Erschienen in Ausgabe: No 41 (7/2009) | Letzte Änderung: 07.06.09 |
Rebekka Reinhard, „Die Sinn-Diät, Warum wir schon alles haben, was wir brauchen – Philosophische Rezepte für ein erfülltes Leben“, Ludwig Verlag München, München 2009, ISBN: 978-3-453-28008-3
von Egidius Schwarz
Manchmal glaubt der philosophische Interessierte, es könne
nicht schlimmer kommen, als es ihm mit der unphilosophischen Lektüre eines
Richard David Precht schon zuteil wurde. Precht kann schreiben soviel er will, er mag die Leser selbst ermüden.
Nur: Ihn als den Medienstar der Philosophie durch alle prominenten Fernsehprogramme
zu jagen, ihn derart als Popart-Philosoph zu stilisieren, dies spricht weder
für die intellektuellen Programmredakteure noch für die Vielzahl von
Journalisten, die sich mit derartiger Seichtigkeit und oberflächlichem Wissen
schmücken. Wenn die Medien derartig auf diese Schalheit reinfallen, dann ist
tatsächlich die deutsche Kultur an ihr Ende gekommen, dann ist die Philosophie,
die verantwortungsvoll vermittelt, immer noch einiges zu sagen hat, blamiert.
Blamiert nicht durch die vielen, leider oft ungehörten exzellenten Denker, die
sich um Allgemeinverständlichkeit und Lesbarkeit mühen, sondern durch einen
medialen Diskurs, der unter Niveau verläuft.
Wie das Buch von Dawkins vor Jahren eine heftig kontrovers
Debatte auslöste, die in ihrem Sog eine fast unübersehbare Flut von
Publikationen zum Thema Philosophie und Theologie auf den Markt warf, so
zeichnet sich in der Precht-Nachfolge nun Ähnliches ab – doch vom
intellektuellen Niveau Lichtjahre entfernt.
Bestes Beispiel für eine derartige Nachfolge ist das 2009
erschienene Buch „Die Sinn-Diät, Warum wir schon alles haben, was wir brauchen
– Philosophische Rezepte für ein erfülltes Leben“ von Rebekka Reinhard aus
München.
Die Autorin, 37, hat Philosophie, Amerikanistik und
Italianistik studiert, promovierte sich mit einer ansprechenden Arbeit über die
amerikanische und französische Gegenwartsphilosophie, die im renommierten
Wilhelm Fink Verlag erschien, und für die sie das Qualitätsprädikat summa cum
laude erhielt. Derzeit arbeitet sie als philosophische Beraterin in ihrer
eigenen philosophischen Praxis. „Die Sinn-Diät“ ist ihre zweite größere
Publikation, von der einstigen Intellektualität ist leider in dieser
Publikation nichts mehr zu spüren.
Begibt man sich in die Textlektüre, im Anhang ist ein
Selbsttest von 100 Punkten beigefügt, der dann grob entschlüsselt wird, so
sehnt man sich doch wieder nach einem verkappten Precht-Text, denn hier findet
sich wenigstens die Spur der Spur der Spur der Philosophie, während Frau
Reinhard ein reines Un-Sinn-Buch mit heroischer Gelassenheit vorlegt, was sogar
durch den sonst so bedachtvoll agierenden und überaus ansprechenden Sender
Bayern Alpha zur besten Sendezeit beworben wird.
Schade, daß Amazon das Geld für dieses Buch nicht zurück
erstattet. Aus den Augen des wohlwollenden Lesers ist die „Sinn-Diät“
tatsächlich eine Diät von Sinn, also Schwachsinn. Aber: Bei der derzeitigen Lage der
intellektuellen Kultur hat dieses Buch gute Chancen auf die Bestsellerlisten zu
gelangen.
Auch sollte man den Untertitel abwandeln. Es hieße doch
besser: Warum wir schon alles haben, was wir nicht brauchen, und: „Rezepte für
ein erfülltes Leben“ sind wirklich nicht mehr, als in diesem philosophischen
Kochbuch aufgefahren werden. Man mag den Klienten von Frau Reinhard wünschen, daß
sie eine bessere Pädagogin ist.
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.