deutschland waren die "Freunde der ILAN Organisation in
Deutschland" mit einem eigenen Stand vertreten und boten die vielfältigen
Artikel aus den Werkstätten für behinderte Kinder in Israel an. Frisch
gepressten Orangensaftgab es an der
Strandbar, Tee und Wasserpfeife waren vor allem bei Jugendlichen im
Beduinenzelt begehrt. Überhaupt fiel der Besuch und die Beteiligung vieler
junger Menschen auf, etwa das fantastische Klezmerensemble der Musikschule
Leverkusen oder auch der Stand des Kölner Dreikönigsgymnasiums, an dem über die
Schulpartnerschaft mit der Open Democratic Scholl in Tel Aviv als wunderbare
Einladung zum Nachahmen empfohlen wurde. Mit Moshe Fleischer, Igor Epstein,
Shuli Grohman und Simone Wilhelm gaben international bekannte Künstler ihre
Visitenkarte ab, ehe mit den Gilgalim aus Tel Aviv bei herrlichem Vollmond und
Sternenzelt der Israel-Tag vor der wunderbaren Kulisse des mächtigen Stadttores
ausklang.
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